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Autor Thema: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler  (Gelesen 72737 mal)

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Kylearan

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Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
« Antwort #75 am: 12. September 2006, 14:56:10 »
Mist. Habe in die Spoiler geklickt und da Dinge gelesen, die mich nichts angehen. Na ja, mit der nächsten Stufe Loremaster kein Problem mehr :-)

Du solltest den Beitrag aber noch einmal wegen der Listen und der Smilies editieren.

Kylearan
"When the going gets tough, the bard goes drinking."

Kylearan

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Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
« Antwort #76 am: 12. September 2006, 14:59:16 »
Zitat von: "Berandor"
Ich wusste nichts darauf zu erwidern. Weiß ich eigentlich immer noch nicht. Und so wird aus einem imposant-bedrohlichen NSC eine weitere kleine Niete, die vor Boras kuscht. :)

Und wir hoffen, dass die Kettenbrecher von den Finsteren Gesellen immer noch ein wenig unterschätzt werden. Immerhin machte Boras nicht den Eindruck, als sei er wegen seiner Geistesgaben zu beachten. Thargad gilt als tot (wohl auch gegen normales Scrying), Helion/Peccari ist eine Unbekannte (arkane Macht vorhanden, aber wie genau? OK, die Verräter im Azuth-Tempel könnten das kippen, aber das wissen wir nicht genau.), Thamior auch nicht wirklich bekannt (kein eigentlicher Kettenbrecher, selten in Erscheinung getreten).

Mal sehen, in wie weit uns das noch helfen wird.

Ach ja, und die Gruppenkasse ist Kappes! Vergesst die Taube!

Kylearan
"When the going gets tough, the bard goes drinking."

Berandor

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Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
« Antwort #77 am: 12. September 2006, 15:01:27 »
Meinst du die nicht identifizierten magischen Gegenstände? Ja, da habe ich dran gedacht, aber die Identifikation wird ja wahrscheinlich Samstag erfolgen, deshalb habe ich nicht viel drum gegeben.

Sonst vergiss es einfach wieder. :)
Bitte schickt mir keine PMs hier, sondern kontaktiert mich, wenn nötig, über meine Homepage

Kylearan

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Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
« Antwort #78 am: 12. September 2006, 15:15:34 »
Zitat von: "Berandor"
Meinst du die nicht identifizierten magischen Gegenstände? Ja, da habe ich dran gedacht, aber die Identifikation wird ja wahrscheinlich Samstag erfolgen, deshalb habe ich nicht viel drum gegeben.

Sonst vergiss es einfach wieder. :)

Ja, die Gegenstände meinte ich. (Besonders der erste Ring des Vallorianers.)

Btw, was ist ein Vallorianer? Ist das einfach nur so ein Gag aus einem Drittanbieterbuch wie die beiden Ironborn oder hat das doch mehr Einfluss auf die Kampagne, als ich momentan annehme? Ich unterstelle dir ja, dass du Dinge testen willst, die wir Spieler noch nicht kennen.

Kylearan
"When the going gets tough, the bard goes drinking."

Berandor

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Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
« Antwort #79 am: 12. September 2006, 15:25:28 »
Vallorianer stehen im "Legacy of Dragons", dem AU-Monsterbuch und sind sozusagen die AU-Drow. Die "lebenden" Waffen, die sie führen, haben mich dazu gezwungen, einen einzubringen :)

Im Hintergrund wurden die Vallorianer von Zenith Splitterschild aus Cauldron vertrieben (bis auf einen), wie man in Zeniths Prolog erahnen kann.
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Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
« Antwort #80 am: 12. September 2006, 16:30:36 »
Das neueste Update ist großes Kino! Echt gemein, wie man auf einmal mitfiebert und wissen will wie es weitergeht.
Auch schön: "Ich bin ein Bogen!
... Solonor ist schuld..."
 :grin:
"die untoten Drachen werden die Welt beherrschen"

Berandor

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Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
« Antwort #81 am: 13. September 2006, 01:27:53 »
Sorry, aber ein Update reicht immer noch nicht. Also bitte:

Aufräumarbeiten

»Also, wir gehen da jetzt rein und machen sauber«, sagte Dirim zu dem guten Dutzend Tagelöhner, die er aufgegabelt hatten. »Und dass mir keiner mit Rückenschmerzen kommt.«

Dirim, Boras und die Tagelöhner standen vor den geschlossenen Türen des Tempels der Dreifaltigkeit. Die hohen Mauern gaben keinen Blick auf den Tempelgrund frei, und der ehemals so allgegenwärtige Klang der Barakmordin im Übungskampf fehlte in der städtischen Geräuschkulisse.

Zuerst hatten sich Dirim und Boras nach langem Zögern Friedensbänder anlegen lassen: sowohl die Waffen wurden mit einer Schleife befestigt, als auch zwei Finger jeder Hand eines Zauberwirkers. So musste man erst die Schleife lösen, bevor man Schaden anrichtete. Bevor einer der beiden sich weitere Gedanken machen konnte, kam schon ein Bote, der Boras zu einem Gespräch zu Gendry Lathenmire bat. Und Dirim war dann, als er sich allein in Cauldron fand, in Richtung des Lathanderschreins losmarschiert. Schließlich hatten sich beide dann – Dirim mit eben jenen Handlangern im Schlepptau – beim Tyrtempel eingefunden.

»Na dann«, sagte Dirim. »Machen wir die Türe auf. Boras, würdest du?«
Der Barbar senkte die Schulter und nahm Anlauf.

-

Das Anwesen der Lathenmires war ein vergleichsweise bescheidenes Herrenhaus aus grauem Malachit. Über den Eingang ragte ein Erker hinaus, dessen vergitterte Fenster den Blick auf eine Bibliothek freigaben. Boras wurde von einem Diener ungeachtet des Barbaren martialischen Auftretens begrüßt und durch das angemnehm ausgestattete Haus geführt. Die Lathenmires setzten ihren begrenzten Reichtum sehr viel zielsicherer ein als die meisten besser betuchten Familien der Stadt. Ein erdiger und zugleich exotischer Duft lag in der Luft.

»Riecht gut«, sagte Boras.

»Sir Gendrys Frau züchtet Blumen«, antwortete der Diener.

Im Hause Lathenmire gab es nur einen Adeligen: Sir Gendry Lathenmire war ein Held des Interregnums, der im Kampf für Tethyr seine Hand verlor und einen Titel gewann. Dieser Titel würde mit ihm sterben. Allerdings hatte Gendrys Tochter Corah vorgehabt, Zacharias Aslaxin den Zweiten zu ehelichen, womit sie und ihre Nachkommen ebenfalls von Siamorphes Segen profitiert hätten.

Der Diener brachte Boras in den ersten Stock, in eben jene Bibliothek über der Straße. Gendry Lathenmire saß aufrecht in einem hohen Sessel und bot Boras einen selbigen an. Der Barbar blieb stehen.

»Glückwunsch«, sagte Boras.

»Wie bitte?« Gendrys Stimme war rauh, kernig. Es war gut vorstellbar, dass er und Terseon Skellerang sich gut verstanden hatten.

»Zur Hochzeit«, sagte Boras. »Ist die nicht heute?«

»Ihr wart lange weg«, sagte Lathenmire. Er rieb sich den Stumpf seiner linken Hand. »Corah sitzt in ihrem Zimmer und heult, und nicht aus Glück. Zacharias ist tot.«

»Tot?«

»Und als wäre das nicht genug, verbietet dieser alte Miesfink, der sein Vater sein will, ihn wiederzubeleben. Jetzt liegt die Leiche des Verlobten meiner Tochter irgendwo im Finger und wartet darauf, dass die Schutzzauber ablaufen oder das Herz dieses Golems sich in Fleisch verwandelt. Hm. Ich weiß, was eher passieren wird.«

»Tut mir leid.«

»Darum habe ich Euch nicht kommen lassen. Ihr wart ein Freund von Terseon Skellerang. Er traute Euch. Und Ihr mögt Valanthru nicht. Das reicht mir. Ich werde Euch auch trauen. Wir haben ein Problem.«

»Dachte ich mir.«

»Terseon sollte wiederbelebt werden. Darum wollte er, dass ich seine Leiche bekomme; ich habe alles vorbereitet. Seit drei Monaten haben wir alles geplant: Erst hat Terseon hier dem Alkohol abgeschworen – er hat sich nur noch damit besprenkelt, um nicht aufzufallen. Und dann wollte er im Verborgenen bleiben, bis er benötigt würde. Und gerade als die Gefahr, dass ich in den Ring steigen und ihn erschlagen muss, abgewendet wurde...«

»Kommt Valanthru«, schloss Boras.

»Valanthru.« Gendry Lathenmire rieb sich wieder über den Armstumpf.

»Nun ja«, fuhr er fort. »Die Sache ist die: In zehn Tagen wird Terseons Leiche verbrannt werden. Das darf nicht geschehen. Ihr gehört zu den Kettenbrechern. Ihr seid tüchtig. Holt Terseon da raus. Und wenn ihr Zacharias mitbringt, hole ich ihn auch zurück, egal was dieser Hohlkopf sagt.«

»Wir werden es versuchen«, sagte Boras.

-

Der Tempelgrund war leer. Gras wuchs hoch, und in der von Dirim aufgesperrten Kirche hatte sich Staub gebildet.

»Sieht verlassen aus«, sagte Pecarri vom Eingangstor her.

Dirim sah auf. Am Tor standen Pecarri und Thamior, schwer beladen.

»Ihr seid schon zurück?«

»Es ging schneller, als wir dachten«, sagte der Kobold.

»Hallo, Dirim!«, sagte Annastriana.

»Anna?« Dirim starrte auf den Bogen. Auch Boras kam vorsichtig näher.

»Wo ist denn Thargad?«, fragte Boras.

»Hat’s nicht geschafft«, sagte Pecarri.

»Ich sehe schon, wir haben viel zu reden«, meinte Dirim.

»Jetzt nicht«, sagte Thamior und hob die Hand. Er betrachtete das Gras zu ihren Füßen. »Jemand ist kürzlich erst hiergewesen. Die Spuren führen in den Keller.«

Die Kettenbrecher zogen ihre Waffen.

-

»Hallo? Krystof?«

Dirim hatte den kleinen Turm betreten und stand im Schrein. An der Wand hingen Sonnenscheiben und Bilder von Sonnenaufgängen, auf dem Altar ein Weihrauchgefäß und ein Kelch. Das Erdgeschoss war der Schrein; der erste Stock das Gemach des ansässigen Priesters, und genau den rief Dirim gerade.

»Krystof!«

Endlich hörte man ein Rumoren.

»Ich komm ja«, klang eine müde und nicht ganz nüchterne Stimme die Stufen herab. Ihr folgte Krystof Jurgensen in einer orangeroten Robe, die schon bessere Tage gesehen hatte. Der junge Priester erstarrte, als er Dirim sah.

»Meister Gratur!«

Er lief die letzten Stufen herunter und fiel Dirim in die Arme.

»Ihr seid zurück«, schluchzte er. »Jetzt wird alles gut.« Urplötzlich hellte sich sein Gesicht auf. »Darauf müssen wir einen trinken!«

»Du hast genug getrunken«, sagte Dirim. »Tyr verpasse dir einen klaren Kopf.«

Der Zauber tat seine Wirkung und vertrieb das Gift aus Krystofs Blut.

»Au«, sagte der und rieb seinen Kopf.

»Du hast keinen Kater«, sagte Dirim, »und kriegst nichts, um den angeblichen Schmerz zu lindern.«

Krystof war enttäuscht, aber dann grinste er. »Es tut gut, euch wiederzusehen. Was ist mit Eurem Auge?«

»Ein Segen Tyrs«, sagte Dirim schnell. »Und was ist mit Euch?«

»Was soll mit mir sein? Seht ihr das nicht? Die verdammte Azuthkirche ist los!« Krystof spuckte auf den Boden. »Sie haben mir das Sonnenlicht genommen!«

Der Lathandertempel war so errichtet, dass bei Sonnenaufgang das Sonnenlich in einem Spiegel gesammelt und in den Schrein gelenkt wurde. Die Sonne ging jedoch genau über dem Azuthtempel auf, oder nachdem der Finger nun seine riesigen Ausmaße erreicht hatte, hinter dem Tempel.

»Diese verfluchten Zauberer«, sagte Krystof.

»Mach dir deswegen mal keine Sorgen«, sagte Dirim. »Das kriegen wir wieder hin. Morgen früh sehe ich mir an, wo man das Loch in die Kirche brennen müsste, damit die Sonne durchscheint. Und zur Not reißen wir das Ding eben ein.«

»Könnt ihr das?«, fragte Krystof.

»Aber nur mit Eurer Hilfe. Und dazu dürft ihr nicht mehr trinken.«

»Aber...«

»Keine Widerrede.«

»Also gut. Keinen Tropfen mehr, bis das Morgenlicht wieder im Schrein erstrahlt.«

»Gut. Ihr solltet vor die Leute treten und zu ihnen predigen«, meinte Dirim.

»Das... das mache ich!« Krystof zog an seiner Robe, bis sie halbwegs glatt saß, und trat vor die Tür.

»Endlich ist er weg«, sagte Dirim. Er begann, nach der Geheimtür zu suchen, von der in der Vision die Rede gewesen war.

Als Krystof gut zwanzig Minuten später wiederkam, hatte er nichts gefunden.

»Wie wars?«, fragte Dirim.

»Ich hab sie ganz schön gegen die Langfinger aufgehetzt«, sagte Krystof. Er lächelte böse.

»Schön. Und was ist sonst so passiert, während wir weg waren?«

»Außer dass die Azuthkirche mir die Sonne nahm?« Es klang, als könne gar nichts anderes passiert sein.

»Abgesehen davon.«

»Na ja... Zacharias der Zweite wurde getötet, als die Sturmklingen unter der Stadt angegriffen wurden. Die Sturmklingen haben sich aufgelöst.«

»Wer hat sie angegriffen?«

»Keine Ahnung. Aber angeblich wollten sie ein Koboldlager auflösen.«

»Und sonst?«

»Der Tyrtempel wurde aufgegeben.«

»Was?!«, entfuhr es Dirim. »Wann wolltest du mir das denn erzählen?«

»Die Azuthkirche hat mir die Sonne genommen«, meckerte Krystof.

»Ja, schon gut. Was ist passiert?«

»Keine Ahnung. Die Barakmordin sind abgereist, und der Tempel ist verschlossen.«

-

Die Tagelöhner hatten sich in die Kirche zurückgezogen. Dirim betrat den Wohntrakt des Tempels und ging langsam die Treppe in den Keller hinunter, wo sich die großen Zimmer befanden. Die heiße Quelle, die den Wohnbereich vom Treppenhaus trennte, reflektierte das dauerhafte Licht des Versammlungsraumes nebenan. Dirim hörte Stimmen, die sich unterhielten, aber das Wasser und der Schall machten die Worte unverständlich. Hinter Dirim ging Boras, dahinter Helion und schließlich Thamior.

Dirim hob Treueschwur zur Schlag. Er holte tief Luft, dann stürzte er durch den Raum mit der Quelle, direkt in den Versammlungsraum.

-

Als Silberquell den Geistern anheim fiel, wurde es den Bewohnern Cauldrons schnell zu gefährlich, einen offenen Handelsweg zur Geisterstadt zu haben. Also schickte man eine Einheit Stadtwachen los, um die Brücke, die sich über die Silberschlucht spannte, abzureißen. Sie arbeiteten sechs Tage, dann hatten sie alles vorbereitet, und mit ein paar letzten gezielten Axthieben stürzte die Holzbrücke in die tiefe Schlucht.

Genau vor dieser Schlucht standen nun Helion und Thamior mit drei Pferden. Gute zehn Schritt waren zu überwinden, eine Distanz, die keines der Pferde sicher springen konnte.

»Kannst du die Tiere beruhigen, während ich sie rüberbringe?«, fragte Helion.

Thamior, der trotz seiner Naturverbundenheit kein wirklicher Tierexperte war, bejahte zögerlich. Da die Pferde allerdings sehr groß waren, konnte Helion nur ein Pferd und den Elfen, oder zwei Pferde durch sein Dimensionstor schicken. Und er hatte nur zwei dieser Zauber zur Verfügung, wenn sie heute noch nach Cauldron wollten.

»Zuerst mich und ein Pferd«, sagte Thamior. »Dann kann ich das Tier drüben in Schach halten. Nach dem Sprung sind sie sicher aufgeregter als vorher.«

Also stiegen beide ab. Helion legte einen Flugzauber auf sich, und Thamior schnallte die Schatzwaffen und die wichtigsten Ausrüstungsgegenstände von den Pferden ab. Dann beschwor Helion ein Dimensionstor und sprang mit Thamior und seinem Pferd auf die andere Seite der Schlucht.

Thamior ließ sofort die Gegenstände fallen und griff nach den Zügeln des sich aufbäumenden Pferdes. Noch während er beruhigend auf das Tier einsprach, flog Helion
über die Schlucht zurück. Als Thamior ihm ein Zeichen gab, beschwor er das zweite Tor und nahm die beiden anderen Pferde mit. Kaum waren sie drüben, da wurde auch das erste Tier wieder unruhig. Thamior musste sich gegen die Zügel stemmen, damit ihm die Pferde nicht durchgingen, aber schließlich hatten sie es geschafft. Sie luden die Gegenstände wieder auf und ritten weiter zum Stadttor.

»Wie kommt Thargad da rüber, wenn er nachkommt?«

»Springen«, vermutete Helion.

Auf dem Weg nach Cauldron berichtete Thamior Anna alles, was seit ihrem Tod geschehen war, und er behielt nichts zurück. Helion warf immer wieder Einzelheiten ein oder beschrieb seine Sichtweise der Dinge, und so vergingen die Stunden wie im Flug, bis im Licht des Nachmittags endlich die hohen Mauern Cauldrons erschienen. Die beiden waren so schnell wie möglich gereist, und wieder einmal dankten sie Shensen für die bergerfahrenen Ponys.

Die Halborkwachen, die das kaum genutzte Tor öffneten, staunten nicht schlecht, als ihnen der weiße Bogen des Elfen einen spitzzüngigen Kommentar entgegen schleuderte, aber man wusste ja, was Elfen für komische Kerle waren, mit oder ohne Bogen. Thamior war aber sehr zuvorkommend, als die Halborks seinen Köcher mit einem Friedensband versehen wollten – bei Annastriana musste er schließlich keine Pfeile auflegen, um welche abfeuern zu können. Pecarri war schon etwas grummliger, als man zur Vorsicht seine Hand binden wollte. Wenigstens nahm ihm niemand die Keule weg, die er als Gehstock nutzte.

Dann aber waren die beiden in den Straßen Cauldrons unterwegs, und nach einem misstrauischen und ehrfürchtigen Blick zum Finger machten sie sich schnellstens auf den Weg zum Tempel der Dreifaltigkeit. Hoffentlich hatte noch niemand versucht, die zahlenmäßige Unterlegenheit der Kettenbrecher auszunutzen.

-

»Also ist es wahr! Ihr seid zurück!«

Dirim stand mit erhobenem Schwert im Raum. Ihm gegenüber saßen die Barakmordin um Beregard von Tyr herum und starrten ihn an.

»Ihr... ihr seid abgereist«, sagte Dirim schwach. Hinter ihm kamen die übrigen Kettenbrecher ins Zimmer.

»Nur ein Täuschungsmanöver«, sagte Beregard. »Niemand wollte auf uns hören, da dachten wir, aus dem Verborgenen könnten wir besser zuschlagen, wenn die Zeit kommt. Aber jetzt seid ihr ja zurück.«

»Ich habe auch dem Tempel einen Brief geschrieben und um Verstärkung gebeten«, sagte Dirim.

»Der Tempel.« Beregard zwirbelte sich den Schnurrbart. »Die Barakmordin haben uns ausgestoßen. Jedenfalls haben sie das angedroht, wenn wir nicht abreisen.«

»Ihr seid trotzdem geblieben«, stellte Dirim fest.

Er wollte Treueschwur wieder in die Scheide stecken, aber Beregard hob den Arm.

»Nicht so schnell. Wir können das Schwert noch brauchen.«

Er ging in die Knie. Die früheren Barakmordin folgten seinem Beispiel.

»Wir haben die Gefahr gesehen, die auf dieser Stadt liegt, und wir wollen ihr entgegen gehen. Dazu unterstellen wir uns Eurem Befehl, Dirim Gratur, Richtschwert von Tyr, und schwören Euch die Treue. Durch Feuer und Eis, Säure und Gift, Versuchung und Betrug soll unser Eid nicht zu lösen sein, bis ihr uns daraus befreit. Nennt das Ziel, und unser Arm wird folgen. Möge unser Pfad gerecht sein, mögen wir alles Leid ertragen, das uns trifft, und mögen wir uns unserer Pflicht als würdig erweisen.«

Beregard küsste Treueschwur, und die übrigen Krieger taten es ihm nach.

»Ich will auch eine Armee«, flüsterte Boras zu Helion.

Helion dachte an die Kobolde der Stadt. »Ich habe schon eine.«
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-

Dirim befahl den Tagelöhnern, erst einmal nach Hause zu gehen, aber am nächsten Tag wiederzukommen und an die Arbeit zu gehen. Einige von ihnen schienen sehr eifrig, und einer bat Dirim sogar, ob er dauerhaft bleiben dürfe. Dirim bat sich Bedenkzeit aus; er hatte den Mann nicht einmal arbeiten sehen.

Die Kettenbrecher bezogen dann gleich das Tyrzimmer und das arkane Zimmer, in denen Dirim während der Vision Geheimtüren entdeckt hatte. Und auch jetzt konnte er mit Wahrem Blick jenen magischen Schimmer in Form einer Tür wahrnehmen. Aber keinen Öffnungsmechanismus.

Schließlich hatte Helion eine Idee. »In manchen Tempeln werden Räume dadurch gesichert, dass nur höhere Priester sie mit ihrer Macht öffnen können. Kanalisiere doch einmal Tyrs Macht gegen die Tür.«

Dirim konnte, wie die meisten Priester, die Macht seines Gottes direkt kanalisieren, anstatt sie in Zauber zu leiten. Meistens wurde diese Fähigkeit benutzt, um Untote zu schädigen, aber man konnte noch viele andere Dinge damit tun. Speziell darauf ausgelegte Türen öffnen zum Beispiel.

Dirim konzentrierte sich und spürte, wie positive Energie in ihm aufwallte. Mit einer simplen Geste ließ er sie gegen das Bildnis Tyrs branden, hinter der sich die Geheimtür verbarg. Die Tür versenkte sich daraufhin im Boden. Dahinter ein kurzer Gang, der in einem T endete. Der rechte Gang führte hinter das arkane Zimmer. Der linke endete in einer kleinen Waffenkammer. Eine Rüstung aus rotem Leder hing an einem Haken, einfache Bolzen und Pfeile sowie normale Schwerter lagen bereit. Außerdem waren die Regale voll mit minderen und einigen mächtigeren magischen Gegenständen. Es war Zahltag!

Neben der Rüstkammer fanden die Kettenbrecher noch ein Labor, das ebenfalls als Heilzimmer herhalten konnte, und einen Beschwörungsraum. In der Mitte dieses Zimmers waren Runen eingelassen, die eine Vielzahl von übereinander liegenden Symbolen beinhalteten, und in der Mitte davon wiederum ein großer, durchsichtiger Stein sowie Aufhängungen für sechs weitere Steine, die jedoch fehlten. Die Vorrichtung war magisch, aber ohne die fehlenden Steine war sie nicht zu gebrauchen. Dirim legte zur Probe seinen Schatzring in die Vorrichtung. Er passte, aber sie war nicht dafür gedacht, also zog er den Ring, dessen Stein sich magisch mit der Lebenskraft seiner Mutter verband, wieder an.

In dem Ritualraum fanden sie außerdem eine Schriftrolle mit einem entsprechenden, in diesem Raum zu wirkenden Ritual, dass eine Person wieder zum Leben erwecken konnte, selbst wenn sein Körper zerstört war – einer der mächtigsten Zaubersprüche überhaupt.

»Wir müssen Terseon nicht retten«, sagte Dirim. »Wir lassen ihn verbrennen, und dann holen wir ihn zurück. Damit wird niemand rechnen.«

Ein weiterer Raum war den drei Göttern gewidmet. Als Dirim ihn betrat, fühlte er sich gestärkt, aber keiner der anderen Kettenbrecher hatte dasselbe Erlebnis. Schließlich gab es noch einen Vorratsraum, der seltsamerweise neben Trockennahrung noch Hand- und Fußfesseln für zwei mittelgroße Personen enthielt und, wie Thamior bemerkte, eine Geheimtür hatte. Der Elf fand auch den Öffnungsmechanismus.

Die Tür öffnete sich in einen kleinen, dunklen Raum. Nur ein paar abgenagte Knochen und eine schmutzige Raststatt waren zu sehen, sowie einige Kratzspuren an der Wand. Helion erkannte den Raum: Es war das Zimmer, in dem ihm der Anführer der Kobolde, Thrakis, eine Geheimtür gezeigt hatte und befahl, sie aufzumachen. Und in der Vision hatte der Wolf darüber geredet, dass erst die Tür geöffnet und dann die Steine gefunden werden mussten. Die Kobolde wollten also eindeutig an die Ritualschriftrolle gelangen. Helion wurde etwas schwindelig. Nicht auszudenken, wenn Thrakis die ganzen magischen Schätze bekommen hätte, die sie gerade gefunden hatten.

Auf Helions Bitte schlossen die Kettenbrecher die Tür wieder, ohne dass der Kobold sich erklärte. Dann gingen sie daran, die neuen Gegenstände zu identifizieren.

Die Rüstung war einem Feuergott geweiht und konnte neben ihrer normalen Schutzwirkung entflammen, wobei sie dem Gegner schaden und dem Träger Schutz bieten würde. Aus der Menge weiterer Gegenstände identifizierte Helion die Schatzwaffen sowie einen dunkelroten Zauberstecken des Feuers. Vier unbewegliche Stäbe waren klar erkennbar, ebenso ein Bündel Schriftrollen mit arkanen Zaubern. Ein Amulett schützte vor Gift, ein weiterer Stab öffnete  eine Taschendimension, in der man sich erholen konnte. Ein etwas schiefer Hut diente der Verkleidung, eine Brosche schützte vor magischen Geschossen. Eine Perle war in der Lage, einen einfachen Zauber zurückzuholen, eine weitere wirkte mit etwas stärkerer Magie, aber auf dieselbe Art. Ein tragbares Loch erklärte sich von selbst: Warf man es gegen eine Oberfläche, bildete es eine kleine Höhle, in der man Dinge und sogar Wesen aufbewahren konnte. Nahm man es wieder ab, konnte man es wie ein Tuch auf Taschengröße falten. Ausprobieren führte dazu, dass ein paar Armreifen als solche für Bogenschützen, ein weiteres als Geschicklichkeitsarmbänder erkannt wurden. Die letzten Armreifen, die aus geflochtenen Ranken bestanden, hatten eine eigentümliche Wirkung. Zog man sie an, so breiteten sich die Ranken über den ganzen Körper aus und bildeten eine zweite Rüstung. Boras beanspruchte diese Armreifen sofort und gab Thamior sogar sein Amulett ab, das ähnlich wirkte, aber nicht so effektiv war. Dirim erhielt einen Schildschmuck, der mit Symbolen der Tapferkeit und des Schutzes verziert war.

Blieben noch mehrere unbekannte Tränke, vier unbekannte Ringe, und ein kleines Glöckchen, deren Wirkung unbekannt blieb. Hinzu kamen die Gegenstände, deren Wirkung man erahnt hatte.

Dirim bat darum, sowohl Seelenblick als auch Schuldspruch führen zu dürfen. Da Thamior keine magische Nahkampfwaffe hatte, lieh Dirim ihm sogar Treueschwur. Da hatte niemand mehr Einwände. Dirim befestigte den Schildschmuck an der glatt polierten Oberfläche des Schildes und führte sein neues Langschwert probeweise durch die Luft. Es war schwerer, aber auf eine gute Art. Boras hatte eine Träne im Auge, als er Schlachtenwut beiseite legte. Aber Blutrache rief nach ihm. Es war die Waffe seines Vaters. Bedächtig hielt er sie in den Händen. Er konnte das getrocknete Blut der Feinde an der Klinge sehen, die er in Zukunft erschlagen würde. Vielleicht sogar Finsters Blut. Sehr gut.

Während die Kettenbrecher unten mit ihren neuen Reichtümern hantierten, kümmerten sich über dem Erdboden die Tagelöhner darum, dass der Tempel wieder vorzeigbar wurde. Am dritten Tag ihres Erscheinens würden die Kettenbrecher erst einmal dem Lathandertempel einen Besuch abstatten und die Waffe suchen, von der Krystof in der Vision gesprochen hatte, und dann mal sehen, wie es Jenya ging, der Hohepriesterin des Helmtempels.

»Hoffentlich hat sie ihre Augen noch«, sagte Boras. »Das war echt unheimlich. Und außerdem bin ich da gestorben.«
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Serath

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Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
« Antwort #82 am: 13. September 2006, 01:49:48 »
Ich hoffe dir ist klar, dass wir in Zukunft immer so ein Tempo bei den Updates von dir erwarten werden und wochenlanges Warten nicht mehr gedultet wird.  ;)

Hab ich schon erwähnt, dass Boras mein Lieblingscharakter ist?

Zitat
"Also kann ich bleiben?"


Zitat
"Ich will auch eine Armee", flüsterte Boras zu Helion.


Einfach nur genial.   :jester:

Citon

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Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
« Antwort #83 am: 13. September 2006, 13:18:28 »
Zitat
Seelenbogen: Annastriana


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Was war die Aufnahmeprüfung der Stasi?
Aus 3m Entfernung an eine Glaswand springen und mit dem Ohr festsaugen... !

Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
« Antwort #84 am: 13. September 2006, 13:18:59 »
Jap, Boras ist große Klasse! Wobei natürlich das Zusammenspiel einfach herrlich ist!
"die untoten Drachen werden die Welt beherrschen"

Berandor

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Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
« Antwort #85 am: 13. September 2006, 13:27:32 »
Zitat von: "Citon"
Zitat
Seelenbogen: Annastriana


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Der Seelenbogen hat, wie die Schatzwaffen auch, keinen Geldwert. Ich gehe davon aus, dass die Spieler diese Waffen zumindest behalten werden. Sie sind darauf ausgelegt, auch in den obersten Stufen noch tauglich zu sein und nicht nur für Stufe 11/12.

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Kylearan

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Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
« Antwort #86 am: 13. September 2006, 13:50:39 »
Zitat von: "Serath"
IHab ich schon erwähnt, dass Boras mein Lieblingscharakter ist?

Zitat
"Also kann ich bleiben?"


Zitat
"Ich will auch eine Armee", flüsterte Boras zu Helion.


Einfach nur genial.   :jester:

Wärst du dabei gewesen, als Boras' Spieler sich umgedreht hat, wo Finster von "auf deinen Rücken achten" gesprochen hat, würdest du nicht mehr leben - unsere verdutzten Gesichter vor dem Gelächter waren sicher einmalig.Dämlich.

Ganz großes Kino.

Kylearan
"When the going gets tough, the bard goes drinking."

Osric

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Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
« Antwort #87 am: 13. September 2006, 16:27:51 »
Übrigens musst du dich für Updates nicht entschuldigen Berandor. Zumindest nicht bei mir.
Was würde Robert Jordans Frau dazu sagen?

shaz´narahd

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Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
« Antwort #88 am: 13. September 2006, 18:02:15 »
Ich hatte schon sowas geahnt mit dem Seelenbogen und weiß nicht, ob ich wirklich glücklich sein soll. Zum einen bin ich froh, daß Anna aus dem Gefängnis der Klagemauer befreit ist, auch daß ich so eine schöne Waffe führen darf, zum anderen denke ich, daß ich doch versuchen werde Anna (sofern sie das will) wieder komplett in die materielle Ebene zu holen.

Im Grunde spiele ich jetzt 2 Chars, nur daß der SL maßgeblichen Einfluß auf Anna´s Wünsche hat - denke ich miir.

Mal sehen wie ich das gemeistert bekomme, denn Anna´s Charakter ohne Ihren Körper zu spielen finde ich etwas.... schwierig  :wink:

shaz
"Ich höre nichts", sagte Anna zum Zwerg, der ihr beipflichtete. Der Raum hinter Tür schien eindeutig leer zu sein... bis auf den Tod!

Berandor

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Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
« Antwort #89 am: 13. September 2006, 18:05:45 »
Der Vallorianer

Am Abend des Schildtreff traf sich der Betrachter Vlaathu mit seinen Untergebenen.

»Wie kann es sein, dass diese verdammten Kettenbrecher wieder auftauchen?«

Aus Zorn bestrahlte er einen seiner Diener mit einem seiner schwächeren Augen. Der Diener schrie auf und brach zusammen. Vlaathu löste mit einem gezielten grünen Strahl den Arm des Dieners von seinem Körper und führte ihn sich mit einem weiteren Strahl zum Mund. Er begann zu kauen.

»Herr, die Käfigmacher haben gesagt, sie wären tot«, erinnerte die dreiäugige Frau ihn. »Wir hatten keinen Grund, dieser Aussage nicht zu trauen.«

»Trotzdem hätten wir vorbereitet sein sollen. Dieser verdammte Zwerg! Alles war so schön, und jetzt bringt er Unruhe in unsere Pläne. Thazo, was sagt ihr?«

Der Hofnarr wirkte unter seiner Maske noch bleicher als sonst. Seine Stimme war emotionslos. »Ich sage, wir töten sie alle. Ich sage, wir rächen uns.«

»Zu unüberlegt. Die Kerle sind gerade erst zurück. Wer weiß, was die in der Zwischenzeit gelernt haben? Habt ihr dieses Auge gesehen? Unheimlich.«

»Das Problem gäbe es nicht, wenn ich direkt hätte handeln dürfen, wie ich es bei den Zwergen getan habe.«

Der Vallorianer erhob sich von seinem Sitz. Er wies auf seine beiden Diener, diese lebenden Maschinen, die er irgendwie selbst erschaffen und Folterknecht sowie Witwenmacher getauft hatte.

»Lass mich diesen Fehler beheben.«

Vlaathu fixierte den Vallorianer mit sieben Augen. Mit jeweils einem behielt er die anderen beiden im Blick, das letzte benötigte er, um weiter am Arm seines Dieneser zu knabbern. Der Vallorianer würde keine Ruhe geben, wenn er nicht agieren dürfte. Und wenn er scheiterte, würde Vlaathu wenigstens keine Diebesgilde verlieren. Aber einen mächtigen Verbündeten. Und vielleicht würde er sogar obsiegen.

»Also gut«, sagte er. »Geh und töte die Kettenbrecher.«

Der Vallorianer lächelte. Er verneigte sich. »Endlich kann ich mich beweisen. Habt Dank!«

Er verließ schnellen Schrittes den Raum, seine Maschinen im Schlepptau.

»Wir wissen nicht, was die Kettenbrecher gelernt haben«, wiederholte Vlaathu. »Also finden wir es doch heraus. In der Zwischenzeit werden wir einen etwas subtileren Weg einschlagen...«

-

Am Morgen nach Schildtreff kehrte Finster in den Unterschlupf der Käfigmacher zurück. Kaum war er in seinem Zimmer, als Dämonicus Grimm auch schon eintrat, ohne zu klopfen. Er klopfte nie.

»Ist der Hauptmann tot?«

»Ist er. Aber nicht durch meine Hand.«

»Wer hat es getan?«

»Ratet.«

Grimm sah Finster nur an.

»Also gut, ich sage es euch. Es war dieser Barbar, Boras. Die Kettenbrecher sind zurück.«

Grimm sah Finster an.

»Ich habe ihn getroffen«, sagte Finster. »Ist ein guter Kämpfer, aber sonst... da oben ist Licht, aber es ist niemand zu Hause, wenn ihr versteht. Na ja, ich habe ihn gewarnt, er soll seine Nase aus fremden Angelegenheiten lassen und abziehen.«

Grimm sagte immer noch nichts. Irgendwie seltsam. Grimm liebte es, sich reden zu hören.

»Und?«, fragte Finster.

»Und? Und?« Grimm klang sauer. »Die Kettenbrecher leben. Und nicht nur das, sie kommen nach Cauldron zurück. Jetzt! So kurz vor dem Abschluss unserer Aktivitäten. Und sie mischen sich ein. Und Ihr, ihr Schaukämpfer–«

»Langsam«, warnte Finster, aber Grimm reagierte nicht einmal.

»Ihr sucht einen von denen auf und warnt ihn? Ihr tötet ihn nicht?«

»Er ist es nicht wert«, sagte Finster ruhig.

»Ich bin noch nicht fertig! Ihr tötet ihn nicht. Und dann geht ihr seelenruhig zurück zu welcher Feier auch immer euch erwartet hat und welche Frau auch immer euch befriedigt hat«, Finster lächelte bei der Erinnerung, »und kommt am nächsten Morgen erst zu mir? Oh, nein, ihr kommt nicht zu mir. Ich komme zu Euch! Wer weiß, wann ich das sonst erfahren hätte! Und, fragt ihr? Ich frage es: Und?«

Dämonicus Grimm war größer geworden bei dieser Rede. Ohnehin eine imposante Erscheinung, türmte er jetzt über Finster, und sein Kopf reichte bis knapp unter die Decke. Schwarze Flügel hatten sich hinter seinem Rücken gebildet, und Feuer spielte seine Klauen entlang. Seine Augen loderten höllisch.

»Da fällt mir noch etwas ein«, sagte Finster. »Der Zwerg trägt das Adimarchusmal.«

Grimm blinzelte einmal, zweimal. Dann packte er Finster am Kragen und hielt ihn in die Luft. Unter dem Krieger tat sich ein Schlund auf, der bis tief in die Erde reichte.

»Sag mir, warum ich dich nicht töten sollte!«

»Lass mich erst runter«, sagte Finster ruhig. Grimm liebte große Gesten ebenso wie seine eigene Stimme.

Grimm warf Finster in die Ecke des Zimmers.

»Sprich!«

»Also«, sagte Finster. »Erstens: Wir stehen kurz vor der Vollendung. Zweitens: Trotz des Zeichens sind sie keine Gefahr – jedenfalls noch nicht. Drittens: Ich habe mit dem Stadtherren gesprochen. Er wird sie beschäftigen. Und wen kümmert es, wenn sie Cauldron “retten”?«

»Das ist deine Verteidigung?«

»Nicht nur. Es gibt da noch zwei Dinge.« Finster holte ein Bündel Pergament aus der Tasche. »Einerseits die Prophezeihung. Vergesst nicht, wir sind wieder vollzählig. Andererseits die Sache, die Phönix erzählte. Lady Dreiauge hat etwas herausgefunden.«

Er reichte die Notizen an den immer noch glühenden Grimm weiter. Dieser überflog die Pergamente, bis er an eine besonders interessante Stelle kam. Seine Atmung beruhigte sich, und er schrumpfte wieder auf knapp zwei Schritt zusammen. Als er Finster wieder ansah, lächelte er. Jetzt hatte Finster Angst. Grimm lächelte nie.

»Das ist... ist das wahr?«

»Woher soll ich das wissen?«, fragte Finster. »Ich bin Kämpfer, kein Ebenenkundler.«
Grimm schüttelte den Kopf. »Unglaublich. Adimarchus’ Fäden reichen weit.« Er wurde ernst. »Trotzdem müssen wir etwas gegen die Kettenbrecher unternehmen.«

»Vlaathu ist an der Sache dran«, sagte Finster. »Ich habe keine Lust, mir die Hände schmutzig zu machen.«

»Warten wir ab, was Vlaathu leistet. Im Zweifelsfall soll der Pfeifer ein paar Gefallen einfordern. Schließlich hat er uns diesen Stümper von Glabrezu besorgt.«

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Die Kettenbrecher verließen den Tyrtempel und machten sich auf den Weg zur Rose des Morgens. Helion hatte den Verkleidungshut genutzt, um sich als Gnom auszugeben, und spazierte mit zusammen gekniffenen Augen – der Gnom schien extrem kurzsichtig – neben den anderen her. Thamior hatte ihnen allen ein Friedensband angelegt, dass man in kürzester Zeit ablegen konnte.

Viele Cauldroniten hielten inne, als die Kettenbrecher sie passierten. Die Mehrzahl der Blicke war einfach neugierig, aber oft schien ihnen der Anblick der Abenteurer auch Mut zu geben, wohingegen nur selten jemand mürrisch das Gesicht verzog. Thamior bemerkte einen einfach gekleideten Mann, der sich im Vorbeigehen auffällig unauffällig umwandte und seine Hand unter seine Jacke schob.

In diesem Moment flimmerte vor der Gruppe ein Teleportblitz. Dort stand ein gedrungener Mann mit blassblauer Haut und kahlem, leicht vernarbtem Schädel. Er hielt einen gewundenen Stecken kampfbereit vor sich. Neben ihm stand ein knapp zwei Schritt großes Geschöpf, dessen humanoider Körper aus Stahlplatten und Kabeln geformt war. Ein für Konstrukte ungewöhnlich intelligenter Blick kam aus den stählernen Augen der Kreatur. Ein über mehrere Gelenke befestigtes Schwert nahm den Platz des rechten Armes ein. Es waren – ohne dass die Gruppe dies wusste – der Vallorianer und Folterknecht.

Der Vallorianer hob den Stecken, und arkane Energie breitete sich auf der Waffe aus. Der Vallorianer wuchs auf eine Höhe von gut drei Schritt. Folterknecht wuchs ebenfalls, und der Bürger, den Thamior bemerkt hatte, tat es ihm gleich – es war der Witwenmacher.

»Arreste!« rief der Vallorianer und zeigte auf Dirim. Der Zwerg widerstand dem Zauber.

Folterknecht stürmte auf Boras zu und schwang seinen Klingenarm warnend durch die Luft. Thamior feuerte einen Pfeil auf den Witwenmacher, aber das Geschoss prallte harmlos von der unwirklich festen Haut des Wesens ab. Der Witwenmacher selbst zog sein Schwert, und aus seinem rechten Arm sprang eine Dolchklinge.

Helion sah sich um. Die Bevölkerung hatte Deckung gesucht, war aber in gefährlicher Nähe. Also keinen Feuerball. Die Angreifer waren sichtbar vorbereitet. Es half nichts, sie mussten es schnell beenden. Eigentlich wollte er den Zauber nur noch für Gegenstände anwenden, aber...

»Pulveris!«, rief er und zeigte auf den Vallorianer.

Ein grüner Strahl schoss aus Helions ausgestreckter Hand. Der Vallorianer drehte sich zur Seite, aber seine neue Gestalt war zu groß. Der Strahl erwischte ihn an der Schulter. Helion spürte, wie sein Zauber die Resistenz des Valllorianers durchbrach. Der Vallorianer biss die Zähne zusammen – und dann blitzte es grün auf, und Stecken, Ring, sogar der Ionenstein, den er auf dem Kopf gehabt hatte, fielen mitsamt einem vallorianergroßen Bündel Staub zu Boden.

»Es hat funktioniert!«, jubelte der Kobold/Gnom.

Sofort drehte sich Helion um und lenkte drei Flammenstrahlen gegen den Folterknecht. Sie wurden etwas abgeschwächt, aber an einigen Stellen war das Metall jetzt verschmolzen.

Boras hatte Blutrache in der Hand und ließ sie zum ersten Mal gegen einen Feind donnern. Er schlug dem Folterknecht ein großes Stück Metall aus den Rippen, mit einem guten Gefühl. Der Folterknecht versuchte, es ihm heimzuzahlen, aber seine Schwünge prallten von den Ranken ab, die Boras bedeckten.

Thamior ließ ein Stück seiner Seele in den Seelenbogen fließen. Der Bogen leuchtete blendend weiß, als Thamior die Sehne zurückzog und in schneller Folge vier Pfeile gegen den Witwenmacher abfeuerte. Die Pfeile bohrten sich tief in die Haut des Assassinenapparats, ohne sich um die magische Schutzhaut zu kümmern. Der Witwenmacher taumelte. Bevor er etwas tun konnte, hatte Dirim einen Flammenschlag beschworen und die Kreatur verbrannt.

Helion begnügte sich damit, Folterknecht mit magischen Geschossen einzudecken. Boras holte noch einmal mit seiner Axt aus, und bevor Folterknecht noch irgend etwas ausrichten konnte, lag auch er darnieder.

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Der Kampf hatte nicht einmal eine halbe Minute gedauert. Helion ging zu den Überresten des Vallorianers und packte alles ein, was verwendbar erschien. Dann pustete er kräftig, um den Staub zu verteilen.

Währenddessen hielt Dirim eine Rede an das Volk.

»Bürger von Cauldron! Ihr habt gesehen, wir wurden auf offener Straße angegriffen. Und wo sind die Wachen? Hört ihr sie kommen? Ich höre nichts. Die Stadtwachen schützen Euch nicht. Die Kettenbrecher sind es, die euch schützen. Ich trage das Zeichen der Stadt in meinem Auge. Sie tragen ihres nur auf ihrer Rüstung. Die Rüstung können sie ausziehen, wie es ihnen beliebt. Mein Auge gebe ich nicht her. Überlegt euch, was euch lieber ist.«

Die Leute glotzten die Kettenbrecher stumm an.

»Gehen wir«, sagte Thamior, und sie setzten ihren Weg fort.

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»Nichts.«

Die Kettenbrecher hatten den Lathandertempel genauestens durchsucht, aber keine Geheimtür gefunden, weder innerhalb noch außerhalb. Allerdings hatte Helion auch keinen entsprechenden Erkenntniszauber angewandt, sondern sich auf die scharfen Augen des Elfen verlassen.

»Es muss etwas hier sein«, sagte Dirim. »Wir müssen noch mal herkommen.«

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Der Helmtempel war wie üblich offen. Etwa zwei Dutzend Menschen saßen im Kirchenschiff, versunkenen in ihre eigenen Gebete. Als sich die Kettenbrecher vorstellten, wurden sie sofort zum Zimmer der Hohepriesterin gebracht.

Jenya starrte sie mit großen Augen an.

»Ihr lebt?«

»Was ist mit Eurem Auge?«, flüsterte Dirim.

»Was ist mit Eurem Auge?«, fragte Jenya.

»Eine lange Geschichte«, sagte Dirim.

»Und Helion? Seid ihr erneut wiedergeboren worden?«

»Nein«, sagte Helion. »Der Gnom ist eine Verkleidung.«

»Und Thargad? Wo ist er?«

»Er ist tot.«

»Dafür bin ich wieder da«, sagte der Seelenbogen.

»Wer?«

»Anna, meine Tocher«, sagte Thamior.

Jenya blickte stumm auf die sonder- und wunderbare Waffe.

»Darf ich ihr die Überreste zeigen?«, fragte der Elf.

»Natürlich.«

Annastriana war in den Katakomben des Flammenden Auges beigesetzt worden. Thamior nahm sich eine Fackel und begab sich dorthin, um Anna ihren letzten Ruheplatz zu zeigen.

»Ich habe gezweifelt«, sagte Jenya. »Aber ihr seid gekommen. Die Hand Helms. Es tut mir leid, ich... ich habe noch kein Ziel für euch.«

»Ziel?«

»Ich soll euch leiten.«

»Vielleicht erzählt ihr einfach mal, was während unseres Verschwindens passiert ist«, bat Dirim.

Jenya berichtete, aber es war nicht viel. Sie erzähte, dass die Barakmordin sie gewarnt hatten. Sie erzählte auch von der Zwergendelegation, die auf Dirims Bitte hin nach Cauldron kamen, um Waffe und Rüstung des verstorbenen Zenith Splitterschild abzuholen. Die Zwerge wurden angegriffen, außerhalb der Stadt, als sie nach einem Zugang zu Zeniths Malachitfeste  suchten. Sie starben alle. Ihre Leichen wurden mitsamt Rüstung und Waffe an den Clan der Splitterschilde geschickt. Sonst wusste Jenya nur allgemeine Gerüchte, oder sie druckste unbeholfen herum.

»Es tut mir leid«, wiederholte sie. »Aber ich werde mich ab sofort ranhalten.«

»Schon gut«, sagte Dirim.

Etwas enttäuscht machten sich die Kettenbrecher auf den Rückweg zum Tyrtempel.

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Gerold war ein einfacher Mann. Sein Vater war Bäcker gewesen, und so wurde er ebenfalls Bäcker. Er hatte keine großen Pläne, reich zu werden oder eine neue Brotsorte zu erfinden. Gerold wollte nur seine Familie ernähren, und sich ab und zu ein Glas Schnaps genehmigen können. Er hatte keine Meinung zur Stadt, und deshalb war er weder glücklich noch unglücklich, als ein Zwerg mit dem Symbol Tyrs auf der Brust und einem brennenden rechten Auge vor seinem Stand stehen blieb. Er hatte schon von Dirim Gratur gehört – wer hatte das nicht? – aber Gerold kümmerte sich um seine eigenen Sachen.

Dirim nahm sich das größe Brot, dass Gerold auf der Auslage hatte, und packte es in einen magsichen Beutel, wo es verschwand. Dann wandte er sich zum Gehen.

»Das macht zwei Silberlinge, Herr«, sagte Gerold.

Der Zwerg drehte sich um. »Weißt du nicht, wer ich bin?«

»Doch, Herr.«

»Und du willst Geld von mir?«

Dirim kam zurück und zog sein Langschwert. Der Stahl glänzte in der Luft. Dann schlug er auf den Brotstand ein, mehrere Male, bis das Holz splitterte und die Brote in der Umgebung verteilt herumlagen. Die anderen Cauldroniten starrten den Zwerg ängstlich an. Niemand sagte ein Wort.

»Da hast du deine Bezahlung«, sagte Dirim und spuckte Gerold ins Gesicht.

Dann drehte er sich um und ging davon. Als die Wachen kamen, war der Zwerg schon fort.
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