Autor Thema: [Eberron] Das Flüstern der Seelenklinge  (Gelesen 35659 mal)

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Pestbeule

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[Eberron] Das Flüstern der Seelenklinge
« Antwort #30 am: 01. Oktober 2006, 19:24:19 »
Zitat
3. Die Sache mit der Heilung hat mit meinem "Kampagnen-Fernziel" zu tun, über das ich jetzt noch nichts sagen will (ey, sonst wär ja die Überraschung weg).


Vllt als PM?  :D

Ich spreche nur aus der Erfahrung heraus, da die meisten SH (wenns gut läuft) ein Abenteuer komplett beschreiben. Eine ganze Kampagne haben bisher nur 3 oder 4 hier veröffentlicht und regelmäßig geupdated (Berandor, Zechi, Ich und Del)
"Since it is difficult to join them together, it is safer to be feared than to be loved when one of the two must be lacking."
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Berandor

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[Eberron] Das Flüstern der Seelenklinge
« Antwort #31 am: 01. Oktober 2006, 19:29:27 »
Off-Topic: Ich mache zu viele Absätze? :D
Bitte schickt mir keine PMs hier, sondern kontaktiert mich, wenn nötig, über meine Homepage

meist3rbrau

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[Eberron] Das Flüstern der Seelenklinge
« Antwort #32 am: 03. Oktober 2006, 00:34:39 »
Oki, hier ein kleines Zwischenspiel (nein, nur erzählt!), um das Ganze ein bißchen abzurunden.

@Pestbeule: Wir haben ja bereits auch "Schatten des Letzten Krieges" Gespielt. Davon werde ich aber keine Story-Hour machen. Heisst aber nicht, daß das Abenteuer nicht irgendwie verarbeitet wird!

Spoiler (Anzeigen)


Zitat
Vllt als PM? :D

Nein!  :D

~o~

Die Herde hatte in ihrer Todesangst die Gatter durchbrochen und war in die Wälder geflohen. Ein oder zwei der Kühe hatten sogar noch versucht, den Zaun zu überspringen und waren kläglich gescheitert. Eine steckte selbststranguliert noch mit dem Kopf zwischen den Balken, ihre blaue Zunge aus dem Hals heraushängend. Eine weitere lag blutverschmiert vor dem Gatter, totgetrampelt von seinen Artgenossen, und eine dritte hatte noch bis zum Morgen panisch versucht, trotz gebrochener Hinterläufe noch weiter fortzukriechen. Sie war bis vor das Haus der Familie gekommen und hatte der Magd einen gellenden Schrei abgerungen.

Die Bäuerin hatte das Tier töten müssen. Sie hatte ein langes Messer genommen und es der Kuh zielsicher ins Herz gestoßen.
Und das war schlecht. Denn nun würde man nach ihm suchen.

Urosh hatte aus seinem Versteck in der Scheune alles mit angesehen und eine leichte, fast vergessene Regung verspürt. Es gab solche Zeitpunkte, da regte sich der uralte Forscherdrang in ihm. Dann erinnerte er sich dunkel an das, was er einst gewesen war: Ein Schriftgelehrter. Ein Astronom. Ein Entdecker.
All das hatten sie ihm genommen, als sie ihm die Augen ausgebrannt, seine Zunge herausgerissen und ihn bei lebendigem Leibe eingemauert hatten, einbalsamiert und in mit fäulnishemmendem Öl getränkte Tücher gewickelt, weil er Dinge gesehen hatte, die niemals jemand hätte sehen dürfen und  über Geheimnisse wusste, von denen niemand wissen durfte.
Ewig sollte seine Qual sein und selbst der Tod sollte seine Seele nicht vom Körper zu trennen vermögen. So lautete seine Strafe.

Als irgendwann... Jahrhunderte? Es mussten Jahrtausende sein... die Mauern brachen, war es Caldera, die ihn befreite. Er wusste es, weil er sie sehen konnte, trotz seiner fehlenden Augen. Er konnte nahezu alles sehen. Das Untote in ihm ermöglichte ihm dies.

Doch nun gehörte ihr seine Seele.
Das war die Bedingung gewesen.

Also war Urosh auf der Jagd nach Calderas neuestem Spielzeug Lucan Stellos. Und das stellte ihn vor einige Probleme:

Zum Einen war da die Tatsache, dass es besser war, nachts zu reisen, wenn er unentdeckt bleiben wollte, denn dann reichte es zumeist, wenn er den Kragen seines Umhangs hochschlug und sich die Gugel tief ins Gesicht zog. Tagsüber wäre er viel zu auffällig. Der Nachteil war, dass es lange dauern würde, bis er Lucan würde einholen können.

Desweiteren war er nicht der Einzige auf der Jagd nach dem abtrünnigen Vampir. Eine Gruppe von Agenten der Königs Schatten von Breland suchte ebenfalls nach ihm. Er hatte bereits eine kurze Diskussion mit ihnen gehabt und es war ihm gelungen, sie zu überholen. Er hatte sogar erfahren, wohin Lucan unterwegs war.

Doch sein Glück war nicht von Dauer gewesen. Etwa eine Tages- (bzw. Nacht-) Reise vor Zilspar war er gegen Mitternacht an einer Kapelle der Göttlichen Heerschar vorbeigekommen, und diesmal hatte weder Reisecape noch Gugel etwas genutzt. Der Priester hatte mitten auf der Straße gestanden, so dass Urosh ihn beinahe umgeritten hätte. Nicht, dass ihn das weiter gefochten hätte, aber dieser vermaledeite kleine Mann hatte ihn sofort erkannt und einfach sanft lächelnd eine Holzscheibe hoch gehalten.

Menschen sollten sich nicht um Mitternacht auf der Straße herumtreiben, fand Urosh.

Das Licht, das ihn und sein Pferd daraufhin eingehüllt hatte, war schlimmer als alles, was Urosh bis dahin gekannt hatte. Er selbst hatte zwar wenig später den Schmerz und die Angst abschütteln können, doch sein Pferd war stundenlang weitergeflohen, bis schließlich in der Morgendämmerung dieses einsame Gehöft hier aufgetaucht war. Die Scheune bot eher mittelmäßigen Schutz, aber immerhin war das besser als überhaupt kein Schutz.  Der Vorsprung vor den Agenten aber war dahin. Die hatten Zilspar mittlerweile sicher erreicht.

Vor der Scheune gab es ein Geräusch. Urosh unterbrach seine Gedanken und zog sich etwas weiter zurück, als plötzlich die Scheunentore aufschwangen.

Nun, dachte Urosh, das dritte Problem bestand in den Zeichen. Sie traten fast immer auf, wenn sich das Böse in einem Haus einnistete und viele der Bauern kannten sie.

Im Tor standen die Bäuerin und die Magd, jede Bewaffnet mit einer Forke.
Anscheinend waren die Zeichen deutlich gewesen.

„Wir sollten da nicht hinein gehen!“ hörte er die Magd mit ängstlich gesenkter Stimme sagen.

„Wahrscheinlich hast du Recht“, erwiderte die Bäuerin. „Aber wir sollten auf jeden Fall den Priester benachrichtigen. Bis mein Mann aus Sharn zurück ist, kann das noch gut eine Woche dauern. Also, du holst die Kinder rein und ich mache mich auf den Weg. Sieh nur zu, dass euch nichts passiert!“

„Ja Herrin, versprochen. Die Haustür bleibt zu, bis Ihr wiederkommt.“
Die Bäuerin nickte. Beide entfernten sich und eilten über den Hof.
Urosh kam wieder aus seinem Versteck hervor. Er würde sich wohl tief im Wald verstecken müssen. Auf Jeden Fall aber musste er von hier verschwinden, soviel war...

Etwas war vor ihm. Urosh schnüffelte und bewegte den Kopf.
Da war es.

Es stand einfach da und schien ihn zu betrachten.
Er beugte sich ein Stück tiefer. Ein Kind! Eins der Kinder der Bauern hier!
Hatte es denn keine Angst?

„Du keine Angst?“ fragte der zungenlose Untote.

Das Kind sah ihn an. Es war vielleicht drei Jahre alt, vielleicht ein wenig mehr. Ein Mädchen. „Du böse“, sagte es entschieden.

„Wahr.“ Urosh versuchte, sanft zu klingen. Es hörte sich an wie das langgezogene stimmlose Stöhnen einer... Mumie.
Der Untote hätte gern die Augen verdreht.

Er zuckte nur die Achseln. Man war, was man war. „Du mich nicht verraten. Du braves Kind. Wahr?“
Die Augen des Mädchens wurden groß. Es bekam Angst und machte einen Schritt zurück.
Schade. Es würde ihn doch verraten. „Komm“, flüsterte Urosh.

Das Kind drehte sich um. Doch ehe es davonlaufen konnte, hatten es zwei Untote Arme wie in einem Schraubstock ergriffen. Es schrie.

„Komm. Ich dir nicht weh tun.“ Urosh sprach wie säuselnder Wind, der leise im Gemäuer heult, während die Bauerntochter wie am Spieß schrie und zu zappeln begann.
Mit der einen Hand hielt er das Mädchen fest, die andere tastete nach seinem kleinen Hals. Wirklich ein Jammer.

Die Mumie zögerte. Aber nur kurz.

Das kleine Genick brach mit einem leisen „Knick“.[/quote]
Anti-Psionic-Liga[/url]

Pestbeule

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[Eberron] Das Flüstern der Seelenklinge
« Antwort #33 am: 04. Oktober 2006, 02:22:50 »
Sehr schönes Zwischenspiel! Die Mumie ist irgendwie der geheime Held des Abenteuers. Hab sie auch eingebaut bei mir und überhaupt viel geklaut (haben das Abenteuer dank deiner SH am WE begonnen und kamen bis nach zum Teil mit der Kutsche). :D

EDIT: Ich hoffe das Update lässt nicht zu lange auf sich warten! :)
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meist3rbrau

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[Eberron] Das Flüstern der Seelenklinge
« Antwort #34 am: 09. Oktober 2006, 01:01:10 »
Puh, ganz schöner Brocken Fleisch, das. Hier der erste Teil des neuen Updates! Viel Spass!

~o~

Ein Meer aus dichten, dunklen Bäumen zog unter ihm hinweg. Die Dunkelheit unterhalb der Baumkronen war selbst hier oben noch deutlich spürbar. Der Wind fühlte sich angenehm kühl im Gesicht an und in ihm war ein Duft von endloser Weite. Die Monde Eberrons standen bereits hoch am Himmel, und so lag keine Schwierigkeit in der Aufgabe, die sein Meister ihm angetragen hatte, denn auch wenn die Nebelwolke da vorn von einer solchen Zartheit war, dass man sie sicher mit einem Flügelschlag auflösen könnte, so warf sie das Mondlicht hell und klar zurück. Es war leicht, ihr zu folgen.

Seiner Kehle entrang sich ein Krächzen. Es schallte laut und klar in der Nacht über dem Königswald.
Sehr gut. So musste es sein.
Zufrieden legte er sich auf einen Lufthauch, ließ sich von ihm tragen und ließ seinem ersten Krächzen ein Zweites folgen, während er das Wölkchen weiter beobachtete. Der Nebel schwebte jetzt tiefer herab und wurde langsamer, als er die Baumkronen berührte. Er floss an Blättern und Ästen herab und strebte dem Boden entgegen. Als er ihn schließlich berührte, verdichtete er sich und wurde zu einer Gestalt, die ein triumphierendes Heulen ausstieß.

Der Rabe landete auf einem nahen Ast und nickte einmal-zweimal mit dem Kopf. Weiter würde er dem Nebel, der jetzt ein gewaltiger Wolf war, nicht mehr folgen können, ohne sich zu weit von seinem Meister zu entfernen.
Aber das machte auch nichts. Sein Meister hatte durch seine Augen genug gesehen.
Mit einem weiteren Krächzen erhob sich der Vogel und machte sich auf den Rückflug.

~o~

Der Magier stand mit weit ausgebreiteten Armen da und hatte die Augen nach oben verdreht. Er atmete ruhig und konzentriert. Ab und zu ließ er ein heiseres Stöhnen vernehmen. Um ihn herum standen ein Gnom, ein Werweib, ein Valenar und ein Vielgesichtiger und beobachteten ihn. Keiner von ihnen sagte ein Wort.
Schließlich ließ der Arkanist seine Arme sinken und blickte die anderen an. „Er hat sich in einen Wolf verwandelt. Einen ziemlich großen. Ich würde auf einen Schreckenswolf tippen.“

„Scheiße!“ fluchte Ätzelbert. Für einen kurzen Moment hatte er nochmal einen Anflug von Hoffnung gehabt. Doch die schwand in dem Augenblick, als der Vertraute zu Yelenath zurückkehrte.

In respektvollem Abstand zur Kutsche und der Leiche von Elffinger-Wroan richteten die Fünf schließlich ein Nachtlager ein und zündeten dann den zerstörten Wagen, sicherheitshalber inklusive der Leiche, an.
Das würde wenigstens die Wölfe fernhalten.

Gesprochen wurde nicht mehr viel. Jeder hing seinen Gedanken nach und starrte in die Flammen oder in die Dunkelheit dahinter.

Der nächste Morgen begann empfindlich kühl und mit dichtem Nebel. Bastonata bereitete ein karges Frühstück. Dann beratschlagte sich die Gruppe.

„Wir sollten versuchen ihm zu folgen“, befand der Kleriker.

Bastonata warf einen Blick hinüber zum Waldrand. Dann schüttelte sie entschieden den Kopf. „Kannst du vergessen. Das Buschwerk ist so dicht, da kommen wir niemals so schnell durch. Und mit den Pferden schon mal gar nicht. Und überhaupt hat Lucan schon wieder eine ganze Nacht Vorsprung!“

„Wir sollten es zumindest versuchen.“

„Und wenn wir gar nicht reiten, sondern die Pferde hinter uns herführen“ wandte Q'arion eifrig ein.
Die anderen warfen ihm einen Blick zu.
„Dann werden wir... nur noch langsamer. Schon gut.“ gab sich der Elf kleinlaut selbst die Antwort und sah zur Seite.

Yelenath grübelte. „Was wissen wir eigentlich über Vampire?“ fragte er in die Runde.

„Vampire haben ein Problem mir heiligen Symbolen“, meinte Ätzelbert.

„Und mit Knoblauch und Spiegeln.“ der Magier nickte. „Aber soweit ich weiß, kann man sie damit nur von sich fern halten, nicht töten.“

„Und wie kann man sie nun töten?“ wollte die Wandlerin wissen.

„Sonnenlicht. Oder einen Holzpflock ins Herz.“

„Fließendes Wasser“, sagte der Kleriker.

„Was?“ fragte Spange.

„Na, taucht man einen Vampir in fließendes Wasser, stirbt er.“

„Oh. Und der Sarg? Was hat es damit auf sich?“

„Keine Ahnung. Ich glaube, den brauchen Vampire, um zu schlafen.“

Bastonata kratze sich. „Immerhin wissen wir, wo er hin will. Das Beste wird sein, wenn wir direkt nach Trolanhafen reiten.“

„Sehe ich auch so“, warf Yelenath ein.

Spange nickte. „Wenn ich an die Wölfe denke, geh ich ganz sicher nicht in den Wald!“

Der Priester gab sich geschlagen. „Nun gut. Wie Viele Pferde haben wir denn noch?“

„Wir haben noch drei Magiegeschaffene“, zählte der Schurke ab, „und die zwei von der Kutsche, die haben auch überlebt. Ätzelberts und das von Yelenath sind verbrannt. Macht also fünf. Passt genau.“

„In Ordnung. Dann lasst uns keine Zeit mehr verlieren.“

Dem stimmte die Gruppe zu. Also begab man sich zu den Reittieren.

Spange wollte soeben seinen Fuß in den Steigbügel stellen, da tippte ihn der Kleriker der Vol an. „Ich nehme deins“, sagte er.

„Was?“ fragte der Dieb verständnislos.

Ätzelbert schob ihn zur Seite und schwang sich in den Sattel. „Hast schon verstanden.“

„W-wie bitte? Hast du sie nicht mehr alle? Geh da runter!“

„Willst du mit mir streiten?“ Die Augen des Svirfnebli funkelten herausfordernd. „Soll ich dich ein bisschen blind machen?“

„Aber das ist mein Pferd!“

„War dein Pferd“, korrigierte der Gnom und zuckte die Achseln. „Glaub es oder nicht. Du kannst eins von den Kutschentieren nehmen.“

Ohne ein weiteres Wort reiß er das Pferd herum und ritt auf die Straße.

Bastonata schüttelte den Kopf. Yelenath war fassungslos. Q'arion kratze sich zwischen den Beinen.

Spange knirschte vor Wut mit den Zähnen. Seine Hände ballten sich hilflos zu Fäusten. Doch schließlich blieb ihm keine Wahl. Also stieg er auf eines der beiden übriggebliebenen Pferde.
Yelenath nahm das andere.

Zwei Tage noch ritten die Abenteurer die Oststraße entlang, bis sie am dritten Morgen inmitten des Trolanbusens die Stadt Trolanhafen erblicken konnten. Irgendwie machte es den Eindruck, dass sie auf dem Wasser schwamm. Schon von weitem war die einzigartige gnomische Architektur auszumachen, die die Stadt zum Aushängeschild und zur Hauptstadt der Provinz Zilargo machten.

Tatsächlich war Trolanhafen buchstäblich ins Meer hineingebaut worden und überall von Kanälen und Wasserstraßen durchzogen, über die sich elegante Brücken spannten. Straßen gab es kaum, wohl aber etliche offene, mit exotischen Pflanzen begrünte Plätze. Fast alle Gebäude waren in hellen, freundlichen Farben gestrichen und mit ihren geschwungenen Dächern, den abertausend Gebäudeumgängen, Terrassen, Treppen, Erkern und Türmchen sah Trolanhafen ganz so aus, als wäre dieser Ort einem Märchen entsprungen. Sogar Spange vergaß seine Wut über den Vol-Kultist und staunte nur noch.

Wenn es also einen Inbegriff für gnomische Vielfalt und Reichtum gab, dann war es die Hauptstadt von Zilargo. Und als reichte allein das nicht aus, thronte am südlichsten Punkt der Stadt ein Landungsturm für Luftschiffe des Hauses Lyrandar, mit dem Zentrum durch eine schmale, aber dennoch nicht minder prachtvolle Brücke getrennt. Zur Zeit lagen dort zwei Schiffe fest, während ein drittes soeben ablegte und Fahrt irgendwo nach Norden aufnahm.

Die Oststraße endete schließlich an einer ausladenden Anlegestelle. Mehrere Boote lagen hier, außerdem eine breite, aber trotzdem elegant und schnittig wirkende Fähre, die offenbar auch Reittiere und sogar Kutschen aufnehmen konnte.

Es brauchte nicht lange und der Entschluss stand fest. Auch der Preis war schnell ausgehandelt, und so überquerten sie schließlich mit einer beeindruckenden Geschwindigkeit die Bucht. Yelenath strich hie und da sanft und ehrfurchtsvoll über eine Planke und war voll der Bewunderung.
Schwebeholz. Vortrefflich geradezu.

Nachdem die Abenteurer von Bord gegangen waren, blieben sie einen Augenblick stehen und sahen sich erst einmal ausgiebig um. In den Gassen, den Straßen und auf den Brücken, vor allem aber auf dem Wasser herrschte geschäftiges Treiben. Kein Bewohner, der nicht wenigstens ein Boot sein Eigen zu nennen schien. Händler hatten ihre Kähne zu schwimmenden Marktständen gemacht und boten an, was man sich nur vorstellen konnte. Auf einigen wurden sogar Speisen gleich an Ort und Stelle frisch gekocht oder gebraten und direkt vom Boot herunter verkauft.

Ätzelbert steckte er sein Volszeichen, das er um den Hals trug, unter das Gewand und wandte sich an einen gnomischen Fährmann, der Pfeife rauchend auf Kundschaft wartete.

„Seid gegrüßt! Ich bin auf der Suche nach zwei Menschen, die ihr vielleicht gefahren haben könntet. Ist in den letzten Zwei tagen ein Herr hier eingetroffen, selbst für einen Menschen hochgewachsen, und schmal? Fahles Haar und in Begleitung einer hübschen jungen, rothaarigen Frau?“

Der Fährmann dachte kurz nach und zog an seiner Pfeife. Dann sagte er: „Leute, die hier ankommen und Leute die von hier weggehen. Die gibt es hier wie Sand am Meer. Aber entschuldigt, mir ist gerade entfallen, ob ihr mir einen Gefallen schuldet?“

„Ehm... Wie?“

Vergnügtes Gekicher war die Folge. „Hört“, rief der Mann zwei Arbeitern zu, „Hier bittet mich jemand um einen Gefallen! Dabei schultet er mir gar keinen!“
Alle drei brachen in prustendes Gelächter aus.

Ätzelbert wurde bleich, dann rot und fand schließlich seine ursprüngliche Gesichtsfarbe wieder.

„Ehm, nein, sicher nicht. Aber vielleicht wollt ihr mir denn den Gefallen trotzdem tun?“, fragte er steif.
Gnomische Floskeleien. Damit würde er wohl nie zurechtkommen. Kein Wunder, schließlich war er kein Gnom im herkömmlichen Sinne, sondern ein Svirfnebli.

„Bitte entschuldigt“, lachte der Mann und wischte sich eine Träne aus dem Gesicht. „Ich wollte euch nicht beleidigen. Aber leider muss ich euch enttäuschen. Hier kommen so viele Leute in die Stadt und wieder heraus, wie Sand ans Ufer gespült wird. Es ist mir nicht möglich, sie mir alle zu merken. Ungewöhnliches ist allerdings nicht vorgekommen, falls ihr das meint.“

„Also hatte auch niemand einen Sarg hatte bei sich?“

„Einen...“ Erneut musste der Gnom lachen und verschluckte sich an seinem Pfeifenrauch. „Ich muss schon sagen, mein Herr“, hustete er und lachte dazwischen immer noch, „ihr gefallt mir! Nein, Särge gibt es hier bedeutend weniger als Sand am Ufer! Solches Gepäck hätte ich bemerkt. Und wenn nicht ich, dann ein anderer Fährmann. Und dann wüsste ich das.“

„Kann ich mir vorstellen.“ Ätzelbert entschuldigte sich für die Unannehmlichkeit und wandte sich wieder an seine Gefährten. „Und jetzt?“

„Wieso hast du denn nach einem Sarg gefragt?“ wollte Spange wissen.

„Keine Ahnung. War so ein Gefühl.“

„Hm.“ machte Yelenath. So dumm war die Frage gar nicht gewesen, fand er.

„Suchen wir weiter“, drängte Bastonata.
Sie hatte in einiger Entfernung ein Tavernenschild entdeckt.

~o~

Neya betrachtete den Garten im Innenhof durch das Fenster ihres Audienzzimmers und hing ihren Gedanken nach. Wie zum Spötter hatte Lucan das passieren können? Ihm, der doch sonst so akribisch darauf bedacht war, sämtliche Spuren zu verwischen! Frustriert schüttelte sie den Kopf. Dass ihm so ein Kardinalfehler unterlaufen war, war schlicht unvorstellbar.

Es sei denn...

Es sei denn, er hätte keine andere Möglichkeit gehabt. Das würde auch erklären, warum er so dringend mit ihr zusammentreffen wollte. Er musste auf der Flucht sein, und zwar vor jemandem, der ihm ziemlich fest im Nacken saß.
Aber wer konnte das sein? Wer war in der Lage gewesen, sich Lucan so schnell zu nähern, dass er Hals über Kopf alles stehen und liegen ließ?
Nun, sie würde es bald herausfinden. Und sie würde ihm helfen, so gut es ihre Möglichkeiten und ihre Position zuließen. Das war sie einfach ihrer langjährigen Freundschaft schuldig.

Ein Klopfen an der Tür reiß sie aus ihren Gedanken. „Ja?“

Ihr Sekretär trat herein, verbeugte sich und sagte: „Sie ist soeben eingetroffen, Frau Botschafterin.“

Neya seufzte. Ach ja. Da war ja noch was. „Danke“, sagte sie und entließ den Gnom mit einem Wink. Der verneigte sich nochmals und zog sich wieder zurück.

Meena ir'Erdalis war die Leiterin der Königlichen Augen ihrer Majestät, Königin Aurala von Aundair und sie hatte ihre Position nicht umsonst. Sie gehörte zu den fähigsten Agenten in ganz Khorvaire und ihre Beziehungen reichten bis in die höchsten Kreise.
Und sie hasste Lucan Stellos.
Nicht nur, dass er ein Rivale war, er hatte auch noch die Frechheit besessen, ihr einfach so äußerst sensible Geheimnisse quasi direkt unter ihrem Kopfkissen wegzustehlen. Neya gönnte sich ein leises Lächeln, als sie daran dachte, wie peinlich es Meena gewesen war, dass sie auf ihn hereingefallen war.

Also gut. Die Botschafterin straffte sich und erwartete ihren Besuch. Sie war gewappnet.

Es klopfte erneut. „Die Tür ist offen, Meena.“ sagte Neya.

„Botschafterin Krell! Ich habe gehört, ihr wollt ihm bei seiner Flucht auch noch helfen?“, kam die  Leiterin der Augen zur Sache, noch ehe die Tür hinter ihr ins Schloss gefallen war.

„Er ist ein Freund von mir, Meena. Was also soll ich tun?“

„Ihn mir...uns ausliefern, natürlich! Was ihr da tut, ist Verrat an der Königin.“

„Das glaube ich kaum“, erwiderte Neya ruhig. „Möchtet ihr etwas Tee?“

„Nein Danke!“ Meena schnaubte. Dann fragte sie: „Warum?“

„Weil Lucan einer der besten zehn Agenten ist, die man auf Khorvaire finden kann, und damit ist er außerordentlich wertvoll.“

„Das ist mir bekannt“, unterbrach Meena. „Was glaubt ihr, warum ich ihn haben will? Sicher nicht, weil ich ein Mal das Bett mit ihm geteilt habe! Ihr aber sorgt dafür, dass er uns entkommt. Und das werde ich nicht zulassen.“

Neya sah Meena scharf an. „Wollt ihr mir drohen?“

„Im Zweifelsfall, ja.“

Die Botschafterin hob hilflos die Hände. „Versteht doch, meine Liebe! Ich muss es tun! Lucan ist bereits auf der Flucht, und wenn ich ihm jetzt nicht helfe, ist unser gutes Verhältnis dahin!“

„Also entscheidet ihr euch für die Freundschaft und gegen die Königin?“

„Nicht doch! Ich entscheide gar nichts! Aber ich habe eine gute Beziehung zu wahren, für den Fall, dass Ihr ihn nicht zu fassen bekommt.“

„Er bekommt durch euch Hilfe aus unseren eigenen Reihen. Wie sollten wir ihn da fassen?“

„Ganz einfach. Ich helfe euch, ihm eine Falle zu stellen.“

Die Leitende Agentin legte den Kopf schief und zog eine Augenbraue hoch. „So ist das? Und wie soll das vonstatten gehen?“

Neya lächelte. „Indem ich euch sage, wo er heute Abend zu finden ist!“

„Woher wollt ihr...“ begann Meena. Dann glomm ein Funke des Verstehens in ihren Augen auf. „Der Maskenball!“ hauchte sie atemlos.

Neyas Lächeln wurde eine Spur breiter. „Möchtet ihr nun vielleicht etwas Tee?“

~o~

Inzwischen war es schon wieder später Nachmittag geworden und noch immer fehlte von dem abtrünnigen Agenten der Königs Schatten jede Spur. Lediglich ein Tischler hatte sich an eine Frau erinnern können, aller Wahrscheinlichkeit nach Grilsha, denn die hatte bei ihm einen Sarg erstanden. Damit hatte es sich aber auch schon, denn der Sarg war umgehend auf ein Boot und in ein anders Viertel der Stadt transportiert worden.

Dass die Agenten sich gleich in der erstbesten Taverne der Stadt unbeliebt gemacht hatten, war da geradezu nebensächlich. Doch hatten sie dort immerhin erfahren, dass es in der letzten Zeit mehrfach zu Überfällen durch marodierende Sahuagin gekommen sei. Das war zwar ungewöhnlich, denn normalerweise wagten sie sich eher selten so nahe an die Städte heran, aber ein Zusammenhang zu Lucan Stellos war damit nicht herzustellen.

Was hatten sie nur  übersehen, fragte sich Ätzelbert. Ein kleines, aber entscheidendes Detail nur! Er hatte das Gefühl, als läge offen sichtbar herum und würde nur schlicht nicht wahrgenommen.

„Also nochmal von vorn. Was wissen wir über Lucan?“ fragte in die Runde.

„Dass er ein verdammter Vampir ist“, erwiderte Spange säuerlich.

„Ja klar. Aber was noch?“

„Ein Agent einer breländischen Geheimorganisation, der offenbar ein magisches Schwert gestohlen hat und vor seinen eigenen Leuten nach Trolanhafen geflohen ist.“ antwortete die Wandlerin gelangweilt. „Wir haben das schon hundertmal durchgekaut.“

„Stimmt. Aber irgendwie ist das noch nicht alles. Ich meine, er hat sich diese Stadt sicher nicht als Zufluchtsort ausgesucht, weil hier alles so hell und freundlich ist. Irgendetwas muss er doch hier wollen.“ Der Kleriker wischte sich mit der Hand über das Gesicht.

„Warum eigentlich Trolanhafen“, nickte Yelenath sinnierend. „Und wenn er uns auf eine falsche Spur locken wollte?“

„Wieso? Er hat doch bis vor zwei Tagen gar nichts von uns gewusst:“

„Hat er doch! Oder zumindest, dass Viorr Maleak ihn verfolgen lassen würde.“

„Das ist richtig“, stimmte Bastonata zu, „er könnte absichtlich eine falsche Notiz...“ sie verstummte plötzlich und sah den Magier an. Der sah zurück.

„Die Notiz!“ riefen beide gleichzeitig.

Ätzelbert schlug sich gegen die Stirn. Das war es, was sie übersehen hatten!
Dummerweise habe ich keine Ahnung, was ein Krell sein soll...
Das waren die Worte ihres Auftraggebers gewesen!  Er nickte zustimmend. „Krell. Nun gut. Versuchen wir es herauszufinden!

Botschafterin Neya ir'Krell war den Gnomen in Trolanhafen nicht unbekannt, denn sie hatte es geschafft, die diplomatischen Beziehungen zwischen Aundair und Zilargo immer weiter zu vertiefen. Geschickt hatte sie Kontakte sowohl in diplomatische Kreisen, als auch in deren geheime Keller geknüpft und konnte selbst auf die Hilfe mehrerer Geheimbünde zurückgreifen. Ihr Geschick im komplizierten Spiel aus Gefallen und Gegengefallen, auf dem gnomische Beziehungen aufbauten, hatte großen Eindruck gemacht, denn niemand war bei Gnomen geschätzter als der, der wusste, wie dieses Spiel zu spielen war. Und ihre Angewohnheit, rauschende Bälle auszurichten, steigerte ihre Beliebtheit noch ein wenig mehr.

Und drei Stunden Später hatten die Agenten ein neues Ziel. Ein Maskenball fand heute abend in der Botschaft von Aundair statt. Dem würden sie einen Besuch abstatten.
Einen Teil des Weges legten sie per Boot zurück, doch da Q'arion sich noch nach einen Komposit-Langbogen umsehen wollte, ließen sie sich in der Stadt absetzen und gingen das letzte Stück zu Fuß. Mittlerweile war es fast dunkel geworden. An den Kanälen, Promenaden und Brücken flammten immerhelle Laternen auf und tauchten die Stadt in ein warmes Licht.

So schlenderten sie ihren Gedanken nachhängend eine der Promenaden entlang und genossen die sanfte Abendluft, als plötzlich die Lichter ausgingen.

Erschreckt blieben die Abenteurer stehen.
Die Straße war leer. Wasser plätscherte leise gegen die Kanalmauern. Sonst war es still.
Hinter ihnen ertönte ein gellender Pfiff.
Q'arion wirbelte herum. Die Übrigen taten es ihm nach. Doch auch in diese Richtung war die Straße wie ausgestorben.

Eine Streitaxt wurde vom Rücken gelöst. Magische Energie knisterte auf. Ein Streitkolben wurde gezogen. Und auf einen neuen Kompositbogen wurde ein Pfeil gelegt.

Spange schlich zur nahen Brücke. Vorsichtig beugte er sich nach vorn und spähte ins Dunkel hinunter.

Den Sahuagin, der nach seinem Fuß grapschte, bemerkte er zu spät, um sich noch halten zu können. Er verlor das Gleichgewicht und fiel schwer auf die Seite.
Dann fühlte er, wie auch der andere Fuß von einer kalten, nassen Hand gepackt wurde. Seine Finger krallten sich in das Promenadenpflaster und hinterließen eine blutige Spur, als er mit einem Ruck von der Mauer gezogen wurde.

Und dann schlug das Wasser des Kanals über ihm zusammen.

Bastonata war mit drei Schritten an der Uferkante. Das Wasser floss ruhig und träge dahin, als wäre nichts geschehen. Fieberhaft suchte sie nach Anzeichen ihres Gefährten.

Plötzlich bemerkte sie eine Bewegung. Und dann noch eine.
„Überfall!“ schrie sie ihren Gefährten zu.
„Nein, wirklich!“ kommentierte Q'arion und spannte seinen Bogen.

Sie waren zu dritt. Einer kam von vorn, von dort, wo Spange ins Wasser gezogen worden war, zwei weitere von hinten. Alle ließen eigentümliche Zisch-, Pfeif- und Klicklaute vernehmen.
Dann griffen sie an.

Bastonata erwischte es als Erste. Dem Schuss aus der schweren Armbrust war nicht mehr auszuweichen. Er streifte sie schmerzhaft an der Hüfte und hinterließ eine tiefe, blutende Furche.

Q'arion und sein Bogen wurden Eins. Er sah seinen Gegner auf sich zu kommen und schoss. Sein Pfeil grub sich bis an die Fahne in den Bauch des Meeresräubers, der dadurch in seiner Vorwärtsbewegung gestoppt wurde und etwa drei Meter vor dem Elf zum stehen kam. Sein Dreizack züngelte nach vorn. Q'arion folgte geradezu spielerisch der Bewegung und lächelte versonnen.

Der Dritte stürzte einen hellen Pfiff ausstoßend wütend auf den Valenar, um seinen Kumpan zu unterstützen. Mit Wucht schwang er seine Waffe gegen den Elf und verfehlte ihn nur knapp.

Yelenath sah, wie Bastonata durch einen Bolzentreffer zurückgeworfen wurde. Diesem Froschgesicht würde er es zeigen. Er hob seine Hand, füllte sie mit magische Energie und ließ sie fließen. Auf der Brust des Sahuagin entstand eine kleine Rauchwolke, als das Geschoss einschlug.

Ätzelbert ließ sich in eine Art Trance fallen. Er sah den Valenar, dessen Volk für den Tod seiner Familie und die Zerstörung seines Dorfes verantwortlich war. Er sah zwei grüne, froschartige Gestalten mit ihren Waffen auf ihn einhacken.

Das Bild vor seinem Gesicht verschwamm. Es wurde durch das seines alten Mentors ersetzt, der ihm damals beim Fort der Knochen beigebracht hatte, was er wissen musste. Der Mentor legte fast freundlich einem Gefangenen Die Hand auf die Schulter...

Seine eigene Hand bewegte sich wie fremdgesteuert. Sie näherte sich der Gestalt mit dem Dreizack, die ihm am nächsten war. Vol, dachte er. Göttin. Nimm gnädig dieses mein Opfer an, denn diese Kreatur ist für dich.
Seine Hand berührte den Sahuagin.
Und Vol nahm sein Opfer an.

Der Froschmann erstarrte mitten in seiner Bewegung. Seine Haut wirkte plötzlich seltsam trocken, während er selbst immer fahler, fast durchsichtig wurde. Dann brach er ohne ein weiteres Wort an Ort uns Stelle zusammen.
Ätzelbert lächelte nun selbst. „Sieh hin und lerne über die Kräfte der Dunkelheit, mein Freund. Und pass auf, dass du niemandem im Weg stehst.“ sagte er.

Die Wandlerin sah ihr Blut zu Boden tropfen und stieß ein kehliges Grollen hören. Dann sprang sie gegen ihren Gegner, holte weit aus und ließ ihre Streitaxt ihren Weg in den Gegner finden. Blut spritze. Knochen splitterte. Und dann lag der Räuber im der Mitte gespalten am Boden.

Der verbliebene Sahuagin begann hastig sich zurückzuziehen. Q'arion machte einen Schritt nach vorn, ließ seinen Bogen fallen und zog Talaen Kara. Die Klingen beschrieben Kreise in der Luft und wirbelten vor dem Räuber herum. In dessen Gesicht entstand ein langer roter Streifen und dann noch einer.

Das reichte.
Der Sahuagin drehte sich um und sprang in den Kanal zurück, aus dem er gekommen war.

„Alles klar bei euch?“ fragte Bastonata in die Runde.

„Und bei dir? Gab Yelenath zurück.“

Bastonata zuckte die Achseln.„Fleischwunde. Ich werds überleben.“ Dann trat sie, gefolgt von den Anderen, wieder an die Ufermauer heran. „Verdammte Scheiße!“ fluchte sie. Von dem Schurken fehlte jede Spur.

„Komm schon. Wir müssen weiter“, sagte Ätzelbert irgendwann.

~o~

Aus einiger Entfernung beobachteten vier Abenteurer aus Sharn das Botschaftsgelände. Es bestand neben dem Gebäude selbst aus einem von einer hohen Mauer umgebenen Garten davor. Ein ausladender, offener Platz umgab das Gebäude von zwei Seiten, an den beiden übrigen reichte das ummauerte Gelände bis ans Wasser.
Über eine Brücke kamen in regelmäßigen Abständen eskortierte luxuriöse Kutschen angefahren und nicht minder luxuriöse Kabinenboote näherten sich der Anlegestelle. Den Kutschen und Booten entstiegen in edle Kleider gehüllte Fahrgäste.
Das Tor zum Gelände war unbewacht. Dafür patrouillierten zwei Wachen im Garten. Am Gebäudeeingang selbst waren ebenfalls zwei stationiert. Sie sammelten irgendwelche Papiere ein, musterten sie kurz und warfen sie dann in eine Schatulle, die neben ihnen auf dem Boden stand. Anscheinend handelte es sich dabei um Einladungen.
Nachdem Q'arion den Anderen berichtet hatte, sah er sie fragend an.

„Wir könnten irgendwo einer Kutsche auflauern oder so“, schlug Ätzelbert vor. „Dann hätten wir Kostüme und Eintrittskarten.“

„Ja genau. Und vermutlich ein Riesenproblem mit sämtlichen Stadtwachen von Trolanhafen. Ohne mich.“ Yelenath schüttelte den Kopf. „Außerdem: woher willst du wissen, mit wie vielen Leuten die Lutschen besetzt sind? Oder willst du vielleicht gleich mehrere hintereinander überfallen?“

„Ist ja gut“, grummelte der Gnom. „Und was würdest du vorschlagen?“

„Naja. Auf das Gelände kommen wir wohl nicht ungesehen. Also kommen wir so an die Einladungen nicht heran.“ Er zog die Stirn in Falten und überlegte. „Mist. Jetzt könnten wir einen Vielgesichtigen brauchen.“

„Wir haben unseren aber verloren“, meinte Bastonata missmutig.

„Wieso? Was schwebt dir denn vor?“ fragte der Kleriker plötzlich interessiert.

„Erst einmal müssten wir uns Kostüme besorgen...“

„Brauchen wir nicht. Wir gehen einfach als arme Schlucker.“

Yelenath ignorierte ihn und sinnierte weiter. „Wir bräuchten jemanden, der seine Gestalt verändern kann...“

„Kann ich.“ sagte der Gnom trocken.

„Wie bitte?“ fragten Yelenath, Q'arion und Bastonata im Chor.

„Überrascht?“ grinste Ätzelbert.

~o~

Oleg Bardruin wandte seinen Blick vom kleinen Sichtfenster seiner Kutsche ab und betrachtete seine Frau. Sie sah atemberaubend aus, ganz, wie es sich für die Frau des reichsten Kaufmanne von Trolanhafen -wenn man Gnome nicht mit einberechnete- gehörte.
Sie hatte seinen Blick bemerkt, dessen war Oleg sich sicher, aber wie üblich ignorierte sie ihn. Er konnte sich schon gar nicht mehr erinnern, wann sie dies mal nicht getan hätte. Es war einfach zu lange her.

Nicht das ihn das störte. Für ihn war sie eh nicht mehr als ein Statussymbol.

Was ihn allerdings störte, war die Tatsache, dass der Brief mit den Einladungen an sie adressiert gewesen war. Sie hatte das mit stiller Genugtuung zu Kenntnis genommen.

Seine beiden Töchter auf es Sitzen gegenüber schnatterten unaufhörlich und fanden das alles sehr aufregend. Sie würden sich gut zurechtfinden auf dem Ball. Und vielleicht konnte er sie mit einigen Leuten zusammenbringen, deren Sympathie er zur Zeit gut brauchen konnte.
Nun, man würde sehen.

Die Kutsche wurde angehalten und Oleg sah wieder hinaus. Ah ja. Sie waren angekommen. Als die Kabinentür geöffnet wurde, wuchtete er seinen massigen Leib auf seine Beine und stieg aus.

„Das wird sicher ein Riesenspaß, nicht wahr, Papa?“ flötete Rya hingerissen, während sie sich dem Haupttor näherten.

„Bestimmt, meine Liebe“, antwortete er und verdrehte unmerklich die Augen. Wie die Gänse, dachte er, während seine Töchter munter weiter plapperten.

Am Tor stand ein kleines Männchen in der Uniform der Aundairischen Botschaftswachen. „Willkommen zur Nacht der tausend Sterne“, sagte es. „Ihre Einladungen, bitte.“

Oleg sah ihn an. „Wie kommt es, dass die Einladungen erst hier kontrolliert werden?“ fragte er.

„Oh, ehm... Lady Krell wünscht, für heute den Rahmen der Exklusivität auf dem Gesamten Gelände zu wahren“, erwiderte der Gnom und lächelte freundlich.

Zufrieden nickte der Kaufmann und gab dem Wicht, wonach er verlangt hatte. Dann trat er durch das Tor.

Nachdem auch seine Frau und die Töchter die Prozedur hinter sich gebracht hatten, sagte er vergnügt: „So. Dann wollen wir uns mal ordentlich amüsieren, nicht wahr meine Liebe“
Dabei sah er seine Frau von oben herab an.
Sie schwieg.

Am Eingangsportal zum Gebäude standen die üblichen Gnomenwächter. Sie nickten ihm zu. Dann sagten sie: „Willkommen zur Nacht er tausend Sterne. Ihre Einladungen, bitte.“
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Pestbeule

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[Eberron] Das Flüstern der Seelenklinge
« Antwort #35 am: 09. Oktober 2006, 14:19:46 »
Spange ist doch hoffentlich nicht tot? Ich hoffe immer noch das es dem Svirfnebli mal jemand ordentlich zeigt. Den mag ich net!  :D

Quarion ist mein Favorit! Der Gewinner der Herzen!
"Since it is difficult to join them together, it is safer to be feared than to be loved when one of the two must be lacking."
http://pestbeule.blog.de/

meist3rbrau

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[Eberron] Das Flüstern der Seelenklinge
« Antwort #36 am: 10. Oktober 2006, 22:54:23 »
Tadaa: Der zweite Teil vom letzten Spieltag! Der nächste wird übrigens am 29.10. sein. Bis dahin heißt es also: Andere SH's lesen :P

~o~

Die Kostüme waren schnell beschafft. Nur einige Kanäle weiter hatten sie das Geschäft einer Schneiderin gefunden, die offenbar darauf gerechnet hatte, dass jemand auf den letzten Drücker noch eine Verkleidung suchen würde und daher noch geöffnet hatte. Ätzelbert entschied also sich für ein schlichtes Kostüm mit Frack und Zylinder. Yelenath wählte ein grünes Sakko mit Puffärmeln, dazu ein passendes, rüschenbesetztes Hemd und Pumphosen, die unter dem Knie zu schnüren waren.Q'arion wiederum nahm ein in glänzendem Gold und Blau breit gestreiftes Kostüm.

Bei Bastonata dauerte die Sache ein wenig länger, denn obwohl sie sicherlich kein Kind von ausgemachter Hässlichkeit war, so war sie doch mit ihren langen, kräftigen Beinen und den breiten Schultern eher ungewöhnlich proportioniert.
Die Schneiderin maß und suchte im ganzen Laden. Und als Bastonata einige Zeit später vor die Anderen trat, trug sie ein langes, hochgeschlossenes Kleid aus nachtblauem Schöngewebe nebst passendem Kapuzenumhang, so dass sie plötzlich von einem Hauch des Geheimnisvollen umgeben war.

Ätzelbert nickte stumm. Q'arion machte große Augen vor Bewunderung. Und Yelenath musste schlucken.

So ausgestattet betraten sie das Gelände der Botschaft. Im Garten, einige Meter entfernt von dem hohen Doppelportal, das den Eingang zum Gebäude bildete, diskutierte ein dicker Mann mit drei Damen, die offensichtlich seine Begleitung darstellten. Es machte ganz den Anschein, als wäre ihnen der Einlass verwehrt worden.

Bastonata setzte eine hochnäsige Miene auf, als sie an ihnen vorüberschritt und verzog in demonstrativ missfallend das Gesicht, als die Augen des Mannes an ihr haften blieben.

Ätzelbert rümpfte die Nase und sagte im Vorbeigehen: „Tsiss! Ungeladen hier aufzukreuzen und dann solch eine Szene. Wie unpassend.“
Eins der beiden jungen Mädchen begann zu weinen und verbarg ihr Gesicht in den Händen.

Die Gefährten gaben ihre Einladungen ab und gingen hinein. Sie waren noch keine drei Meter gekommen, als sie von einem Wachmann angesprochen wurden. „Herrschaften, bitte um Entschuldigug. Waffen, Rüstungen und magische Gegenstände müssen am Eingang abgegeben werden.

„Oh, natürlich, wie unaufmerksam von mir“, erwiderte Ätzelbert und folgte dem Mann zur Pforte zurück. Die anderen kamen ebenfalls nach.

Der Mann öffnete eine Tür direkt am Eingang und ließ die Abenteurer hinein. „Ich versichere ihnen, dass ihr Dinge hier gut aufgehoben sind. Wenn sie den Ball verlassen wollen, können sie sie hier jederzeit abholen. Bitte abermals um Verzeihung“ sagte er und ging vor die Tür.

Von drinnen konnten sie hören, wie die beiden Wachen am Portal, die zu kontrollieren so jämmerlich geschlafen hatten, einiges zu hören bekamen.

Als die Gruppe schließlich wieder auf den Gang trat, wartete der Wachmann bereits. Er zeigte fragend auf den Beutel, den Yelenath noch immer mit sich herumtrug. „Och“, sagte dieser, „Das sind nur Kinkerlitzchen, Nichts, womit sich Schaden anrichten ließe. Seht selbst!“ Er öffnete den Beutel und ließ den Mann einen Blick hineinwerfen. Etwas Wolle und einige andere Gegenstände waren darin.
Die Wache nickte und winkte ihn durch.

Ätzelbert wollte schon weiter gehen, da wurde er erneut zurückgehalten. „Mein Herr, ich kann ihre Hoffnung verstehen, mit der sie die Damen beeindrucken wollen“, sagte er hinter vorgehaltener Hand und zeigte vielsagend auf eine Stelle zwischen den Beinen des Priesters. „Aber ich würde ihnen doch raten, etwas weniger Gefährliches zu versuchen. Wenn ich nun also bitten dürfte...“ setzte er hinzu, streckte die Hand aus und bedankte sich, als der Priester ihm den Dolch aushändigte, den er im Hosenbund versteckt hatte.

Der kleine Taschenspiegel, den Ätzelbert bei der Schneiderin erstanden hatte, wurde ihm gelassen.

Die Wände des Ballsaales waren in der oberen Hälfte von gewaltigen Spiegeln verkleidet und mit weißem und schwarzem Krepppapier geschmückt. Tanzende Lichter schwebten kreuz und quer durch den Raum und tauchten ihn in ein Meer aus Lichtflecken. Ein Elfenquartett spielte auf und erfreute damit die Gäste, die sich, wenn sie nicht gerade tanzten, angeregt miteinander unterhielten. Zwischen ihnen huschten Diener hin und her, um Getränke und Häppchen anzubieten und an den Türen auf den Gang sowie zum Innenhof standen Wachen.

Alle Anwesenden trugen aufwändige Kostüme und reich verzierte Masken Dabei war es egal, ob Gastgeber, Gast oder Diener, jeder trug irgendeine Art von Verkleidung. Die Damen waren in halb durchsichtige, Atemberaubend schöne Ballkleider gehüllt, während die Herren eng anliegende Hosen und Sakkos trugen, die durch eingearbeitete Edelsteine und Goldfäden funkelten.

Die Agenten verteilten sich gleichmäßig im Saal und beobachteten die Gäste.

Nun, fast alle. Yelenath zog es vor, sich zu amüsieren. Seinen Auftrag vergaß er darüber völlig.

Ätzelbert versuchte mithilfe seines Spiegels, Lucan unter den Gästen auszumachen. Immer wieder warf er verstohlen einen Blick hinein und verglich was er sah, mit dem, was wirklich da war. Doch Spiegelbild war nicht Wirklichkeit, und die ständige Bewegung der Menge machte es so gut wie unmöglich, so etwas herauszufinden. Schließlich gab er es auf und steckte seinen Spiegel in die Brusttasche seines Fracks.

Q'arion beschränkte sich darauf, die Augen offen zu halten, während er sich in der Nähe der Bar aufhielt. Doch niemand kam ihm weniger ungewöhnlich vor als jeder Andere.

Bastonata allerdings, die ebenfalls in Barnähe blieb, konnte in der Menge eine zierliche Gestalt ausmachen, die die Maske eines goldenen Drachen trug. Sie schien alles andere als es nötig zu haben, sich unter Leute zu mischen, im Gegenteil: Die Leute kamen ständig zu ihr und hofierten sie eifrig, die ihrerseits wiederum die Schmeicheleien und Handküsse gelassen über sich ergehen ließ.
Kein Zweifel. Sie musste die Gastgeberin sein.

Die Barbarin trank aus und näherte sich der Dame. Dann faste sie sich ein Herz und sprach sie an. „Botschafterin Krell, nehme ich an?“
Die Angesprochene nickte und nahm von irgendwoher einen weiteren Handkuss entgegen.

„Nette Feier“, versuchte es Bastonata weiter. Die Botschafterin ignorierte sie.
Die Wandlerin fasste sich ein Herz. „Sagt, befindet sich unter euren Gästen ein Herr namens Lucan?“
Diesmal erreichte sie tatsächlich eine Reaktion. Neya ir'Krell wandte den Kopf und sah sie direkt an. In ihren Augen blitze es. Dann jedoch sagte sie lächelnd: „Einen solchen Namen habe ich noch nie gehört, Gnädigste. Und... habt meinen Dank für Euer Lob.“

„Entschuldigt vielmals, Botschafterin. Ich denke, ich werde mich nun besser wieder den Speisen widmen...“ sagte Bastonata kleinlaut und begab sich zurück an die Bar.
Doch nun war sie sich sicher: Lucan war hier. Sie mussten ihn nur noch finden.

Ätzelbert näherte sich der Tür, durch die die Bediensteten ständig eintraten oder verschwanden. Er passte einen von ihnen ab, als dieser gerade hinaus wollte. Obwohl er viel kleiner als der Diener war, gelang es ihm, ihn von oben herab anzusehen.

„Wartet, mein Guter. Würdet ihr mir einen Gefallen tun?“, sprach er näselnd.

„Sehr wohl“ sagte der Diener steif.

„Wirt ihr, das Essen ist ausgezeichnet, doch für meinen Geschmack ein wenig fade. Würdet ihr mir wohl etwas Knoblauch bringen?“

„Etwas...“ Die Augen des Bediensteten wurden groß.
Einige Gäste, die den Wortwechsel aufgeschnappt hatten, sahen den Priester verstohlen überrascht und leicht angewidert an. Sie sahen ganz so aus, als wollten sie seinen Verstand in Zweifel ziehen und begannen, möglichst unauffällig etwas mehr Distanz zwischen sich und diesen seltsamen Gnom da zu bringen.

„Ich bitte darum.“ Ätzelbert hob seine Nase noch ein wenig höher.

Sein Gegenüber setzte zu einer Antwort an, unterließ es aber, diese auch auszusprechen. Er murmelte ein weiteres „sehr wohl“ und wollte gerade durch die Küchentür, als Ätzelbert ihn erneut zurück hielt. „Roh, wenn ich bitten darf. Nicht gekocht.“
Der Diener schüttelte unmerklich den Kopf, als er verschwand.

In der Zwischenzeit konnten die übrigen Gefährten einiges von den Gesprächsthemen verfolgen, die den Abend beherrschten. So wurde über das vorzügliche Essen und den Ball geredet, aber auch über das Problem der Stadtwachen mit den Sahuaginplünderern und die berühmte elfische Sängerin Areyndee Thanvaali, die heute Abend einen kurzen Auftritt haben sollte.

Tatsächlich wurde die Musik wenig später unterbrochen und eine hochgewachsene blonde Elfenschönheit betrat die Bühne. Sie bedankte sich kurz für die Aufmerksamkeit und fand einige lobende Worte für die Gastgeberin. Dann gab sie dem Quartett ein Zeichen.

Ihre Stimme klang klar und hell wie ein junger Bach, fand Q'arion, und sie erfüllte den Raum mit einer Intensität, die schier unvorstellbar war. Die Gäste hingen an ihren Lippen. Ein oder zwei Paare fanden sich und begannen zu tanzen, jedoch blieben die restlichen voll Bewunderung stehen und hörten Aeryndee zu.

Bastonata ließ erneut ihren Blick durch den Raum schweifen und entdeckte Neya ir'Krell  unter den Tanzenden. Die Botschafterin schien überhaupt keine Notiz von dem Auftritt zu nehmen, sondern diskutierte leise mit ihrem Partner, der eine Adlermaske trug und immer wieder auf sie einsprach.

Und eine weitere Frau schien ebenfalls mehr Interesse an dem Verhalten der Gastgeberin zu zeigen, als am Auftritt der Sängerin. Sie trug die Maske eines blauen Drachen.

Dann war der Auftritt vorbei und das Quartett begann wieder eine flotte Tanzweise.

Ätzelbert wartete. Als der Diener wieder aus der Küche kam, hatte er einen missbilligenden Blick aufgesetzt. „Ihr Knoblauch, Mein Herr“, sagte er steif und überreichte die Knolle, wobei er jedoch nicht vergaß, leicht die Nase zu rümpfen. Ätzelbert bedankte sich, steckte sie in die Tasche und zerdrückte sie.
Nun würde es keine Schwierigkeiten mehr geben, einen Weg durch die Menschenmenge zu finden. Und auf Lucans Reaktion war er ebenfalls gespannt.

Q'arion war von Areyndee Thanvaali noch immer hin und weg und versuchte immer wieder, einen Blick auf sie zu erhaschen. Doch alles, was er zwischen Federboa, Löwen- und Eulenmasken hindurch sehen konnte war, wie sie durch die Türen nach draußen verschwand. Er seufzte.

Bastonata fand, sie könne noch ein wenig mehr Mut gebrauchen. Aber der Mann, der während des Auftritts mit der Botschafterin getanzt hatte, interessierte sie. Sie nahm noch ein weiteres Getränk zu sich, dann forderte sie den Mann nun ihrerseits auf, mit ihr auf das Parkett zu gehen.

Ätzelbert gesellte sich an den Rand der Tanzfläche und beobachtete seine Gefährtin und ihren Tanzpartner. Irgend etwas störte ihn. Zumindest hatte er plötzlich ein ungutes Gefühl im Bauch.

Er war schweigsam, aber ausgesucht höflich, und es schien, als würde er nur durch seine Führung völlig ausgleichen, dass sie noch niemals derart das Bein geschwungen hatte -abgesehen vielleicht von der ein oder anderen Taverne zwischen Droaam und Sharn vielleicht, aber das war eine ganz andere Sorte Tanz und pflegte als Parkett Tische und Theken zu verwenden.
Sie versuchte dem Mann in die Augen zu schauen. Das Blau schien unergründlich und kalt wie uraltes Gletschereis. Und seine Hände waren kalt wie Stein.

Als sich ihre Blicke endlich trafen, brach er das Schweigen, das zwischen ihnen gewesen war, nachdem sie die Tanzfläche betreten hatten. „Nun“, sagte er mit einer tiefen, sonoren Stimme, „ich gewinne den Eindruck, dass wir uns schon einmal begegnet sind. Und das vor nicht allzu langer Zeit, wie mich deucht...?“

Bastonata wurde blass. Irgend etwas schien von diesem Mann auszugehen, das ihr plötzlich sehr ungemütlich zumute wurde.

Der Kleriker verfolgte die beiden Tanzenden mit den Augen. Etwas stimmte nicht! Es musste doch auszumachen sein! Er musterte den Mann von oben bis unten.

„Und noch etwas deucht mich“, fuhr der Mann fort. „Nämlich, dass es doch sicher nicht klug wäre, inmitten eines rauschenden Balls die Klingen zu kreuzen, würdet ihr mir da zustimmen, Teuerste? Und würdet ihr mir ferner zustimmen, dass dies hier in der aundairischen Botschaft sogar noch viel unklüger wäre, als anderswo?“

Ätzelbert holte seinen Taschenspiegel wieder hervor, drehte sich um und sah hinein. Das Spiegelbild war klar und deutlich zu sehen, allerdings bedeckte die Kostümierung den Körper des Mannes ziemlich vollständig. Sein Blick fiel auf den Boden vor den beiden. Um Bastonata herum hüpften die Schatten die die Tanzenden Lichter warfen.

Der Kleriker erbleichte.

Der Mann begann zu lächeln. Bastonata keuchte.

Das Blau seiner Augen...

Er warf...

...wechselte...

...keinen Schatten!

...in ein grelles Orange!

„Nun denn also immer heraus mit der Sprache. Was wollt ihr von mir?“ sagte Lucan beinahe sanft und lächelte ein wenig mehr. Seine Lippen entblößten ein paar langer, spitzer Eckzähne.

Bastonatas Knie fühlten sich mit einem mal an wie Pudding. „Ich...ich weiß nicht, wovon ihr redet!“ stammelte sie und versuchte sich von ihm zu lösen.
Er ließ sie gehen.

Im nächsten Augenblick war Ätzelbert bei ihr. „Entschuldigt, mein Herr!“ sagte er bestimmt. „Darf ich übernehmen?“ Und damit ergriff ihre Hand. Sie war nass geschwitzt und zitterte.

Der Mann zwinkerte den beiden noch einmal zu, bevor er plötzlich das Gesicht in unaussprechlichem Ekel verzog. Dann verschwand er in der Menge.
Hastig eilten die Beiden in Richtung Bar, fanden einen freien Tisch und warfen sich in die Sessel.

„Um Himmels willen!“ machte die Werfrau. „Das... das war er! Ich habe mit dem Vampir getanzt!“

Ätzelbert nickte. „Hab ich gemerkt“, sagte er dumpf und wünschte sich jetzt nichts sehnlicher als eine Waffe.

Weniger als eine Halbe Minute später wussten auch Q'arion und Yelenath Bescheid. Von nun an würden sie Lucan nicht mehr aus den Augen lassen!

Ätzelbert wandte sich erneut an einen Diener Der verdrehte die Augen, als sein Blick den des Priesters traf. Es war derselbe wie vorhin.

„Mir ist ein wenig plümerant“, sagte Ätzelbert und legte einen Handrücken gegen die Stirn. „Ich fürchte, ich brauche ein wenig frische Luft. Würdet ihr mir wohl einen Stuhl nach draußen bringen?“ Er winkte fordernd und begab sich dann in den Innenhof, wo ihm wenig später ein Stuhl gebracht wurde.Dann ließ man ihn allein.
Der Kleriker lauschte kurz und sah sich um. Ein üppiger Garten wuchs hier und verbreitete lieblichen Duft. Doch niemand war in der Nähe. Er nahm den Stuhl und zertrümmerte ihn an der Wand.

Der Vampir näherte sich einer Frau mit einer Eulenmaske und sprach mit ihr. Sie nickte kurz und schloss sich ihm an. Doch ehe die Beiden den Raum verlassen konnten, war da wieder diese blau maskierte Frau, die Bastonata bereits vorhin aufgefallen war. Sie sprach Lucan an und schien ihn zum Tanz zu fordern. Der Agent nickte und folgte der Frau auf das Parkett, während den Gefährten der Atem stockte.

Lucan und die geheimnisvolle Frau tanzten nicht mehr als ein paar Takte. Ihre Hand machte eine winzig kleine Bewegung. Yelenath sah genauer hin. Sie bewegte die Lippen. Sie versuchte, ihn zu bezaubern!

Plötzlich ging alles rasend schnell. Lucan prallte zurück und stieß gleichzeitig die Frau von sich. „Ha!“ rief er laut, „Das hast du dir gedacht, du kleine Schlampe!“
Die zeigte mit dem Finger auf ihn. „Im Namen ihrer Majestät Königin Aurala von Aundair! Lucan Stellos, ergebt euch, Ihr seid verhaftet!“ rief sie und reiß ihre Maske vom Gesicht.

Lucan hob seine rechte Hand. Sie steckte in einem Handschuh.
Dann schnippte er mit den Fingern. Und aus dem Handschuh wuchs eine tödliche Klinge. Sie leuchtete und beschrieb einen ausladenden Bogen.

Die Dame in der Maske des blauen Drachen taumelte nach hinten und griff sich an den Hals. Blut sickerte zwischen ihren Fingern hervor und wuchs rasch zu einem Schwall. Dann fiel sie in sich zusammen.

„Meena! NEIN!“ schrie die Botschafterin. Sie hielt sich die Hand vor den Mund.
Ihr Schrei verhallte in plötzlicher, tödlicher Ruhe.

Und dann brach unter den Gästen Panik aus. Innerhalb weniger Augenblicke hatten sie mehrere riesige Trauben gebildet, die nun versuchten, durch irgendwelche Türen ins Freie zu gelangen.

Q'arion versuchte, vor ihnen den Innenhof zu erreichen. Er musste den Priester finden. Sofort!

Yelenath zog sich hastig an die Wand zurück und suchte den Vampir. Er fand ihn und ließ in seiner Hand ein magisches Geschoss wachsen. Doch ehe er es abfeuern konnte, wurde er plötzlich zur Seite geworfen. Neben ihm stand die Frau in der Eulenmaske. Langsam zog sie sich diese über den Kopf.
Grilsha!

Bastonata griff sich einen Stuhl und schleuderte ihn gegen einen der Spiegel. Doch sie bereute ihre Idee schnell. Direkt neben ihr krachte er auf den Boden, so dass sie nicht mehr rechtzeitig ausweichen konnte und von mehreren Splittern verletzt wurde. Doch immerhin hatte sie nun eine scharfe Waffe in der Hand und ein Mittel, um sich Lucan vom Leibe zu halten.

Neben ihr flog die Tür auf und zwei Gestalten kamen herein. Einer warf sich neben der blau maskierten Frau zu Boden und drückte ihr eine kleine Phiole in den Mund. Der Andere deckte die beiden mit seinem Körper. Die Frau hustete und erhob sich taumelnd. Ein weiterer Trank wurde ihr gereicht. Sie trank ihn sofort und sagte dann: „Schön. Aber jetzt bin ich dran.“

Ätzelbert stand vor dem kaputten Stuhl. In seiner Hand hielt er zwei hölzerne Stuhlbeine. Zufrieden nickte er. Dann ging er wieder hinein und blieb abrupt stehen, als er Q'arion und dahinter eine panische Menge auf sich zu stürmen sah.

Der Elf warf sich gerade noch rechtzeitig auf die Seite. Die Menge rannte an ihm vorbei. Dann sah er Ätzelbert hereinkommen. Gut! Er warf sich herum und sprintete quer durch den Raum, wobei er darauf achtete, den flüchtenden Gästen nicht zu nahe zu kommen. Als er den zerstörten Spiegel erreichte, nahm auch er eine ausreichend große Scherbe an sich.

Endlich kam auch in die Wachen Bewegung. Sie hatten anscheinend versucht, sich einen Überblick zu verschaffen, doch nun entschlossen sie sich offenbar, jeden Kämpfenden als Feind anzusehen und legten an. „Kampfhandlungen sofort einstellen!“ riefen sie. Dann schossen sie. Q'arion wurde nur knapp verfehlt.

Yelenath griff hastig in seine Tasche, holte ein Wollfädchen hervor, wirbelte damit vor ihrem Gesicht herum.„Schwindelig dein Geist und Auge!“ sagte er.

Magische Wellen schlugen gegen Grilsha. Sie schüttelte sich kurz, lachte und machte eine obszöne Geste. „Hier! Du glaubst, mich mit Zaubertricks zu kriegen, du Idiot? Dann sieh her!“
Sie breitete ihre Arme aus und warf sie ruckartig nach unten. Plötzlich war sie von einem unheimlichen Glimmen erfüllt. Dann lösten sich ihre Füße vom Boden. Sie lachte, als sie immer höher und in die Mitte des Saales flog. Wieder ertönte ein“Kampfhandlungen sofort einstellen!“ und mehrere Bolzen flogen auf sie zu. Sie prallten an einer unsichtbaren, magischen Rüstung ab. Grilsha lachte erneut.

Die Menge hatte sich nun den Ausgängen genähert und drängte sich um die Türen. Die Blau maskierte und ihre beiden Helfer wurden mitgerissen und durch die Tür in den Gang nach draußen geschoben. Einer der beiden Helfer kam dabei ins Straucheln und fiel hin. Seine Schreie gellten such den Saal, als er von Fliehenden überrannt wurde.

Yelenath wusste nicht, was er noch tun könnte. Bis auf ein oder zwei Erkenntniszauber waren seine Kräfte verbraucht und er besaß weder Stuhlbein noch Spiegelscherbe, oder auch nur etwas Vergleichbares.
Also tat er das, was ein Magier eben tut, wenn er nichts tun kann.

Doch Grilsha hatte offenbar nicht vor, ihm eine Ruhepause zu gönnen. Sie hob erneut die Arme und brannte dem Magier ein magisches Geschoss in den Leib. Und als er wenig später ihren Kältestrahl zu spüren bekam, sank er in sich zusammen.

Ätzelbert hatte es ebenfalls geschafft, in letzter Sekunde in den Saal und den Leuten aus dem Weg zu springen. Er warf Q'arion ein Stuhlbein zu und rief: „Kampfhandlungen sofort einstellen!“ und sprang auf einen Tisch. Aus dem Augenwinkel sah er, wie zwei Wachen die aundairische Botschafterin mit ihrem Körper deckten und sich mit ihr langsam in Richtung Tür zum Innenhof bewegten. „Botschafterin!“ rief er. „Sagt euren Wachen, sie sollen auf den Mann dort schießen!“ Doch die machte keine Anstalten, den Männern den Befehl zu geben. „Lady Krell“, rief er nochmals. „Verflucht, der Mann ist ein Vampir!“

Da bewegte sie den Kopf und sah ihn an. „Nein“ rief sie atemlos aus. „Das kann nicht wahr sein!“

Und plötzlich war da ein Schatten in der Menge. Er sprang und wurde zu Lucan. Er landete ziemlich genau unterhalb von Grilsha. „Schön“, rief er gedehnt, „wollen wir also noch ein bisschen spielen?“

Bastonata versuchte sich aus der Nähe des Haupteingangs in den Ballsaal zu kämpfen. Doch die Menge erfaßte sie und drückte sie gnadenlos hinaus in den Gang. Sie fluchte, was das Zeug hielt.
Dann kam ihr eine Idee. Sie drehte sich um und lief vor der Menge davon den Gang hinunter. Die Waffen! Sie brauchten ihre Waffen! Die letzten Meter rutschte sie über die Fliesen, dann krallte sie sich in die Tür und rüttelte daran.Sie ließ sich nicht öffnen.
Die Wachen! Schnell sprang sie durch das Doppelportal und rief: „Die Tür zur Waffenkammer! Schnell! Macht die Tür zur Waffenkammer auf!“

Die Wachen sahen sie an, als sei sie vom Himmel gefallen.

„Verdammt!“ schrie sie sie an. „Da drin ist ein verdammter Scheiß-Vampir, und er hat eure Botschafterin! LOS! TUT ETWAS!“

Die Wachen sahen sich an. Plötzlich erscholl lautes Geschrei aus dem Gang. Ungläubig sahen sie sich um und sahen einen Haufen maskierter Gäste in heller Panik auf sich zu kommen.
Da endlich schalteten sie. Doch blieb ihnen erst einmal nichts, als die Menge durchzulassen, die in alle Richtungen floh.

Als der Schwall abgeebbt war, öffneten die Wächter hastig die Tür zur Kammer. Bastonata kramte zusammen, soviel sie tragen konnte und lief zurück in Richtung Ballsaal. Die Wächter folgten ihr, während sich in ihr eine Wandlung in ein wildes Tier vollzog.

Alle Gäste waren geflohen und im Saal war es plötzlich sehr ruhig geworden. Yelenath lag noch immer sterbend an der westlichen Wand, während Q'arion zwischen den Spiegelscherben hockte und seinen Blich hin und her schweifen ließ. Ätzelbert lauerte auf der anderen Seite der Raumes auf einem Tisch. Lucan aber stand genau in der Mitte des Raumes und seine Schwester schwebte genau über ihm. Grilsha umgab noch immer dieses unheimliche Leuchten. Sie hob die Hände und machte eine reibende Bewegung. Elektrische Funken knisterten. Vor ihr schwebte ein kleines Pergament.
Und es war eine große Stille im Raum.

Dann wurden die Türen auf den Gang geöffnet. Die blau maskierte Frau und ihre beiden Schergen traten langsam ein. Die Frau hielt eine kleine, brennende Kugel in der Hand.
Botschafterin Neya ir'Krell fühlte die Farbe aus ihrem Gesicht weichen. „Meena“, sagte sie leise. „Das kannst du nicht tun. Nicht hier, mitten in meinem Haus!“

Doch Meena ließ sich nicht beirren. So lange hatte sie nach Lucan Stellos gesucht. Den Teufel würde sie tun, ihm jetzt nicht das Handwerk zu legen. „Doch, Neya“, sagte sie, ohne Stellos aus den Augen zu lassen. „Er gehört mir. Und ich werde ihn mir holen!“
Sie hob die Hand, um ihren Feuerball zu werfen, als plötzlich vom Ende des Ganges her ein schepperndes Geräusch ertönte. Den Bruchteil einer Sekunde bewegte Meena ihren Blick.

Sie hätte es besser nicht getan.

Im Raum wurde es plötzlich dunkel, als sämtliche Lichter vor der Magischen Gewalt in die Knie gingen. Und dann löste sich von Grilshas Hand ein gewaltiger Blitz. Sie lachte schrill.

Meena warf sich im letzten Augenblick herum und wurde nur zum Teil getroffen. Doch es reichte, um sie erneut außer Gefecht zu setzen.

Q'arion warf seine Spiegelscherbe nach ihr. Sie flog quer durch den Saal und traf die Hexe am Fuß, die nun aufschrie und ihn böse anfunkelte.

Lucan sprang erneut. Er versuchte die Küchentür zu erreichen. Doch das hatte Ätzelbert vorausgesehen. Er sprang  vom Tisch, flitze ebenfalls zur Tür und erreichte diese vor dem Vampir. „Halt“, rief er, „Bleib du mal schön hier!“ und hielt dem Untoten sein heiliges Symbol entgegen.

Lucan fauchte und für einen kurzen Augenblick wurde sein Gesicht zu der Fratze des furchtbaren Monsters, das er geworden war. Dann stieß er sich ab, sprang gegen die Wand über dem Kleriker und kletterte ein Stück an ihr hoch.

In diesem Augenblick stürzte Bastonata scheppernd und bis unter das Kinn mit Waffen und Ausrüstung beladen in den Saal und warf sie hin. Ein Blick, und sie pflückte einen Heiltrank vom Gürtel des Magiers, den dieser hatte ablegen müssen, packte ihn und goss den Inhalt in seinen Rachen. Yelenath warf den Kopf hin und her, als die magische Flüssigkeit zu wirken begann, doch noch wollte er nicht aufwachen. Bastonata verpasste ihm einen Weiteren.

Q'arion sah nur noch diese eine Chance. Er sprintete in die Mitte des Saales, dorthin, wo Lucan vorher gestanden hatte, holte aus und warf das Stuhlbein gegen den Vampir. Wer wusste schon, ob nicht irgendein glücklicher Zufall dafür sorgte, dass sich der improvisierte Pflock ins Herz des Vampirs bohren würde?

Der Pflock traf. Es machte einen dumpfen Laut, als er abprallte. Dann fiel er herunter und landete klappernd auf dem Boden.
Lucan sah den Valenar mit einer Mischung aus Entrüstung und Enttäuschung an. „Aua“, sagte er.
Dann stieß er sich ab, sprang wieder in den Saal, als Grilsha plötzlich vor aller Augen verschwand.

„Die Türen! Schließt die Türen!“, rief Ätzelbert, als er das Ablenkungsmanöver durchschaute und warf diejenige in die Küche ins Schloss. Die Wächter stürzten auf die Beiden Doppeltüren zu, doch es war zu spät. Lucan rollte sich in letzter Sekunde durch den verbliebenen Spalt und verschwand im Innenhof.

Es gibt Situationen, da weiß man einfach, wann man verloren hat. Und in einer solchen Situation befand sich nun Lucans Schwester Grilsha. Sie hatte gekämpft und das Letzte aus sich herausgeholt, und sie hatte sogar ihr Ziel erreicht: Ihr Bruder war entkommen.
Der Preis dafür allerdings war, dass sie nun, da all ihre magischen Kräfte aufgebraucht waren, hilflos in der Falle saß. Die Türen waren verschlossen und der gesamte Raum voll von Lucans Feinden.
Ihren Feinden.

Sie sah sich noch einmal um und wusste, dass es diesmal kein Entrinnen geben würde. Nicht ohne ihre Magie. Mit einem Mal fühlte sie sich müde. Einsam und müde. Wie hoch würde der Preis wohl sein, den sie für ihre bedingungslose Loyalität zu ihrem Bruder würde zahlen müssen? Sie wusste es nicht. Und es zählte auch nicht mehr, nicht nach allem, was sie beide durchgemacht hatten.

Sie ließ ihre Arme sinken. Dann drehte sie die Handflächen nach oben.
„Mein Name ist Grilsha Stellos“, sagte sei, als sie sichtbar wurde, „und ich ergebe mich. Bitte nehmt mich als eure Gefangene.“

~o~

Neya betrachtete das Chaos, in das ihr Maskenball gestürzt worden war. Stühle und Tische waren zu Bruch gegangen und einer der kostbaren Kristallspiegel ebenfalls. Überall lagen Scherben von fallengelassenen Gläsern und Bechern herum, noch immer von Resten der erlesenen Speisen garniert, die achtlos fallen gelassen worden waren. Und schließlich nicht zu vergessen die Schlagzeilen, die ab morgen auf den Titelblättern stehen würden.
Wenigstens war niemand heute Abend zu Tode gekommen, und gebrannt hatte es auch nicht. Obwohl wirklich nicht viel gefehlt hatte. Wäre Meena nicht im letzten Augenblick abgelenkt worden – es wäre die totale Katastrophe geworden.

Erleichtert stellte sie fest, dass es der Agentin der königlichen Augen wieder besser ging. Ihre beiden Helfershelfer hatten sie versorgt, so dass sie immerhin wieder selbst stehen konnte, wenn auch sichtlich angeschlagen und schwankend. Ihr Ballkleid war völlig zerfetzt und verbrannt und der Kragen glänzte noch immer feucht vom Blut.

Und nun?
Würde es einiges zu klären geben, beantwortete sie ihre Frage selbst.
Sie straffte sich und trat in die Mitte des Saales.

~o~

„Nun denn“, erhob die Botschafterin von Aundair ihre Stimme. Sie klang fest und klar. „Offenbar war der Abend nicht dazu vorgesehen, ruhig zu Ende zu gehen. Trotzdem möchte ich doch gern einmal wissen, wie es sein kann, dass meine Gäste aus meinem Haus fliehen müssen, während ungeladene Gäste mir meinen Ballsaal auseinander nehmen?“

Bastonata fand als erste ihre Worte wieder. „Botschafterin, wir haben herausgefunden, dass einer eurer Gäste  in jüngster Zeit zum Vampir geworden ist. Wir folgen ihm seitdem er aus Sharn geflohen ist und sahen unsere einzige Chance, ihn zu stellen, hier in Ihrem Haus.“

„So!“ erwiderte Lady Krell, „Und warum seid ihr nicht einfach in Sharn geblieben, wo euer Vampir doch das Weite suchte?“

„Weil er eine breite Spur aus Leichen hinter sich zurück ließ.“ antwortete Bastonata.

„Und weil wir Agenten der Königs Schatten von Breland sind!“ fügte Q'arion stolz hinzu und warf sich in die Brust.

Einen Augenblick wurde es totenstill im Raum.
Ein Elfenmagier, eine Wandlerbarbarin und ein Gnomenpriester sahen den Valenar fassungslos an, während sie sich fragten, ob sie richtig gehört hatten.

Bastonata hob hilflos die Hände. „Nun ehm. Ja, so ist es“, brachte sie hervor und begann innerlich, den Waldläufer fortwährend zu ohrfeigen.

Neya musste lachen. „Dann seid ihr diejenigen, die Viorr Maleak auf Lucan angesetzt hat? Wahrlich, er muss verzweifelt sein, Nein ehrlich!“ Ihr Lachen ertönte glockenhell im Saal. „Und nun, wen haben wir denn hier. Ihr seid Lucans Schwester Grilsha, richtig?“
Die Hexe schwieg.

Ätzelbert trat nun seinerseits vor. „Wollt ihr sie nicht ein wenig zum Reden bringen?“, schlug er vor und rieb sich die Hände. „Ich könnte euch behilflich sein...“

„Ich bitte euch, Lieber Herr Gnom!“ wehrte Neya ab. „Das sollen wir doch lieber denen überlassen, die sich damit auskennen.“

„Trotzdem würden mich so ein oder zwei Dinge interessiere“, sagte der Svirfnebli. Er stellte  sich vor Grilsha auf. „Bitte, sagt mir nur eines. Warum helft ihr einem Vampir?“

Lucans Schwester sah ihn an. „Weil er mein Bruder ist!“ zischte sie und machte einen Schritt auf ihn zu. Sofort wurden vier Armbrüste auf sie gerichtet.

„Und wohin will er?“
Wieder schwieg die Gefangene.

„Nun, da heraus ist, was aus unserem gemeinsamen Freund geworden ist, kann ich es ja sagen. Er will nach Starilaskur. Warum er das will, weiß ich allerdings nicht.“

„Ihr vielleicht?“ wandte sich nun Bastonata an die Hexe.

Grilsha wand sich. Doch schließlich erstarb auch ihr letzter Widerstand. „Karrnath“, sagte sie leise.

„Ach? In meine Heimat?“ Der Gnom lachte höhnisch auf. „Und was will er da?“
„Nichts vermutlich.“ Grilsha sah zu Boden.

„Oh bitte!“ rief Ätzelbert. „ihr haltet uns zum Narren!“

„Nein. Ich kann mir nur nicht vorstellen, dass er dass freiwillig tut.“

„Sondern auf wessen Geheiß?“ fragte die Wandlerin.

„Seines Schwertes.“
Die Verblüffung, die nun folgte, war geradezu greifbar.

„Lucan geht nach Karrnath, weil sein Schwert es will?“ fragte Yelenath ungläubig, während er sich schewr gegen einen Stuhl stützte. „Soll das heißen, er steht unter dem Einfluss dieser Waffe?“
Grilsha nickte "Wahrscheinlich ist das so, ja."

Yelenath schüttelte den Kopf. Es klang einfach zu unglaublich.„Aber er kann Sharn nicht einfach so verlassen!“ rief er. „Vampire stehen unter Blutsbande mit ihren Meistern!“
Wieder folgte Schweigen.

Schließlich war es Meena, die den Faden wieder aufnahm. „Dieses Schwert. Es ist die Seelenklinge, richtig?“

Der Priester der Vol schlug sich gegen die Stirn. „Deswegen konnte die Blutsbande zerrissen werden! Das hat die Seelenklinge getan! Oh, ich bin ja so ein Kamel!“
Q'arion lächelte und nickte stumm.
Ätzelbert bemerkte davon nichts.

„Ehm, was genau ist denn nun die Seelenklinge?“, wollte der Magier wissen.

Meena wandte sich ihm zu. „Die Seelenklinge“, begann sie, „ist eines von den legendären dreizehn Schwertern der Kriegsfürsten von Karrnath. Es ist eine magische Waffe, die ihrem Träger eine nicht unerhebliche Macht verleiht. Dummerweise kann sie nur von denen geführt werden, die im Geiste stark genug sind, ihrer Kraft zu widerstehen. Lucan hat dies aber offenbar nicht gewusst. Oder er ist das Risiko eben eingegangen, als er es aus der Schatzkammer König Boranels von Breland stahl.“

„Und woher wisst ihr davon?“ fragte Bastonata.

„Glaubt mir. Ich versuche bereits länger, Lucan zu kriegen, als ihr euch vorstellen könnt. Ich weiß, dass er den Diebstahl begangen hat. Sonst wären nun nicht auch noch die Königs Schatten hinter ihm her, oder?“

„Könnte es sein, dass er den Diebstahl nicht willentlich begangen hat, sondern von seiner Meisterin dazu gezwungen wurde?“

„Möglich wäre das. Aber dazu müsste man wissen, wer Lucan zum Vampir und damit zu seinem Sklaven gemacht hat.“

„Das war Caldera, eine selbsternannte Fürstin den Unterwelt.“ erwiderte Bastonata, Nun, da die Fronten geklärt waren, konnten die Karten ja auf den Tisch.

„Oh! Dann kann ich mir das sogar sehr gut vorstellen“, sagte Meena entschlossen.

„Wie dem auch sei“, fuhr Ätzelbert dazwischen. „Botschafterin, ihr sagtet vorhin, dass Lucan nach Starilaskur will. Wirt ihr auch, wie er da hin kommen will?

„Das wohl!“ antwortete Neya. „Ich habe ihm das Losungswort für eine Passage auf einem Lyrandar-Luftschiff gegeben, dass am südlichsten Punkt der Stadt vor Anker liegt.“

„Und wann legt das ab?“ Ätzelbert war plötzlich sehr aufgeregt.

„Nun, in etwa einer Stunde, schätze ich.“

„Das darf doch nicht wahr sein!“ rief das Werweib. „Wie lange brauchen wir bis zum Andockturm?“

„Zu Fuß? Etwas mehr als eine Stunde.“ gab Meena zurück.

„Und mit einer Kutsche?“

„Etwas weniger.“

„Botschafterin! Würdet ihr...?“

„Das will ich gern tun“, antwortete Neya. Dann sah sie traurig zu Boden. „Lucan war einst ein guter Freund von mir“, fügte sie hinzu. Dann hob sie den Kopf und sagte: „Jetzt ist ein Monster aus ihm geworden. Das Schiff heißt Wolkenschicksal und das Losungswort lautet Anker. Geht und bringt ihn zur Strecke! Er hat bereits genug Schaden angerichtet! Meena und ich kümmern uns derweil um diese junge Frau hier.“

Die Abenteurer gingen, um ihre gewohnten Kleider und Rüstungen wieder anzulegen.
Bastonata drehte sich noch einmal um. „Lady Krell! Wir könnten noch etwas Ausrüstung gebrauchen! Heiltränke und dergleichen...“

„Bedaure, aber mehr kann ich nicht für euch tun. Ihr könnt froh sein, dass ich euch trotz des Schadens einfach gehen lasse.“

„Aber wir haben doch nichts kaputtgemacht!“, verteidigte sich die Wandlerin.

Neya zeigte stumm auf zerbrochene Stühle und einen zerstörten Spiegel, dann wandte sie sich um und ging.


~o~

Stille herrschte auf den nächtlichen Straßen von Trolanhafen. Einige Blätter wiegten sich träge im Wind und faulenzten.
Plötzlich entstand Unruhe unter ihnen. Und dann stampften Pferdehufe auf das Pflaster, gefolgt von vier Rädern, deren hölzerner Klang die Nacht zerriss. In atemberaubender Geschwindigkeit raste die Kutsche über das Pflaster die Straße hinunter und auf die lange, prächtig verzierte Brücke zu, an deren Ende ein gewaltiges Gebäude von etwa fünfzig Metern Höhe stand: Der Andockturm des Hauses Lyrandar.
Eine Peitsche knallte. Die Pferde machten einen Satz nach vorn Die Kutsche flog nur so über die Brücke und bremste schließlich am unteren Eingang des Turms.
Eine Schiffsglocke ertönte.
Vier Gestalten sprangen aus dem Wagen und hasteten die Treppen hin auf, immer mehrere Stufen auf einmal nehmend. „Halt! Wartet!“ riefen sie und rannten noch schneller. Wieder ertönte die Schiffsglocke.

Schließlich erreichten sie die oberste Plattform und stürzten durch die Tür wieder ins Freie auf den Landungssteg.
Vor ihnen lag die Wolkenschicksal. Der gewaltige Feuerring fauchte und ließ die Nachtluft flimmern. Immerhelle Laternen erleuchteten den Steg. Einige gnomische Hafenarbeiter lösten die letzten Taue, die das Luftschiff noch am Turm festhielten. Nur eine Planke bot noch eine letzte Verbindung zwischen Andockplattform und Schiff. Es würde jeden Augenblick ablegen.

„Nicht ablegen! Anker! Anker! Wartet auf uns!“ riefen Bastonata und Q'arion, die als erste oben angekommen waren.

Weitere Gnome standen zwischen einigen Frachtkisten herum und starrten die Abenteurer an. Sie bewegten sich, als wären sie Marionetten, legten die Köpfe schief und richteten sie wieder auf. Ihre Arme stießen vor und wieder zurück.
Und plötzlich hatten sie Hakenhämmer in der Hand.
Dann kamen sie auf sie zu.

Bastonata machte einen Schritt vorwärts und knurrte, als ihre Mutter, die uralte Bärin die Kontrolle über ihren Körper forderte.
Ihr Nackenfell sträubte sich ob der offensichtlichen Bedrohung. Es fühlte sich sehr angenehm an.

Hinter ihnen traf Yelenath ein. Als er die Gnome sah, stoppte er abrupt, so dass Ätzelbert ihm ins Kreuz rannte.
Der Priester keuchte. „Was ist denn nun schon wie... oh Scheiße.“ machte er.

Yelenath nickte. „Der Vampir beherrscht sie“, sagte er ruhig.

Der Kleriker überlegte fieberhaft. Zu wenig Zeit, dachte er. Sie konnten sich nicht auf einen Kampf einlassen! „Weiß auch nicht“, sagte er unsicher. „Ich könnte einen verhüllenden Nebel machen. Dann schaffen wir es vielleicht an ihnen vorbei.“

„Wir haben keine Wahl“, stimmte der Magier zu. „Versuchen wir es.“

Ätzelbert breitete die Arme aus und ließ einen tiefen, kehligen Gesang hören. Ein Gedanke lag auf dem Gesang und wurde weit fort getragen. Vol, Göttin des Blutes, schicke den Nebel, der alles verhüllt!
Dichter, undurchdringlicher Rauch stieg auf und bildete eine Wolke, die nahezu den gesamten Landungssteg erfaßte.

„Rennt!“ rief der Priester.

Die Wandlerbarbarin sprintete los und lief direkt in einen Arbeiter. „Du bist der Erste!“ rief sie und schwang ihre Axt. Ein dumpfes Knirschen ertönte, als die Schneide in den Leib des Gnomen eindrang.

Es wurde ein seltsamer Kampf. Der Nebel war so dicht, dass man kaum die eigene Hand vor Augen erkennen konnte. Ständig tauchten andere Gestalten vor einem auf und es war schwer, Freund von Feind zu unterscheiden. Hiebe gingen ins Leere und jeglicher Versuch, die Blockade zu durchbrechen schlug fehl. Ständig liefen sich Gegner in die Arme und prügelten aufeinander ein.

In Q'arion wuchs grimmige Entschlossenheit, als er Talaen Kara fliegen ließ. Es musste doch machbar sein, irgendwie da durch zu kommen!
Da sah er einen Gegner vor sich, der gerade seinen Hakenhammer irgendwo in den Nebel hinein schwang. Er packte ihn, dann warf er sich mit aller Kraft gegen ihn. Der Gnom taumelte zurück. Q'arion folgte und stieß einen Urschrei aus.
Und dann war sein Feind plötzlich einfach weg. Stattdessen tat sich vor Q'arion ein schwindelnder Abgrund auf. Der Elf keuchte, als er in die Tiefe blickte und weit unter sich die Brücke erkennen konnte, über die sie gekommen waren. Unten zerschellte ein Gnom.

Bastonatas Axt wütete unter ihren Feinden. Wieder und wieder schlug die Waffe furchtbare Wunden. Einen hatte die Barbarin bereits kampfunfähig gemacht und ein zweiter wankte. Alles um sie herum verschwamm zu einem schlierenhaften Grau in Grau.
Es gab nur noch sie, ihre uralte Mutter und jede Menge Blut.

Yelenath wehrte sich mit allem, was er hatte. Wütend wirbelte sein Kampfstab um ihn herum, doch er musste Treffer um Treffer hinnehmen. Er blutete bereits aus mehreren tiefen Wunden. Doch immerhin schaffte er es irgendwie, sich nach vorn durchzuarbeiten, als er plötzlich das knirschende Geräusch von Holz auf Stein vernahm. Er fluchte. Verdammt, ihnen wurde langsam die Zeit knapp!
Wind kam auf. Plötzlich war er aus dem Nebel heraus, der sich nun langsam aufzulösen begann. Die Planke! Wo war die Planke! Und dann sah er, dass die Wolkenschicksal sich langsam von der Andockplattform wegbewegte. Korrektur, dachte er. Die Zeit war abgelaufen!

Q'arion sah es ebenfalls. Und er sah das Seil, das eine letzte Seil, das noch vom Schiff her auf der Plattform lag und nun langsam von ihr herunterrutschte. Ohne zu zögern sprang er vor und warf sich auf das Tauende, das ihn nun mit sich zog. Er warf sich herum und schaffte es irgendwie, aufzustehen und das Tau um die äußerste Immerhelle Laterne zu wickeln.

„Meinst du, das das hält?“ schrie Der Magier über das Fauchen des riesigen Elementarringes hinweg.

„Keine Ahnung!“ rief der Valenar zurück. „Aber es schien mir eine gute Idee!“

Mit einen schweren Schlag streckte Ätzelbert seinen Gegner nieder. Mittlerweile hatte sich der Nebel vollständig verzogen und gab den Blick auf das Schiff frei. Es hatte sich bereits mehrere Meter vom Landungssteg entfernt. Ein Seil war um einen Laternenmast gewickelt und stellte die endgültig letzte Verbindung zur Wolkenschicksal dar.
Der gnomische Priester wurde blass. Nein, dachte er. Es würde eine andere Möglichkeit geben, Lucan zu folgen. Es musste eine geben. Springen und sich am Seil entlang hangeln würde er jedenfalls nicht. Auf gar keinen Fall!

Yelenath kniff die Lippen aufeinander. Das Seil war ihre letzte Chance. Eine weitere würden sie nicht bekommen, dessen war er sich sicher. Seine Knie wurden weich.
Der Magier konzentrierte sich. Jetzt oder nie! Er nahm all seine Kräfte, all seinen Mut und alles, was er sonst noch aufzubieten hatte zusammen und packte das Seil. Zug um Zug hangelte er sich mit zusammengepressten Augen an allen Vieren hinüber. Als er gegen den Schiffsrumpf stieß, zog er sich hoch und auf das Deck.
„Ja!" schrie er triumphierend. Er konnte es kaum glauben.
Ein Geistesblitz glomm leise auf in seinem Kopf. Er schaute sich kurz um, um sich zu orienteiren. Dann sah er, wonach er gesucht hatte. Er rannte eine steile Stiege hinauf und fand den Steuermann. "Anker! Anker! Ihr müßt anhalten!"
Der Steuermann zuckte die Achseln und sah wieder nach vorn.

Q'arion konzentrierte sich und nahm Maß. Dann ergriff er das Seil. Für einen Augenblick baumelten seine Beine über dem Abgrund. Er zog sie an und schlang sie um das Tau. Einige Sekunden später ergriffen seine Hände die Reling. Er hatte es geschafft.

Immer weiter entfernte sich das Schiff. Das Seil spannte sich und knirschte. Da erscholl ein ohrenbetäubendes Quietschen, als sich der Laternenmast, an dem es hing, herum bog und schräg nach oben abknickte.

Bastonata sah bereits alle Felle schwimmen. Sie nahm Anlauf, sprang auf den Mast und hechtete an das Tau. Schließlich schwang sie sich an der Reling hinauf und landete auf dem Deck.

Die Seelenklinge! Lucan! Er durfte nicht entkommen! Ätzelbert versuchte, sich zu bewegen. Seine Beine gehorchten ihm nicht. Der Landweg! Er konnte den Landweg nehmen! Wenn er gute Pferde fand und sie verbrauchte, wie Lucan es mit seinen Tieren getan hatte... Oder er nahm ein anderes Schiff! Oder...

Das Seil sang.
Die Wolkenschicksal begann, Fahrt aufzunehmen. Immer heller wurde der Ton.
Als es endlich riß, geschah dies mit einem Knall, der so laut war, dass es in den Ohren schmerzte.
Plötzlich konnte Ätzelbert sich wieder bewegen

Bastonata sah den Kleriker auf der Landeplattform stehen und hörte den peitschenden Knall des zerissenen Seils.
„Verflucht, Ätzelbert du Idiot! Sollen wir das hier alleine machen oder was!" schrie sie aus Leibeskräften. Yelenath und der Valenar begannen ebenfalls zu rufen und z winken.
Plötzlich kam Bewegung in den Gnom. Er schaute hinter sich, dann rannte er. Und plötzlich sah Bastonata auch, warum: Dioe Hafenarbeiter, die sie niedergeschlagen hatte, waren nur bewußtlos gewesen. Nun erhoben sie sich wieder.
Sie rannte an der Reling entlang und ergriff ein Seil. Sie konnte nur hoffen, dass es lang genug sein würde. Mit einem Urschrei warf sie es auf den Steg.

Es landete direkt vor dem Priester. hinter sich hörte er die Gnome, wie sie wieder auf ihn zu kamen. Hastig band er sich das Seil um die Hüfte und schickte ein Stoßgebet an seine Göttin.
Er schluckte. Dann rannte er. Er rannte, wie er noch nie in seinem Leben gerannt war. Und dann sprang er.

noch in der Luft bemerkte er, dass es nicht richtig war. Es konnte nicht richtig sein. Das Seil saß viel zu locker um seine Hüfte! Es löste sich! Vol! Göttin! Hilf mir!
Plötzlich fühlte er sich seltsam frei. Er schaute an sich herunter. Das Seil war fort.

Da! Es flog vor ihm her. Es sprach zu ihm. Komm her zu mir, sagte es, es sind nur ein paar Finger breit zwischen uns.

Seine Hände griffen danach. Sie packten es...

...und glitten ab.

Die Stimme des Seils bekam einen spöttischen Unterton. Komm nur, komm...

Ätzelbert fiel.

~o~

Q'arion, Bastonata und Yelenath sahen den Priester in der Dunkelheit verschwinden.
Sie schlossen die Augen, pressten die Lippen aufeinander und knirschten mit den Zähnen. Sie hatten keine Ahnung, wie sie nun mit Lucan Stellos fertig werden könnten.

Geschweige denn, wie es überhaupt weiter gehen sollte.

Denn nun waren sie nur noch zu dritt.
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meist3rbrau

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[Eberron] Das Flüstern der Seelenklinge
« Antwort #37 am: 11. Oktober 2006, 12:43:15 »
Der Beitrag wurde editiert, falls schon jemand gelesen haben sollte. Das kommt davon, wenn man nachts um elf noch Story Hour schreibt...

Noch eine Bemerkung zu Spange: Der Spieler des Wechselbalg hat in der Vergangenheit mehrfach Spieltermine fest zugesagt und fast im letzten Augenblick wieder abgesagt. Daher habe ich seinen Charakter geführt, um ihn an einer günstigen Stelle aus dem Spiel nehmen zu können. Denn im augenblick ist noch nicht klar, ob er nochmal dabei sein wird. Wi rwerden diesbezüglich noch mal mit ihm sprechen, um die Situation zu klären. Aber keine Angst: Für den Fall, daß er weiter dabei ist, habe ich bereits eine kurze Spezialsequent ausgearbeitet, die er dann quasi als Mini-Soloabenteuer wird auf sich nehmen müssen.

@ Pestbeule: Was Ätzelbert angeht, mußte ich nach deinem Kommentar auf den ersten Teil des Updates ein wenig in mich hineingrinsen... :P
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Pestbeule

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« Antwort #38 am: 11. Oktober 2006, 15:20:08 »
Zitat von: "meist3rbrau"


@ Pestbeule: Was Ätzelbert angeht, mußte ich nach deinem Kommentar auf den ersten Teil des Updates ein wenig in mich hineingrinsen... :P


Warum?  :?:
"Since it is difficult to join them together, it is safer to be feared than to be loved when one of the two must be lacking."
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meist3rbrau

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[Eberron] Das Flüstern der Seelenklinge
« Antwort #39 am: 11. Oktober 2006, 22:11:32 »
Zitat von: "Pestbeule"
Ich hoffe immer noch das es dem Svirfnebli mal jemand ordentlich zeigt. Den mag ich net!  :D


Deswegen.  :wink:
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Pestbeule

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« Antwort #40 am: 14. Oktober 2006, 17:53:20 »
Wann gehts weiter?

Vielleicht ein kleiner Vorgeschmack, wer es dem Gnom gezeigt hat?  :D
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meist3rbrau

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[Eberron] Das Flüstern der Seelenklinge
« Antwort #41 am: 14. Oktober 2006, 22:44:00 »
Ehm... hassu gelesen?   :lol:

Der Herr Svirvnebli-Kleriker des Blutes der Vol ist soeben dabei, von der obersten Plattform eines Luftschifflandeturms des Hauses Lyrandar abzustürzen... weil er das Seil nicht ordentlich knoten konnte.
Wer es ihm also gezeigt hat?

Ich. :D

Weiter geht es nach dem 29.10.... dann ist nächster Spieltermin. Wie ich bereits erwähnte... :pope:
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Pestbeule

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[Eberron] Das Flüstern der Seelenklinge
« Antwort #42 am: 14. Oktober 2006, 23:12:47 »
Mist. Ich hab das letzte Update der Story voll übersehen. Direkt mal lesen.  :D
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Yelenath

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[Eberron] Das Flüstern der Seelenklinge
« Antwort #43 am: 20. Oktober 2006, 19:20:27 »
hehe, hey pestbeule, du hast mich grad an meinen leider-valenar-verwandten erinnert, so ein kleeeein wenig neben spur hm? :D

gruß yel

Pestbeule

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[Eberron] Das Flüstern der Seelenklinge
« Antwort #44 am: 20. Oktober 2006, 21:54:35 »
Ne, einfach immer überscrollt. Weil direkt nach unten gescrollt!^^
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