Ist angesichts dieses Problems eine ganz klare, subjektive Wertung basierend auf den eigenen Vorlieben nicht besser, unter der Voraussetzung, dass ich als Leser diese kenne bzw. über die Zeit hinweg gelernt habe oder jeweils in diese eingeweiht werde?
Womit diese Wertung intersubjektiv wäre. Nämlich nachvollziehbar. Dein Firefly-Beispiel hinkt allerdings etwas, weil es natürlich verschiedene Stilmittel gibt, die unterschiedliche Wirkungen haben. Die Frage ist dann, warum setzt man ein Stilmittel ein und ist dies erfolgreich? Kampfstern Galactica benutzt z.B. vorgetäusche Steadycam-Aufnahmen im Weltall, mit schnellen Schwenks und Zooms. Dadurch wirkt das Geschehen dokumentarisch und realistisch. Das wiederum passt sehr gut zum Rest der Serie, der ja charakterzentrische Sci-Fi ist und weniger Space Opera. Ergo ist das Stilmittel sowohl gut umgesetzt als auch sinnvoll. Vergleiche das mit den Kampfszenen in Batman Begins, die zwar auch die Hektik des Kampfes illustrieren, aber in dem ansonsten getragenen Film eher verwirren und zudem angesichts der intensiven Choreographie kontraproduktiv sind. Hier wurde das Stilmittel schlecht eingesetzt.
Das andere, was du ansprichst, ist das grundsätzliche Problem der Filmkritik (wenn du auch nur einen Teil ansprichst). Das sieht so aus: erstens ist ein Film das Resultat vielfältiger Einzelentscheidungen in verschiedensten Bereichen, und eine Kritik kann bei verträglicher Länge unmöglich alle ansprechen – wobei erschwerend hinzukommt, dass ein literaturwissenschaftlicher Zugang (also Fokus auf Plot, Dialoge, usw) und ein filmtheoretischer Zugang (eben die Stilmittel) sich nur kreuzen, aber nicht deckungsgleich sind. Die Frage ist nun, an wen man sich richtet. Filmkritiken sind sicher nicht nur dazu gedacht, von anderen Filmemachern und Filmkritikern gelesen zu werden, sondern auch von Joe Plumber. Hierbei muss man aber bedenken, dass der Klempner wahrscheinlich keine Ahnung von filmischen Stilmitteln hat, einer Textinterpretation aber wahrscheinlich folgen kann, weil das halt auch in der Schule gemacht wird (zum Glück werden da filmische Mittel verstärkt auch behandelt). Gleichzeitig stellt sich aber auch die Frage, wie sehr man von einer filmtheoretischen Sicht abrücken soll: selbst eine populärwissenschaftliche Einlassung sollte ja auf der Fachwissenschaft fußen. Und das Fach ist eben Film. Hier sind wir eigentlich beim Thema mit dem Fernsehprogramm: Soll man, nur weil ein Teil der Leser dann nicht mitkommt, automatisch alles auf diese schlechteren Leser abstimmen? Oder versuchen, nachvollziehbar genug zu schreiben, dass möglicherweise offene Wissenslücken erst mit der Zeit oder sogar nur nach Weiterbildung des Lesers geschlossen werden können? Immerhin ist es nicht sehr schwer, sich über die grundlegendsten Filmmittel zu informieren.
Ein guter Filmkritiker wird m.E. nun weder herablassend, weil das dumme Volk ihm nicht folgen kann, und schlunzt seine Bewertungen als "Friss oder Stirb", noch lässt er sich komplett auf das Niveau des gemeinen Publikums herab, sondern schreibt einfach ausführlich und wenn angebracht mit Verknüpfungen der beiden Zugänge über Film. Wenn davon ausgegangen wird, dass es nicht wichtig ist, wirkliche Zusammenhänge und filmtheoretische Beobachtungen zu vermitteln, dann ist im nächsten Schritt der typische Filmkritker nicht mehr in der Lage, diese zu erkennen (was man bei vielen Kritikern beobachten kann, die wirklichen Mist schreiben, aber unter der Maßgabe der Meinung). Letztendlich sollte der Wissenschaftsreporter sich zumindest soweit mit Wissenschaft auskennen, um Studien bewerten zu können; der Fußballreporter sollte sich mit Taktik und dem Personal auskennen; und ein Filmkritiker eben auch ein halber Fachmann über Film sein und dies in seinem Text erkennen lassen. Durch gute Filmkritiken sind mir selbst Dinge offenbar geworden, die ich dann abstrahieren und später auf andere Filme anwenden konnte.
Gleichzeitig ist diese ewige Kritik an den Kritikern genau dasselbe wie der Elitismusvorwurf in anderen Bereichen. Hier wird die persönliche Meinung über alle Maßen wertgeschätzt, ohne Rücksicht darauf, wie unterfüttert die Meinung ist. Als Kind habe ich Fernsehserien toll gefunden, die eigentlich ganz großer Müll waren. Nun ist für mich als Kind natürlich wichtig, dass ich das toll finde – aber darum ist eine Kritik von mir als Kind und aus heutiger Sicht nicht gleichwertig, weil die eine Meinung ohne jegliche Reflexion zustandegekommen ist und keinen festen Kriterien gehorcht. War halt nur irgendwie toll.