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Autor Thema: Charaktergetriebenes Rollenspiel  (Gelesen 21168 mal)

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Talwyn

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Charaktergetriebenes Rollenspiel
« am: 05. Mai 2009, 15:05:21 »
In diesem Thread möchte ich mein Verständnis von charaktergetriebenem Rollenspiel beschreiben, das stark von Indie-RPGs wie Burning Wheel oder Spirit of the Century geprägt ist. Ich möchte niemandem diesen Spielstil verkaufen, sondern nur die meiner Meinung nach in ihrer Konsequenz wirklich innovativen Ideen der genannten Systeme hier allgemein darstellen. Man kann sie in jedem Rollenspiel umsetzen, wobei z.B. unmodifiziertes D&D dafür nicht so gut geeignet ist, da, und das ist der erste wichtige Punkt, wirkliches charaktergetriebenes Rollenspiel auch entsprechende Mechaniken braucht oder zumindest stark von solchen profitiert. Bahnhof? Fangen wir also mit gutem altem Vanille-D&D an. Hierbei handelt es sich nämlich um etwas, das ich als plotgetriebenes Rollenspiel bezeichnen würde.

1. Plotgetriebenes Rollenspiel
Zitat
Irgendwo in der Wildnis befindet sich die Ruine einer alten Burg. In dieser Ruine - und in den Katakomben darunter - treiben sich blutrünstige Monster herum, die das Umland terrorisieren, Karavanen überfallen, und die rückständige Provinz in den letzten Monaten bis an die Grenzen ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit gebracht haben. Händler halten sich inzwischen von den Städten der Region fern, da hier ohnehin noch nie das große Geld zu machen war, nun aber auch noch Gefahr für Leib und Leben droht. Es braucht eine Gruppe mutiger Helden, die sich der Sache annehmen. Vier Recken packen Schwert, heiliges Symbol, Zauberbuch und Diebeswerkzeug ein, machen sich auf den Weg zu besagter Burgruine und kümmern sich in heldenhafter Manier um die lästige Monsterplage. Orks, Goblins und anderes Getier wird in Legion geschlachtet, Schamanen und blutrünstige Barbaren werden besiegt, Fallen entschärft, Rätsel gelöst und Hindernis um Hindernis überwunden.

Dann schließlich folgt die große Überraschung: Tief im Verlies unter der Burgruine treffen die Abenteurer auf den Anführer der Ungeheuer: Einen Halbling! Auch er ist ein sehr ungemütlicher Zeitgenosse und muss in einem wirklich spannenden Kampf besiegt werden, bevor die Helden in einer Schublade im Zimmer des Halblings einen Brief finden, aus dem hervorgeht, dass eine ominöse Organisation mit einem geheimnisvollen Symbol hinter der Monsterplage steckt. Irgendjemand wollte also offensichtlich bewusst der Provinz und ihren Einwohnern schaden - die Tür zu weiteren Abenteuern ist geöffnet.

So oder so ähnlich sind viele, viele D&D-Abenteuer aufgebaut, besonders Kaufabenteuer, aber auch so manches, was ich selbst geschrieben habe, ist diesem Schema gefolgt. Um es gleich vorweg zu nehmen: Solche Abenteuer können eine Menge Spaß machen (zumindest wenn der Dungeon, in diesem Fall die Burgruine, interessant gestaltet ist).

Was in diesem Abenteuer aber eigentlich nur eine untergeordnete Rolle spielt, sind die SC. Natürlich sind sie die Hauptpersonen, die das Verlies erkunden, die Monster besiegen, ihre Schätze mitnehmen und am Ende auf die Spuren einer großen Verschwörung stoßen, die sie wahrscheinlich in späteren Abenteuern weiter verfolgen werden (einfach weil sie sehen: Aha, da ist er also, der Plot, dann mal hinterher). Das ändert aber nichts daran, dass das Abenteuer nicht die Geschichte der SC erzählt - sondern die der Verschwörung gegen die Provinz X. Die SC sind hier weitgehend austauschbar. Ob ich nun Ritter Lambrecht, einen Paladin des Sonnengottes Kendris, oder Tristan Eisenfaust, einen Barbaren aus dem Hochland, oder den geheimnisvollen Zauberer Efret spiele - sie alle kommen zu dieser Verschwörung wie die Jungfrau zum Kinde. Natürlich gibt es einen Aufhänger, der die Spielercharaktere in die Handlung hineinzieht, die Varianten hierfür sind vielfältig, manche sind kreativer als andere, aber fast alle haben eins gemeinsam: Sie stellen nur eine indirekte Verbindung zwischen den Charakteren und dem Plot her. Beispiele dafür:

Zitat
- Einer der SC hat einen Onkel in einer Stadt in der gebeutelten Provinz. Dieser ist Hufschmied und beklagt sich in einem Brief über die Monsterplage, die die Händler fernhält und damit dem Onkel seine Lebensgrundlage zu entziehen droht.

- Die Händlergilde hat einigen Einfluss und übt politischen Druck auf die Regierung Landes aus, zu welchem die Provinz gehört. Diese erachtet die Angelegenheit auf Grund von Spannungen mit dem kriegerischen Nachbarland für zu unwichtig, um eigene Truppen dafür abzustellen - also werden die SC als Söldner angeheuert, sich darum zu kümmern.

- Von einem mysteriösen Spielmann hören die Charaktere von einer sagenumwobenen Burgruine in der Provinz von X. Angeblich liegt hier das Magische Schwert von Y verborgen. Von der Monsterplage erfahren die SC erst, als sie sich schon längst auf den Weg in die Provinz gemacht haben.

Widersprecht mir, aber das sind für mich klassische D&D-Abenteuer-Aufhänger. Sie sind erprobt und funktionieren, allein deswegen, weil wir als Spieler darauf konditioniert sind, bei solchen Ködern anzubeißen. Immerhin kann niemand vom Spielleiter erwarten, dass er drei Abenteuer vorbereitet, und man sich das herauspickt, welches einem am besten gefällt. Solch enthusiastische SLs mag es geben, aber ehrlicher Weise muss man wohl zugeben, dass es sich bei ihnen um eine Minderheit handeln dürfte.

Diese Hooks sind auch keineswegs schlecht. Wenn mir mein SL im Rollenspiel den Brief eines frustrierten Onkels zukommen lässt, in dem etwas von "Monsterplage" steht, packe ich mein Schwert ein und reite in Windeseile diesem Onkel entgegen. Zur Rechtfertigung würde ich als Spieler an dieser Stelle noch ad hoc einwerfen, dass jener Onkel meiner Familie in meiner Kindheit viel gutes getan hat, indem er meinen armen Eltern des öfteren finanziell unter die Arme griff und meinem Charakter überhaupt erst den Besuch einer Schule ermöglicht hat.

Trotzdem hat der Plot nur indirekt mit meinem Charakter zu tun. Ich reagiere auf die Umwelt und den Plot, den mir diese (personifiziert durch den Spielleiter) vor die Nase stellt. Mein Charakter handelt nicht aus eigenem Antrieb, er wird von außen getriggert - aber dazu bald mehr, denn das Gegenteil wäre dann das, was ich unter charaktergetriebenem Rollenspiel verstehe.

Talwyn

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Re: Charaktergetriebenes Rollenspiel
« Antwort #1 am: 05. Mai 2009, 15:05:32 »
2. Charaktergetriebenes Rollenspiel - Welten- und Charaktererschaffung
Wie angekündigt will ich jetzt beschreiben, was ich unter charaktergetriebenem Rollenspiel verstehe. Das in eine kurze Definition zu fassen, die dann auch wiedergibt, was ich meine, ist gar nicht so einfach. Grundsätzlich geht es darum, im Rollenspiel die Geschichte(n) der beteiligten Spielercharaktere zu erzählen. Es geht um ihre Ziele, ihren Weg durch die Spielwelt, ihr Schicksal, ihre Weltanschauung. Das sind die zentralen Handlungselemente und nicht die im ersten Teil beschriebene Verschwörung, die von irgendwelchen NSC betrieben wird. Es gibt also im charaktergetriebenen Rollenspiel keinen Onkel, der einen Brief an einen (mehr oder weniger austauschbaren) abenteuerlichen Neffen schickt, und ihm sein Leid klagt.

Im charaktergetriebenen Rollenspiel hat der Neffe selbst eine starke Motivation, er hat Ziele und Pläne dafür, wie er diese Ziele erreichen will. Zwingende Voraussetzung wäre also erstmal ein Charakterhintergrund. Und damit meine ich nicht den - möglicherweise sehr gut geschriebenen - Prosatext, der die Geschichte des Charakters von frühester Kindheit bis zum Spielbeginn erzählt, sondern klar strukturierte Informationen, die der Spielleiter in Abenteuer umbauen kann.

Kurze Zwischenfrage: Soll also jeder Spieler festlegen, welche Ziele sein Charakter hat, und der Spielleiter schreibt dann Abenteuer, die sich um diese Ziele drehen? Fast, aber wir setzen noch weiter unten an, und zwar beim Setting. Das Setting umfasst ja alle Orte, an denen die Geschichte unserer Spielercharaktere stattfinden soll. Es umfasst aber auch NSC, Organisationen, Götter usw. Mit diesen Elementen werden unsere SC interagieren: Sie wollen NSC #1 besiegen, Land #2 befreien, Organisation #3 übernehmen und der Kirche von Gott #4 zu größerem Ruhm verhelfen. Dabei sollen aber die SC im Mittelpunkt stehen. Das Setting ist deswegen ein Hilfsmittel, es liefert Fixpunkte und Widerstände für die Helden. Das Setting und dessen Erkundung ist nicht Kernthema des Spiels. Ist es deswegen austauschbar? Höchstens bedingt.

Bevor man mit dem Spiel beginnt, sollte man sich deswegen zusammensetzen, und sich überlegen, welche Art von Geschichte man erzählen will: Heroische Fantasy mit Rittern in strahlender Rüstung und Erzmagiern, die nach Belieben über die kosmischen Energieströme verfügen können? Ein düsteres Spiel, in dem die Helden die Underdogs in einem Reich der Finsternis sind? Leichtfüßige Säbelrassler-Action mit cineastischen Elementen, verwegenen Aktionen und einem eher fröhlichen Grundton? Darüber sollte man sich einigen. Anschließend kann man dann eine Entscheidung bezüglich des Settings treffen - und dabei möchte ich eine Lanze für selbst Erdachtes oder gar nicht Existentes brechen: Detailliert ausgearbeitete Kampagnenwelten mit einem durch Romane und Supplements definierten Kanon sind nicht unumschränkt zu empfehlen, wenn die SC im Mittelpunkt der Geschichte stehen sollen. Es gibt dort meist eine monolitische Timeline, fest definierte Machtstrukturen, vorgegebene Götterwelten usw. usf. Wenn man den Spielern nun aber die Freiheit geben will, mit ihren Charakteren die Geschichte zu dominieren, dann muss man ihnen auch die Erlaubnis erteilen, Aussagen über das Setting zu machen, mit dem diese Charaktere interagieren. Ein Beispiel dafür:

Zitat
Tristan Eisenfaust, ein Barbarenkrieger aus den Hochländern im Norden von Karador ist auf der Suche nach seinem Seelentier, einem treuen Begleiter seiner Träume, das ihn vor kurzem aus unerfindlichen Gründen verlassen hat. In einer Vision hat der Druide von Tristans Stamm ihn nun mit einer Queste betraut: Er muss durch idie Wüste der Singenden Steine zu den Basaltsäulen des Westens reisen, um dort die Ketten der Ewigkeit zu zerschlagen. Nur so kann er sein Seelentier besänftigen, dass sich im Zorn von ihm abgewandt hat.

Diese Beschreibung enthält eine klare Handlungsanweisung für Tristan den Barbaren: Er muss sich auf eine Reise zu einem Ort machen, der als die Basaltsäulen des Westens bekannt ist. Dort gibt es irgendwelche zu zerschlagenden Ketten und auf dem Weg liegt eine Wüste, deren Steine dem Namen nach recht musikalisch zu sein scheinen. Damit macht der Spieler Tristans also längst nicht nur Aussagen zu seinem Charakter: Er definiert auch einen ganzen Schwung von Fakten über die Spielwelt - nämlich dass es dort Wüste, Säulen und Ketten gibt, dass die Barbaren im Hochland eines Königreichs namens Karador leben, Druiden als spirituelle Anführer haben und an ein gewisses "Seelentier" glauben, das sich auch von einem Menschen abwenden kann.

Natürlich könnte man diesen Hintergrund problemlos so anpassen, dass er z.B. in die Vergessenen Reiche passt. Das setzt aber schonmal voraus, dass sich die Spieler mit der publizierten Spielwelt befassen, wozu zumindest in meiner Gruppe längst nicht alle bereit sind. Außerdem schränkt das Vorhandensein eines Settings die Phantasie der Spieler ein, man versucht - bewusst oder nicht - eine Figur zu bauen, die in die von anderen erdachte Welt passt. Die eigenen Ideen bleiben dann möglicherweise auf der Strecke. Deswegen: Pfeift auf das Setting. Einigt euch auf einige Basiskonstanten zur bespielten Welt, denkt euch Charaktere aus, die diese Welt möglicherweise um einige Elemente bereichern und fangt an zu spielen. Es geht hier um die Helden und nicht darum, ob der Hochwald nun soundsoviele Meilen breit ist und ein psionisch aktiver Riesenpilz drunter wächst.

Wer sich mit diesem Ansatz überhaupt nicht anfreunden kann und einfach ein Lieblingssetting hat, mit dem er und seine Spieler sich gut auskennen, kann man natürlich auch ein solches verwenden. Wichtig ist hier in erster Linie ein Konsens in der Gruppe - wenn alle damit einverstanden sind, ihre Charaktere im Rahmen der fertigen Welt zu gestalten (oder deren Supplements nur als beliebig veränderbare Richtlinien betrachten), dann ist das für die Gruppe sicher die bessere Lösung. Wenn man sich zu Änderungen an einer fertigen Welt entschließt, sollte man aber natürlich aufpassen, dass dadurch keine groben Inkonsistenzen entstehen.

Die Settingfrage wäre also (hoffentlich) geklärt, als nächstes müssen die Charaktere erschaffen werden. Dies muss gemeinsam geschehen, genau wie die Klärung der verwendeten Spielwelt. Es führt zu keinem Ergebnis, wenn jeder für sich einen Charakter bastelt und hinterher stehen da vier Helden mit starken persönlichen Zielen, Motivationen und Vorstellungen, die absolut nichts miteinander zu tun haben. Wir wollen ja schließlich nicht nur die Geschichte eines Charakters erzählen, sondern die einer ganzen Gruppe. Dabei geht es natürlich um die individuellen Ziele der einzlenen Charaktere, aber wenn einer gerade seines verfolgt, sollten die anderen nicht nur zufällig neben ihm her laufen.

Deswegen auch hier nochmal das, was ich schon im Tempothread geschrieben habe: Stellt schon bei der Charaktererschaffung Verbindungen zwischen den Charakteren her. Es muss nicht jeder jeden persönlich kennen, es muss sich auch nicht immer um eine turmhohe Lebensschuld handeln - es reicht z.B. schon, wenn zwei magiebegabte Charaktere zusammen an der Akademie studiert haben. Trotzdem gilt natürlich, dass starke Verbindungen nicht schlecht sind: Geschwister, Liebespaare, durch einen Eid aneinander Gebundene - all das sind starke Verbindungen, die den Zusammenhalt der Gruppe stärken und es plausibel erscheinen lassen, wenn die einzelnen Charaktere ihre Kameraden bei der Verfolgung von deren Zielen unterstützen und sie auf ihren Reisen begleiten, ohne dabei direkt an ihren eigenen Zielen zu arbeiten. Das Gegenteil davon wäre die Gruppe, die aus der berüchtigten Gasthausszene des Grauens hervorgegangen ist.

Zitat
Kurz nachdem Tristan seinen Stamm verlassen hat, um herauszufinden, wo sich die Wüste der Singenden Steine befindet, brach ein fürchterliches Unwetter aus, vor dem sich der Barbar in eine Höhle im Wald flüchtete. Unglücklicherweise hauste dort ein wenig gastfreundlicher Höhlenbär, der Tristan mit einem gut platzierten Prankenhieb gegen die Wand schleuderte, so dass der überraschte Krieger seine Axt fallen ließ. Welch Ironie, das ausgerechnet ein Bär ihn fressen sollte, das Seelentier, das ihn verlassen hatte! Dann aber blitzte plötzlich purpurnes Licht durch die Höhle, ein farbiger Blitz traf den Bären und setzte das hungrige Tier außer Gefecht. Am Höhleneingang stand ein Mann in einem dunklen Kapuzenmantel, der sprach: "Da kommt man hierher, um in aller Ruhe alte Höhlenmalereien zu studieren, und muss erstmal einen Muskelprotz wie euch davor bewahren, von einem Bären verspeist zu werden." Der Mann war Efret der Zauberer, und Tristan wusste, dass er ihm sein Leben verdankte und nach den Regeln der Ehre einen Treueschwur leisten musste.

Ohne eine solche Verbindung fände ich persönlich es nicht unbedingt plausibel, warum Tristan Efret bei seiner Suche nach dem Berg Kadath begleiten sollte (er hat selbst ja genug zu tun). Durch den Treueschwur ist er nun aber dazu verpflichtet (ob Efret davon begeistert ist, steht auf einem anderen Blatt, wobei so ein muskelbepackter Leibwächter nie schadet). Wenn der Zauberer dann von Tristans eigener Queste erfährt, dürfte er durchaus interessiert an diesem Mysterium sein. "Ketten der Ewigkeit" klingt doch zumindest irgendwie bedeutungsvoll - und wer weiß, vielleicht hat Efret ja auch einen alten Folianten in seiner Bibliothek, in dem etwas über diese Ketten oder die Basaltsäulen des Westens zu lesen ist.

Um kurz also einen Meilenstein zu setzen: Die Spielercharaktere haben nun also konkrete Ziele und sind untereinander durch Beziehungen verbunden - nicht jeder mit jedem, aber sobald man an einem Ende des Netzes zieht, wackelt es auch auf der anderen Seite, und darum geht es. Aus Sicht des Spielleiters heißt das alles nun, dass er weiß, was seine Spieler erleben wollen, also wohin die Reise der Charaktere gehen soll. Bleibt die Frage: Wie sieht diese "Reise" aus, und welche Gefahren entstehen in ihrem Verlauf? Soll ich mich als SL nun hinsetzen und auf Basis der vorhandenen Informationen Abenteuer schreiben wie gehabt?

Nicht ganz. Es ist völlig klar, dass die Spieler auf dem Weg zu ihrem Ziel mit Steinen rechnen, die ihnen der SL in den Weg wirft. Dabei handelt es sich um Herausforderungen durchaus im Sinne der D&D-Terminologie: Kämpfe, NSC die überredet, beeinflusst, belogen oder eingeschüchtert werden müssen, Berge über die man klettern muss, Flüsse die den Weg versperren, Flucht aus dem Kerker des Nekromanten, tödliche Fallen usw. usf.

Preisfrage: Was haben die oben aufgezählten Herausforderungen gemein? Richtig: Sie sind nur in spielmechanischer Sicht als Herausforderung zu betrachten und haben mit den SC nichts oder nur wenig zu tun. Wenn ich meiner Gruppe eine Horde Goblins vorsetze, dann müssen sie nicht lange überlegen, um zu einer Entscheidung zu kommen: Wenn die Goblins keine Anstalten machen sich zu ergeben, dann werden sie niedergemacht. Das ist dann zwar vielleicht dahingehend eine Herausforderung, dass es schwierig war, die Goblins zu besiegen (weil es Stufe 16 Goblinninjas waren!), aber es war nicht schwierig sich für den Kampf zu entscheiden - und Konsequenzen hat er eigentlich auch nicht (abgesehen davon, dass die SC sich die Sachen der Goblins nehmen und Erfahrungspunkte erhalten).

Echte Herausforderungen für die Charaktere, wirkliche Schwierigkeiten, sind nur solche, die die Spieler in eine Art Zwickmühle bringen: Wenn ich dies tue, komme ich meinem Ziel vielleicht näher, aber ich weiß, dass mein Bruder dies missbilligen würde. Tue ich es also trotzdem, oder lasse ich es bleiben? Deswegen müssen die Spielercharaktere selbst über inhärente Widersprüche verfügen, die der SL ausnutzen kann, um ihnen Komplikationen vorzusetzen, die sie nicht einfach niedermachen und weiterziehen - und niedermachen kann man jemanden durch Diplomatie ebensogut wie durch ein Schwert oder einen Feuerball. Die Herausforderung besteht nicht nur aus dem Hindernis, sondern auch aus den Konsequenzen seiner Überwindung. Dabei muss und sollte nicht jede Begegnung mit einem Phyrrussieg enden, das macht niemandem Spaß. Spart euch nur einfach die völlig bedeutungslosen Begegnungen, die wirklich wie die sprichwörtlichen Steine zufällig zwischen dem Charakter und seinem Ziel liegen. Ermutigt eure Spieler dazu, ihren Charakter so aufzubauen, dass er schon potenzielle Komplikationen mitbringt. Macht den Spielern auch klar, dass sie über diese eingebauten Komplikationen steuern können, womit sie es im Spiel zu tun bekommen, sie können euch sagen, was sie erleben wollen - diese Gelegenheit sollten sie nicht entgehen lassen.

Zitat
Nun steht er da, der Tristan und verdankt sein Leben diesem griesgrämigen Kapuzenmann. Die Ehre fordert, dass er diesem die Treue schwört, da gibt es keine Widerrede. Aber wie soll das nur funktionieren? Jeder Krieger der Großen Stämme weiß, dass arkane Magie Teufelszeug ist. Kehre einem Zauberer niemals den Rücken zu, das ist Tristans Maxime, jawoll!

Dumm gelaufen was? Tristan kehrt einem Zauberer niemals den Rücken zu. Ausrufezeichen! Dieser Satz ist bitte so wörtlich wie möglich zu verstehen. Der Barbar hat in Bezug auf Zauberer ernste Paranoia, und auch wenn dieser Efret auf den ersten Blick in Ordnung zu sein scheint, kann man ihm doch nicht trauen, da er sich mit den Mächten der Unterwelt eingelassen hat. Was für ein Dilemma! Dem Spielleiter hat Tristans Spieler nun mitgeteilt, dass er im Spiel gerne in Situationen geraten will, in denen er entweder Efret (oder einem anderen Magier) entgegen seiner Überzeugung vertrauen muss - oder er nimmt negative Konsequenzen, also Komplikationen in Kauf. Warum um alles in der Welt Tristans Spieler das durchziehen sollte? Darum geht es dann im dritten Teil der Serie.
« Letzte Änderung: 06. Mai 2009, 12:21:07 von Talwyn »

Talwyn

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Re: Charaktergetriebenes Rollenspiel
« Antwort #2 am: 05. Mai 2009, 15:05:43 »
3. Charaktergetriebenes Rollenspiel – Am Spieltisch
Genug der langen Vorreden, die Charaktere sind erschaffen, sie haben Ziele und Motivationen, weltanschauliche Überzeugungen, Verbindungen untereinander und Angewohnheiten, Marotten oder Prinzipien, die sie in Schwierigkeiten bringen können. Der SL weiß, was seine Spieler erwarten, sowohl das das große Ganze angeht als auch die Details auf dem Weg dahin. Wie setzt man alle das nun am Spieltisch um?

Im Grunde präsentiert der Spielleiter eine Anfangsszene, mit der das Abenteuer beginnt. Er wirft die Charaktere in eine Situation hinein und lässt von da ab die Spieler selbst handeln. Dabei sollte man direkt mit einem Konflikt starten – fordert eure Spieler heraus, sie wollen sich nicht ins Gasthaus setzen und von vergangenen Abenteuern erzählen – sie wollen welche erleben! Ich habe ganz unten in diesem Beitrag in einem Spoiler Tristan und Efret vollständig ausgearbeitet (was den Hintergrund betrifft) und ihnen noch einen dritten Charakter zur Seite gestellt, einen wahnsinnigen Landstreicher namens Dorgin. Zum Start der Kampagne könnte der Spielleiter nun etwa folgende Szene präsentieren:

Zitat
Du Dorgin bist gerade in der Stadt Grünfels angekommen und hast – vergeblich wie immer – versucht Kontakt zum örtlichen Fürsten aufzunehmen. Langsam gewöhnst du dich daran, dass man dir kein Gehör schenkt. Trotzdem muss die Botschaft vom Nahen des Flüsterers verbreitet werden. Also hast du dir auf dem Marktplatz eine Obstkiste geborgt, sie erklommen und zu den Menschen gesprochen, die auf dem Markt unterwegs waren.
Tristan und Efret kommen zufällig gerade des Wegs und hören dir – neben einer Gruppe von Bürgern – bei deinen Ausführungen zu. Das ertönt plötzlich ein lauter Ruf von der Seite, das Trampeln von Soldatenstiefeln: Eine Gruppe von Stadtwachen treibt das Publikum auseinander und bahnt sich einen Weg zu deiner „Rednerbühne“. Der Hauptmann, ein schlecht rasierter, übellauniger Lulatsch mit einer krummen Nase, grunzt dich an, du sollst schleunigst von der Kiste runterkommen und mit deinen Reden aufhören. Bedrohlich fuchtelt er mit seiner Hellebarde herum, während eine andere Wache dir einen Stoß versetzt…

Ab hier sind nun die Spieler gefragt. Dorgin wird möglicherweise darauf bestehen, dass die Botschaft verbreitet werden muss (er ist verrückt, schon vergessen?). Efret sieht den Landstreicher (der übrigens einige sehr geheimnisvolle Tätowierungen hat, die Efrets Aufmerksamkeit erregen), und begreift, dass dieser der Hinweis ist, nach dem er so lange gesucht hat. Davon abgesehen ist der Zauberer ein überaus hilfsbereiter Abenteurer und findet die Behandlung des Predigers durch die Wachen nicht in Ordnung. Tristan schließlich hegt ohnehin eine gewisse Abscheu für die verkommenen Zivilisationsmenschen mit ihren vom Schnaps aufgequollenen Gesichtern und für die Feigheit, mit der sie ihre Macht missbrauchen, um einen armen Landstreicher zu tyrannisieren.

Wie sich die Szene entwickelt, bleibt den Spielern überlassen. Man könnte versuchen, mit den Wachen zu reden (was schwierig ist, weil diese auf Ärger aus sind) oder sie zu bestechen. Man könnte die Bande auch einfach verdreschen und den Landstreicher auf diese sehr direkte Art vor ihnen retten (offensichtlich nicht der weiseste Plan). Die Entscheidung liegt bei den Spielern, sie müssen nur in jedem Fall die Konsequenzen tragen.

Die meisten Spieler, würden an dieser Stelle wohl zunächst versuchen, ruhig und vernünftig mit den Wachen zu reden, wobei sie aber herausfinden werden, dass diese sich nicht dafür interessieren, was die SC zu sagen haben – so lange, bis diese mit ein paar Münzen klimpern. Efret könnte z.B. versuchen die Wachen zu bestechen.

Genau an dieser Stelle setzt dann der Hebel des charaktergetriebenen Rollenspiels an: Tristan verabscheut die Wachen und sieht absolut nicht ein, wieso man diese für ihr niederträchtiges Verhalten auch noch belohnen sollte. Er schiebt Efret zur Seite, baut sich drohend vor dem Hauptmann auf und poltert:

Zitat
“Lasst den Mann laufen, Bursche, oder ihr bekommt es mit mir zu tun!“

Das riecht nach Ärger. Die Wachen sind zahlenmäßig überlegen, gut bewaffnet, aggressiv und haben noch dazu das Gesetz auf ihrer Seite. Eine derartige Provokation wird für die Gruppe mit Sicherheit unschöne Folgen haben.

Tristan schadet also bewusst sich und seinen Freunden und zeigt ein schönes Beispiel für konsequentes Ausspielen des eigenen Charakters auf Kosten aller anderen – richtig? Falsch. Denn genau dieses Verhalten erwarten auch Efrets und Dorgins Spieler. Diese kennen nämlich Tristans Verachtung für Zivilisationsbewohner und haben schon nach den ersten Sätzen des Spielleiters damit gerechnet, dass der Barbar mit den Wachen aneinander geraten könnte.

Wenn die Spieler mit diesem Spielstil erst vertraut sind, dann werden sie selbst den Hebel ansetzen, um dafür zu sorgen, dass in der Geschichte Konflikte und damit Dramatik und Spannung entstehen: Während nämlich Efrets Spieler sehr wohl um Tristans Voreingenommenheit weiß, so ist der Charakter darüber in dieser Szene noch nicht im Bilde. Er könnte also z.B. auf den Barbaren einreden:

Zitat
“Nun lasst gut sein, Tristan, legt euch nicht mit der Stadtwache an, sie tun hier nur ihre Pflicht.“

Damit macht er es natürlich nur schlimmer, weil Tristan nun eine Tirade darüber loslässt, dass diese Schwächlinge sich hinter ihrer Pflicht verstecken, damit sie ungestört ihre eigene Erbärmlichkeit kompensieren können, verdammte Stadtbewohner, Feiglinge und Weichflöten, alle miteinander. Efrets Spieler trägt also sogar noch bewusst zur Eskalation des Konflikts bei.
Möglicherweise mischt sich dann auch noch Dorgin ein und feuert den Barbaren an:

Zitat
„Mach sie fertig Großer, ich seh’ schon, du bist was Besonderes, da ist was in deinen Augen, lass dich nicht unterkriegen, mach die Mistkerle fertig!“

Solches Verhalten bringt mich als Spielleiter in aller Regel dazu, die Hände über dem Kopf zusammen zu schlagen und leise in mein Abenteuermodul zu weinen – zumindest, wenn ich ein solches habe. Wenn ich z.B. in D&D ein Kaufabenteuer leite, versuche ich meinen Spielern auch die größtmögliche Freiheit zu lassen. Verhalten wie das in der oben beschriebenen Szene führt aber – wenn man es konsequent durchzieht – dazu, dass die Gruppe eingesperrt wird oder aus der Stadt fliehen muss, und dann stehe ich als Spielleiter schön blöd da, habe viel Zeit in die Vorbereitung meines Abenteuers investiert und darf zusehen, wie meine Spieler diese Mühen zunichte machen. Aus diesem Grund haben wir beim Spielen von Kaufabenteuern – oder „klassischen“ selbst entworfenen plotgetriebenen Abenteuern - in der Gruppe einen Konsens, der besagt, dass die Spieler sich kooperativ verhalten. Sie wissen, dass der Spielleiter nur dieses eine Abenteuer hat, und wenn der Spielabend ein Erfolg werden soll, sollte man nicht zwanghaft versuchen eine harmlose Begegnung mit der Wache gezielt zur Eskalation zu treiben.

Wenn dieser Konsens überhaupt nicht greift, sehe ich als Spielleiter die Ultima Ratio darin, den Spielern mitzuteilen, dass sie gerade dabei sind, das vorbereitete Abenteuer zu sabotieren und die Vorbereitungsarbeit des SL zunichte zu machen. Das kann man dann dem SL dann natürlich unter dem Motto "Railroading" oder "den Plot durchdrücken" als schlechten Stil ankreiden, auf der anderen Seite ist auch nicht die feine Art, wenn sich ein Spieler auf einem Charakterspiel-Egotrip befindet und meint, er müsse seine Figur so konsequent durchziehen, dass am Ende völliges Chaos daraus entsteht, was dann im Endeffekt keinem Spaß macht (außer vielleicht dem Chaoten, der zufrieden auf das Massaker blickt, dass er beim Abenteuerplot angerichtet hat).

Im Grunde geht es also um die Erwartung, die alle Beteiligten an das Spiel haben, und beim charaktergetriebenen Rollenspiel lautet der Konsens nunmal, dass die Story aus den Charakteren wächst, dass diese Charaktere bestimmte Eigenheiten haben, die zu Konflikten führen können, sollen und werden, und dass sich das Spiel genau um diese Konflikte drehen wird. Wenn ein Spieler also wie im obigen Beispiel der von Tristan dem Barbaren eine Szene auf eine Eskalation zutreibt, dann ist das gut für die Geschichte. Es ist in erster Linie vielleicht den Zielen der SC nicht zuträglich, sorgt aber für Spannung und Dramatik. Da aber jeder der Helden an seinen eigenen Zielen arbeitet, ist es wichtig, dass solche Aktionen wie die Tristans nicht die Erfüllung dieser Ziele verhindern - und an dieser Stelle kommt dann der Spielleiter mit seinen Aufgaben ins Spiel.

Wenn der Spielleiter sieht, dass sich die Spieler selbst in Schwierigkeiten bringen, ist dies nicht der Zeitpunkt, an dem er die Stirn in Falten legen sollte - genau diese Art von Konflikten ist es doch, die wir erreichen wollten. Der Spielleiter muss nun seinerseits dafür sorgen, dass die Aktionen der SC Konsequenzen haben. Wenn Tristan sich und seine Kameraden in Schwierigkeiten bringen will, dann soll er Schwierigkeiten bekommen! Diese Schwierigkeiten sollten aber keine Strafe für "falsches" Verhalten sein. Sie sind nur eine Komplikation auf dem Weg zu den Zielen der Charaktere:

Zitat
Irgendwann platzt Tristan der Kragen, er ballt die Hand zur Faust und schlägt nach dem Hauptmann der Stadtwache. Efret verdreht die Augen und der verrückte Dorgin tanzt freudig erregt auf seiner Kiste herum. Die Wachen finden diese Angelegenheit aber alles andere als lustig. "Du wagst es?!" keucht der Hauptmann und kurz darauf beginnen die Soldaten über Tristan herzufallen. Obwohl er sich wehrt, ist er durch die Übermacht ist er bald überwältigt. Zusammen mit Dorgin und Efret wird er abgeführt und in eine düstere feuchte Zelle geworfen.
Während Dorgin beständig von der Ankunft des Flüsterers schwadroniert, tigert der Barbar in seiner Zelle auf und ab und Efret liegt völlig enerviert auf seiner Pritsche und starrt die Zellendecke an. Da hört man plötzlich Schritte vom Gang her und wenig später erscheint ein Mann in kostbaren Gewändern vor Efrets Zellentür. "Seid ihr der Zauberer, von dem ich hörte? Ich bin Mordekai, Fürst von Grünfels und Herrscher dieser Stadt. Obwohl ihr euch auf dem Marktplatz wie Strauchdiebe verhalten habt, könnt ihr euch glücklich schätzen, denn ich habe möglicherweise Arbeit für euch... und eure merkwürdigen Freunde."

Tristans Ausraster hat der Gruppe also nicht nur geschadet. Zwar haben sie einige Stunden im Kerker verbracht - und werden nun von dem Fürsten zu irgendeiner Aufgabe zwangsverpflichtet - aber immerhin sind sie so zu diesem Fürsten vorgedrungen. Ob der Fürst nun zum Beispiel Dorgin Gehör schenkt ist fraglich. Hier steht also die nächste Herausforderung aus, wenn Dorgin das Ohr des Adligen gewinnen will (er könnte nun natürlich einen Wurf auf seine Fähigkeit "Prophezeien" durchführen, um dem Fürsten vorherzusagen, dass die schwangere Stute in seinem Stall in einer Woche ein Fohlen zur Welt bringen wird, das nachts darauf beim Glockenschlag um zwölf Uhr verenden wird).

Die Geschichte entwickelt sich also durch die Handlungen der Charakere, der Spielleiter muss hauptsächlich interpretierend eingreifen und durch Beschreibung der Schauplätze und Spielen der NSC dafür sorgen, dass der Rahmen für die Spieleraktionen gegeben bleibt. Hierbei ist eine Menge Improvisation gefragt (möglicherweise gemischt mit einer fundierten Kenntnis der Spielwelt, wenn diese vor Spielbeginn schon ausgearbeitet ist). All das ist nun noch lange kein Hexenwerk. Es ist nicht der Stein der Weisen und mit Sicherheit in etwa das, was viele schon jetzt tun. Der Spielstil beruht auf Konsens, jeder weiß was von ihm erwartet wird, alle sind motiviert und halten sich daran. An dieser Stelle ruft jemand: "Dafür brauche ich keine Regeln, das geht auch so."

Diese Behauptung soll nicht in diesem Artikel diskutiert werden, hier beschränke ich mich darauf Mechanismen vorzustellen, die in anderen Systemen zum Einsatz kommen, um etwas aufzubauen, was ich als mechanische Triebfeder zwischen Charakter und Regelwerk bezeichnen würde. In Spirit of the Century sind dies die Aspekte (Charakterseite), die gekoppelt sind and Schicksalspunkte (Regelwerk). In Burning Wheel hat man hingegen die BITs (Beliefs, Instincts & Traits = Charakterseite) und die Artha-Mechanismen (Regelwerk).

Da Spirit of the Century das einfachere System hat (und ja grundsätzlich ein sehr leichtgewichtiges Regelwerk mitbringt), möchte ich damit beginnen: Ein Aspekt ist hier alles, was den Charakter irgendwie beschreibt. Das Regelwerk selbst deiniert dies so, dass Fertigkeiten und Stunts das repräsentieren, was ein Charakter kann. Aspekte beschreiben hingegen, wer der Charakter ist. Nach dieser Terminologie hätte Tristan zum Beispiel einen Aspekt namnes "Stolzer Wilder". In der oben beschriebenen Szene hätte Tristans Spieler nun diesen Aspekt erzwingen können, d.h. er stimmt zu, dass sein Charakter Komplikationen auf Grund seines Aspektes "Stolzer Wilder" erfährt. Dieses Erzwingen kann dabei entweder vom Spieler selbst ausgelöst werden ("He Meister, ich bin doch ein 'Stolzer Wilder', kann ich mir einen Schicksalspunkt verdienen, wenn ich die Wachen provoziere?") oder vom Spielleiter ("Hör mal, dein Charakter in seiner Rolle als 'Stolzer Wilder' findet diesen Hauptmann sowas von daneben, da musst du eigentlich was unternehmen."). Im zweiten Fall muss der Spieler sich der SL-Weisung fügen, es sei denn, er bezahlt einen Schicksalspunkt, um den Aspekt diesmal nicht ausspielen zu müssen. Will sich der Spieler vor diesen Komplikationen drücken, muss er also einen Schicksalspunkt bezahlen, nimmt er die Schwierigkeiten in Kauf, bekommt er einen solchen Punkt. Diesen Punkt kann Tristan nun bei einer anderen Gelegenheit in einen Regelvorteil umwandeln. Dafür sieht Spirit of the Century mehrere Varianten vor, wobei die zwei wichtigsten darin bestehen, einen Aspekt anzurufen, um dadurch einen Bonus auf einen Wurf zu bekommen. Tristan hätte z.B.  in SotC möglicherweise einen weiteren Aspekt namens "Lebensschuld gegenüber Efret". Wenn nun zum Beispiel eine Situation entsteht, in der Tristan seinen Kameraden vor Schaden beschützen will (etwa in einem Kampf), dann könnte sein Spieler darauf hinweisen, dass er gerade im Sinne seines Aspektes handelt und deswegen einen Bonus auf einen relevanten Wurf beanspruchen möchte. Um diesen Bonus zu erhalten, muss Tristan aber den Schicksalspunkt ausgeben, den er zuvor dafür bekommen hat, dass er sich selbst das Leben schwer gemacht hat, indem er einen seiner Aspekte zu seinem eigenen Nachteil ins Spiel gebracht hat. So entsteht eine doppelte Rückkopplung zwischen Regeln und Charakter - wie eiin Ping-Pong-Ball gehen die Schicksalspunkte bei Spirit of the Century hin und her und halten beide Ebenen des Spiels zusammen.

Diese Regeln sind tatsächlich so generisch, dass man sie ohne großen Aufwand auch auf andere Systeme - z.B. D&D übertragen könnte. Hier gibt es ja schon die Action Points, die jedoch nach anderen Regeln vergeben werden als bei SotC. Das System an dieser Stelle zu ändern, ist kein großer Aufwand. Die Rückkopplung ist hier einfach und elegant, extrem schnell ins System implementiert und funktioniert schon recht gut, wenn es darum geht die Spieler auf Regelebene für Charakterspiel zu belohnen.

Am anderen Ende der Komplexitätsskala kann man zweifellos das System von Burning Wheel sehen: Dieses ist im Gegensatz zu SotC ein ziemlich regellastiges Rollenspiel und hat detaillierte Mechaniken für alle möglichen Situationen - so auch die Rückkopplung zwischen Figur und Regelwerk. Was in SotC die Aspekte sind, nennt man in Burning Wheel Beliefs (Glaubenssätze), Instincts (Marotten, Angewohnheiten, Prinzipien) und Traits (Charaktereigenschaften, innerlich wie äußerlich). Während die Traits ein wenig außen vor sind, so sind die Beliefs und Instincts eines Charakters das, was ihn im Spiel antreibt: Sie sind sein persönlicher Motor. Beliefs kann man als Ziele und Motivationen verstehen. Sie formulieren, was der Charakter will (und was er zu tun gedenkt, um dies zu erreichen. Instincts sind hingegen meist Sätze, die mit "Immer", "Niemals" oder "Wenn... dann" beginnen, und auf Eigenheiten des Charakters hinweisen, die diesen in Schwierigkeiten bringen können.

Dabei verfolgt Burning Wheel zunächst einen ähnlichen Ansatz wie SotC: Bringt man sich selbst über seine Beliefs oder Instincts in die Bredouille oder die Geschichte auf konstruktive Weise voran, so erhält dafür Artha-Punkte. Diese kann man wiederum benutzen, um Vorteile auf der Regelebene zu erhalten. Wo bei SotC diese Vorteile aber nur situationsbezogen sind - ein Bonus auf einen Würfelwurf, das Privileg Details an der vom Spielleiter beschriebenen Szene zu ändern - geht Burning Wheel einen Schritt weiter: Artha ist hier nämlich auch notwendig, um seinen Charakter über einen bestimmten Punkt hinaus zu entwickeln, wobei hiermit die regeltechnische Ebene gemeint ist: Ab einem gewissen Punkt können Fertigkeiten und Attribute nur weiter verbessert werden, indem man Artha investiert. Dieses erhält man nun aber, wenn man einerseits seinen Zielen nachgeht, und sich andererseits Komplikationen vor die eigenen Füße wirft. Der Trick dabei ist, dass so die Entwicklung der Figur im Sinne der Erzählung direkt an die Entwicklung im Sinne der Regeln gekoppelt wird: Kein Stufenanstieg ohne persönliche Weiterentwicklung des Charakters.

Was also beide Systeme im Grunde haben, ist ein Regelmechanismus zur Belohung von gutem Charakterspiel, was per se nichts Außergewöhnliches ist. Das Besondere ist, dass in beiden Regelwerken die Spieler selbst entscheiden wofür sie belohnt werden wollen. Der alte Vorwurf der Spielleiterwillkür bei der Belohnung von "gutem Rollenspiel" greift also hier nicht, weil eben die Spieler die Kriterien des Belohnungssystem mit ihren Charakteren selbst abstecken. Ich weiß, dass diese Aussage recht abstrakt klingt, und nach dem reinen Lesen der entsprechenden Regelwerke habe ich auch daran gezweifelt, dass dies funktioniert bzw. einen nennenswerten Effekt im Spiel hat. Meine Empfehlung ist deswegen, es einfach mal zu probieren - Spirit of the Century gibt es z.B. kostenlos im Internet in Form eines SRD. Es ist sehr leicht zu verstehen und erfordert fast keine Einarbeitungszeit. Im Grunde reicht es auch, sich das System der Aspekte und Schicksalspunkte anzusehen, es auf D&D zu übertragen und damit zu experimentieren. Meiner Erfahrung nach ist hier die Theorie wirklich sehr grau, und bevor man sich eine Meinung dazu bildet, ob man solche Regeln braucht oder nicht, sollte man sie unbedingt in Aktion erlebt haben.

Damit ist diese Artikelserie auch schon fast am Ende angelangt. Der noch ausstehende vierte Teil ist als Fazit und Zusammenfassung geplant. Dieser wird dann hoffentlich morgen fertig werden.

Anhang: Die Beispiel-Charaktere in Form von Burning Wheel Beliefs und Instincts
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« Letzte Änderung: 07. Mai 2009, 13:03:51 von Talwyn »

Talwyn

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Re: Charaktergetriebenes Rollenspiel
« Antwort #3 am: 05. Mai 2009, 15:05:56 »
4. Zusammenfassung / Fazit
Nach dieser doch ziemlich ausführlichen Abhandlung, lohnt es sich sicherlich abschließend die besprochenen Themen noch einmal zusammenzufassen. Wir haben zunächst den Unterschied zwischen plot- und charaktergetriebenem Rollenspiel herausgearbeitet. Dieser Unterschied ist im Endeffekt abhängig von den Erzählkompetenzen der Spielteilnehmer. Beim klassischen plotorientierten Rollenspiel liegen die Erzählkompetenzen weitgehend beim Spielleiter: Er denkt sich ein Abenteuer aus oder entscheidet sich für ein fertiges Modul. Die Spieler können zwar durch die Aktionen ihrer Charaktere Einfluss auf den Verlauf der Geschichte nehmen, haben aber nicht von Anfang an Einfluss darauf, worum es in den erlebten Abenteuern eigentlich geht.

Der Ansatz des charaktergetriebenen Rollenspiels gibt den Spielern stärkere Befugnisse was die Gestaltung des Plots angeht – sie entscheiden von Anfang an mit und legen sogar fest, welche Geschichte erzählt wird. Im Spiel selbst haben die Spieler auch Einfluss darauf, welche Ereignisse ihre Charaktere im Spiel in Schwierigkeiten bringen sollen: Sie teilen dem Spielleiter mit, welche Hindernisse sie überwinden wollen und sorgen auch ganz bewusst dafür, entsprechende Konflikte zu provozieren.

Der Begriff „charaktergetriebenes Rollenspiel“ bezeichnet nach meinem persönlichen Verständnis einen Spielstil, bei dem sich die Geschichte tatsächlich aus den Spielercharakteren entwickelt: Sowohl das, was geschieht wird von den Spielern definiert (nämlich über die persönlichen Ziele ihrer Charaktere): Das Ziel der Reise ist nicht vom SL vorgegeben. Aber auch der Weg dorthin ist nicht vollständig das Werk des Spielleiters. Die Steine auf dem Weg (und derer darf es reichlich geben), legen die Spieler schon durch die Formulierung von Marotten, Angewohnheiten, Prinzipien und dergleichen fest. Diese Charakterelemente erfüllen den Zweck, den jeweiligen SC in Probleme zu bringen. Eine Herausforderung definiert sich nicht nur dadurch, dass zu ihrer Überwindung der Einsatz von Ressourcen und ein gewisses Maß von Glück notwendig sind – sondern auch daran, dass sie dem Charakter schwierige Entscheidungen abverlangen. Übersetzt in die D&D-Terminologie könnte man sagen, dass die Spieler sowohl auf den größeren Rahmen eines Moduls wie auch auf die einzelnen Begegnungen einen gewissen Einfluss haben. Sie teilen dem Spielleiter mit, was sie von Modul und Begegnungen erwarten, was sie als spannend und unterhaltsam empfänden. Diese Mitteilung der persönlichen Vorlieben findet aber nicht außerhalb des Spiels statt, sondern ist Teil davon und fest in die Regeln integriert: Der Hintergrund der Charaktere ist nicht mehr nur schmückendes Beiwerk, er ist schon auf rein regelmechanischer Seite genauso notwendig wie die in Zahlenwerten festgelegten Fähigkeiten und Eigenschaften der Spielfiguren – und zwar nicht nur in der Wahrnehmung der Spieler, sondern schon auf Ebene des Regelwerks. Man kann mit jedem Rollenspielsystem einen „charaktergetriebenen“ Spiel betreiben, dediziert dafür geschriebene Spielsysteme kann man jedoch in aller Regel kaum (sinnvoll) auf andere Art und Weise spielen. Burning Wheel ist ein hervorragendes Beispiel dafür, was ich als charaktergetriebenes Rollenspielsystem bezeichnen würde.

Als Zwitter zwischen diesem charaktergetriebenen Spielstil und dem klassischen plotgetriebenen Rollenspiel würde ich Spiele einordnen, in denen die beschreibenden Eigenschaften der Spielercharaktere zwar festgehalten und mit den Regeln rückgekoppelt sind, bei denen der größere Handlungsverlauf aber immer noch weitgehend einem vorher definierten Plot folgt: Die Spieler haben Einfluss darauf, mit welchen Herausforderungen sie konfrontiert werden, das große Ziel, auf das alle Entwicklungen ausgerichtet sind wird aber nach wie vor eher vom Spielleiter bzw. dem gespielten Abenteuer bestimmt. Spirit of the Century ist ein Beispiel hierfür, da in diesem System die in den Aspekten festgehaltenen Charakterelemente zwar sehr wohl auch regeltechnischen Einfluss auf den Spielverlauf haben (und von den Spielern völlig frei definiert werden) – das große Abenteuer aber denkt sich nach wie vor der SL aus: Indy Jones hat den Aspekt Schlangenphobie. Er teilt dem Spielleiter dadurch mit, dass er gerne Szenen erleben will, in denen er augenrollend hervorstoßen kann: „Warum denn ausgerechnet Schlangen?“. Dass er aber nach der verschollenen Bundeslade und dem Heiligen Gral suchen soll, das wird ihm von außen durch den Spielleiter (und dessen NSC) angetragen. Um diese Ausprägung des Spiels begrifflich gegen den Hauptgegenstand der Artikelserie abgrenzen zu können, schlage ich hiermit vor, zwischen charaktergetriebenem Rollenspiel (wie bei Burning Wheel) und charakterbezogenem Rollenspiel (wie bei Spirit of the Century zu unterscheiden).
Beide Spielstile machen es erforderlich, dass der Spielleiter einerseits Kompetenzen aus der Hand gibt, andererseits muss das System es ermöglichen durch entsprechende Regeln schnell und spontan auf die Aktionen der Spieler zu reagieren. Dies gilt besonders für das charaktergetriebene Rollenspiel, bei dem der Spielleiter abgesehen von einer Anfangsszene, in der das Abenteuer gestartet wird, keine weiteren Szenarien oder Begegnungen vorbereitet, sondern auf die Aktionen der Spieler reagiert. Schwierig wird dies in aller Regel dann, wenn neben Handlungselementen, Figuren, Szenen und Stimmungen (also dem, was in D&D gerne als „Fluff“ bezeichnet wird) plötzlich auch harte Regeln improvisiert werden müssen. Dies ist vor allem dann problematisch, wenn die Entwicklung der Spielercharaktere (im Sinne eines Stufenanstiegs) von eben diesen improvisierten harten Regeln abhängt:

In D&D bestimmt z.B. die relative Stärke eines Monsters oder NSCs, wie viele Erfahrungspunkte dessen Überwindung durch Kampf oder andere Mittel einbringt. Diese relative Stärke ist nun aber von sehr vielen Variablen abhängig und deswegen oft nicht ganz leicht einzuschätzen. Von den Erfahrungspunkten hängt es aber ab, wie schnell ein Charakter aufsteigt und sich weiterentwickelt: Sie sind der wichtigste Belohnungsmechanismus in D&D. Spontan improvisierte Gegner neigen deswegen dazu, zu stark oder zu schwach für die Erfahrungspunkte zu sein, die ihre Überwindung einbringt. Fehlentscheidungen werden mit ansteigender Stufe immer wahrscheinlicher, weil auch die Anzahl der bei der Einschätzung zu berücksichtigenden Variablen zunimmt. Noch dazu gilt, dass ein einziges Monster für zwei unterschiedliche Charaktere eine ganz andere Herausforderung ist: Ein Bogenschütze kann eine Harpie mit einigen gut gezielten Schüssen vom Himmel holen. Der Paladin mit Schwert und Schild hingegen wird es schon schwieriger haben, mit solchen Gegnern fertig zu werden. Der Belohnungsmechanismus berücksichtigt aber den Charakter nicht, der belohnt wird, sondern nur das überwundene Hindernis.

Aus diesem Grund legen die Spieler im charaktergetriebenen Rollenspiel auch selbst fest, wofür sie belohnt werden wollen. Aufgabe des Spielleiters ist es, vor Spielbeginn zu kontrollieren, dass die Belohnungskriterien sinnvoll und akzeptabel im Sinne der Gleichbehandlung aller Spieler gewählt wurden – hier liegt nämlich natürlich die Gefahr bei Systemen, in denen die Spieler so großen Einfluss auf die mechanische Entwicklung ihres Charakters haben.

Es ist also durchaus sinnvoll, für das charaktergetriebene Rollenspiel ein Regelwerk zu verwenden, dass den Spielleiter dabei unterstützt, den Handlungsverlauf spontan zu improvisieren, ohne dadurch die Entwicklung der Spielercharaktere besonders positiv oder negativ zu beeinflussen: Für diese Entwicklung sind die Spieler nämlich selbst verantwortlich, sie haben viel mehr Fäden in der Hand, als im plotgetriebenen Rollenspiel. Wenn sie sie nicht ziehen, dann ist das entweder ihre eigene Schuld, oder es ist das Resultat eines Missverständnisses (nämlich darüber, dass von den Spielern erwartet wird, den Handlungsverlauf selbst voranzutreiben, indem sie die individuellen Ziele ihrer Charaktere verfolgen). Denn auch wenn das charaktergetriebene Rollenspiel einige neue Ansätze präsentiert, die zumindest meiner Meinung nach für ein intensiveres und spannenderes Spielerlebnis sorgen, so ist es doch trotzdem nicht die eierlegende Wollmilchsau, die alle potenziellen Spaßkiller beim Rollenspiel aus der Welt schafft. Wie alle anderen Spielstile braucht es auch für den hier ausgewalzten den Konsens aller Beteiligten, der irgendwie darauf hinauslaufen sollte, dass ein paar Freunde sich treffen um miteinander einen spannenden und lustigen Spieleabend zu verbringen. Wenn diese Grundvoraussetzung nicht erfüllt ist, wird keine Artikelserie der Welt dazu führen, dass man Spaß in seiner Gruppe hat.
« Letzte Änderung: 10. Mai 2009, 18:10:54 von Talwyn »

Drazon

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Re: Charaktergetriebenes Rollenspiel
« Antwort #4 am: 05. Mai 2009, 16:22:19 »
Zitat
...oder Tristan Eisenfaust,...
He! :-|
Unveränderlichkeit ist Katastrophe.

Berandor

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  • Verrückter Narr
    • http://www.p-pricken.de
Re: Charaktergetriebenes Rollenspiel
« Antwort #5 am: 05. Mai 2009, 18:46:17 »
Ooh, ich bin gespannt wies weitergeht!
Bitte schickt mir keine PMs hier, sondern kontaktiert mich, wenn nötig, über meine Homepage

Silas

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Re: Charaktergetriebenes Rollenspiel
« Antwort #6 am: 05. Mai 2009, 19:08:36 »
Ich auch. Bestimmt kommt bald n Freeport Beispiel.  :P
"Aaaaaaarrrggghhhhhhhhh.......................... Arrrghhhhhhhhhh!!!" - Wolverine, X-Men Origins

Berandor

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  • Verrückter Narr
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Re: Charaktergetriebenes Rollenspiel
« Antwort #7 am: 05. Mai 2009, 19:10:21 »
Zur Info für die Nachwelt: Noch ist erst der erste Beitrag geschrieben.
Bitte schickt mir keine PMs hier, sondern kontaktiert mich, wenn nötig, über meine Homepage

Wormys_Queue

  • Mitglied
Re: Charaktergetriebenes Rollenspiel
« Antwort #8 am: 05. Mai 2009, 19:53:12 »
Ich warte auch schon gespannt :)
Think the rulebook has all the answers? Then let's see that rulebook run a campaign! - Mike Mearls
Wormy's Worlds

Heretic

  • Mitglied
Re: Charaktergetriebenes Rollenspiel
« Antwort #9 am: 06. Mai 2009, 00:27:20 »
Was soll das mit "Reserve 1" etc.?
 :boxed:

Taysal

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    • Taysals Abenteuerland
Re: Charaktergetriebenes Rollenspiel
« Antwort #10 am: 06. Mai 2009, 00:32:43 »
Ist eine Artikel-Reihe die nicht auseinandergerissen werden soll.

Windjammer

  • Mitglied
Re: Charaktergetriebenes Rollenspiel
« Antwort #11 am: 06. Mai 2009, 01:08:05 »
Ob ich nun Ritter Lambrecht, einen Paladin des Sonnengottes Kendris, oder Tristan Eisenfaust, einen Barbaren aus dem Hochland, oder den geheimnisvollen Zauberer Efret spiele - sie alle kommen zu dieser Verschwörung wie die Jungfrau zum Kinde.
Ha! Das sind ja Du, Flo, und ich.  :D

Ne im Ernst, ich habe just heute nachmittag Trail of Cthulu wieder einmal angelesen, sozusagen das einzige annähernd Indie-Rollenspiel in meinem Buchregal. Da verfügen die Charaktere auch über "Drives", also Charaktertendenzen wie Neugier und Aggression (sowie zwei Dutzend ausgeklügeltere Sachen - zum Beispiel ein obsessives Interesse an Archäologie), und wenn die Spieler diese Dinge während dem Abenteuer nicht rollenspielerisch verfolgen, leiden ihre SC an Verlusten bei der geistigen Gesundheit (bei einem Cthulhu Spiel natürlich höchstes Gut). Das ist so wie wenn Arldwulfs Barbarenalkoholiker in der 4E drei Healing Surges verliert, weil er vorm Einschlafen nur drei Bier kippt.

Gibt es sowas bei D&D? Kaum. Bis auf Deinen Paladin, der Lawful Good sein muß, würde ich sagen gibt es in D&D nichtmal einen einzigen Mechanismus, der den Spieler zu Charakterspiel zwingt (ihn nämlich diesbezüglich in Bahnen lenkt). Wirklich lustig ist es nur, wenn da so ein AD&D Klon wie Hackmaster daher kommt, und den einzigen "Drive", den D&D jemals hatte, spielmechanisch einbaut: "Honor". Honor bekommt man, indem man Schätze erbeutet, Monster schlachtet, und seine Kumpel ausssticht (nicht: hinterrücks absticht).
Genauer: (Anzeigen)
Damit parodiert Hackmaster das Bedürfnis der Indie-Spiele, solche Dinge überhaupt einzubauen. D&D ist, von Haus aus erst mal, ein dermaßen brutal oberflächliches oder - wie Du gern zu sagen pflegst: trashiges - Spiel, dass es nur diese simplen Plots zuläßt. Sodass jede (bei den SCs eingebaute) Mechanik, die solche Plots unterstützt, naturgemäß gleichermaßen erbärmlich aussieht - eben "Honor". Ich hab mich vor kurzem bei Erik Mona bezüglich dieser Plot Armut bei Paizo beschwert, also einer Firma die ja diesbezüglich wirklich abwechslungsreicheres auftischen könnte, und das Echo war interessant. Um das ganze positiv zu beschließen, würde ich Dir empfehlen, mal den Player's Guide zu Crimson Throne anzusehen, denn der verleiht die SC mit kampagnen-spezifischen Zielen und Charakterticks, die dann im Abenteuer so richtig aufgehen. Dass das dem Charakter Burner nicht das Wasser reichen kann, wußten wir schon vorher, aber darum geht es ja hier kaum. Oder doch? wink

In Summe: ja, es gibt dergleichen Dinge bei D&D, aber sicher nicht in der Form von D&D, die wir von WotC kennen.
« Letzte Änderung: 06. Mai 2009, 01:19:04 von Windjammer »
A blind man may be very pitturesque; but it takes two eyes to see the picture. - Chesterton

Talwyn

  • Mitglied
Re: Charaktergetriebenes Rollenspiel
« Antwort #12 am: 06. Mai 2009, 12:24:32 »
Zitat
...oder Tristan Eisenfaust,...
He! :-|

Hu? So heißt ein Barbar in unserer D&D-Runde, hast du etwa einen Namensvetter im Angebot?

Ach ja: Teil 2 ist online.

Wormys_Queue

  • Mitglied
Re: Charaktergetriebenes Rollenspiel
« Antwort #13 am: 06. Mai 2009, 12:50:03 »
OK, so langsam faengt es mich an, in den Fingern zu jucken. Zum Glück habe ich gerade keine Zeit, vielleicht schaff ich es also noch, die beiden noch fehlenden Posts abzuwarten. :)
Think the rulebook has all the answers? Then let's see that rulebook run a campaign! - Mike Mearls
Wormy's Worlds

Arldwulf

  • Mitglied
Re: Charaktergetriebenes Rollenspiel
« Antwort #14 am: 06. Mai 2009, 12:51:31 »
Schöner Text bisher in jedem Fall Talwyn. Um mal eine eigene Erfahrung zu schildern:

Eine meiner Kampagnen drehte sich darum das eine Gruppe von Bösewichtern auf der Flucht eine alte Burgruine fanden mit angrenzendem schutzlosem Dorf. Die Gruppe hatte langfristig ausgelegte Ziele - sie wollte zurück zu dem Ort von dem sie geflohen waren und die Herrschaft dort ergreifen. Als Mittel dazu bauten sie die Burg wieder auf, unterjochten das Dorf und versuchten allgemeine Boshaftigkeit an den Tag zu legen.

Die Herausforderungen waren letztlich gelegentliche gute Gruppen die sie daran hindern wollten Böses zu tun, oder solche Herausforderungen mit denen sie aktiv ihre Macht vergrössern konnten. Welche dann natürlich abhängig von den verwendeten Mitteln wieder irgendwelche Guten auf den Plan rief.

Ausser den Zielen der Chars und den Folgen ihrer Entscheidungen gab es aber nur Nebenquests. Das wäre doch in etwa so etwas was du beschrieben hattest, oder?
1st Edition Nekromantentöter
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Ich hab nichts gegen niedrige Wahlbeteiligung. Irgendwann regier ich den Laden eben alleine. ;-)

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