Autor Thema: Kaira "Die Katze" Rea  (Gelesen 3391 mal)

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Nakago

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Kaira "Die Katze" Rea
« am: 19. August 2007, 23:06:48 »
23 Tarask Das Jahr der Visionen 731 TZ  Chondathan

Ich starre im Dunkeln die Stiege über mir an. Draußen pfeift der kalte Wind aus Richtung des Meers des Sternenregens an der Taverne „Zum Silberfisch“ vorbei und rüttelt an den Fensterladen. Trotz des Strohs, dass ich noch zusätzlich in den Rahmen gestopft habe, kann ich den kalten Luftzug spüren. Es lässt mich unter der Wolldecke frösteln und meine Füße sind kalt, trotz der heißen Steine, die ich noch vor dem Schlafgehen auf meine Strohmatratze gelegt habe. Was für eine kärgliche Kammer ich doch habe und ich kann dabei froh sein, diese Kammer unter der Treppe zu haben und meine Habe passt auch gut hinein. Am kurzen Ende steht die Wiege, die für meine kleine darin schlafende Tochter Milindra inzwischen schon fast zu klein ist, dann meine Strohmatratze, die auf dem kalten Steinboden liegt und dann meine Truhe, wo ich meine Habseligkeiten verstaut habe. Vor drei Jahren brach ich auf, die Welt zu erobern, träumte von glorreichen Abenteuern, Bergen aus Gold und einer Armee von Gefolgsleuten, die mir jeden Wunsch von den Augen ablasen. Ja, wie Naiv ich doch noch vor gar nicht allzu langer Zeit gewesen war. Aber mit Fünfzehn hatte man noch Träume und ich war unsterblich verliebt. Meine Gedanken wandern zu Jondan, den Mann, den ich einst liebte, den Mann, den ich nun so abgrundtief hasse, dass ich ihn schon fast wieder liebe. Mein Herz wird schwer, wenn ich an ihn denke und meine Fäuste ballen sich so fest, das sich meine Fingernägel schmerzhaft in die Haut bohren. Wie hat das nur alles angefangen. Meine Gedanken wandern zurück.

Geboren wurde ich am 23 Marpenot des Jahres der Verlorenen Lanze 712 TZ auf einem kleinen Hof des Mondtals, der etwas abseits der Straße lag, die von Mondtals Hauptstadt Drei Türme, dem Stammsitz derer zu Ordulin, in den Süden an der Küste der See des Sternenregens zu den Kolonien führte. Drei Türme lag nicht weit entfernt, ein Wanderer brauchte keine zwei Stunden dorthin. Mein Vater, Anurin Grünbaum, war ein in sich gekehrter Mann mit vernarbtem Gesicht und Körper, er hinkte zu dem leicht, der wenn er mehr als zehn Worte am Tag sprach, geschwätzig wirkte. Dafür stand das Mundwerk meiner Mutter nie still. Nicht dass sie viel zu erzählen hatte, aber sie hatte genug damit zu tun, uns Kinder zu maßregeln und anzuleiten. Ich könnte diejenige sein die fragt, ich habe zwei Schwestern und meine Eltern haben doppelt so viele Söhne als Töchter, wie viele sind wir? Ja, wir waren viele Kinder. Äußerlich glich ich meiner Mutter Estrassil, rote Haare, grüne Augen, Haut die sich in der Sonne schnell bräunte. Aber ein gewisses unstetes und rebellisches Wesen erbte ich wohl von meinem Vater, jedenfalls behauptete meine gestrenge Mutter dies zu jeder Gelegenheit, wo ich ihrer Meinung nach nicht ihren Wünschen entsprechend gehandelt oder einen Fehler gemacht hatte.

Meine älteren Brüder hießen Bessyr, Igrestus und Huldo. Meine Jüngeren Brüder Dhentrag, Neirius und Athuder. Meine zwei Jahre ältere Schwester hieß Shane, meine zwei Jahre jüngere Schwester Elaerie. Mein ältester Bruder war Acht Jahre älter als ich, der jüngste genau Acht Jahre jünger. Alle zwei Jahre bekam meine Mutter ein neues Kind. Wir lebten in einem Wehrbauernhof, wie er für diese wilde Region typisch war. Das Gebäude wirkte von außen wie ein trutziger Würfel aus grob gemauerten Stein mit einem stabilen Tor und Fenstern, die mehr Schießscharten glichen und nur wenig Licht hinein ließen. Von Oben wirkte es wie ein U, da sich das Gebäude um einen Innenhof gruppierte, in dem auch unser Brunnen stand. Das U wurde von einer Mauer mit dem Tor nach außen abgeschlossen. Über dem Erdgeschoss, wo sich Ställe und Scheune befanden, gab es noch ein zweites Geschoss, in dem wir lebten und wo auch der Vorratsspeicher sich befand. Der größte Raum war die Wohnküche, hier stand Mutters großer Webstuhl, der große Tisch, wo wir alle Platz hatten, auf dem Boden schliefen wir Mädchen auf Strohsäcken und das meiste im Haus spielte sich hier ab, außer im Sommer, wenn wir die Sommerküche im Hof benutzten und sich das Lebens ins Freie verlagerte. Von der Decke hingen Bündel mit Kräutern, Gemüse und Würsten. Rechts war die Stube meiner Eltern, wo das große Himmelbett, die Truhen mit den Kleidern meiner Eltern und die Wiege für das jüngste der Kinder stand. Links war das Zimmer der Jungen, der älteste und Erbe, also Bessyr, durfte in einem Bett schlafen, die restlichen Brüder mussten auch auf Strohmatratzen schlafen, die dann Tagsüber an einer Wand aufgestapelt wurden.

Mein Tagesablauf war seit ich denken konnte bis zu meinem zehnten Geburtstag der gleiche. Sobald der Hahn krähte, hieß es runter von der Strohmatratze und raus in den Hof zum Brunnen. Dort nahm ich die schweren Eimer, die ich am Vorabend mit Wasser gefüllt hatte und schleppte sie zu den Tränken unserer Tiere, also unsere zwanzig Kühe, zwei Zugochsen, zehn Schweine mit meist Ferkeln in verschiedener Größe und dem Pferd meines Vaters. Dazu noch die etwa fünfzig Hühner samt Hahn. Hatte ich das Vieh getränkt, durfte ich frisches Wasser aus dem Brunnen hohlen. Da die Kurbel zu hoch war, musste ich auf einem der Eimer mich auf die Zehenspitzen stellen und dann Kurbeln. Dann drufte ich das Wasser die steile Stiege nach oben schleppen und die Waschschüsseln damit auffüllen. War dies erledigt, durfte ich die Eimer der Notdurft aus allen drei Räumen einsammeln und nach draußen in den äußeren Hof zum Düngerhaufen schleppen. Diese unangenehmen Arbeiten hatte ich von meiner Mutter zugewiesen bekommen, weil ich einfach nicht Still sitzen konnte um das zu tun, was sie mir auftrug. War ja meist auch zu langweilig. Dann musste ich beim Frühstück machen helfen, was aber Hauptsächlich meine Mutter und Schwester taten. Dann gab es ein reichliches Frühstück, im Sommer mehr, im Winter weniger, je wie lange es eben noch zum höchsten Stand der Sonne war.

Nach dem Frühstück ging ich dann zum Schweinestall und trieb meine Herde von Schweinen hinaus. So zog ich dann im Sommer meist nur mit einem Stock in der Hand und einem Horn an einer Schnur um die Schulter gehängt in den Wald. Meist hatte ich noch einen Sack mit Wasserschlauch und etwas zu Essen für den Tag dabei. Scham war für mich zu dem Zeitpunkt ein Fremdwort, Fremde kamen hier nie vorbei und ich liebte die Luft auf meiner Haut. Außerdem konnte ich so keine Kleidung zerreisen oder schmutzig machen. Bekam ich kratzer ab, heilten die und waschen konnte ich mich fix in einem der vielen Bäche. Das Horn diente dazu, um Hilfe zu rufen, falls etwas gefährliches passieren sollte. Ich musste auf die große Schweine und ein paar Ferkel aufpassen. Zu meiner Hilfe hatte ich Kläff dabei, Kläff war ein großer Hund, auf dem ich sogar damals noch reiten konnte. Meist tollte ich mit einem anderen Hirtenjungen vom Nachbarhof im Wald herum und Kläff machte die eigentliche Arbeit. So gefiel mir das.

Manchmal gesellten sich noch andere Kinder zu uns, je nach Jahreszeit und Arbeitslage. Dann spielten wir Miliz und Ork, Ritter an der Furt, Rette die Maid, Finde den Schuft, Wächter der Brücke, Reise nach Chondathan oder Fang den Banditen.

Der Wald war alt, einst ein Teil des Cormanthors, der inzwischen viele Meilen weiter im Norden jenseits des Elfenflusses nun begann. Der Wald gehörte nun dem Fürsten des Mondtals, um darin jagen zu können. Einige Bauernfamilien hatten das Recht gewährt bekommen, ihre Schweine am Rand weiden lassen zu dürfen. Auch durften wir pro Jahr mehrere Bäume fällen, mussten dafür aber Setzlinge pflanzen, die meine Mutter hinter unserem Haus im Garten zog. Der Wald mochte zwanzig Meilen im Durchmesser sein und da er Regelmäßig vom Fürsten, seiner Familie und seinen Gästen bejagt wurde, galt er als sicher und eigentlich Monsterfrei. Und falls doch was sein sollte, hatte ich ja meinen Stab, mein Horn und Kläff, der mit seinen langen spitzen Zähnen hart zupacken konnte. Angst hatte ich also keine und ich verbrachte die Tage Sorgenfrei und in Freiheit. Kein Baum war mir zu hoch, um auf ihn zu klettern. Wenn ich Hunger hatte, nahm ich etwas aus dem Proviantbeutel, den ich mir gemacht hatte. Am späten Nachmittag läutete meine Mutter die Glocke und ich trieb die Schweine zurück in ihren Stall. Jetzt hatte ich etwa eine Stunde, die ich verbringen konnte, wie ich wollte. Meist mit spielen oder schwatzen.

Nun gab es ein reichliches Abendessen, das wir alle am großen Tisch sitzend, gemeinsam zu uns nahmen. Nach dem Abräumen holten wir unsere Tafeln hervor und Mutter brachte uns das Lesen und Schreiben bei. Auch das Rechnen und einige Dinge, die wir zu wissen hatten. Hatten wir unsere Lektion gelernt, so scharrten wir uns um Vater, der dann anfing zu erzählen. War er sonst Wortkarg, so kannte er doch viele Geschichten und Legenden und hatte durchaus das Talent, sie spannend und unterhaltsam zu erzählen. Meine Mutter webte dabei am Webstuhl und das klappern untermalte die Geschichte, meine Schwestern sponnen und ich hatte meist etwas zum flicken in die Hand bekommen, während Vater uns in ferne und längst vergangene Reiche entführte, wo Männer jeden Tag Drachen töteten, Jungfrauen retteten und es Berge aus Gold abzuräumen galt. Als letzte Aufgabe füllte ich dann die Eimer unten im Hof, Löschwasser, falls uns Räuber, marodierende Orks oder Scheusale den roten Hahn auf das Dach setzten wollten. Dieses Gebäude war nicht von meiner Familie gebaut wurden. Die Erbauer fand man eines Tages ermordet in diesem Haus, furchtbar verstümmelt. Niemand hat je erfahren, wer oder was sie umgebracht hatte und früher machte man mir mit der Geschichte Angst, dass zum einen die Seelen der ermordeten keine Ruhe fanden und jedes Jahr eine Nacht zurückkamen, um kleine freche ungezogene Gören wie mich mit in ihr Totenreich unter der Vorratsgrube unter dem Haus zu nehmen. Ich konnte deswegen zwei Nächte kein Auge zu tun.

Jeder Fünftag war Markt in drei Zinnen, der Hauptstadt des Mondtals. Das war immer aufregend und durchbrach den Alltag. Zwei Stunden hin, zwei Stunden zurück. Meine Eltern mit den Sachen zum verkaufen auf dem Wagen, wir Kinder und die Hunde liefen drum herum, spielten fangen, schwatzten oder freuten uns einfach über die Abwechslung. In drei Türme bauten wir den Stand auf, dann durften wir Kinder uns in der Stadt umsehen. Drei Türme hatte vielleicht nur fünfhundert Einwohner, aber für mich war das damals eine wahnsinnig große Menge und ich bekam immer große Augen bei so vielen Menschen. Auch kamen hier immer viel fremdes Volk vorbei und nicht alle waren Menschen. Zwerge waren so breit wie sie hoch waren, hatten dröhnende Stimmen und lange Bärte, die oft wie meine Zöpfe geflochten waren und in ihren Gürteln steckten. Anfangs fürchtete ich mich sehr vor ihnen. Gnome waren noch kleiner und selten zu sehen, genau so Halblinge. Hin und wieder kamen auch Elfen, um zu handeln. Diese grazilen Geschöpfe ließen mich immer staunen.

An meinem achten Geburtstag am 23 Marpenot des Jahres der Morgenrose 720 nach Errichtung des stehenden Steins wurden zwei neue Göttinnen aus Tyche geboren. Jedenfalls erzählte dies uns ein wandernder Priester einer dieser neuen Göttinnen auf einem Markttag im darauf folgenden Jahr. Diese Göttin hieß Tymora. Sie gefiel mir auf Anhieb, besonders da wir den gleichen Geburtstag hatten. „Wer wagt, der gewinnt!“ Ein Satz, den ich mir merkte. Ich war die erste, welche diese neue Göttin an diesem Tag als Schutzgöttin annahm. Jeder Mensch brauche eine Schutzgottheit, wollte er nicht irgendwann mal als Baumaterial in einer Mauer an nem finsteren Ort enden. Aber bis jetzt hatte mir keiner der Götter so richtig gefallen. Viele meiner Geschwister hatten Chauntea gewählt, aber die war ja so was von total langweilig! Aber diese Tymora war genau nach meinem Geschmack. Ich lauschte den ganzen Tag den Predigen des Klerikers. Er verkaufte auch heilige Symbole seiner Göttin. Ein kleines Symbol zum am Hals tragen aus Silber kostete fünf Goldmünzen, ein unverstellbares großes Vermögen für mich. Ich flehte meinen Vater an, mir so einen Anhänger zu kaufen, aber er wollte nicht und meinte: „Manche Dinge muss man sich eben verdienen und bekommt sie nicht geschenkt.“ Auf der Heimweg kam ich aus dem heulen kaum mehr hinaus, so traurig war ich.

Es war der 23. Marpenot des Jahres der letzten Jagd 722 TZ, also mein zehnter Geburtstag, als meine Kindheit endete. Mein Vater hatte jedes meiner Geschwister an ihren zehnten Geburtstag noch vor Sonnenaufgang mit in den Wald genommen und war dann immer allein zurückgekommen. Meine Geschwister kamen dann erst am Abend zurück, traurig, als hätte sie bei etwas wichtigem versagt. Obwohl ich sie löcherte, sagte mir keiner, warum sie nun so traurig waren. Sie hätten schwören müssen, dass sie darüber nix erzählten durften. So wurde auch ich noch vor dem Morgengrauen von meinem Vater geweckt. Er gebot mir, mich anzuziehen, inzwischen wusste ich durchaus, was Scham war und ihm zu folgen. Ich tat es ohne Widerworte, vor Neugierde brennend, was nun passieren würde.

Mein Vater führte mich tief in den Wald, tiefer als ich mich je getraut hatte. Es war unheimlich und nur die Laterne in Vaters Hand spendete ausreichend Licht. Hoffentlich ging die nicht aus. Ich versuchte mir den Weg so gut wie möglich einzuprägen. Schließlich hielten wir an, hier standen zwei Steine, auf die wir uns setzten, die Lampe zwischen uns. „Kaira, meine Tochter, heute wirst du zehn Jahre alt, bald bist du kein Kind mehr und dein Weg wird sich bald entscheiden.“ Was für ein Weg meinte er nur? „Was du heute erlebst und was ich dir nun erzähle, darfst du keinem weiter erzählen. Schwöre es bei deiner Schutzgöttin.“ „Ich schwöre bei Tymora, dass ich nix sagen werde.“ Ich kam mir dabei richtig erwachsen vor. „Ich war nicht immer Waldbauer, einst war ich ein Abenteurer, jemand der seinen eigenen Weg ging. Ich errang viel Gold, viel Ruhm und einiges an Macht. Es war ein gutes Leben. Und wenn ich damals ein klügerer Mann gewesen wäre, hätte ich meinen Reichtum nicht mit Glücksspiel und anderen Sachen durchgebracht.“ „Warum erzählst du mir das alles, Vater?“ „Nun, ich habe viel gesehen und hatte immer die Hoffnung gehabt, dieses errungene Wissen irgendwann mal an eines meines Kinder weiter geben zu können. Aber bis jetzt hat sich keines von euch als wirklich begabt in diesen Dingen erwiesen, die meisten von meinen Kindern scheinen mehr nach eurer Mutter zu schlagen als nach mir.“ Ich war nicht sicher, ob da etwas Verärgerung in seiner Stimme mitschwang. „Du hast bis Sonnenuntergang Zeit die Aufgabe zu erfüllen. Folge den Hinweisen, erledige die Aufgaben und komme rechtzeitig zurück. Findest du den Schatz, den ich versteckt habe, werde ich dich in mein Wissen einweihen und du kannst dann deinen Weg selbst bestimmen. Oder du findest es nicht und du wirst leben wie bisher. Hier ist der Startpunkt und hier ist das erste Rätsel. Möge die neue Göttin Tymora dir an deinem zehnten Geburtstag lächeln. Kaira.“ Dann küsste er mich auf die Stirn und fuhr mir mit seiner schwieligen Hand durch mein rotes Haar. Er sah mir in die Augen und überreichte mir dann ein Pergament.

„Des feinen Sandes Schrittes sollst du in Richtung des Fürsten gehen
und dann nach oben sehen.“

Huh? Ich starrte im Licht der einsetzenden Dämmerung auf das Pergament und versuchte einen Sinn darin zu erkennen. Das war ein Rätsel, ganz so wie in den Geschichten. Das war ja so aufregend. Vater nahm die Lampe und ließ mich grübelnd allein. Zuerst suchte ich den Boden nach feinem Sand hin ab, fand aber nichts dergleichen. Auch waren die einzigen Spuren, die ich fand, die von mir und meinem Vater, wie wir hergelaufen waren. Feiner Sand? Ich musste da an eine blöde Scherzfrage aus dem Unterricht denken: Was gibt Sieben mal Sieben? Neunundvierzig? Nein feiner Sand. Haha! Waren neunundvierzig Schritte die Lösung? Könnte Sinn machen, aber was war mit Fürst gemeint? Unser Fürst Ordulin? Die Ersten Sonnenstrahlen durchbrachen nun das Dunkel, als die Sonne aufging. Moment, nannte man nicht Lathander auch den Morgenfürsten? Ich konnte mich dunkel daran erinnern, dass meine Mutter mir das mal eingebläut hatte. Das musste es sein. Von meinem Stein aus ging ich nun 49 Schritte nach Osten und landete am Fuß einer alten Eiche. Ich schaute nun nach oben und sah? Äste! Viele davon. Ich kniff die Augen zusammen und dann sah ich es schließlich, ein Stück zusammengerolltes Pergament, das von einer Schnur gehalten von einem Ast in etwa dreißig Fuß Höhe herabhing. Da musste ich wohl klettern. Ich umlief einmal den Baum und fand eine Möglichkeit, recht bequem hoch zu klettern. Trittsicher fanden meine bloßen Füße ihren Weg hoch zum entsprechenden Ast. Dort hangelte ich mich kopfüber bis zu der Stelle und nahm das Pergament an mich. Ich hangelte zurück und lass an den Baum gelehnt das geschriebene.

„Die erste Prüfung ist vollbracht.
Gib nun trotzdem Acht.
Du hörst mich, wie ich geboren werde.
Geh nun hin und folge mir wo die Maid den Ritter trifft.“

Hä? Was sollte das jetzt? Das war ja mal knifflig. So viel denken war nicht mein Ding. Ich schloss die Augen und überlegte. Da hörte ich es. Ein Gluckern. Eine Quelle! Ja genau, dass Wasser kommt aus der Erde und wird so geboren. Ich sprang mehr herunter als ich kletterte und landete schließlich wieder auf dem Boden. Ich stürmte in Richtung des Geräusches und fand schließlich die Quelle, die fröhlich vor sich hin plätscherte. Also folgte ich dem Rinnsal. Aber was war jetzt mit Maid und Ritter gemeint? Schließlich kam ich zu ein paar Steinen, die entfernt an zwei Statuen erinnerten, die durchaus ein Ritter und eine Maid sein konnten. Einer der Steine zwischen den beiden Statuen sah so aus, als ob er erst kürzlich bewegt worden wäre. Also rolle ich ihn weg. Darunter war eine Pergamentrolle. Ein weiteres Rätsel?

Nein, eine Zeichnung, besser gesagt eine Karte. Es dauerte eine Zeitlang, bis ich daraus schlau wurde. Zuerst folgte ich weiter dem Bach, bis ich an einen umgestürzten Baum kam, dass war ein Wegpunkt, dann musste ich weitere Wegpunkte finden. Ich verstand immer weniger, was das alles sollte. War ich zuerst aufgeregt gewesen, eine Schatzsuche zu machen, so überlegte ich nun, warum das alles? Inzwischen denke ich, dass mein Vater so sicher stellen wollte, dass man in der Lage war, Rätsel zu lösen, Wegmarken zu folgen und Hindernisse zu überwinden. Schließlich erreichte ich zur Mittagszeit einen Hang, in dem eine Höhle führte. Höhlen waren gefährlich, weil sie meist von etwas bewohnt sein konnten, was viel größer und stärker als man selbst war und das vielleicht ein zehn Jahre altes Mädchen als willkommene Bereicherung des Speiseplans ansehen könnte. Nervös packte ich meinen Stecken fester und starrte in die Finsternis. Nach einiger Zeit gewöhnten sich meine Augen an die Dunkelheit vor mir und ich konnte erkennen, dass die Höhle leer war. Jedenfalls war da kein Bär darin oder so was. Meine Karte endete hier, die Höhle war der Endpunkt. Vorsichtig schlich ich mich nun hinein, ich spürte kühlen Boden unter meinen Füßen, sah einige kleine vielbeinige Bewohner über die Wände huschen. Nach etwa zehn Schritten endete die Höhle und ich konnte nichts sehen, was jetzt wirklich interessant gewesen wäre. War es vielleicht außerhalb der Höhle versteckt oder gab es gar eine weitere? Fehlanzeige, wie ich nach mehreren Minuten feststellte, dies war die einzige Höhle weit und breit. Verdammnis!

Also noch mal rein und schauen. Ich ignorierte die ganzen kleinen krabbelnden Bewohner dieser Höhle und untersuchte nun die ganze Höhle noch mal von vorne nach hinten. Da! Ich musste mich auf die Zehenspitzen stellen und konnte dann eine kleine Einbuchtung erkennen, in der was zu liegen schien. Ich kletterte vorsichtig die Schräge hoch, mich mit meinen Zehen in kleine Spalten krallend und erreichte den Absatz. Eine Kiste lag darin. Vorsichtig zog ich eher das Kästchen hervor. Mehrere komische Stäbe aus Metall lagen davor, die ich auch mitnahm. Ich sprang runter und trug das Kistchen nach draußen. Es mochte mehrere Pfund wiegen, war mit Eisen beschlagen und war mit einem eingebauten Schloss verschlossen.

„Öffne mich und finde den Schatz!“ Stand darauf. Ich hatte aber keinen Schlüssel! Blöd, also suchte ich weiter, aber nach einer Stunde war ich sicher, dass dort kein Schlüssel versteckt war. Ich erinnerte mich an die Eisenstäbe und sah sie näher an. Es waren drei Stück, ein war nur ein Stab mit krummen Ende, ein zweiter lief in einer Raute aus, ein dritter in einer halben Raute. Ich hatte gehört, dass man Schlösser mit so genannten Dietrichen aufbekommen konnte. War das hier ein Dietrich? Ich fing an in dem Schloss herum zu stochern. Zuerst tat sich gar nix, aber dann konnte ich auf einmal den Stab drehen und Schloss sprang auf. Tymora sei gepriesen!

Neugierig öffnete ich den Deckel und fand ein Pergament, ein kleiner Beutel mit Kupfermünzen und ein silbernes Amulett von Tymora an einer silbernen Kette. Verzückt betrachtete ich ihr verschmitzt lächelndes Gesicht, dass von vierblättrigen Kleeblättern umgeben war. Ich hin es mir um den Hals küsste es, drückte es an meine Stirn und dann an mein Herz, wie ich es auch bei dem Priester damals gesehen hatte. „Danke Tymora, dass du mir heute zugelächelt hast!“ Mein Vater musste damals ein Amulett von dem wandernden Priester gekauft haben und jetzt verstand ich den Sinn von seinem Satz. Wieder weinte ich, aber diesmal vor Freude. Auf dem Pergament stand: „Meinen Glückwunsch, Kaira! Du hast die Aufgabe vollbracht! Dein Vater.“

Mein Vater freute sich riesig, als ich am Nachmittag mit dem Schatz zurückkehrte. Ich war Reich! Zwanzig Kupferstücke! Und ein Amulett von Tymora! Meine Mutter war nicht so begeistert. Ich erlebte den ersten richtigen Streit meiner Eltern. Wir Kinder wurden rausgeschickt, aber da sie sich anbrüllten, hörte ich sie auch noch aus hundert Schritt Entfernung ziemlich gut. Mein Mutter fand das ganze unverantwortlich und sie fragte sich, warum Vater nichts dazu gelernt hätte. Leider wurden sie dann leiser, so dass die Details mir entgingen. Aber mein Vater setzte sich überraschender weise durch und am nächsten Tag begann er mir sein Wissen weiter zu geben. Die ersten Übungen dienten dazu, mir Kraft zu geben und mein Gleichgewichtsgefühl zu verbessern. Auch lehrte er mich, wie man sich sehr leise bewegte und jede Art von Deckung ausnutzte, um sich zu verstecken. Ich fand das ganze aufregend und besonders der Umstand, dass ich von so gut wie allen anderen arbeiten befreit war, gefiel mir sehr. Als es zu kalt wurde für die Übungen draußen, lehrte mich mein Vater in der Stube meiner Eltern wie man Schlösser in sehr schneller Zeit öffnete. Und das manchmal mehr als nur ein Schloss eine Truhe verschloss, es gab da noch fiese Fallen, die man dabei auslösen konnte. Wirklich fies so was.

Ich fragte natürlich, woher mein Vater das alles konnte, ob es vielleicht sein Vater genau so mit ihm gemacht hatte. Aber er wich meinen Fragen immer aus und verbot mir schließlich, davon zu reden. Dabei fiel mir auf, dass ich gar nix über die Herkunft meiner Eltern wusste. Als ich Kleiner war, hatte ich angenommen, meine Eltern würden schon immer hier leben, wie ihre Eltern vor ihnen. Aber das stimmte nicht, sie hatten erst zehn Jahre vor meiner Geburt hier gesiedelt. Auch hatte ich keine anderen Verwanden, wie die Kinder meiner Nachbarn. [Diesen Part lasse ich mal völlig offen, der SL kann hier nen Hook für später einbauen, oder auch nicht.]

Im Frühjahr fand mein Vater, dass ich nun Gewand und Kräftig genug war, um zu lernen, mich zu verteidigen. Zuerst lernte ich mit dem Dolch umzugehen, dann mit dem Speer, mit dem Kurzbogen und dann nach und nach mit anspruchsvolleren Waffen wie dem Rapier. Ich lernte schnell und mein Vater war voll des Lobes. An einem Schwein zeigte mein Vater mir, wo die empfindlichen Stellen beim Mensch wären. Kein Tier glich dem Menschen so sehr wie das Schwein. Keine sehr schmeichelhafte Vorstellung, wie ich fand. Da hatten sich die Götter aber einen geschmacklosen Witz erlaubt. Aber so lernte ich viel über die Lage von Organen, deren Funktion und wie man sie am besten zerstörte. Zur Ernte im Herbst meinte dann mein Vater, ich könnte wieder normal mithelfen und wir machten unsere Übungen nur noch am Morgen und am Abend. Trotzdem genoss ich die Sonderstellung in der Familie die ich nun einnahm.

Im nächsten Jahr heiratete mein ältester Bruder Bessyr die Tochter eines Nachbarn, eine eingebildete Zicke mit dem Namen Chelra, die ich noch nie hatte leiden können. Er führte seine Braut in unser Haus und wohnte nun mit ihr in der anderen Stube. Die folge davon war, meine ganzen anderen Brüder schliefen nun ebenfalls in der Küche. Weder wir Mädchen noch die Jungen waren wirklich über die Situation glücklich. Allabendlich drangen nun vor dem Einschlafen die entsprechenden Geräusche, wenn man Liebe macht, mal von links und dann von rechts an mein Ohr. So war es kein Wunder, das auch Chelras Bauch bald anschwoll. Meine Mutter war wohl inzwischen schon zu alt für weitere Kinder, denn mein Jüngster Bruder war jetzt Zwei und meine Mutter wurde nicht mehr wie üblich runder. Fast täglich geriet ich mit der launischen Chelra aneinander. Wir waren wie Feuer und Wasser.

Zu der Zeit bekam ich auch meine erste Blutung und meine Mutter weihte mich in die Geheimnisse des Frauseins ein. Sie zeigte mir, wie man die Binden wickelte und wie sie anzuwenden waren. Zeigte mir die Kräuter, welche einen das Bluten erleichterten und die Wurzeln, welche verhinderten, dass man Schwanger wurde.

Als ich dreizehn Jahre alt war, befand mein Vater, dass ich nun lernen sollte, Menschen einzuschätzen und den Umgang mit ihnen zu erlernen. Das war hier schwer auf dem abgelegenen Hof, wo nie ein Fremder vorbeikam, also nahm ich die Arbeit einer Schankmaid in der Schenke „Zum bewachten Tor“ ein, die sich in Drei Türme, der Hauptstadt des Mondtals just genau neben dem Haupttor der Stadt befand. Meine Mutter war dagegen sehr und warnte mich, ja nicht mit einem dicken Bauch zurück zu kommen. Verdammnis! Drei Türme war mit seinen knapp fünfhundert Einwohnern sicher nicht mehr als ein Dorf, trotzdem war es die größte Stadt in vielen Hundert Kilometer Umkreis. Da sich hier die Straßen von Yhaun nach Hochmond sich mit der Kolonialstraße von Süden zum Narbental trifft, gab es hier immer viel Verkehr. Zusätzlich bog noch eine dritte Straße zum Bogenwald nach Südwesten hin ab und eine Vierte Südöstlich nach Surd, die weiter zur Küste führte.

Die Arbeit war nicht besonders schwer, aber sie ging oft bis spät in die Nacht. Was mich am Anfang am meisten störte, war das Grabschen. Kinder werden in den Tälern schnell erwachsen, auch wenn wir mit sechzehn erst als Erwachsen gelten, war ich mit dreizehn schon voll entwickelt. Wenn sie mir an den Hintern fassten, damit konnte ich leben. Aber wenn sie mir ins Mieder griffen, dann wurde ich wirklich sauer. Einer der Gäste, ein Händler aus Tantras, zerriss mir sogar meine Bluse, als er mir in die Warze kneifen wollte. Mit entblößter Brust stand ich vor ihm und den Buntgemischten Gästen im Schankraum. Ich spürte, wie mein Gesicht so rot wie meine Haare wurden und dann fehlt mir etwa eine Minute. Verdammnis! Drei Männer waren nötig gewesen, mich von ihm herunter zu ziehen, nachdem ich zuerst wohl mein Tablett auf seinem Kopf zertrümmert und ihm dann mit meinen Fingernägeln das Gesicht zerkratzt hatte. Der Händler verlor dabei beinahe sein Augenlicht, aber ein Tymorakleriker unter den Gästen konnte den Händler heilen. Ich kam für eine Nacht in den Kerker der Burg, der Händler ebenfalls. Am nächsten Morgen standen wir beide vor Fürst Ordulin von Drei Türme. Meinem Bruder  Igrestus, als zweitgeborener war er unter die Soldaten des Fürsten gegangen, war es vorher noch gelungen, mir eine neue Bluse zuzuspielen, so das ich meine Blöse nicht mit einem Zerrissenen Hemd bedecke musste. Der Fürst beließ es bei einer Ermahnung, ich sollte in Zukunft eine Bluse ohne solch Ausschnitt tragen und der Händler in Zukunft solch unzüchtiges Benehmen unterlassen. Seitdem trug ich nur noch ein geschlossenes Mieder bei der Arbeit und man nannte mich nur noch die Katze.

Aber wenigstens lernte ich so die Menschen verschiedenster Städte und Länder kennen. Ich stellte fest, das Faerun sehr groß sein musste, weil manche doch tausende von Meilen fern der Heimat waren. Ich lauschte ihren Erzählungen von fernen Ländern und lernte sogar einige andere Sprachen sprechen. Jeden zehnten Tag hatte ich frei und lief meist nach Hause. Dort setzte mein Vater meine Ausbildung fort. Viel konnte er mir nun nicht mehr beibringen. Alles Weitere würde die Praxis bringen. Allerdings würde er mir noch vorher etwas Wichtiges zu sagen haben. Aber er wollte noch warten, bis ich volljährig, also sechzehn Jahre alt wäre. Es gebe da noch etwas zu erledigen, etwas, was er selbst hatte nicht mehr tun können, weil er dazu körperlich nicht mehr in der Lage war. Etwas war bei seinem letzten Abenteuer wohl mehr als nur schief gegangen. Aha? Und wäre das? Aber mein Vater vertröstete mich auf später, auch wenn ich vor Neugier platzte. Tagelang rätselte ich herum, was das sein könnte. Verdammni!

Aber all das verschwand aus meinen Gedanken, als ich ihn sah. Es war wie in den Geschichten, Liebe auf den ersten Blick. Er kam durch die Tür, dass Sonnenlicht spiegelte sich in seinen langen gepflegten Haaren, die wie Gold glänzten. Seine blauen Augen waren Seen, in denen mein Herz ertrank. Seine stattliche Gestalt überragte mich um Haupteslänge, seine Bewegungen waren ungemein Geschmeidig und verrieten verhaltene Kraft. Seine Fingernägel waren akkurat geschnitten und Sauber. Seine Zähne erstrahlten so klar wie Selune in einer Sommernacht. Sein Name war Jondan Rea, der berühmte Barde aus dem großen Tal. Seine Stimme war das wohlklingenste was ich je gehört habe. Schmetterlinge tanzten in meinem Bauch und mein Herz raste. Ich durfte ihm sein Zimmer zeigen und lies mir sehr viel Zeit damit, ihm alles zu erklären. Er gab mir ein Silberstück Trinkgeld und ich war enttäuscht, dass er mich nicht bat, zu bleiben. Aber das konnte ja noch werden.

Für den Abend bereitete ich mich sorgfältig vor. Ich trug wohl die Bluse mit dem größten Ausschnitt die ich finden konnte und band mein Mieder so fest, dass meine Brüste beinahe heraus quollen. Meine Kolleginnen machten die ganze Zeit Witze darüber, aber ich machte allen nachdrücklich klar, dass er mir allein gehörte, hatte ihn ja auch zuerst gesehen. Alle wussten, dass ich noch Jungfrau war. Manche der Schankmaiden verdiente sich ein Zubrot, dass sie mit Gästen Nachts die Kammer teilte. Sie waren keine Huren, sondern gingen nur zu denen, mit denen sie auch so hätte schlafen wollen. Auch ich bekam öfters solche Angebote. Ich sagte dann, dass ich noch Jungfrau war und deswegen nicht zur Verfügung stand. Manche verdoppelten darauf das Angebot, einer hatte sogar mal das Zehnfache geboten, wenn ich tatsächlich Jungfrau wäre und sein Lager teilen würde. Drecksäcke! Meine Kolleginnen schwatzten nun von allen Seiten auf mich ein und gaben mir Tipps, was ich den alles zu beachten hätte. Da klingelten mir teilweise wirklich die Ohren. Iiiks!

Also bediente ich den Barden den ganzen Abend über, während er zu großen Freude des Publikums seine Weisen vortrug. Oh, dass konnte er ja so gut! Wenn ich ihm ein Getränk brachte, sorgte ich dafür, dass er alles sehen konnte, was mein Ausschnitt zu bieten hatte und es gefiel ihm, was er sah. Waren meine Brüste nicht die größten, so waren sie doch straff und wohlgeformt. Ich nutzte jede Gelegenheit mit ihm anzubändeln und er war nicht abgeneigt, wie es mir schien. Spät ging er dann auf sein Zimmer. Ich eilte sofort hinter her und bat Tymora um die Kraft, anzuklopfen. Ich beendete mein Gebet, küsste das Antlitz der Göttin auf meinem Amulett, führte es zu meiner Stirn und zu meinem Herzen. Dann klopfte ich an.

Die Nacht war ein Rausch und Jondan Rea aus dem großen Tal machte mich zur Frau, wie ich es mir gewünscht hatte. Er ging dabei sehr vorsichtig zu werke und verwandelte den Schmerz in reine Lust. Dies war der Mann meines Lebens, ich wusste es genau, auch wenn er mit dreißig Jahren genau doppelt so alt war wie ich. Er blieb einen halben Zehntag in Drei Türme und jede Nacht schlüpfte ich in sein Zimmer. Er hatte große Pläne, wollte in den Kolonien im Süden sein Glück machen. Und das wollte ich auch, an seiner Seite. Ich offenbarte ihm, dass ich mehr als nur eine gewöhnliche Schankmaid war, dass ich Schlösser öffnen und Fallen entschärfen konnte. Vergessen war in diesem Moment alles, was mein Vater vielleicht von mir wollte. So schlich ich mich dann heimlich von dannen, gab vor, meine Eltern besuchen zu wollen und traf mich mit meinem Geliebten unter einem Baum an der Küstenstraße nach Süden, welche in die Kolonien führte. In einem Bündel führte ich meine ganze Habe, darunter auch das Werkzeug, welches mir erlaubte, mein heimliches Handwerk zu praktizieren. Er hatte ein Pferd, ich ging zu Fuß neben ihm. Oft drehte ich mich um, aber niemand folgte uns.

Die Küstenstraße war gut ausgebaut und entsprechend viel befahren. In jeder Taverne trat er auf und seine Lieder und Weisen kamen gut an. Ich sammelte nun sein Geld ein. In einer Taverne hörten wir von einem alten verwunschenen Turm, in dem ein großer Schatz versteckt sein sollte. Natürlich gingen wir am nächsten Morgen hin, nachdem ich mir noch eine Rüstung, Waffen und entsprechende Ausrüstung zugelegt hatte. Ich fühlte mich nun richtig gefährlich. Der Turm entpuppte sich als halb zerfallene Ruine, aber wir fanden einen staubigen Eingang in ein Verlies. Wir erforschten es, töteten etwas Ungeziefer und fanden einen Geheimgang. Leider endete er unter einem Fallblock, aus dem noch der Torso des Unglücklichen hervorragte, der die Falle vor uns gefunden hatte. Aber wenigstens konnten wir seine pralle Börse bergen. Zwar nicht der erhoffte mystische Schatz, aber besser als gar nichts. Wir kehrten um, als wir einsahen, dass wir keine Möglichkeit hatten, den Block zu bewegen.

Schließlich erreichten wir nach einem Monat Sealgaunt und waren nun in den Kolonien Chondats. Ich war erstaunt über so viele Menschen an einem Ort. Und dieser Gestank! Auf dem Hof hatte es auch gestunken, aber das war unbeschreiblich. Ich fühlte mich gar nicht wohl. Die Stadtluft fing an mir auf dem Magen zu schlagen und besonders am Morgen wurde mir immer mal wieder schlecht. Trotzdem blieb ich ohne zu Jammern an der Seite meines Geliebten. Drei Monate blieben wir in der Stadt, wirklich etwas abenteuerliches erlebten wir leider nicht. Auch fanden wir keine Gefährten, mit denen wir auf Abenteuer ausziehen konnten. Ich merkte, wie ich zunahm, da mir die neue Rüstung anfing besonders am Bauch zu drücken. Wir hörten von einem alten Versteck eines längst toten Magiers, welches sich hier befinden sollte. Lange suchten wir, fanden aber nichts und schlugen in dem wilden Hinterland unser Lager auf. Zum ersten mal unter Sternenhimmel. Es war romantisch und wir liebten uns. In der Nacht schlich sich jemand an unser Lager. Goblins! Ich sprang auf, schnappte mir meinen Speer und erstach eine dieser heimtückischen Kreaturen. Nachdem ich ihn aufgespießt hatte, sah ich, dass der Goblin halb verhungert und allein war. Arme Kreatur! Irgendwie hatte ich Mitleid mit ihm, wie er mehr Haut und Knochen an meinem Speer hing. Ich hätte ihn ja begraben, aber Jondan meinte, dass würde sich nicht lohnen. Wir ließen ihm am Morgen für die Tiere liegen und suchten weiter.

Schließlich fanden wir eine enge Spalte, die tatsächlich in kleines Gangsystem führte. Aber es war Alt und außer Ungeziefer lies sich nichts finden und alle Gänge endeten in Einstürzen. Wieder mal nichts von mystischen Schätzen, Drachen oder untoten Armeen, die auf einen sonst in den Geschichten auflauerten. Irgendwie hatte ich mir das Leben als Abenteurer anders vorgestellt. Aber wenigstens hatte ich Jondan und war sehr glücklich mit ihm. So gut wie jede Nacht liebten wir uns und das manchmal an sehr verwegenen Orten. Die Gefahr des Entdeckt werdens gab dem ganzen eine ganz besondere Würze. Dies waren jedenfalls auch Abenteuer für sich.

Am Abend gingen wir wieder in ein Gasthaus und Jondan war der Star des Abends. Am Morgen musste ich mal wieder zum Abort rennen und mich übergeben. Wahrscheinlich war das Essen gestern schlecht gewesen. Als ich meinen Mund am Brunnen ausspülte trat die Wirtin zu mir und fragte mich, in welchen Monat ich sei. Groß sah ich sie an und als nächstes wachte ich am Boden liegend wieder auf. Die morgendliche Übelkeit, mein oft seltsamer Appetit und die Tatsache, dass mir alles zu Eng wurde. Ich war ja so Naiv. Ich war schwanger. Oh Tymora, darum habe ich dich nicht gebeten. Wie konnte ich nur so dumm sein? Wenn man jeden Tag sich liebte, war das die Folge. Die Wirtin machte mir einen kräftigen Tee und ich hatte Mühe, die Tränen zurück zu halten. Eigentlich sollte man sich ja freuen, wenn man ein Kind unter dem Herzen trug, aber ich spürte, dass dies alles änderte.

Jondan wurde Bleich und versuchte dann Freude zu heucheln, als ich es ihm sagte. An diesem Abend machten wir zum ersten mal keine Liebe miteinander. Ich fragte ihn vorsichtig, ob er bereit wäre, mich zu heiraten. Ich wollte keinen Bastard zur Welt bringen. Da wurde er doch richtig wütend, machte mir Vorhaltungen, keine Verhütungsmittel wie die Narawurzel verwendet zu haben. Na, er hätte ja auch das Cassilpulver verwenden können.
„Als erfahrene Schankmaid weiß man doch so was!“
„Hallo? Ich war Jungfrau, schon das blutige Laken vergessen?“
„Kaira, halte mich jetzt nicht für Naiv. Glaubst du, du wärst die erste gewesen, die ein Schwämmchen mit Hühnerblut benutzt hat? Jungfrau, dass ich nicht lache! Man könnte meinen, deine Mutter wäre eine Nymphe!“ Ich gab ihm ein schallende Ohrfeige und mit Tränen in den Augen floh ich aus dem Zimmer. Verdammnis!

In der Dunklen und leeren Schankstube hockte ich mich auf eine Bank und fing an zu heulen. Hatte eigentlich nur noch gefehlt, dass er mich Nutte nannte. Schließlich legte jemand den Arm um mich, im ersten Moment dachte ich voller Freude, des wäre Jondan, aber es war die Wirtin, die mich tröstete. Und sie flüsterte mir einen Plan zu, wie ich die Ehe erreichen konnte, aber dafür würde ich Jondan austricksen müssen, also lehnte ich ab. Als ich zurück ins Zimmer ging, schlief Jondan schon. Oder täuschte es vor. Ich konnte nicht schlafen, lauschte in mich hinein und meinte nun auch, das Leben deutlich zu spüren, was in mir heranwuchs.

„Ich habe nachgedacht.“ eröffnete Jondan am nächsten Morgen mit einem strahlenden lächeln. Tymora sei Dank! Er war ein Ehrenmann und würde jetzt meinen Antrag annehmen. „Warum machst du das Ding in dir nicht weg. Es soll Zauber geben, die das recht einfach und schmerzfrei bewerkstelligen können. Und falls wir keinen Priester finden, ich habe gehört, wenn man mit dem Bauch liegend eine Treppe herunterrutscht, löst sich das Problem auch.“ Ich brauchte ein Dutzend Herzschläge um zu realisieren, was er da von sich gab. Ich starrte ihn an und spürte wie alle Farbe aus meinem Gesicht wich. „Das Ding in mir ist auch dein Kind!“ „Ich weiß ja noch nicht mal, ob es überhaupt von mir ist.“ In diesem Moment zerbrach etwas in mir. „Ich werde es mir überlegen.“ log ich und ging schließlich unter einem Vorwand zur Wirtin, einer Frau Anfang der Vierzig Jahre, deren Fülle verriet, das sie einige Kinder zu Welt gebracht hatte. „Was muss ich tun?“

Sie erklärte mir die Details und es war nicht das erste mal, dass sie das so machte. Es kam recht nah an einen Betrug, was wir da vorhatten. Aber ich wollte weder das Kind weg machen, noch einen Bastard zur Welt bringen. Ich liebte Jondan vom ganzen Herzen, trotz der bösen Worte, die er sicher nur gesagt hatte, weil er noch so überrascht war. Jondan konnte kein schlechter Mensch sein, schließlich liebte ich ihn doch so! Er brauchte sicher nur Zeit, um sich auf das Kind zu freuen. Ja, dass war es. Und er würde mir auch verzeihen, dass ich ihn mit ein paar Tricks dazu brachte, mich zu heiraten. Schließlich liebte er mich ja auch, bewies dies doch Täglich an teils der unmöglichsten Orte in Stellungen, von denen ich viele noch vor gar nicht so langer Zeit für gar nicht möglich gehalten hatte. So besuchten wir zuerst den Händler des Dorfes, erwarben dort zwei schöne Ringe, gingen dann zum Chauntea Tempel zu einem der Priester, der wohl Stammkunde in dem „Gasthaus zum Weg“ war und dann zum Schmied des Dorfes, der ein Zwerg war. Dieser grummelte zuerst, lies sich dann aber von uns breit schlagen, mit zu machen. Von der Wirtin lieh ich mir ein passendes weißes Kleid.

Und so kam es das an diesem Abend, dem Abend vor dem zehnten Arbeitsfreien Tag für die meisten das „Gasthaus zum Weg“ brechend voll war. Die Stimmung war gut und besonders ein Trinkfester Zwerg zeigte sich als Gönner der Kunst. Nachdem der Zwerg mit dem Namen Bander Schmied zuerst einige lustige Trinklieder gefordert hatte, verlangte er schließlich die Ballade von Liathlin und Thurghar, die von unglücklicher und unerfüllter Liebe handelte, wo die schwangere Liathlin sich schließlich von ihrem Liebhaber Thrughar schmählich verlassen, des Lebens müde in die Tiefe Schlucht des Narbentals in den Elfenfluss stürzte. Die Stimmung war nun rührselig genug und ich hatte meinen Auftritt in dem weißen Kleid. Ich sah gut darin aus, glaube ich zumindest. Als das Lied ausklang betrat ich den Schankraum, ging auf meinen Geliebten Jondan zu, sank vor ihm in die Knie und bat darum, seine Frau werden zu dürfen, da ich doch nun sein Kind unter dem Herzen trug. Auf meinen offen Handflächen, die ich ihm entgegen streckte, lagen die beiden Ringe. Er wurde augenblicklich nüchtern und seine Augen, in denen ich bis jetzt ertrunken war, überzogen sich mit Eis. Für einen kurzen Moment sah ich eine nie gekannte Härte in ihnen, dann wurde sein Blick weich und er nahm den Ring. Es hatte geklappt. Das ganze Gasthaus jubelte und der anwesende Chaunteapriester erklärte sich nach kurzem zieren bereit, sofort die Zeremonie abzuhalten. Ganz rein zufällig hatte er die notwendigen Dinge dabei. Die Zeremonie war schnell und recht derb. Wir steckten uns gegenseitig die Ringe an die Finger und ließen unsere Handgelenke meiner rechten Hand mit seiner linken mit dem Hochzeitsband binden. Wir küssten uns und dann tanzten wir unter dem Jubel aller.

Schließlich wurden wir unter vielen Anzüglichkeiten zu unserer Kammer geleitet. Als wir allein waren, warf er mich aufs Bett und nahm mich noch im Kleid, hart und schnell. Da war keine Liebe in ihm, nur Zorn. War ich zu weit gegangen? Vielleicht sah er das jetzt so, aber er würde sich wieder beruhigen und es würde wieder wie vorher werden, nur das wir eben jetzt verheiratet waren. In dieser Nacht redete ich mir das erfolgreich ein. Aber ich sollte bald eines besseren belehrt werden. Heute frage ich mich, wie ich nur so hatte Naiv sein können. Aber Vater hat mal gesagt, Erfahrung sind die Fehler, die wir überlebt haben.

Nach zwei Tagen machten wir uns wieder auf, um die Stadt Chondathan noch vor dem Wintereinbruch zu erreichen. Die Wirtin wünschte mir alles gute und ich bedankte mich noch mal bei ihr. Dort gab es viele Schenken und für einen Barden viel Arbeit. Obwohl er nun von meiner Schwangerschaft wusste, ließ er mich nicht reiten, sondern ich lief nach wie vor neben ihm her. Wir brauchten einen Monat bis zu der Stadt, da wir in jedem Gasthaus anhielten, damit Jondan Geld verdienen konnte. Wir hatten unsere ersten lauten Auseinandersetzungen. Er machte mir deutlich klar, dass er alles von mir geplant sah. Die Schwangerschaft, die erzwungene Hochzeit. Und wie ich mir das jetzt alles vorstellen würde. Wer hätte je von Abenteuern mit einem Kind gehört? Wollte ich mit einem Kinderwagen in die Kerker eindringen? Oder mir das Balg auf den Rücken binden? Er hatte Teilweise sicherlich nicht unrecht. Aber zum Kinderzeugen gehören nach wie vor zwei und seine Vorhaltungen machten mich entsprechend wütend. Noch vor Chondathan betrog er mich mit einer Schankmaid und arrangierte es so, dass ich die beiden überraschen musste. Und er machte mir klar, dass er jederzeit sich von mir scheiden lassen würde, brauchte nur ja zu sagen.

Schließlich erreichten wir Chondathan, mein Bauch war inzwischen richtig Rund geworden, mein Atem ging schwer und ich konnte nicht mehr so richtig gehen, sondern watschelte eher. Aber ich lief noch immer hinter dem Pferd her. Blödes Arschloch! Inzwischen flatterten die Schmetterlinge nicht mehr so unvoreingenommen in meinem Bauch. Aber ich liebte ihn immer noch und sah ihm jeden seiner Fehler großzügig nach. Alles würde Gut werden, musste Gut werden, wenn nicht um meinet willen, dann doch wegen unserem Kind. Inbrünstig betete ich jeden Abend zu Tymora und auch zu Sune, die eher für die Liebe zuständig war.

Wir bezogen Quartier in einem Wirtshaus mit dem Namen „Zum Silberfisch“. Es war ein durchschnittliches Gasthaus im Randbereich des Hafenviertels, in dem Handelsreisende abstiegen, die auf ihre Reisekasse achten mussten, die aber auch in keine Absteige mochten. Kleine saubere Zimmer ohne großartige Aussicht,  mit soliden einfachen Möbeln, aber dafür auch nicht teuer. Die Wirtsleute waren ein kinderloses Ehepaar mit dem Namen Baldo und Cera Erlann. Ich musste inzwischen im Achten Monat schwanger sein und alles fiel mir schwer zu tun. Ich blieb Tagsüber meist im Bett und fragte mich, wie es mit Jondan und mir weiter gehen würde. Hatte ich mich so in ihn getäuscht. Wenn er zurückkam, konnte ich deutlich riechen, dass er mit anderen Frauen Intim gewesen war. Er machte sich noch nicht mal die Mühe, seinen Ehebruch zu verschleiern. Ich fragte mich inzwischen, ob er mich je geliebt hatte oder er mich nur als Betthasen angesehen hatte. Etwas was man eben vögelte, aber nicht heiratete.

Es war kurz vor der Niederkunft, als Jondan eines Abends nicht zurückkam. Zuerst dachte ich, er würde mich so quälen wollen, dass er nun eine ganze Nacht in den Armen einer anderen Frau verbringen würde, aber als er dann auch am nächsten Tag nicht zurückkam, machte ich mir ernsthafte Sorgen. Ein Teil seiner Sachen war noch hier. Ich sah ihn vor meinem geistigen Auge in einer dunklen Gasse verbluten, nachdem ihn Räuber ihn ausgeraubt haben. Oder er war von Sklavenhändlern gefangen genommen worden. Westtors  skrupellose Sklavenhändler sollten reichlich für Gutaussehende männliche Sklaven zahlen. Unzählige Schreckensvisionen quälten mich, die schlimmste war wohl, dass er mich einfach so verlassen hatte.

Hochschwanger machte ich mich auf, ihn in den Straßen von Chondathan zu suchen. Unzählige steinerne Wasserspeier und Teufel schienen höhnisch auf mich hinabzugrinsen und mich zu verspotten. Es war ein kalter windiger Wintertag in der mitte der Klaue des Winters. Kalter Nieselregen peitschte von Umberlees Schlund in kräftigen Böen durch die schlammigen Straßen von Chondathan. Meine bloßen Füße versanken bei jedem Schritt bis weit über die Knöchel im kaltnassen Schlamm. Schon nach wenigen Minuten hatte sich die Nässe und Kälte durch meine Kleidungsschichten bis auf meine Haut durchgearbeitet und mir klapperten bald die Zähne. Aber ich gab nicht auf. Ich suchte in den Hintergassen, fragte in den Gasthäusern und Pensionen, ob er vielleicht dort abgestiegen war. Fragte am Hafen nach Schiffen, die auslaufen würden und schon ausgelaufen waren. Aber niemand konnte mir sagen, wo Jondan sich befand. Nur riet man mir, doch in die Wärme zu gehen, da ich mir doch sonst noch den Tod holen würde, besonders in meinem Zustand. Recht hatten sie, ich würde mir so den Tod holen. Mit jedem Schritt wuchs meine Verzweiflung und mein Herz tat so furchtbar weh.

Spät in der Nacht kam ich völlig entkräftet im Silberfisch an. Ich brach noch im Schankraum zusammen und dann war alles in einem wohltuenden Nebel. Immer wieder kam ich an die Oberfläche in einem Ozean aus Schmerz und Verzweiflung. Meine Zähne klapperten vor Kälte oder ich Schwitzte wie in einer Schwitzhütte. Mein Unterleib schien bersten zu wollen. Eine fremde Frau war im Zimmer, redete mit mir, sprach wirres Zeug von Pressen und das Baby würde kommen. Sollte es doch kommen, ich war nicht mehr da. Jondan war weg, meine Sonne, mein Ehemann, der Mann, der mich zu Frau gemacht hatte. Der Vater meines Kindes. Mein ein und alles. Er hatte mich verlassen. Welchen Grund gab es da noch zu leben?

„Sie verliert viel zu viel Blut, tut doch was, Glücksbote Gorstan.“
„Gemach, Frau Ilard, meine Göttin wird sie retten, wenn dieses arme Geschöpf sich dazu entschließt, weiter leben zu wollen. Ich werde für sie beten.“
„Tut das, Glücksbote, tut das.“ Ich kannte diese Leute nicht. Frau Ilard schien eine Hebamme zu sein, Glücksbote Gorstan trug ein buntes Gewand und hatte eine große silberne Münze vor seiner Brust baumeln, das heilige Symbol der Tymora. Auch die Wirtin, Frau Erlan befand sich hier. Wieder dämmerte ich weg.

Als ich wieder an die Oberfläche trieb, tupfte eine wunderschöne Frau mit kurzen braunen Haaren mir mit einem kühlen Tuch die schweißbedeckte Stirn ab. Sie war in einem Aufzug gekleidet, der eher zu einem Burschen gepasst hätte. Aber die sicherlich zu enge Hose und Hemd betonten vorteilhaft ihre weibliche Reize, von denen sie wahrlich nicht zu geizen hatte. „Kaira! Ich bin ja so enttäuscht von dir. Kaum ist dein nichtsnutziger Mann verschwunden, gibst du schon alles auf. Was ist aus meiner kleinen tapferen mutigen Kaira nur geworden? Kein Baum zu hoch, kein Sprung zu weit. Lässt alles wegen einem dummen Mistkerl sausen. Pfeif drauf! Kerle gibt es wie Sand am Meer und die meisten haben mehr Rückgrat als Jondan Rea. Das Leben geht weiter! Du bist nicht alleine! Kämpfe um dein Glück! Kämpfe um deine Tochter, verlasse sie nicht. Sie braucht dich! Wage etwas, stelle dich dem Leben! Hör auf, dich einfach treiben zu lassen, dass führt dich nur ins Unglück und den Tod. Den Tapferen und Mutigen gehört die Welt. Also hör jetzt auf zu schmollen und kämpfe! Siege! Sei Mutig!“ Ich wollte was sagen, aber ich dämmerte wieder weg. Die Frau hatte recht, wenn ich jetzt starb, nahm ich mein Kind mit. Ich überlegte kurz, woher die Frau wissen wollte, dass ich eine Tochter unter den Herzen trug und keinen Sohn. Aber das spielte keine Rolle. Ich durfte mein Baby nicht töten, nur weil ich verzweifelt war. Ich brauchte Jondan nicht, hatte ihn vorher ja auch nicht gebraucht, als ich noch gar nichts von ihm wusste. Sollte der Mistkerl mich doch hier sitzen lassen. So schnell gab ich doch nicht auf. Es gab ja noch mein Kind, für das es sich zu leben lohnte. Und auch mit einem Kind hörte das Leben doch nicht auf.

Ich kam wieder nach oben und diesmal blieb ich bei Bewusstsein. Und ich presste mein Kind ans Licht. Es war ein herrliches Gefühl, als sie schließlich herauskam. Sie war in der Tat ein Mädchen, ganz Blau und im ersten Moment dachte ich, als so in der Hand der Hebamme hing, dass sie eine Totgeburt wäre. Aber dann schnappte sie nach Luft und schrie. Das war schönere Musik als alle von Jondans Liedern zusammen. Die Hebamme säuberte meine Kleine von Blut und anderen Dingen und reichte sie mir schließlich. Als ich dieses kleine Wesen in den Händen hielt, wusste ich, dass es vorher noch nie so ein süßes Baby gegeben hatte. Wie klein und zart alles war. Roter Flaum bedeckte ihr Köpfchen und als sie die Augen öffnete, sah ich in blaue Augen.

Ich genas von dem schweren Fieber und den Strapazen der Geburt. Allerdings reichte mein Geld bei weitem nicht aus, um die ganzen Kosten zu decken. Besonders der Glücksbote war nicht gerade wirklich preisgünstig gewesen. Die Hebamme konnte ich sogar noch bezahlen, aber den Priester nicht. Zum Glück streckten die Wirtsleute mir das Geld vor. „Und die Frau?“ „Welche Frau?“ „Na die mit dem kurzen braunen Haar, die mir so eindringlich den Kopf gewaschen hatte. Ich glaub, ohne ihre Standpauke wäre ich gestorben.“ „Außer uns war niemand im Zimmer gewesen, Kaira.“ versicherte Frau Erlann mir nachdrücklich. „Das musst du im Fieberwahn geträumt haben.“ Oh? Wahrscheinlich hatte sie recht, da ich keine Ahnung hatte, wer diese Frau hätte sein können.

Nachdem ich wieder gesund war, fing ich an, meine Schulden bei den Erlanns abzuarbeiten. Schuldenfrei zu werden, war mein erstes Ziel, was ich mir steckte. Ich war Zimmermädchen und Schankmaid in einem. Ich bekam eine kleine Kammer unter der Treppe nach oben, die sonst als Notzimmer diente, falls alle anderen Zimmer ausgebucht waren. Die Erlanns waren wirklich sehr nette Leute. Da Frau Erlann nie mit eigenen Kindern gesegnet worden war, wurde ich wohl mehr oder weniger als Ersatz gesehen. Besonders Milindra schlossen sie wohl sehr in ihr Herz, besonders als ich ihr beibrachte, Oma und Opa zu ihnen zu sagen, als meine Kleine etwas älter war. Auch aus einem weiteren Grund blieb ich im Silberfisch. Irgendwie hatte ich mich noch an die Hoffnung geklammert, dass Jondan es sich anders überlegen würde und reumütig zu mir zurückkehren würde. Ja, ich bin Naiv!

Das war jetzt zwei Jahre her gewesen. Meine Schulden habe ich heute Abend abgearbeitet, ich bin nun frei von jeder Verpflichtung finanzieller Natur zu den Erlanns. Ich konnte nun wieder tun und lassen was ich wollte. Mein Vater hatte mich viel gelehrt und vielleicht war es jetzt an der Zeit, diese Fähigkeiten einzusetzen. Ja, es war Zeit, mein eigenes Glück zu suchen und meinen Weg zu finden. Kaira „die Katze“ Rea brauchte keinen Jondan um ihre Träume zu verwirklichen. Als Ziel legte ich ein Haus fest. Ja, dass war gut. Und natürlich ein gutes finanzielles Polster für mich und meine Kleine. Morgen würde ich anfangen, meine Möglichkeiten zu suchen. Wer wagt, der gewinnt!

-----------------------Ende?--------------------------

Das ist mal der Versuch einer Hintergrundgeschichte, was ist gut, was ist schlecht, was kann ich besser machen? Anregungen, Kritik und sonstige Kommentare sind willkommen.  :zwerg:

Tahlam

  • Mitglied
Kaira "Die Katze" Rea
« Antwort #1 am: 20. August 2007, 17:39:13 »
Du hast dir viel Mühe gegeben - das finde ich ziemlich gut. Als dein DM wäre ich total begeistert. :)

Zum Schreibstil:
- du schreibst ziemlich detailliert was nicht unbedingt immer notwendig ist, aber hier sehr zur Atmosphäre beiträgt
- deine Wortwahl ist gut - ich habe nicht bemerkt, dass du dich wiederholst
- insgesamt gefällt mir wie du dich ausdrückst (ist das "nix" beabsichtigt?)

Die Geschichte an sich finde ich ziemlich gelungen. Was als blühende Abenteurerkarriere beginnt (Vater übernimmt Ausbildung) wandelt sich ins Tragische und führt zu einer starken Prägung des Charakters fürs spätere Leben. Interessant ist auch der Aspekt des Kindes (Kind und Abenteurer, wie verträgt sich das, etc.); und der Auftritt von Tymora ist ein Highlight.

In diesem Sinne: weitermachen ;)

Edit: Ein Pluspunkt ist übrigens die Ich-Perspektive. Lässt den Leser ziemlich dicht in die Geschichte einsteigen.
A day may come when the courage of Men fails, when we forsake our friends and break all bonds of fellowship, but it is not this day.

Grille

  • Mitglied
Kaira "Die Katze" Rea
« Antwort #2 am: 20. August 2007, 19:03:17 »
Moin Moin,

ein "nix" kann einfach nur bedeuten das er aus Norddeutschland kommt und einem der regionalen Dialekten verfallen ist.

EDIT: Böse von mir, ich hab ja nix zum eigentlichen Beitrag geschrieben.

Ich finde die Beschreibung ansehnlich und würde mir den Thread noch öfters anschauen (etwas, das eher seltener passiert).

Nakago

  • Mitglied
Kaira "Die Katze" Rea
« Antwort #3 am: 20. August 2007, 23:03:31 »
Juhu! Zwei Antworten!  :D Da freu ich mich aber.  :lol:  Besonders über die fundierten Anmerkungen von Tahlam. Da die angestrebte Kampagne hautsächlich in der Stadt spielt, hoffe ich, die Mutterrolle und das Abenteurerleben unter einen Hut zu bringen.

Wegen dem "nix". Ist wohl noch eine schlechte Angewohnheit von meinem letzten Char. Das war eine quirlige kleine Teenie Waschbärschmanin von Shadowrun, welche geistreich, zauberhaft und elektrisch geladen war. Die Kleine hatte eine recht flappsige Sprache drauf und das schlägt jetzt halt noch etwas durch.  :oops:   Von diesem Char habe ich auch recht umfangreiche Abenteuerberichte. Bei Bedarf kann ich mal ein paar Links dazu posten.  8)

Topas

  • Mitglied
Kaira "Die Katze" Rea
« Antwort #4 am: 21. August 2007, 13:45:10 »
Also dann, mal die Anmerkung, das obwohl sehr schön geschrieben und es sicherlich ein guter Hintergrund ist, ich nicht unbedingt der Meister deiner Gruppe seien wollte. Es wäre mir zuviel das alles durchlesen zu müssen. Es ist zu lang. Außerdem zu detailreich wenn man es mal schnell benutzen will.

Wenn du allerdings eine Art kurze Zusammenfassung, in wenigen Stichworten davor setzt, mir der man schon mal Anfangen kann, dann würde mich das schon weniger stören.

Wobei ich natürlich durch meine Erfahrungen in Vielspielerkampagnen geprägt bin, mit mehr als 30 verschiedenen Spielern.

Als letztes, spiele auch gerade in einer Kampagne eine Mutter mit kleinen Kindern, und muss sagen, es stört schon ziemlich. Korrekt ausgespielt wäre ich nicht der Meinung das ich 4 Tage in einem Dungeon bleibe und meine Kleinen draussen derweil halb verhungern lasse. Wenn du dich drauf verlassen kannst, dass dein Meister nicht plötzlich in die Kampagne riesige Dungeons einbaut, die so in der Planungsphase nie erwähnt wurden, dann ist ja alles ok.
Immense harm is caused by the belief that work is virtuous.
- Bertrand Russel

Nakago

  • Mitglied
Kaira "Die Katze" Rea
« Antwort #5 am: 22. August 2007, 22:17:23 »
Zitat von: "Topas"
Also dann, mal die Anmerkung, das obwohl sehr schön geschrieben und es sicherlich ein guter Hintergrund ist, ich nicht unbedingt der Meister deiner Gruppe seien wollte. Es wäre mir zuviel das alles durchlesen zu müssen. Es ist zu lang. Außerdem zu detailreich wenn man es mal schnell benutzen will.


Mein SL hat es sich schon angesehen.  :P

Zitat von: "Topas"
Wenn du allerdings eine Art kurze Zusammenfassung, in wenigen Stichworten davor setzt, mir der man schon mal Anfangen kann, dann würde mich das schon weniger stören.


Letztendlich ist es ja nicht soviel wirklich relevantes Zeug darunter.

Zitat von: "Topas"
Wobei ich natürlich durch meine Erfahrungen in Vielspielerkampagnen geprägt bin, mit mehr als 30 verschiedenen Spielern.


Wir sind nur zu fünft, da geht das schon.

Zitat von: "Topas"
Als letztes, spiele auch gerade in einer Kampagne eine Mutter mit kleinen Kindern, und muss sagen, es stört schon ziemlich. Korrekt ausgespielt wäre ich nicht der Meinung das ich 4 Tage in einem Dungeon bleibe und meine Kleinen draussen derweil halb verhungern lasse. Wenn du dich drauf verlassen kannst, dass dein Meister nicht plötzlich in die Kampagne riesige Dungeons einbaut, die so in der Planungsphase nie erwähnt wurden, dann ist ja alles ok.


Ich denke mal, ich krieg es gebacken, die Kleine während den Abenteuern versorgt zu bekommen. Da bin ich mal optimistisch. Auch wird sich die Kampange über sehr viele Jahre erstrecken, irgendwann ist die Kleine dann selber Erwachsen.