Planänderung: Ich komme mit zwei Updates nicht aus. Also hier das nächste, dann Dienstag, dann Donnerstag.
Der GrafSpoiler (Anzeigen)Beim Glücklichen Affen habe ich "Greensleeves" in einer Version von Loreena McKennitt gespielt
Die Kettenbrecher verbrachten die Nacht im Wald, dann brachen sie auf. Dirim und Boras hatten Reitpferde erhalten. Auf ihrem Weg nach Cauldron überholten sie einige Reisende, auf halber Höhe mussten sie einer größeren Reisegruppe Platz machen. Dann endlich war die Heimatschleuse in Sicht.
Cauldrons Wände waren immer noch hoch und aus schwarzem Malachit, aber anders als in der Vision waberte kein Schattenvorhang, sondern stand das große versenkbare Tor offen und enthüllte den Blick auf eine mit den Überresten der gestrigen Feierlichkeiten gesäumten Straße. Zwei halborkische Stadtwachen und ein Oger, den man in eine viel zu kleine Rüstung gesteckt hatte, hielten die Beiden an.
»Halt! Reisende müssen ihr Gut verzollen, und Eure Waffen wollen angebunden sein.«
Dirim fixierte den Sprecher mit seinem brennenden Auge. »Wir zahlen keine Zölle. Wir sind Bürger der Stadt. Und unsere Waffen bleiben frei.«
Damit ritt er los, und Boras folgte ihm. Der Oger stellte sich ihnen in den Weg, aber der Sprecher zog ihn wieder zurück.
»Lass man, ich kenne die. Um die wird sich gekümmert.«
Der Oger grunzte traurig.
Dirim und Boras lenkten die Pferde im Schritt nach Cauldron hinein. Von dem Vorplatz hatte man einen guten Blick über die Stadt, und die beiden sahen die provisorische Arena, die man auf dem Stadtplatz errichtet hatte. Außerdem sahen sie den gewaltigen, über hundert Schritt hohen Turm des Azuthtempels. An der Spitze verbreiterte sich der Finger wie zu einem Auge, und die äußeren Ecken glänzten golden im Sonnenlicht.
Dirim verzog das Gesicht. »Zuerst zum Gottesurteil«, sagte er.
Die Einwohner Cauldrons blickten auf, wenn sie an ihnen vorbei ritten. Mehr als einer grüßte sie lautstark, und einige besonders flinke rannten an ihnen vorbei, um des Wegs von ihrer Rückkehr zu berichten. Bald hatte sich eine Menschentraube gebildet, und als Dirim und Boras die Arena erreichten, waren sie von Schaulustigen und Besuchern des Kampfes gleichermaßen eingezwängt. Nur dank ihrer Pferde kamen sie weiter voran.
Endlich waren sie am Eingang zur Arena angelangt. Die dortigen Wachen traten sofort vor.
»Wohin des Wegs?«, fragte die eine Wache barsch und hob den Arm.
»Zum Gottesurteil.«
Boras stieg ab und gab dem Mann die Zügel in die Hand.
»Danke.«
Der Mann ließ die Zügel fallen. »Ihr könnt hier nicht einfach durch!«
»Wer sagt das?«
»Ich«, kam eine Stimme vom Eingang. Sie war immer noch genauso ölig wie vor einem halben Jahr, aber sie klang nicht gewohnt hochnäsig. Auch sonst wirkte Tenebris Valanthru irgendwie blass um die Nase herum. Der Goldelf war wie immer in feinste Gewänder gehüllt, und seine goldenen Augen fixierten Dirim, der noch im Sattel saß.
»Wir kommen, um für Maavu zu kämpfen«, sagte Dirim.
»Mit welchem Recht?«
»Sprecht ihr einem Priester Tyrs die Rechtmäßigkeit ab, Valanthru?«
Der Elf hob abwehrend die Hände. »Aber nein. Seid ihr denn ein Priester Tyrs?«
Dirim hielt ihm seinen Schild entgegen. »Seht ihr dieses Zeichen nicht?«
Die Leute verfolgten das Schauspiel gebannt. Dirim spürte, dass er hier nicht klein beigeben dürfte.
»Ihr tragt die Kleidung eines Tyr-Priesters«, sagte Valanthru, »so viel gestehe ich ein. Aber Euer Auge brennt in infernalischem Feuer. Wer sagt mir, dass ihr der seid, der ihr zu sein vorgebt? Und dass ihr nicht in Tyrs Ungnade gefallen seid, als ihr mit Dämonen paktiertet?«
Die Menge wurde unruhig. Das Auge qualmte, und der Rauch roch wirklich stark nach Schwefel. Dirim hörte mehr als einmal das Wort ›Dämon‹ heraus. Valanthru lächelte.
»Infernal? Ist Cauldron tatsächlich schon zur Hölle gefahren?« Dirim hob sich aus dem Sattel. Er sprach zu den Umstehenden, so laut er konnte. »Sehet die Wachen! Blickt zum Finger, und gedenkt dem Namen des Helmtempels. Das Flammende Auge ist kein Teufelszeichen, sondern Wappen der Stadt. Tyr hat mich gesegnet. Ich, Dirim Gratur, komme als Beschützer Cauldrons, nicht als ihr Untergang, denn ich trage Cauldrons Zeichen!«
Mit diesen Worten jubelte die Menge auf, auch wenn Dirim noch einige zurückhaltende Gesichter sah. Diese Schlacht war gewonnen, aber der Krieg? Hatte gerade erst begonnen. Das besagte auch der Blick, mit dem ihn der Goldelf bedachte.
»Und jetzt lasst uns durch, wir haben einen Kampf auszutragen.«
-
Steile Bergpfade hatten Helion, Thamior und Thargad nach Osten geführt, tief in die Omlarandinberge. Hier, südlich vom Cauldron, lag irgendwo die verlassene Feste der Silberkelche. Der Paladinorden war inzwischen fast vollständig an den Hof Tethyrs berufen worden. Zwischen dieser alten Burg und der Kesselstadt lag Silberquell, überwiegend als ›die Geisterstadt‹ bekannt. Die Silberminen des kleinen Dorfes waren der Legende nach zum Erliegen gekommen, und in ihrer Gier hatten die Bewohner am falschen Ort gegraben. Die Stadt verging in einer Seuche, und bald herrschten Geister und Untote über diesen Ort. Kurz darauf kappte man die Brücke über die Silberschlucht, und seitdem gab es keinen Kontakt mehr mit dem Dorf, abgesehen von ein paar Übermütigen, die dort nach Schätzen oder dem Eingang in andere Dimensionen suchten.
Jetzt lag Silberquell vor den drei Kettenbrechern, und es war alles andere als verlassen. Schon aus der Entfernung sah man Arbeiter, die über die Straßen gingen oder an Häusern werkelten. Am Eingang der Stadt standen drei Wachen.
»Unerwartet«, sagte Helion, »aber nicht unwillkommen. Sagen wir hallo.«
Thamior schüttelte den Kopf. »Das sind Untote.«
»Wer?«, fragte Helion und kniff die Augen zusammen, aber das Sonnenlicht machte ihm zu sehr zu schaffen, um genaueres zu erkennen.
»Alle.«
Es verging ein Atemzug, bevor Thargad seine Stimme wiederfand.
»Alle?«
»Alle, die ich sehen kann«, sagte der Elf.
»Sie haben uns jedenfalls schon gesehen, und wir müssen ins Dorf hinein«, sagte Helion. »Sehen wir mal, ob sie friedlich sind.«
Die drei ritten langsam näher. Tatsächlich war die Stadt bevölkert von Untoten, skelettartigen Geschöpfen, deren Knochen mit Runen und Glyphen besetzt waren. Zwei der drei Wachen trugen nur kleine Glyphen auf Arm und Brust, der dritte hatte eine kleine Rune auf der Stirn und mehrere am Körper. Dieser dritte trug auch eine minderwertige Kettenrüstung. Alle waren sie bewaffnet.
»Halt«, sagte der Gerüstete, als die Kettenbrecher etwa zwanzig Schritt entfernt waren. »Was wollen?«
»Wir wollen nach Silberquell«, sagte Pecarri. Das Wachskelett war davon anscheinend überfordert.
»Warten! Holen.« Es wandte sich an die anderen Skelette. »Kru-chakarat. Nih!«
Die Skelette nickten.
Das Wachskelett drehte sich um und stiefelte ins Dorf hinein. Die Kettenbrecher betrachteten das Schauspiel, das sich ihnen bot. Im ganzen Dorf liefen Untote Skelette herum, alle mit noch minderwertigeren Glyphen als die Wachen, und gingen Tätigkeiten nach. Manche arbeiteten an Häusern, andere rupften Unkraut aus ihrem Vorgarten, wieder andere fuhren mit einem Karren durchs Dorf voller Waren, die niemand kaufte. Es war verrückt.
Endlich kam das Wachskelett zurück, und mit ihm ein größeres Skelett im Plattenpanzer, ein Zweihänder auf dem Rücken.
»Kommt«, sagte das Panzerskelett. »Folgt mir.«
»Wohin gehen wir?«, fragte Thamior.
»Zum Grafen.« In diesem Moment donnerte es vernehmlich.
»Zum Grafen«, wiederholte Thamior. Es donnerte, etwas leiser.
Das Panzerskelett führte die drei zu einem großen Herrenhaus mitten in Silberquell. Dunkle Wolken hingen über dem Haus. Hohe Fenster ließen etwa zehn Schritt hohe Räume vermuten und gaben den Blick auf große Wandgemälde frei. Das Panzerskelett bat die Kettenbrecher, abzusteigen, und stieg dann die Treppen zum Eingang hoch.
Der Türklopfer war ein ginsender Mund, dessen Klopfen dreifach verstärkt durch das Haus hallte. Die Kettenbrecher hörten das Rasseln mächtiger Ketten, das Rumpeln schwerer Zahnräder und das Keuchen einfacher Dampfmaschinen. Dann schwang die Tür auf, und eine helle Stimme ertönte.
»Danke, Hugo. Du kannst jetzt gehen.«
Vor den Kettenbrechern erhob sich ein vier Schritt hohes Ungetüm aus schwarzem Stahl. Grauer Rauch drang aus einem kleinen Schlot, und in seiner Brust glomm ein Feuer. Anstelle von Beinen besaß das Wesen Ketten, die sich um eine Achse drehten, und an seiner Spitze war eine Kristallkugel, in der ein Totenschädel schwamm. Dieser Schädel sprach.
»Willkommen, Reisende. Ich bin Graf Silberquell!«
Es donnerte bedrohlich.
-
»Boras. Komm doch rein.«
Terseon Skellerang saß auf einem einfachen Schemel und polierte sein Schwert. Er sah schlecht aus: dunkle Ränder unter den wässrigen Augen, unrasiert, und aus der Nähe roch man deutlich Alkohol.
Boras gab ihm beide Hände. »Ich freue mich, dich zu sehen.«
»Gleichfalls. Ich bin froh, dass du es sein wirst, der mich tötet.«
»Tötet? Ich habe nicht vor, dich zu töten.«
»Nicht?« Terseon musste husten. Er spuckte einen Klumpen Schleim in einen Eimer in der Ecke. »Da hast du dir aber eine komische Art ausgesucht, das zu zeigen.«
»Wenn ich nicht kämpfen würde, würdest du sterben«, sagte Boras. »Darum kämpfe ich.«
»Das tut mir leid«, sagte Terseon. »Ich dachte, du weißt Bescheid.«
»Worüber?«
»Ich bin der Hauptmann der Stadtwache. Auch wenn das nur mehr ein Viertel von Cauldrons Streitmacht ist. Ich kann nicht aufgeben. Ich kämpfe für Cauldron.«
»Trotzdem–«, begann Boras.
»Entweder tötest du mich«, sagte Terseon, »oder ich töte dich.«
»Es muss auch anders gehen.«
Terseon schüttelte den Kopf. »Dann hättest du nicht antreten sollen. Meine Nützlichkeit hat sich erschöpft. Deine und Maavus nicht. Aber wenn meine letzte Tat sein soll, dass ich euch beide zum Tode verurteile, dann ist das Tempus’ Wille. Und deine Entscheidung.«
Boras schluckte. »Maavu wird leben.«
»Versprich mir das. Versprich mir, dass du mich töten wirst. Und versprich mir, dass du meine Leiche Gendry Lathenmire übergibst, damit ich in meiner heimat beigesetzt werden kann.«
Boras sah Terseon in die Augen. »Ich verspreche es.«
Terseon nickte. »Geh jetzt und bereite dich vor. Ich will alleine sein, und noch etwas trinken.«
-
»Ist das nicht klasse?«, fragte der Graf die Kettenbrecher.
»Was?«, fragte Pecarri.
»Na, der Donner. Es hat ewig gedauert, bis ich es richtig hinbekommen habe. Hört nur«, sagte er und sprach in düsterer Stimme weiter: »Bluut.« Windgeheul jaulte auf. »Das Essen ist – serviert.« Es blitzte. »Also, was sagt ihr?«
»Klasse«, sagte Thargad tonlos.
»Toll«, fiel Thamior monoton ein.
»Bewundernswert«, sagte Pecarri mit genau der richtigen Menge an gespielter Ehrfurcht.
»Ich wusste, es würde euch gefallen. Kommt, gehen wir ins Esszimmer. Ich glaube, die Igors haben etwas Wein und Häppchen vorbereitet.«
Die Igors waren die persönlichen Skelette des Grafen. Sie hießen alle Igor, angeblich ein traditioneller Name. Der Graf selbst war ein Nekromant, der nach Silberquell gekommen war, weil es dort Nekrotitvorkommen gab, die er zum Überleben brauchte, seit er ein seltenes Ritual durchgeführt und zu einer Eisenleiche geworden war. Im Moment arbeitete er daran, zauberkundige Skelettdiener zu erschaffen.
»Und dabei bin ich auf Nekrotitdampf gekommen«, sagte er.
»Und?«, fragte Pecarri, ohne diesen Dampf zu kennen.
»Ein Fehlschlag. Er dient höchstens dazu, Lebewesen in einfachste Untote zu verwandeln, völlig wildgewordene Skelette, die alles in ihrer Umgebung angreifen. So etwas kann ich wirklich nicht gebrauchen.«
»Wer kann das schon«, bemerkte Thamior bissig.
»Ihr würdet euch wundern. Ich habe alle meine Vorräte verkauft.«
»Ach ja? An wen?«
»An eine Frau aus dem Kessel. Sie hat mir dafür Seelen versprochen.«
Seelen waren der zweite Grund gewesen, dass der Graf nach Silberquell gekommen war. Er benötigte Seelen, um seine Magie zu wirken, und die Geister der Geisterstadt dienten ihm als Treibstoff, der nicht vermisst wurde.
»Was für eine Frau war das? Und was für Seelen?«
Der Graf dampfte vor sich hin. »Sie hat ihren Namen nicht genannt. Und sie wollte mir zum Tode verurteilte Verbrecher schicken. Ich habe extra darauf bestanden, dass ich keine Unschuldigen töte.« Er legte den Kopf schief. »Hört ihr?«
»Was denn?«
»Nichts! Früher hat die Wolke solche Sätze aus dem Zusammenhang gerissen. Ich habe ein ganzes Gemüsebeet verloren, weil ich unvorsichtig formuliert habe und einen Sturm auslöste. Aber nicht mehr!«
»Der Nekrotitdampf«, erinnerte Pecarri. »Wie funktioniert das?«
»Ganz einfach: Ihr lasst ihn frei, und nach etwa einer Minute werden die Lebewesen zu Erweckten. Es sei denn, er wird vorher gereinigt.«
»Wie macht man das?«
»Kleriker können das Nekrotit ebenso vertreiben wie einen Untoten. Damit reinigen sie den Dampf. Seid ihr etwa wegen des Nekrotits gekommen?«
»Nein«, gab Pecarri zu. »Wir wollen auf den Schattenmarkt.«
»Oho!«, machte der Graf. Die Fenster ratterten.
»Gibt es ein Problem?«
»Nein, nein. Ihr könnt den Markt natürlich besuchen. Gegen einen Gefallen.« Ein Wolf heulte.
Thargad seufzte. »Und was für ein Gefallen?«
»Na ja...« Der Graf stockte. »Es gibt da diese Vampirin... kommt mit.«
Er rollte eine Rampe hoch in den ersten Stock, wo auf einem stabilen Podest ein Schachspiel stand.
»Wie spielen seit Jahrzehnten. Ich denke, es ist mir endlich gelungen, ihre Verteidigung zu durchbrechen, aber ich... wir haben uns noch nie gesehen. Wenn ihr einen Brief an sie mitnehmt, und falls möglich ihre Antwort mitbringt, dann lasse ich Euch in die Schattenwelt.«
»Das sollte sich machen lassen«, sagte Pecarri nach kurzer Überlegung.
»Hervorragend! Wir haben allerdings noch etwas Zeit bis dort hin. Wie wäre es mit einer Partie Schach?«
Keiner der Kettenbrecher kannte das Spiel. Der Graf war schockiert.
»So kann ich euch nicht in die Schattenwelt lassen. Also gut, das sind die Regeln...«
-
Eine gute Stunde später standen ein Kobold, ein Elf, ein Mensch sowie zwei untote Krieger und Graf Feuerstein im Lagerraum eines ehemaligen Handelspostens, als sich pünktlich zur Mittagsstunde ein Riss in der Luft bildete.
»Wir warten, bis ihr wieder herauskommt«, sagte der Graf.
»Wir wissen nicht, wie lange wir bleiben«, mahnte Pecarri.
»Höchstens ein paar Minuten«, gab der Graf zurück. »Die Zeit funktioniert etwas anders, wenn ihr in die Schatten geht. Jetzt los, bevor sich der Riss wieder schließt. Und vergesst nicht: Wenn ihr zu viel Angst habt, um eure Spielsteine zu opfern, lasst ihr Euch am Ende in die einfachsten Fallen lotsen.«
»Alles klar«, antwortete Thamior mit mental rollenden Augen.
Die Kettenbrecher wandten sich dem Riss zu. Er war hoch genug, um selbst den Grafen durchzulassen, wenn er denn durchgehen wollte. Ohne noch länger zu zögern, traten sie hindurch.
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Um sie herum war es dunkel, aber das Dunkel schien in Bewegung zu sein. Die Luft war weder kalt noch warm. Die Kettenbrecher standen auf einem Pfad aus bleicher Erde, dessen Ränder im Schatten verschwanden. Hinter ihnen war der Riss. Vor ihnen war eine gerade Brücke, die über ein Nichts führte.
Die Brücke war in rechteckige Felder eingeteilt, hell und dunkel wie ein Schachfeld gemustert – obwohl die Brücke nicht quadratisch war. Einige der Felder waren zerstört und nur mehr Löcher im Nichts. Auf der anderen Seite der Brücke standen menschengroße Figuren: zwei Türme, zwei Pferde, ein König und seine Dame.
Spoiler (Anzeigen)Wenn die SC durch das Tor treten, finden sie sich auf einer schattenumspielten Brücke wieder. Die Brücke ist fleckig und löchtig, und ihnen gegenüber stehen einige Gestalten.
Bei zweitem Hinsehen entpuppt sich das ganze als Schachspiel, und die Figuren den SC gegenüber sind 2 Türme, 2 Pferde, König, Dame.
Die Spieler
Wenn die Spieler eintreten, werden sie Figuren in der folgenden Reihenfolge: König, Springer, Läufer, Turm, Bauern.
Geschlagen werden
Wenn ein Spieler geschlagen wird, nimmt er 3w6 SP und findet sich vor dem Brett wieder. Er kann wieder ins Spiel einsteigen (als Bauer?). Wird der König geschlagen, endet das Spiel mit Schaden oder Sieg.
Am anderen Ende
Auf Kosten eines Zuges kann ein Spieler am anderen Ende der Brücke durchgehen.
Defensives Spiel
Die Figuren spielen defensiv, d.h. sie werden keine Figur schlagen, die von einer anderen Figur gedeckt wird.
Löcher
Die Figuren kennen die Löcher nicht genau. Sie werden intuitiv nicht auf diese Felder ziehen, aber wenn ihnen sonst kein sicherer Zug bleibt, gehen sie dorthin. Wenn sie sich über das Loch bewegen müssen, um einen Gegner sicher zu schlagen, werden sie dies ebenfalls tun. Das erfordert eine GE-Probe (DC 14). Turm -1, König +0, Dame +1.
(Quelle: Traps & Treachery)
Helion betrat vorsichtig die Brücke. Eine goldene Krone entstand über seinem Kopf.
»Ich bin der König«, murrte er. »Hurra.«
Thamior wurde Läufer, und Thargad bekam ein Pferd an die Seite. Die jeweils erlaubten Züge wurden ihnen durch Kraftfelder angezeigt. Das Ziel schien einfach: entweder auf die andere Seite zu kommen, oder den König Matt zu setzen. Dann wurde Thargad von der gegnerischen Dame geschlagen. Er wurde von einem elektrischen Schlag getroffen und zurück ans Ende der Brücke befördert.
Als er den Schock abgeschüttelt und die Brücke erneut betreten hatte, war er ein Turm. Die gegnerischen Figuren waren immer noch in der Überzahl; tatsächlich nahmen sie keinen Zug, der sie in Gefahr brachte, geschlagen zu werden.
»Hat der Graf nicht etwas von defensiver Spielweise erzählt?«, fragte Helion.
»Hab ich ihm zugehört?«, konterte Thargad.
Trotzdem hatten sie nun einen Ansatzpunkt. Mit geschicktem Spiel schafften sie es, einen Springer dazu zu bringen, dass er in eines der Löcher sprang. Jetzt wussten sie, wie der Gegner spielte, aber das machte es immer noch nicht einfacher, diese im Zweifel flüchtenden Figuren zu stellen. Bald wurde Thargad zum zweiten Mal geschlagen. Diesmal kam er als Bauer zurück. Aber nach langer Strategie hatten sie es geschafft: der Gegner hatte nur noch den König, und auch wenn Thamior ebenfalls ein Bauer geworden war, hatten sie das Spiel doch gewonnen.
Auf der anderen Seite der Brücke lag ein großes Tal, dessen Gras aus schwarzen Pflanzen bestand. Zelte, Stände, sogar einige feste Gebäude säumten das Tal. Eine schwarzgekleidete Gestalt schwebte heran. Greifarme wuchsen aus ihrem Rücken, und zwei muskulöse Oberkörper, deren Hüften in Schläuchen endeten, schwebten nebenher.
»Willkommen auf dem Markt der Schatten. Diebstähle werden mit Versklavung geahndet. Unprovozierte Gewaltakte mit Seelen bezahlt. Wenn ihr etwas zu verkaufen habt, so geht mit dem Verkauf der Gegenstand unwiderruflich in den Besitz des Käufers über. Gekauft ist gekauft.«
»Alles klar«, sagte Thargad. «Dann suchen wir mal Morena von den Schatten.«
»Erst bringen wir den Brief weg«, sagte Helion. Er hielt den Umschlag hoch, den ihnen ein aufgeregter Graf Feuerstein gegeben hatte. »Sofia von Ketten. Unauffälliger Name.«
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Die Arena war überfüllt. Dirim hatte das Angebot bekommen, sich zu Tenebris Valanthru in die Ehrenloge zu setzen, aber er hatte abgelehnt. Stadtherr Severim Nalavant war nicht anwesend, ebensowenig Jenya Urikas. Allerdings saßen Asfelkir Hranleurt, der Hohepriester der Gondkirche, und Embril Aloustinai neben dem Goldelfen. Ebenfalls nahebei waren die adeligen Familien der Stadt: Vanderboren, Lathenmire, Aslaxin, Taskerhill, Rhiavadi, sogar Ophellia Knowlern, obwohl sie eigentlich nur elfischem Adel entstammte, sah zu. Und allein für sich, bewacht von einem halben Dutzend Wachen, stand Maavu, um dessen Schicksal es ging.
In der Mitte der Arena standen sich Terseon und Boras gegenüber. Boras trug seine übliche Kettenrüstung und
Schlachtenwut. Terseons Rüstung war ein zwergischer Plattenpanzer mit besonderen Scharnieren und verstärktem Stahl. Auf die Brust war ein Wappen eingeätzt, dass nur die Kundigen unter den Zuschauern als das Wappen der Familie Nalavant erkannten. Terseons Waffe war ein großes Zweihandschwert.
Dirim trat in die Arena, um den Kampf in Tyrs Namen zu segnen. Dieser Bitte Valanthrus war er nachgekommen.
»Bürger. Landsleute. Cauldroniten«, rief er. »Heute geht es um das Schicksal eines Mannes, dessen Taten zu viel Blutvergießen führten. Aber handelte Maavu in böser Absicht? Oder ist die Reue, von der er berichete, echt? In dieser Arena stehen sich zwei Männer gegenüber, die die Antwort auf diese Fragen suchen. Für die Stadt kämpft Terseon Skellerang, den ihr Hauptmann der Stadtwache nennt, obwohl die wahre Macht schon längst nicht mehr in seinen Händen liegt. Für Maavu tritt an Boras Breda, der den Bebilithen Thathnak mit einem Schlag tötete, und dessen Gebete Engel erhören. So weit ist es also, dass sich Freunde von Angesicht zu Angesicht gegenüber stehen. Möge Tyr ihre Arme führen und das Leben der Gerechten schonen.«
Dirim berührte sowohl Terseons Schwert als auch Boras’ Axt mit seinem heiligen Symbol. Dann trat er zurück. Terseon hob sein Schwert zum Gruß, und Boras entgegnete die Geste.
»Möge die Wahrheit obsiegen. Kämpft!«