Autor Thema: Geflügelte Freundschaft  (Gelesen 1464 mal)

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Taysal

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Geflügelte Freundschaft
« am: 09. März 2004, 21:23:38 »
 Mal was zum Lesen aus meiner Feder und auch zu finden auf meiner Page. Das Copyright bleibt allerdings bei mir :D

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Die Schatten im Schlachtental wurden immer länger und die Luft kühlte merklich ab. Der Hauch des Winters lag in der Luft und umwehte jede Pore des Landes.

Inmitten des dichten Waldes stand der einsame Turm, der einst, in den goldenen Zeiten, voller Leben war und mit seinem Glanz den Wald verzauberte. Doch nun war er nur noch eine Ruine, ein steinerner Skelettfinger, der in die schwarze Nacht hinaufzeigte.

Sein verfallenes Äußeres war den Zwecken dunkler Kräfte dienlich. Im Inneren des Turms verbargen sich einige hergerichtete Kammern, die mit Pech abgedichtet und gut verborgen waren. Kein Lichtschimmer und kein Laut drang aus ihnen heraus.

Der Turm war das Versteck eines hageren Mannes, der sich gerne in schwarze Roben hüllte, die kein Zeichen seiner Herkunft oder seines Namens besaßen. Sharvon war der Name des Mannes, der sich selbst als herausragender Nekromant bezeichnete und Meister nennen ließ. In der Abgeschiedenheit des Turms ging er seinen finsteren Studien nach und herrschte über ein Dutzend Drachenartige, die seine Befehle ausführten.

Mit Versprechungen, Schmeicheleien und auch Drohungen machte er sich diese fast drei Schritt großen Wesen untertan, die von sich behaupteten von den Drachen abzustammen. Sie bildeten Sharvons militärische Stärke, mit der er in den Talländern für Unruhen sorgte und spionierte. Sharvon diente dem Drachenkult und seine Kultzelle zählte zu den erfolgreichsten Gruppierungen innerhalb dieser bösartigen Geheimorganisation.

Es klopfte an der Türe zu Sharvons Quartier, das sich durch eine luxuriöse Einrichtung von den anderen Kammern abhob, die nicht mehr waren als stinkende Schlafkammern, die keine Privatsphäre zuließen.

"Tritt ein.", knurrte der Nekromant und drehte eine Schriftrolle mit der Schrift nach unten, damit sein Besucher nichts lesen konnte.

Die Türe öffnete sich und Chroyaster trat ein, einer der Drachenartigen, die dem Magier zu diensten waren. Die Kreatur war zwar einen ganzen Kopf kleiner als seine Artgenossen, trotzdem musste sie sich tief beugen, um ohne anzustoßen eintreten zu können.

"Es ist spät. Was willst du von mir?" fragte Sharvon verärgert.

Chroyaster stellte sich vor den Tisch und sein neugieriger Blick schweifte zu der Schriftrolle auf dem Tisch. "Meister, einer der Späher berichtete von Bewegungen im Wald. Er sah vermummte Gestalten zwischen den Bäumen. Die Unbekannten trugen magische Dinge mit sich. Was hat der Späher deutlich wahrgenommen."

"So, magische Dinge also. Fremde im Wald. Nun, und was erwartest du nun von mir? Soll ich aufspringen und mich darum kümmern?"

"Meister, ihr habt uns magische Dinge versprochen, doch bisher haben wir keine von euch bekommen. Die Männer sind unzufrieden und murren. Vielleicht ist nun die Gelegenheit uns austoben zu können und die versprochenen Gegenstände zu erbeuten."

Sharvon musterte den Drachenartigen vor sich. Die gelben Echsenaugen, die geschuppte, goldgrüne Haut und die tiefgrünen Haare, die mehr Dornen glichen als einer ansehnlichen Kopfzier. Der lange Schwanz, der zum stabilisieren des Fluges diente und die großen, fledermausartigen Schwingen auf dem Rücken der Kreatur. Der Nekromant war sich sicher, dass es Chroyaster war, der die anderen Drachenartigen zum Aufstand anstachelte. Er war klüger als seine Artgenossen und ließ sich nicht so leicht einschüchtern. Auf ihn musste man achten, dessen war sich Sharvon bewusst. "Gut, sag den anderen wir brechen auf. Los, mach schon! Was ist denn noch?"

Der Drachenartige zeigte zur Seite. An der Wand lehnten eine handvoll Langspeere, jeder kunstvoll gearbeitet und mit Runen verziert. Trotz einer gewissen Ähnlichkeit besaß doch jeder einen eigenen Charakter. Die Langspeere waren magisch und stammten aus der Schmiede von Gorobaan aus Fernberg. Er hatte sie als Geschenk für das Königshaus von Cormyr gedacht, doch fiel die Karawane aus Fernberg Sharvon zum Opfer. Einige der Wachen verrichteten nun als Zombies ihren untoten Dienst im Keller des Turms.

"Nein!" herrschte Sharvon Chroyaster an, ungeachtet der körperlichen Überlegenheit der Kreatur, die für ihn nur ein Diener war. "Die Speere sind für eine besondere Gelegenheit. Ihr bekommt sie, aber nicht jetzt. Geduldet euch doch noch ein wenig.", fuhr er in mäßigerem Ton fort und zeigte ein falsches Lächeln. "Und nun geh."


***

Sie hingen in den Wipfeln der Bäume und starrten in die Dunkelheit hinab. Die Drachenartigen hatten sich um eine kleine Lichtung gruppiert und lauerten auf die Beute. In einem der Wipfel hatten sie eine einfache, hölzerne Sänfte verkantet, in der Sharvon saß und auf seine Opfer wartete.

Banbastos, der Späher, hockte auf einem etwas tieferen Ast, der sich unter seinem Gewicht gefährlich nach unten bog. Der Drachenartige achtete jedoch nicht darauf, er hatte sich ganz seinen Instinkten überlassen und wartete regungslos.

So tief im Wald und spät am Abend war die Dunkelheit fast undurchdringlich. Genau das Richtige, um den Fremden einen Hinterhalt zu legen. Banbastos hatte sie aufgespürt und ihren Weg verfolgt. Die Drachenartigen mussten auf den Wald keine große Rücksicht nehmen und waren in der Luft schneller als ein Reisender am Boden.

Sharvon selbst hatte die Lichtung für den Hinterhalt ausgesucht. Die Fremden bewegten sich auf diesen Platz zu. Man konnte sie schnell einkesseln und die Drachenartigen hatten genug Platz, um ihre Luftüberlegenheit auszuspielen. Sharvon hatte sie darauf gedrillt hinabzustoßen, zuzuschlagen und wieder aufzusteigen. Niemand war schnell oder diszipliniert genug, um dieser Schlagkraft etwas entgegenzusetzen.

Etwas bewegte sich im Wald und Sharvon spannte sich an. Reisende mit magischen Gegenständen waren immer eine unbekannte Gefahr, doch der Nekromant war siegesgewiss. Banbastos hatte nur drei Gestalten gezählt. Dadurch waren die Drachenartigen in der Überzahl. Ein jeder besaß selbst magische Gegenstände. Die meisten wohl verborgen in der Turmruine, aber viele hatten verzauberte Waffen dabei. Es würde ein Kinderspiel sein.

Der erste Fremde bewegte sich auf die Lichtung. Seine Bewegung war elegant und geschmeidig, der schlanke Körper zart gebaut und mit weiblichen Rundungen versehen. Auch bei den beiden anderen Gestalten war es der Fall. Sharvon grinste breit. Egal ob tot oder lebendig, er würde die Nacht viel Spaß haben. Das es sich bei den Opfern um Frauen handelte, war für ihn eine angenehme Überraschung.

Eine der Frauen schlug die Kapuze nach hinten, die bisher den Kopf bedeckt hatte. Das schwache Licht der Sterne enthüllte eine Flut weißen Haares, spitze Elfenohren und tiefschwarze Haut. Das Blut gefror in Sharvons Adern. Dunkelelfen, der Idiot Banbastos hat uns zu Dunkelelfen geführt, durchzuckte es Sharvon, der hoffte seine Leute würden die Gefahr erkennen und ruhig bleiben, bis die drei Frauen wieder weg waren. In dem Moment stieß sich Banbastos mit einem Kampfschrei ab, breitete seine Schwingen aus und griff im rasanten Sturzflug an. Damit gab er für alle das Zeichen zum Angriff.

"Halt!" kreischte Sharvon schrill, aber nur wenige hörten seinen Ruf.

Banbastos jagte auf die Dunkelelfin zu und versuchte ihr den Langspeer in den Körper zu treiben, doch zu seinem Erstaunen bog sie den Oberkörper zur Seite, zog während seinem Vorbeiflug eine Armbrust unter dem Umhang hervor und schoss ihm einen kleinen Bolzen zwischen die Schulterblätter. Verwundert registrierte er einen kurzen Schmerz und knallte benommen gegen einen Baum.


***

Lurue saß unsichtbar auf einem alten, starken Ast. Die Feenkoboldin spürte die knorrige Rinde des Baums in ihrem Rücken, der viele Geschichten erzählen könnte, wäre es ihm nur möglich zu sprechen. Doch nun musste er als Versteck dienen, von dem aus die kleine Frau mit den bunten Flügeln dem Geschehen zusah.

Sie war den Dunkelelfen gefolgt. Ihre Anwesenheit auf der Oberfläche konnte nur Schlimmes bedeuten. Dunkelelfen waren zwar Teil der Natur, doch gehörten sie eindeutig unter die Erde ins finstere Unterreich.

Das Erscheinen der gigantischen Drachenwesen hatte Lurue erschreckt. Sie selbst war gerade mal zwei und einen halben Fuß hoch, schlank und wohlgeformt, selbst für menschliche Maßstäbe. Ihr goldenes Haar verbarg die spitzen, elfengleichen Ohren. Die waldfarbene, enggeschnittene Kleidung betonte ihre weiblichen Formen und der spitze Hut und die spitzen Schuhe verliehen Lurue etwas geckenhaftes.

Ihre Hand tastete zur Brust, wo an einer Lederschnur das heilige Symbol der Schialla baumelte. Eine vergoldete und geweihte Eichel. Dieser religiöse Gegenstand gab Lurue Sicherheit und neugierig wandte sie sich dem Kampf zu.

Die drei Frauen waren schnelle und tödliche Kämpferinnen. Ihre Bewegungen waren katzengleich und selbst wenn eine von ihnen getroffen wurde, prallte der Speerstoß an ihren Kettenpanzern ab. Lurue wunderte sich, dass die Drachenwesen angegriffen hatten. Sie sahen nicht besonders friedlich aus, aber auch nicht dumm. Dunkelelfen waren bekannt für ihre tödlichen Fähigkeiten und die Magie, die jeden von ihnen umgab.

Drei der Drachenwesen waren bereits zu Boden gegangen und schienen zu schlafen. Die anderen stoben wieder in die Luft empor und hatten Mühe den kleinen Bolzen auszuweichen. Sie hielten auf einen starken Baum zu, indem sich der Umriss eines unförmigen Kastens abzeichnete. Lurue rätselte, was es mit dem Kasten auf sich haben könnte. Unsichtbar stieß sie sich vom Baumwipfel ab und sauste auf den Kasten zu. Was die Feenkoboldin sah, ließ sie erstaunen.

Ein Mann in schwarzer Robe saß in dem Kasten und starrte nach unten. "Macht euch bereit zu fliehen.", sagte er zu den Drachenwesen. "Ich werde uns ein wenig Zeit verschaffen." Er öffnete eine kleine Tasche die neben ihm stand und nahm zwei kleine Knochen heraus. Dann murmelte er Worte der Macht und wob einen arkanen Zauber, der sich zwischen seinen Händen als kleine, hellblaue Kugel manifestierte und während eines Wimpernschlags zu einem daumengroßen Totenkopf verfestigte.

"Schialla, wie schrecklich.", kam es Lurue leise über die Lippen als sie die nekromantische Kraft der Magie spürte. Dieser Mann war wiedernatürlich.

Auf dem Boden waren die Elfenkriegerinnen über das erste Drachenwesen hergefallen und hatten es geköpft. Die beiden anderen kamen rechtzeitig auf die Beine, um sich gegen die fast tödlichen Schläge des Feindes zu wehren. "Sharvon!" schrie der kleinere von ihnen. "Hilf uns!" Er bediente sich der Gemeinsprache, die ihm hörbar schwer über die Lippen kamen.

Der Nekromant scheint Sharvon zu sein, dachte sich Lurue als der Mensch reagierte. Mit einem weiteren Wort arkaner Macht schnippte er den Totenschädel in Richtung der beiden Drachenwesen. Der Schädel traf auf dem Boden auf und explodierte lautlos in einer hellblauen Kugel, die sich sofort zusammenzog und beide Drachenwesen mit einem gut sichtbaren Schimmer überzog. Außerdem sahen sie nun um einiges bedrohlicher aus und lenkten die Blicke der Dunkelelfinnen auf sich.

"Jetzt!" rief Sharvon und die geflügelten Wesen um ihn herum griffen den Kasten und schleppten ihn vom Kampfgeschehen fort.

"Wie gemein.", schnaubte Lurue und machte in der Luft einen so heftigen Salto, dass beinahe ihr Spitzhut heruntergefallen wäre.


***

Chroyaster erkannte den Zauber. Er wusste, dass sich Sharvon dieser Magie bediente um andere abzulenken oder die eigene Truppen gefährlicher aussehen zu lassen. Der Drachenartige blickte kurz in den Himmel, um nach seinen herbeieilenden Kameraden zu sehen, doch er sah nur, die seine Leute den Kampfplatz verließen. Verrat, schoss es ihm durch den Kopf. Ungläubig vernachlässigte er seine Deckung und wurde erst durch einen schmerzhaften Kurzschwertstich an den Kampf erinnert.

Banbastos hatte Sharvons Flucht ebenfalls bemerkt. "Verräter!" brüllte er auf drakonisch und überließ sich seinen Instinkten. Fast blind vor Zorn drosch er auf eine der Elfinnen ein. Als sein Langspeer zerbrach traktierte er sie mit Klauen, bis die Haut in Fetzen vom Körper herunterhing und die Frau mit einem unnatürlichen Wimmern ihr Leben aushauchte.

Trotz seiner unmenschlichen Kräfte, konnte sich Chroyaster seiner Gegner nicht so sehr erwehren. Er steckte mehr Schläge ein als er ausstecken konnte und wurde mit dem Rücken gegen einen Baum gedrängt. Obwohl das Verhältnis nun ausgeglichen schien, waren die Dunkelelfenkämpferinnen überlegen.

"Kereska, hilf.", stieß Chroyaster ein Stoßgebet hervor und spürte eine ungewöhnliche Kraft, die sich plötzlich in seinem Geist auftat. Er schloss die Augen und überließ sich dieser Kraft. Chroyaster tastete nach einer der runden Silbermünzen, die er und seine Freunde für Wurfübungen benutzt hatten. Mit einem einzigen Wort öffnete sich der Drachenartige dem magischen Gewebe Torils und für einen Augenblick glaubte er den Schädel eines metallischen Drachen zu sehen. Dann öffnete er die Augen und stieß den Langspeer genau in die Brust der Frau.

Der Kettenpanzer der Elfe besaß wohl genau an dieser Stelle ein schwaches Kettenglied, denn der Langspeer drang durch den Panzer. Schwer verwundet fiel die Kämpferin nach hinten, doch im fallen intonierte sie einen Zauber und schwärzeste Dunkelheit legte sich über den Kampfplatz. Eine Dunkelheit, in die beiden Drachenartigen verloren waren.

"Banbastos, ich bin froh an deiner Seite kämpfen zu dürfen.", rief Chroyaster und hörte ein zustimmendes Knurren. Das schmerzverzerrte Keuchen der Verwundeten legte sich plötzlich. Statt dessen war sie wieder auf den Beinen und flink wie zu Beginn des Kampfes.

Banbastos war zornig. Zornig auf sich, auf den Feind und vor allem zornig auf Sharvon. Diese Dunkelheit machte ihn ebenfalls zornig, doch konnte er nichts dagegen ausrichten. Wenn ich den Nekromanten zu fassen bekommen, kriegt er seine eigenen Knochen zu fressen, schwor er sich. Gleichzeitig wusste er wie aussichtslos dieser Kampf war. In der Dunkelheit war es nicht möglich etwas gegen dein Feind auszurichten. Es gab einfach keinen Orientierungspunkt.

"Hierhin!" durchdrang plötzlich eine sanfte, fast singende Stimme die Dunkelheit. "Schnell!"


***

Lurue hatte sich entschlossen den beiden Drachenwesen zu helfen. Immerhin waren sie von ihren Freunden verraten worden und Dunkelelfen waren eh böse und gemein. Als sie die Kugel der Dunkelheit erblickte, ließ sie sich bis kurz vor die Kugel fallen und stoppte den Sturz im letzten Augenblick. Sie nahm den Bogen vom Rücken und legte einen Pfeil auf. "Hierhin!" rief sie in der Gemeinsprache. "Schnell!" Blieb nur zu hoffen, dass die richtigen aus der Dunkelheit kamen.

Tatsächlich, mit einigen Flügelschlägen stieß die beiden oben durch die Kugel und landeten zwischen den Ästen. Das war nicht zu vermeiden gewesen. Auch die beiden Elfen verließen nun die Dunkelheit, um nach ihren Gegner zu suchen. Die Drachenwesen hatten mit dem Geäst zu kämpfen und wurden noch wertvolle Sekunden brauchen, bevor sie sich breifreien konnten.

Die Elfen wechselten wieder zu ihren Armbrüsten. Lurue hatte darauf gewartet, zischte noch immer unsichtbar über die Köpfe der Frauen hinweg und schoss der ersten in den Rücken.

Der Pfeil machte nur einen blauen Fleck, aber das reichte. Die Dunkelelfe wirbelte mit einem Warnschrei herum und ihre purpurfarbenen Augen suchten aufmerksam die Gegend ab. Ihre Kameradin drehte sich ebenfalls um als sie ebenfalls von einem Pfeil getroffen wurde. Doch diesmal war er von der Seite gekommen.

Lurue zischte nach oben zu den Drachenwesen, die sich bereits befreit hatten. Während des Flugs machte sich die Feenkoboldin sichtbar. "Folgt mir!" rief sie und stieg weiter in die Luft auf. Banbastos und Chroyaster folgten ihrem Beispiel und ließen die wütenden Dunkelelfinnen zurück. Nur ein einsamer Bolzen versuchte sie zu erreichen, verfehlte sein Ziel aber um eine handbreit.


***

"Das sieht aber schlimm aus.", bemerkte Lurue kopfschüttelnd und legte einen Breiumschlag auf Banbastos Schulterwunde. Der Tag war angebrochen und sie rasteten an einem schnell fließenden Bach, dessen Wasser klar und rein war. An einer ruhigeren Stelle wuchsen Wasserveilchen und Schmetterlinge umtanzten die Blüten. Es war Morgens und die wärmenden Sonnenstrahlen erhellten das Gebiet in einem fast runden Kreis, der fast zwei Dutzend Schritte durchmaß. Jenseits dieser unsichtbaren Grenze lag hoher Schnee und war der Bach vereist.

"Warum ist in diesem Gebiet Frühling?" fragte Chroyaster neugierig und betastete eine Beule an der Stirn.

"Hier ist eine von Schiallas geheimen Stätten.", erklärte Lurue bereitwillig. Sie sah keinen Grund den beiden dieses Wissen vorzuenthalten. "Wir verehren die Übergänge der Jahrezeiten und Schialla gewährt uns Gläubigen diesen Ort, an dem wir selbst die Jahrezeit bestimmen können. Es geht nicht über ein Schneebad im Hochsommer." Die Feenkoboldin lächelte Banbastos an, der sich Mühe gab diese Geste nicht zu erwidern. Immerhin sollte ein Drachenartiger nicht freundlich sein. Jedenfalls nicht offensichtlich.

"Das Wissen um diesen Ort könnt ihr nicht bewahren. Mit jeder Stunde, die ihr euch außerhalb dieser Stätte aufhaltet, verblasst die Erinnerung daran. Nach mehr als sieben Stunden würdet ihr den Platz nicht wiederfinden. Nur Klerikern der Schialla ist die Erinnerung vorbehalten. So war es und so wird es immer sein. An diesem Bach sind wir sicher vor den meisten Gefahren. Es gab Menschen, die versuchten Karten und Aufzeichnungen über diesen Ort zu machen. Doch Schiallas Macht lässt auch diese Dinge verblassen."

"Warum hilfst du uns?" fragte Banbastos, der sich bisher ruhig verhalten hatte. "Was ist dein Preis?"

Lurue lachte freundlich. "Preis? Du bist wirklich witzig, Großer. Ich verlange doch nichts für meine Hilfe, die ihr doch so nötig braucht. Ihr habt mir Leid getan und mein Glaube verlangt, dass ich die Schwachen schütze. Eure Freunde haben euch ja im Stich gelassen, was wirklich fies war. Und die Dunkelelfen sind auch nicht gerade nett. Wer Gutes sät wird Gutes ernten, wie man auch sagt. Ich versorge eure Wunden und dann könnt ihr machen was ihr wollte. Ihr seid ja freie Geschöpfe. Und ich hoffe schwer, dass ihr Teil der Natur seid.", fügte sie lachend hinzu. "So, Großer, das war's. In einigen Stunden sind die Wunden verheilt. Schiallas Macht und meine Heilkunst können wahre Wunder vollbringen."


***

Es klopfte an der Türe zu Sharvons Quartier, das sich durch eine luxuriöse Einrichtung von den anderen Kammern abhob, die nicht mehr waren als stinkende Schlafkammern, die keine Privatsphäre zuließen.

"Tritt ein.", knurrte der Nekromant und drehte eine Schriftrolle mit der Schrift nach unten, damit sein Besucher nichts lesen konnte.

Die Türe öffnete sich und Chroyaster trat ein. Die Kreatur musste sie sich tief beugen, um ohne anzustoßen eintreten zu können.

"Es ist spät. Was willst du von mir?" fragte Sharvon verärgert und erstarrte. Die Szene hatte etwas sehr vertrautes an sich, aber der Nekromant wusste sofort, dass er ein Problem hatte. Hastig wob er einen Zauber, doch Chroyaster kam ihm zuvor und trieb einen Langspeer durch den Körper des Nekromanten, der den Mann wie ein Insekt an die Wand spießte.

"Dumme Frage, dich töten.", knurrte Chroyaster und lauschte den Schreien aus den Quartieren der Drachenartigen. Nach wenigen Sekunden tauchte Banbastos auf, der Körper blutbeschmiert.

"Ich habe ihnen immer wieder gesagt, dass man auf Wache nicht einschlafen darf. Sie werden es nie lernen." Beide Drachenartigen lachten bei diesem Wortspiel laut auf.

Chroyaster nickte zu Sharvon hinüber, der zwar noch lebte, aber nicht in der Lage war einen Zauber zu schleudern. "Beeil dich, mein Freund. Mir fällt es jetzt schon schwer mich an den Bachlauf zu erinnern."

"Ich brauche nicht lange.", sagte Banbastos und nahm den Ritualdolch des Nekromanten vom Tisch. Er zog seinen Finger über die Schneide und stellte fest, dass der Dolch exzellent geschärft war. Mit stoischer Miene zog er die Schneide mehrmals über die Steinmauer, bis er sicher war, dass die der Dolch nun stumpf war. Dann kniete er vor Sharvon nieder und zog ihm einen der Schuhe aus. "Da habe ich ein ordentliches Schälmesser gefunden.", murmelte der Drachenartige. "Mal sehen wie dir deine eigenen Knochen schmecken."

Sharvons Schmerzensschreie gingen irgendwann in ein unverständliches Gurgeln über und verstummten dann gänzlich. Chroyaster nutzt die Zeit, suchte zwei der magischen Langspeere aus und zerstörte die anderen, bevor er die Reste der Waffe draußen in den alten Turmbrunnen warf. Als er zurückkam hatte Banbastos bereits die Truhe des Nekromanten geöffnet. "Er hat mir seinen Schlüssel gegeben.", meinte der große Drachenartige und beide Männer plünderten die magischen Schätze des Nekromanten.

"Lurue darf hiervon nichts erfahren.", sagte Chroyaster und Banbastos nickte zustimmend.

"Wir sagen einfach die Dinge stammten aus unserem Hort. Sie weiß ja nicht viel über unser Volk."

"Einverstanden."


***

Mit dem ersten Sonnenstrahl trafen die beiden Drachenartigen am Bach ein. Sie hatten Mühe die Illusion zu durchschauen und brauchten mehrere Versuche, um die heilige Stätte zu finden.

Lurue hatte nichts von ihrem nächtlichen Ausflug bemerkt. Sie schlief zusammengerollt in ihrem Nest aus Bachblütenblumen und Wildkräutern. Ein Lächeln lag auf ihren Lippen und sie wirkte glücklich und zufrieden.

Die beiden Drachenartigen betrachteten sie Ausgiebig. "So klein und zerbrechlich. Und trotzdem eine starke Persönlichkeit."

Banbastos nickte zustimmend. "Wir stehe in ihrer Lebensschuld."

"Ja, vielleicht sollten wir ihr folgen und sie beschützen, bis diese Schuld abgegolten ist."

"Hm, das können wir."

"Sie kann uns auch vieles lehren. Vielleicht wird es Zeit, die Traditionen der Drachenartigen zu überdenken. In meiner Vision sah ich einen metallischen Drachen, Banbastos. Ich bin sicher es war Kereska, die Drachengöttin der Magie."

"Ist sie metallisch?"

"Keine Ahnung. Aber daran zu glauben kann nicht schaden."

Beide Männer grinsten.


Ende