Autor Thema: Wie spontane Individualentscheidungen fördern?  (Gelesen 4234 mal)

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G4schberle

  • Globaler Moderator
Wie spontane Individualentscheidungen fördern?
« am: 23. Januar 2014, 00:43:25 »
Meine Spieler versuchen fast jede Entscheidungssituation mit einer generalstabsmäßigen Diskussion über die "Könntes" und "Solltes" zu lösen. Was mich daran stört liegt auf der Hand:
- es dauert ewig und effektiv passiert in der Zeit nichts
- es führt schnell zu out-of-game Taktikgesprächen über TP und Zauberreichweiten auf Stufe X
- es untergräbt die einzelnen Char-Persönlichkeiten, da die Gruppe wie eine Einheit handelt
- meist kommt es dann schnell anders als die Spieler es vorhergesehen haben und die Pläne sind nichts mehr Wert

Meine Spieler haben auch schon erkannt, dass das manchmal zum Problem wird. Trotz aller guten Vorsätze fallen sie aber über ihren Ehrgeiz alle Begegnungen möglichst effizient zu lösen, immer wieder in dieses Muster zurück.

Meine Frage ist nun:
Habt ihr Vorschläge, wie ich die Spieler dauerhaft zu spontanen Individualentscheidungen ermuntern kann?


Reingehaun
G4
... berichtigt mich, wenn ich falsch liege ...

Xiam

  • Mitglied
  • Mörder der 4E
Wie spontane Individualentscheidungen fördern?
« Antwort #1 am: 23. Januar 2014, 01:00:48 »
Ja, das Problem kenne ich. Und D&D forciert das ganze auch noch, weil ein taktisch optimiertes Vorgehen mitunter notwendig ist, um schwierige Begegnungen vernünftig zu überstehen. Manchmal ist das Problem auch hausgemacht, weil der SL zu streng ist und "Fehler" der Spieler gnadenlos bestraft.

Ich glaube, richtig in den Griff bekommt man das Problem nicht. D&D ist ein Spiel, das vor allem Taktiker unter den Rollenspielern anspricht und weniger Charakterspieler. Daher ist das Ausbaldowern einer optimalen Strategie auch Teil des Spiels und wird von vielen Spielern gerade geschätzt und genossen. 

Dennoch sehe ich ein paar Möglichkeiten:
  • Zuerst einmal klären, worin der Fokus des Spiels liegen soll: Wenn die Spieler nun einmal gerade das Pläneschmieden am Spiel schätzen und darauf nicht verzichten wollen, dann steht es einem als SL nicht zu, das zu unterbinden. Es stellt sich dann vielmehr die Frage, ob man für die Gruppe der richtige SL ist.
  • Gründe für Planungswut erörtern: Wenn die Spieler die langen Planungsphasen selbst als Problem empfinden, sollte man mitreinander ergründen, warum sie dennoch stattfinden. Haben die SC Angst vor den Konsequenzen, wenn sie sich nicht genug Gedanken machen? Die kann man ihnen als SL ja recht einfach nehmen. Wollen sie aus Ego-Gründen unbedingt effektivstmöglich vorgehen? Dann könnte man ihnen klar machen, dass es dafür weder einen Sonderpreis noch eine Belohnung gibt und "normales" Gewinnen auch reicht.
  • Zeitfaktor ins Spiel bringen: Die SC können ggf. nicht lange über ihr Vorgehen diskutieren, weil im Hintergrund eine Uhr tickt.
  • Rollengerechtes Vorgehen einfordern: Nicht jeder SC wird ewig diskutieren wollen. Der adlige Paladin z.B. könnte gewohnt sein, dass man tut, was er sagt. Der Druide wird sich vielleicht mit dem Stellen eines Hinterhaltes nicht besonders gut auskennen. Die Spieler können ruhig einmal daran erinnert werden, dass sie ein Rollenspiel spielen und die Entscheidung für eine Klasse nicht alleine wertetechnische Auswirkungen hat.
« Letzte Änderung: 23. Januar 2014, 01:03:52 von Xiam »
1984 was not supposed to be an instruction manual.

Speren

  • Lektor
Wie spontane Individualentscheidungen fördern?
« Antwort #2 am: 23. Januar 2014, 06:10:23 »
Spontanentscheidungen bei D&D

Als Einführung, ab 30 sec.  :)

Grundsätzlich würde mich interessieren, wann die Diskussionen auftreten:

Vor einem Endkampf?
Vor jedem Kampf?

Xiam hat vollkommen Recht, dass man erkunden sollte, warum dieses Phänomen auftritt. Und den Spielern auch mal deutlich machen, welches Konfliktpotential da durchaus vorhanden ist. Denn wenn die Pläne mal wieder nicht funktionieren, kann es schnell zu Frust kommen, nach dem Motto:

"Der SL kennt ja unseren Plan, also geht er genau dagegen an..."

Ich kann den Vorschlag Xiams hinsichtlich des Zeitfaktors nur unterstützen; nicht immer ist Zeit für eine detaillierte Planung vorhanden. Außerdem würde ich die Spieler bitten, Planungen nicht auf der Meta-Ebene auszutragen. sprich: Wenn der Magier seine Zauber erklärt, dies nicht mit den regeltechnischen Begriffen zu tun, denn ingame hat z. B. der Kämpfer davon so viel Ahnung wie ein Schwein vom Pfeiffen.

Ansonsten würde ich aber Planungen seitens der Spieler nicht komplett unterdrücken. Viele Gruppen, gerade solche, die als Team agieren wollen (was ich nämlich als sehr gut empfinde), mögen gerade dieses "Planen" vorweg. Kann mich an zahlreiche Shadowrun-Sitzungen erinnern, bei denen das Planen einfach dazugehörte und auch Spass macht (auch wenn meist etwas schief ging...). Als SL muss man dann ab und an mal die Beine hochlegen und...nix tun.
No one touches the faerie!

G4schberle

  • Globaler Moderator
Wie spontane Individualentscheidungen fördern?
« Antwort #3 am: 23. Januar 2014, 11:04:00 »
Nachdem wir seit fast 4 Jahren in dieser Runde spielen glaube ich recht sicher sagen zu können, dass es das ist:
Zitat
Wollen sie aus Ego-Gründen unbedingt effektivstmöglich vorgehen?

Zum Punkt Zeitdruck: Ja das ist eine gute Sache, habe ich auch schon ein paar mal ausprobiert. Die Spieler nutzen dann zwar die Zeit fast immer bis zum Maximum für Planungen aus, aber ich habe wenigstens die Möglichkeit irgendwann zu sagen: "Die Zeit ist jetzt um!" Aber leider kann ich Zeitdruck nicht immer anwenden. Die Spieler sagten bereits, dass es langsam etwas stressig wird, da fast immer eine Uhr im Hintergrund tickt.

Zum Thema Chars ausspielen: Etwa die Hälfte der Gruppe besteht aus Chars (und Spielern) denen die ellenlangen Taktikbesprechungen regelmäßig zu viel werden. Leider haben die Spieler oft nicht den Schneid (oder sind zu höflich) die Handlung an sich zu reißen. Manchmal versuche ich das dann aus ihnen heraus zu kitzeln, indem ich die Spieler gesondert anspreche. Irgendwann kommen die anderen dann auch mit, um zu sehen wie's weiter geht. Das funktioniert aber auch nicht immer. Vielleicht sollte ich diese Spieler aber mehr belohnen, wenn sie sich doch einmal durchringen etwas auf eigene Faust zu unternehmen.

Zitat
Grundsätzlich würde mich interessieren, wann die Diskussionen auftreten:
Vor einem Endkampf?
Vor jedem Kampf?
Antwort 3: Vor fast jeder Entscheidung. (Welcher Char kauft was ein? Welchen Weg sollen wir gehen? Wer hält wann und wo Nachtwache? Wie sprechen wir den Bürgermeister an? Und natürlich auch während eines Kampfes)

Komplett unterdrücken möchte ich die Planungswut auch nicht. Manchmal ist es echt notwendig; vor schweren Kämpfen oder Einbrüchen in ein schwer bewachtes Gebäude z.B. Aber wenn das dann so extrem wird, dass wir an einem 9-stündigen DnD-Nachmittag nur 5 Räume im Dungeon schaffen (mit insgesamt 2 Kampfbegegnungen mit je einem HG von der halben Gruppenstufe) wird es mir doch etwas viel. >_-
... berichtigt mich, wenn ich falsch liege ...

Kree

  • Mitglied
Wie spontane Individualentscheidungen fördern?
« Antwort #4 am: 23. Januar 2014, 16:28:42 »
Hallo,

ein anderer Weg das Problem in den Griff zu kriegen ist mal wieder das Abenteuer-Design umzustellen. Probleme sollten so einfach sein, das es den Spielern als Zeit verschwendung vorkommt lange zu Planen, das wird natürlich nicht immer gehen und es wird auch lange dauern bis man wirklich eine Besserung bemerkt.

Ich versuch mal zu erklären wie ich es meine, wenn deine Spieler z.B. sich ewig lange überlegen wie sie aus dem Gespräch mit Person X alle relevanten Informationen herrauslocken, sollte Person X einfach von sich aus alles wichtige im ersten Satz sagen.

Schwer zu erklären, aber der Kern ist das man Planung einfach im Abenteuer "überflüssiger" macht. Bei Kämpfen wird das nicht gut klappen, aber bei allen anderen geht das ganz gut.

mfg
Kree

G4schberle

  • Globaler Moderator
Wie spontane Individualentscheidungen fördern?
« Antwort #5 am: 23. Januar 2014, 16:36:15 »
Meinst du nicht, dass meine Spieler dann versuchen, obwohl sie schon alles Relevante wissen, noch mehr aus dem NPC heraus zu kitzeln?
Aber probieren kann ichs ja mal.
... berichtigt mich, wenn ich falsch liege ...

Kree

  • Mitglied
Wie spontane Individualentscheidungen fördern?
« Antwort #6 am: 23. Januar 2014, 16:56:18 »
Klar werden sie das, deswegen muss man das als DM auch langfristig durchziehen. Und auch in vielen Bereichen, D&D erfordert nur im Kampf wirklich taktisches Vorgehen.

Sind halt nur meine persönlichen Erfahrungen, je weniger Planung erforderlich ist, je geringer die negativen Auswirkungen desto weniger Planung wird seitens der Spieler her betrieben. Es gilt wie bei vielen Sachen man muss die goldene Mitte finden. Und ich suche auch noch :D

mfg
Kree

Nappo

  • Mitglied
Wie spontane Individualentscheidungen fördern?
« Antwort #7 am: 24. Januar 2014, 07:51:48 »
Ich habe mal versucht zwecks Kampfbeschleunigung (und Vermeidung von Bevormundung schwacher Spieler) während eines Kampfes Gespräche am Tisch auf reine Ingame Handlung zu begrenzen (Initiativball der weitergegeben wurde, und es durften nur SL und Spieler mit Ball reden). Ich war überrascht postives Feedback von meiner Gruppe zu bekommen. Tatsächlich lag der Ball nach einiger Zeit einfach so unbeachtet auf dem Tisch, und wenn es einem meiner Spieler zu bunt wurde mit OOC planen, nahm er den Ball und riss die Handlung und Aufmerksamkeit auf sich. Quasi ein Nebeneffekt, den ich begrüßt aber nicht beabsichtigt habe.

Tigershark

  • Mitglied
Wie spontane Individualentscheidungen fördern?
« Antwort #8 am: 24. Januar 2014, 09:04:33 »
Das mit dem Ball klingt echt nach einer genialen Idee.
Du hast nicht wirklich erwartet, dass ich dir Recht gebe, oder?

G4schberle

  • Globaler Moderator
Wie spontane Individualentscheidungen fördern?
« Antwort #9 am: 24. Januar 2014, 09:34:49 »
Werd ich auf jeden Fall auch mal austesten.  :thumbup:
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Hautlappen

  • Mitglied
Wie spontane Individualentscheidungen fördern?
« Antwort #10 am: 24. Januar 2014, 13:35:35 »
Ich kenne das Problem auch (wer nicht?). Meiner Meinung nach sollte man in solchen Situationen als SL vorrangig auf ingame Entscheidungen reagieren, anstatt darauf zu warten dass die Spieler fertig diskutiert haben. Sagt z.B. der Kämpfer "ich öffne jetzt die Tür und gehe den Gang entlang", sollte der SL sofort beschreiben was passiert, anstatt sich 3 bis 4 mal rückzuversichern was die anderen machen, 3 bis 4 mal nachfragen ob sie ausdiskutiert haben etc.
"I have no expression on my face" (Tuvok)

Gevatter

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Wie spontane Individualentscheidungen fördern?
« Antwort #11 am: 24. Januar 2014, 15:17:25 »
Also wenn es mitten im Kampf um Kampftaktiken geht, versuche ich die Gespräche darauf zu reduzieren was auch die Spielfigur einem Mitstreiter zurufen könnte. Z.B. "Nimm Gegner X in die Zange", "Zauber einen Feuerball auf die Gegner im Norden", "Heil mich" etc. Ich persönlich finde es nicht so gut wenn ein Spieler einem anderen vorschreibt / empfiehlt was er die nächsten 3 Runden alles machen soll. Natürlich kann man einsteigern gerne mit Rat und Tat unter die Arme greifen aber auch Fehlentscheidungen gehören zum Kampf dazu z.B. Zauber gegen Magieimmune Gegner verwenden etc. Das KnowHow der Gruppe muss bei einer Begegnung natürlich berücksichtigt werden.

Wenn ein Spieler sich einfach nicht entscheiden kann wohin er nun läuft oder wen er nun angreifen möchte zähle ich irgendwann, zur Erlösung aller, einfach von 10 bis 0 runter. Wenn er dann nichts macht ist seine Runde ungenutzt vorbei.

Außerhalb von Kämpfen können die Spieler gerne lange diskutieren, aber irgendwann greift der schon beschriebene Zeitfaktor.

widdi

  • Mitglied
Wie spontane Individualentscheidungen fördern?
« Antwort #12 am: 24. Januar 2014, 15:41:34 »
Während eines Kampfes gibt es bei uns keine Taktik-Diskussionen. Wir haben vor Jahren die 3-Wörter-Regel eingeführt: Ein SC/Spieler darf nur während seines Zuges etwas über den Kampf sagen und wenn es mehr als 3 Wörter sind, dann braucht er dazu eine Bewegungsaktion. Funktioniert relativ gut, und die 3 Wörter unterstützen die Atmosphäre des schnellen und hitzigen Gefechts.
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Die Kraft des Geistes ist grenzenlos - Psionics rock!

Zechi

  • Globaler Moderator
Wie spontane Individualentscheidungen fördern?
« Antwort #13 am: 24. Januar 2014, 17:49:05 »
Hinsichtlich der Taktikbesprechungen während eines Kampfes ist das vor allem ein Problem der Miniaturenkämpfe, die ja vor allem seit der 3.5E/4E als Standard gelten. Ich kann daher nur empfehlen, ab und zu einen Erzählkampf zu wagen, daher komplett auf Miniaturen zu verzichten.

Das führt zu einem flüssigeren Kampf und auch andere Nebeneffekte, die manchmal nervig sind, wie z.B. das "abzählen" von Kästchen um sich optimal zu positionieren usw. entfällt. Das bietet sich vor allem dann an, wenn die SC gg. einen Einzelgegner antreten, der sich sowieso wenig bewegt.
Planen ist alles, Pläne sind nichts.

G4schberle

  • Globaler Moderator
Wie spontane Individualentscheidungen fördern?
« Antwort #14 am: 24. Januar 2014, 18:30:40 »
Dank des Rundensystems habe ich als SL im Kampf eine gute Handhabe um solche Diskussionen abzuwürgen. Aber außerhalb der Kampfrunden kann jeder immer über alles quatschen und das so lange er will. Bei uns sind das halt fast immer Taktikbesprechungen und ich habe dann kaum Möglichkeiten diese zu beenden.
... berichtigt mich, wenn ich falsch liege ...