Autor Thema: [Eberron] Das Flüstern der Seelenklinge  (Gelesen 35507 mal)

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Pestbeule

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    • Blog zur aktuellen Königsmacher-Kampagne
[Eberron] Das Flüstern der Seelenklinge
« Antwort #60 am: 16. Januar 2007, 14:17:05 »
Zumindest mal ne kurze Antwort auf das Gefragte...
"Since it is difficult to join them together, it is safer to be feared than to be loved when one of the two must be lacking."
http://pestbeule.blog.de/

meist3rbrau

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[Eberron] Das Flüstern der Seelenklinge
« Antwort #61 am: 17. Januar 2007, 23:06:18 »
Sry, war ein paar Tage nicht da...

Was den Gnom angeht: Abwarten.  :wink:  :D
Anti-Psionic-Liga[/url]

Nathan Grey

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[Eberron] Das Flüstern der Seelenklinge
« Antwort #62 am: 13. Februar 2007, 15:19:50 »
Ich will mich ja nicht beschweren...doch eigentlich will ich mich beschweren, wann gehts hier mal weiter?? Ich will wissen, was mit dem Gnom ist.  :D

Hunter

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    • Savage Tide
[Eberron] Das Flüstern der Seelenklinge
« Antwort #63 am: 13. Februar 2007, 15:21:20 »
Schließe mich den Beschwerden an!  :D
Stopper der Grausamen Flut, Töter des Erben des Feuers, Vernichter der Kadaverkrone und Erlöser des Fluchs des Purpurthrons.

Cromwell

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[Eberron] Das Flüstern der Seelenklinge
« Antwort #64 am: 18. Februar 2007, 08:29:05 »
Mehr Mehr  :dafür:

Yelenath

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[Eberron] Das Flüstern der Seelenklinge
« Antwort #65 am: 21. Februar 2007, 17:00:59 »
ich finde allerdings auch, dass man die leuts nich so warten lassen kann  :D
...gibt beim nächsten mal, bestimmt wieder Haue von irgentnem großen lila Monster das ausm nichts kommt und auch genau dahin wieder verschwindet  :(

meist3rbrau

  • Mitglied
[Eberron] Das Flüstern der Seelenklinge
« Antwort #66 am: 22. Februar 2007, 02:15:55 »
Ist ja gut. Ihr habt natürlich recht. Und Ta-Daa bin ich tatsächlich mal dazu gekommen noch die ein oder andere Zeile zu schreiben. Also Denn!

~o~
In den wenigen Büchern, die den Letzten Krieg von Khorvaire überdauert haben, werden Elfen zumeist als „hochgewachsene, feingliedrige Schöngeister mit einem ausgeprägten Sinn für Ästhetik“ beschrieben.
Nun, auf die Valenar traf das vielleicht nur bedingt zu, wenn man sich an Geschichten vergangener Schlachten erinnerte. Die nämlich pflegten in ihren blitzartigen Überfällen niemals Zeugen zu hinterlassen.
Was sie allerdings hinterließen, waren zumeist Schauplätze, bei denen solch metaphorische Bezeichnungen wie „Gemetzel“ oder „unappetitlich“ zumeist aufgaben und frustriert von dannen zogen. Dennoch lag in diesen Taten stets auch eine gewisse Schönheit, reich ornamentiert mit Fleisch, Blut und Eingeweiden und in ihrer Erscheinung für menschliche Begriffe bestenfalls morbide, aber dennoch einer bizarren, sorgsam durchdachten und vollzogenen Choreographie folgend.

In einem anderen Kontext hätte man sich einen Valenar womöglich als einen geisteskranken Psychologen hinter einer Scheibe dicken Panzerglases vorgestellt, der eine Hockeymaske trug.

Zum Glück war der Schönheitssinn der übrigen Elfenstämme etwas leichter verständlich. Zwar hatten auch die Elfen aus Aerenal so ihre Eigenheiten, was ihre verehrungsvolle Liebe zu den Verstorbenen anging, doch war hier die kunstvolle Leidenschaft, mit der sie ihrer Liebe nach hingen, durchaus nachvollziehbar.
Und doch teilten sie alle eines mit denjenigen Elfen, die sich der Geschichte und Kultur der fünf Königreiche verwachsen fühlten: Die Liebe zu den sogenannten „schönen Künsten“, zur Musik und nicht zuletzt ihre feine Nase.
Auch auf Yelenath traf die Beschreibung zu. Geboren und aufgewachsen in Arcanix, hatte er dort nicht nur seinen Lebensweg als Magier erwählt, sondern auch in verschiedenen Bereichen der Künste dilettiert und es zuweilen sogar zu beachtlichem Können gebracht. Vielleicht hätte er es sogar in der einen oder anderen Disziplin zur Meisterschaft gebracht, jedoch verschlang das Studium der Magie enorm viel Zeit und Geld und erforderte stets volle Konzentration.
Dennoch entwickelte Yelenath durchaus einen Sinn für die Annehmlichkeiten des Lebens (und eine gewisse Geldgier, wobei das wohl eher an seinem Magierdasein liegen mochte), und seine Nase machte seiner Herkunft alle Ehre. Er hasste es, auf Reisen auf harten Untergründen zu schlafen und zog ein gemütliches Bett vor, sobald er nur konnte.
Den Geruch von Tieren aber empfand er als abscheulich. Daher versuchte er normalerweise, zumindest nicht in unmittelbarer Nähe von Bastonata zu Liegen zu kommen.

Dummerweise war Yelenath augenblicklich überhaupt nicht in einer Position, die ihm erlaubt hätte, über derartige Dinge zu verhandeln. Er hing nämlich gerade am ausgestreckten Arm eines gewaltigen Löwenwandlers, der ihn am Halse gegen die Kabinenwand der Wolkenschicksal drückte und darüber nachzudenken schien, ob er ihm lieber das Genick brechen oder ihm die Kehle durchbeißen wollte.

„Was machen du in meine Bett?“ grollte der Wandler.

Yelenath hätte ja gern geantwortet, aber die Pranke seines Gegenübers ließ keine Widerrede gelten, und sie entpuppte sich dabei als verdammt gutes Argument.

Aus der Ecke, in der Bastonata lag, kam ein nicht minder drohend geknurrtes „Lass ihn los.“  Außerdem drang das leise Geräusch einer Axt herüber, die vom Boden aufgehoben wurde. Einen Augenblick später näherte sich das Gesicht eines Bären dem des Löwen.

„Lass ihn los“, wiederholte Bastonata.

Lange bewegte sich nichts im Raum. Yelenath wurde in diesem Augeblick deutlich bewußt, wie furchterregend diese Werkinder aussehen konnten, wenn sie wollten. Ihmwurde langsam schwindelig. Dann plötzlich fühlte er sich mit einer Schwungvollen Bewegung vom Bett und an die gegenüberliegende Kabinenwand geschleudert.

„Berühre mein Bett noch einmal, und du tot!“

Jener Wandler trug den Namen Ehrenpreis Löwenzahn und verdiente sich einen bescheidenen Unterhalt, indem er auf der Wolkenschicksal als Schiffszimmermann Instandhaltungsarbeiten durchführte und die Fracht auf etwaige Beschädigungen hin überwachte. Die Schiffsbesatzung hatte ihm einen kleinen Verschlag zugeweisen, den er sich als Werkstatt hatte einrichten dürfen. Er hatte eine imposante, blonde Löwenmähne, die ihm in seiner normalen Gestalt als Wallendes Haar von den Schultern fiel und einen nicht minder ausgeprägten Backenbart. Außerdem hatte er eine gespaltene Oberlippe, was unaufmerksame Beobachter leicht dazu bringen mochte, ihn für einen einfachen Mann mit Hasenscharte zu halten.
Ehrenpreis Löwenzahn war das nur recht. Er hatte in seiner Vergangenheit jede Menge Entbehrungen hinnehmen müssen und wahrlich genug Einsamkeit erlebt, um sie schätzen zu lernen.

Yelenath saß In dieser Nacht in der Ecke unter dem Fenster noch lange wach. Auf dem Bett schnarchte geräuschvoll ein Halb-Werlöwe. Und die Halb-Werbärin Bastonata direkt neben ihm tat es ihm gleich. Und. Sie schliefen für seine Begriffe recht provozierend, auf jeden Fall aber entschieden zu nahe beieinander.
Für den jungen Elfenmagier aus Arcanix und seine feine Nase würde der Rest der Reise ein wahres Vergnügen werden.

Am nächsten Morgen sah man Yelenath am Bug des Luftschiffes stehen und die Nase in den Wind recken. Von Ferne hätte man meinen können, er würde gleich ausgelassen die Arme ausbreiten und sich wie der König der Welt fühlen.
Dem war natürlich nicht so.

Was Yelenath tat, war weit weniger genußvoller Natur, als es den Anschein hatte. Er versuchte nämlich verzweifelt, den Gestank nach Wildem Tier aus seinen Nasenschleimhäuten zu entfernen.
Und so stand er zwischen einigen Frachtkisten und atmete kräftig und so tief er konnte ein und aus. So lange, bis irgend etwas an sein Gehirn klopfte.

Der Magier hielt einen Augenblick inne, legte den Kopf schief und lauschte. Er hörte das gedämpfte Gemurmel in Unterhaltungen vertiefter Passagiere, den Wind und ein leises Stöhnen.
Yelenath zuckte die Achseln und machte sich bereit, mit seinen Übungen fortzufahren.
Dann runzelte er die Stirn und sah sich um. Außer ihm war niemand in unmittelbarer Nähe.

Wieder klopfte etwas, langsam und schwach, wie ein Verschütteter es tun würde, wenn ihm die Kräfte schwanden.

Der Blick des Elfen blieb an einer der Kisten hängen. Sie war knapp unter dem Deckel mit einer Anzahl etwa fingerdicker Löcher sowie einer Kennzeichnung für „oben“ versehen. Langsam ging er in die Knie und lauschte an ihr. Sein Gesicht verriet deutliche Anzeichen äußerster Konzentration.

Nichts.

Wahrscheinlich hatte die schlechte Luft in der Kabine nicht nur seinen Geruchssinn benebelt. Er löste sich ein Stück von der Kiste und schüttelte den Kopf. Elfennarr. Das hätte er sich nun wirklich...

„Hhhilfe“

Ehm.

„Hhhhhh...“

Yelenath räusperte sich. Nun, das veränderte die Lage ein wenig. Vorsichtig klopfte er gegen die Kiste.
Ganz schwach und leise klang es zurück. Aber immerhin: Es wurde geantwortet.

Langsam begannen die Gehirnzellen des Magiers, die zusammengetragenen Informationen zu einen Bild zusammenzusetzen. Kein Zweifel, da drin lebte etwas, und es war der Sprache mächtig.

Und es hatte um Hilfe gefleht.

Demnach war diese Person, denn darum musste es sich zwangsläufig handeln, nicht freiwillig in dieser Kiste...
Dem Elfen wurde schlagartig warm. Er erhob sich hastig und sah sich um. Plötzlich hatte er das deutliche Gefühl, dass er beobachtet wurde. Das veränderte die Lage abermals, und zwar deutlich zu seinem Nachteil, fand er.

Yelenath setzte sich in Bewegung und versuchte sich möglichst rasch zwischen den Kisten hindurchzumanövrieren. Dann hastete er über das Deck, um seine Gefährten zu informieren.

Eine in ein weites Reisecape und Hut gehüllte, einsame Gestalt trat aus einer dunklen Nische heraus, strich sich über ihren gezwirbelten Schnurrbart und sah ihm nach. Dann nickte sie zufrieden und zog sich in die Schatten zurück.

Als Yelenath seine Ausführungen beendet hatte, hatten alle ihre Müdigkeit gegen helle Aufregung getauscht.

„Das Problem ist, dass die besagte Kiste nicht nur jemandem hier an Bord gehört, sondern auch noch unter Beobachtung steht.“ Bastonata dachte angestrengt nach. „Also können wir sie nicht einfach aufbrechen. Denn dann haben wir wahrscheinlich Ärger am Hals.“

„Ach naja. Wäre ja nicht das erste Mal“, versetzte Q'arion trocken.

Die Barbarin ignorierte ihn. „Wir müssten die Kiste irgendwohin schaffen, wo uns keiner stören kann.“

„Aber wir gehören nicht zur Crew. Wir können nicht einfach so Zeug von A nach B schleppen, wenn es uns nicht selbst gehört!“ Yelenath stützte die Hände unter das Kinn.

„Ich machen“, ließ sich da der Löwenwandler vernehmen.

„Was?“ machten die anderen im Chor.

„Ich machen, sage ich! Ich sagen, Fracht vorn zu schwer, nehmen Kiste mit in hinteren Frachtraum. Dann wir öffnen dort.“

„Nicht schlecht“, nickte Bastonata anerkennend. „Aber wenn wir da alle reingehen, erregen wir vielleicht trotzdem Verdacht!“

„Nein“, erwiderte Ehrenpreis. „Ihr warten in meiner Werkstatt. Liegen direkt neben hinterer Frachtraum...“

„Nichts da“, rief der Magier aufbrausend. „Wenn schon, dann gucken wir alle da rein. Ist das klar?“

„Hören zu. Ich bringen Kiste da rein, ihr warten in Werkstatt und ich kommen zu euch, wenn Kiste steht. Dann wir arbeiten von Werkstatt aus!“

„Ah! Es gibt eine Tür!“ Q'arion klang, als habe er ein Sphingenrätsel gelöst.

Yelenath und Bastonata sahen sich an. Der Elf zuckte die Achseln und seufzte.

„Nein“, sagte Ehrenpreis.

„Wie, nein?“ Drei verständnislose Gesichter sahen ihn an.

Löwenzahn grinste – sofern man das breite Blecken zweier imposanter Zahnreihen als Grinsen bezeichnen konnte. „Werkstatt nix Tür. Gehen anders. Lassen überraschen!“

Der Schiffszimmermann ging zum Bug und sah sich verschiedene Frachtgüter an. Dann nahm er einen Holzkasten, der oben mit einigen Löchern versehen war, hoch und bewegte sich mit ihm über das Deck in Richtung nach hinten, als ihm  plötzlich jemand im Weg stand.

„Je nun, was haben wir denn vor, werter Herr Löwenzahn?"

Natürlich, Es mußte immer ausgerechnet in solchen Augenblicken ein Offizier an Deck kommen. Der Wandler stellte die Kiste kurz ab, um in das Gesicht seines Gegenübers blicken zu können. „Umladen, Herr. Fracht vorn zu schwer, müssen umverteilen.“

„Ah-ha!“ mache der Herr faltete die Hände auf den Rücken und wippte auf Fußballen und -Fersen auf und nieder.

In der Werkstatt, die sich ebenfalls auf Deckniveau am hinteren Teil des Mittelschiffs befand, hielten drei Beobachter den Atem an.

„Ah, je nun, machen sie man weiter. Aber husch-husch, wenn ich bitten darf!“, sagte der Offizier großväterlich und begann, seiner Wege zu gehen.

Drei Beobachter atmeten erleichtert aus, als Löwenzahn den Holzbehälter wieder aufnahm und damit im hinteren Deckfrachtraum verschwand.
Er nahm noch eine weitere Kiste und stellte sie ebenfalls nach hinten. Dann kehrte er zu den anderen in die Werkstatt zurück.

„Und jetzt?“ Yelenath sah noch immer mehr als skeptisch drein und auch Bastonata war längst nicht überzeugt.

„Warten ab“, meinte Ehrenpreis Löwenzahn nur trocken.

Q'arion entdeckte einem umhertaumelnden Schmetterling. Das kleine Insekt flatterte eine Runde zwischen den Holzbalken umher und flog dann auf das Oberdeck hinauf. Der Waldläufer sah ihm versonnen nach und fragte sich, warum sich einer nach Blumenarten nennen sollte.
Der Schmetterling flog höher und höher und flackerte kurz auf, als er in den Flammenring des Feuerelementars hineinflog.

Schade, dachte der Valenar.

Plötzlich gab es ein lautes Krachen und gleich darauf ein Poltern.
Q'arion drehte sich erschreckt um. Er staunte nicht schlecht, als er das mannsgroße Loch in der Werkstattwand entdeckte. Der Magier und die Barbarin standen ebenfalls mit offenen Mündern davor.

„Sehen? Kraft der Natur biegen Holz.“ erwähnte der Wandler beiläufig. Dann nahm er einen Haufen herumliegender Holzbretter auf, fluchte laut und herzhaft, lief hinaus und warf sie dort demonstrativ zu Boden. „Verdammtes Holz, das! Sehen her, nun sein Kiste kaputt!“

Falls irgendjemand ein Interesse gehabt hatte, was vor sich ging, war nun beruhigt.
Yelenath musste innerlich grinsen. Schau an, dachte er. Unser Zimmermann ist also Druide.

Leise traten alle drei durch das neue Loch in der Wand und gelangten so in den hinteren Deckfrachtraum. Die Kiste stand dort unverändert herum. Ehrenpreis und Bastonata schnappten sich jeder ein Stemmeisen und hebelten sie auf.

Ob sie erwartet hatten, was sie darin fanden, darüber lässt sich streiten.

Tatsache ist, dass sie eine gerade noch lebendige Gestalt entdeckten, die ohne zügige Hilfe bald gestorben wäre, wenn Der Wandlerdruide nicht sogleich einen Heilzauber auf sie gewirkt hätte. Tatsache ist aber auch, dass Yelenath ein ungläubiges Keuchen herausbrachte. Und dass Q'arion verzückt einen leisen, spitzen Schrei ausstieß und in die Hände klatschte.

Die Gestalt versuchte vorsichtig sich zu bewegen, dann setzte sie sich auf, warf einen Blick in die Runde und kratze sich am Kopf.

„Wow“, machte Spange. „Ein tierischer Flash!“

~o~

 :wink:
Anti-Psionic-Liga[/url]

Hunter

  • Mitglied
    • Savage Tide
[Eberron] Das Flüstern der Seelenklinge
« Antwort #67 am: 22. Februar 2007, 03:30:02 »
Naja geht doch!
Ich dürste nach mehr!
Stopper der Grausamen Flut, Töter des Erben des Feuers, Vernichter der Kadaverkrone und Erlöser des Fluchs des Purpurthrons.

Snief

  • Mitglied
[Eberron] Das Flüstern der Seelenklinge
« Antwort #68 am: 22. Februar 2007, 20:38:37 »
Aplaus :)
Zitat von: "Hunter"
Naja geht doch!
Ich dürste nach mehr!

schliesse mich dem an  :roll:
I don't know whether to be excited or worried. I think i will go by "Whuh??" - Roy Greenhilt

meist3rbrau

  • Mitglied
[Eberron] Das Flüstern der Seelenklinge
« Antwort #69 am: 13. März 2007, 00:53:43 »
Weiter im Text!

~o~

An der Reling der Jadezorn lehnte ein alter, hagerer Mann und betrachtete sinnierend die unter ihm und seinem Schiff dahinziehenden Wolken. Der Anblick gefiel ihm. Er hatte etwas Leichtes an sich, wie das sanfte Dahinschweben einer frisch gestorbenen Seele, die soeben entdeckt, welche Freiheiten in Zukunft auf sie warten mochten.

„Meister.“

Jäh drehte sich der Mann um. Er hasste es, in seinen philosophischen Betrachtungen gestört zu werden. „Ja, mein lieber Freund, was gibt es denn?“

Der Soldat salutierte und stand stramm. Es war ihm anzusehen, wie stolz er darauf war, dieser Einheit angehören zu dürfen. „Wir sind fast in Reichweite. Die Wolkenschicksal ist in wenigen Minuten eingeholt.“

„Sehr gut. Nun, ich nehme an, es sind alle Vorbereitungen getroffen?“

„Das sind sie, mein Meister.“

Der alte Mann nickte knapp. „Beginnen Sie, sobald sie bereit sind.“

Der Soldat salutierte und entfernte sich.

Eigentlich hätte sich der alte Mann nun wieder seinen Betrachtungen zuwenden können. Doch er spürte deutlich, dass er noch nicht allein war. Eine weitere Person war in der Zwischenzeit auf Deck gekommen.

„Kapitän Rarwog?“.

Der alte Mann schürzte die Lippen. Richtig, dachte er. Der war ja auch noch da.
Er ließ eine Pause verstreichen. „So still dahinzugleiten, als wenn es sich um einen See handeln würde. Wundervoll, nicht wahr?“ sagte er mit einem versonnenen Unterton.

„Das ist es bestimmt“, pflichtete ihm der Andere bei. „Ihr werdet sie angreifen, richtig?“

Rarwog zog eine Augenbraue hoch. Verdammt. Der Junge war nicht dumm.
„Ja“, antwortete er schließlich gemessen. „Das ist der Sinn dieser Fahrt.“

„Naja... Ich gehöre ja wohl nicht zur Mannschaft. Bin ich demnach ein Gefangener?“

„Das nicht. Tatsächlich biete ich dir an, in meinen Dienst zu treten. Du scheint ein aufgeschlossener Kerl zu sein und siehst nicht danach aus, als würdest du Rüstung und Schild deinerseits der Zierde wegen tragen, oder täusche ich mich da?“

„Wohl kaum“, kam die Antwort ein wenig zögerlich. „Habe ich denn eine Wahl?“

Kapitän Rarwog gestattete sich ein leichtes Lächeln. Tatsächlich, Der Junge war ganz und gar nicht dumm. „Nicht wirklich. Aber das hast du dir wahrscheinlich eh gedacht. Immerhin biete ich dir einen Platz in der Mannschaft nebst entsprechender Besoldung an. Also, was sagst du?“

Eine Pause entstand. Wahrlich, Rarwog konnte den Jungen gut gebrauchen. Er hatte sich bereits als äußerst zäh und verschlagen erwiesen, als sie sich das letzte Mal begegnet waren. Zum Glück ahnte der Junge davon jedoch nichts.

Schließlich nickte der und fragte: „Werde ich an dem Angriff teilnehmen?“

„Das wird sogar deine Bewährungsprobe sein!“ rief der Kapitän zufrieden aus und rieb sich die Hände. „Gut! Ich werde  dich nun deinem Trupp zuteilen.“

~o~

„Schön, ich bin überrascht!“ konstatierte Bastonata und stemmte ihre ausladenden Hände in die Hüften und legte den Kopf schief. „Kannst du mir vielleicht mal verraten, wie du da in diese Kiste kommst?“

Spange grinste schief. „Ach hallo, du bist auch da. Hab doch gleich bemerkt, dass es hier nach Bär riecht.“

Die Wandlerin fuhr auf. „Warte, du eingebildeter..!“

Ehrenpreis hielt sie zurück. „Ich vorschlagen, wir hören erst Geschichte von dem da. Den ihr ja scheinen zu kennen!“ Er zeigte auf Spange und wandte sich ihm zu. „Und du ziehen dir mal was an, oder wollen zeigen kleine Freund große Welt?“

„Was?“ rief der Wechselbalg, sah kurz an sich herunter und wurde puterrot im Gesicht. „Soll das heißen, ich habe die ganze Zeit nackt da drin gelegen?! Wenn das einer gesehen hat...“

Bastonata setzte nun ihrerseits ein höhnisches Grinsen auf. „Nein, nur wir hier. Oh, und natürlich die, die dich da hineingepackt haben, du...“ sie heftete ihren Blick ostentativ zwischen Spanges Beine, „Winzling.“ Das letzte Wort ließ sie zuckersüß von ihren Lippen fließen.

Löwenzahn hatte in der Zwischenzeit eine einfache Drillichhose und ein Schifferhemd aus einer Kiste geholt und warf es dem Dieb zu, der sich sichtlich beeilte, hineinzuschlüpfen.

Bastonata ließ es sich dennoch nicht nehmen, schnippisch mittels Daumen und Zeigefinger ihren Eindruck von Spanges intimer Größe zu verdeutlichen. Der bis zerknirscht die Zähne zusammen.

„Und jetzt erzähl“, verlangten die Abenteurer.
Der Schurke nickte.

~o~

Ihn hatte der Tod erwartet. Tatsächlich konnte sich Spange nur noch daran erinnern, dass sich irgendwann seine Lungen unaufhaltsam mit Wasser gefüllt hatten, während er von dem Sahuagin verschleppt wurde.

Doch irgendwie wachte er irgendwann völlig unterkühlt und gefesselt wieder auf. Er lag in der Ecke eines Raumes auf Sandboden und litt höllische Schmerzen, während vier menschliche Gestalten in der Nähe an einem kleinen Feuer darüber diskutierten, was sie mit ihrem ihrer Meinung nach überflüssigen Gefangenen anfangen sollten und wie sie seine Habseligkeiten unter sich aufteilen konnten. Offenbar arbeiteten diese Leute mit den Sahuaginräubern zusammen, die regelmäßig Trolanhafen heimsuchten, denn  mehrfach hörte Spange Sätze heraus wie: „Und ich sage, sollen die Fischmenschen den Kerl behalten! Er wird ihnen sicher schmecken!“

Es dauerte nicht besonders lange, bis er sich aus seiner Fesselung befreit hatte und zu seinem Glück hielten es die Strandpiraten offenbar nicht für nötig, ihn zu bewachen. Das verschaffte ihm die Möglichkeit zur Flucht.

Zufälligerweise lag das Versteck der Räuber genau im Sockel jenes Andockturmes des Hauses Lyrandar, an dem später an besagtem Abend auch Lucan und die restlichen Gefährten ankommen würden. Spange fand seine Ausrüstung in einem Nebenraum, und nachdem er sich wieder eingekleidet hatte, stahl er sich sich schnurstracks nach draußen.

Der Strand lag einsam und verlassen im Schein der beiden Monde Eberrons. Der Dieb hielt sich so nahe er konnte an der Mauer des gewaltigen Turmsockels und pirschte sorgsam auf Geräusche lauschend voran. Und tatsächlich erspähte er bald einen einzelnen Sahuagin, der offenbar damit beschäftigt war, seine erbeutete Mahlzeit zu verschlingen.

In Spange wuchs eine unbändige Wut, als er erkannte, dass der Kopf, den der Fischmensch gerade austrank, sicherlich weder Fisch noch Tier war, sondern, dass es genausogut auch er selbst hätte sein können, dessen Schädelinhalt soeben verzehrt wurde.

Spange entschloss sich, es diesem Drecksviech heimzuzahlen.
Und genau da fand sein Glück ein jähes Ende.
Das Monster bemerkte ihn zu früh.

Vielleicht hätte der Dieb seinen Gegner niedergestreckt, wenn er nah genug herangekommen wäre, um seinen gefürchteten hinterhältigen Angriff durchführen zu können. Vielleicht hätte auch ein direkter Zweikampf noch den Sieg gebracht. Doch der Sahuagin holte aus und landete sofort einen totalen Volltreffer, der den ohnehin noch geschwächten Wechselbalg mit einem Streich zu Boden schickte.

Toll, dachte Spange, während sich die Silhouette seines Gegners über ihm sich gegen die Schwärze der Nacht abzeichnend aufbaute. Nun würde auch er im Magen eines Fischmenschen enden.

Doch auch dazu sollte es schlussendlich nicht kommen, denn das Letzte, was er mitbekam war, wie eine zweite, diesmal menschliche Gestalt auftauchte, die leise und eindringlich auf den Sahuagin einsprach und ihm sagte: „Lass nur. Mit dem machen wir ein bisschen Geld. Den verkaufen wir in Rhukaan Draal auf dem Blutmarkt.“

Dann sank erneut tiefe Dunkelheit hernieder.

~o~

„Tja, das ist die Geschichte“, schloss Spange achselzuckend. „Und jetzt ist meine Ausrüstung weg, und Geld habe ich auch keins mehr.“

Bastonata dachte einen Augenblick nach, dann kramte sie aus ihrem Rucksack ein Kurzschwert hervor. „Hier. Damit du dich nicht so... nackt fühlst.“ flötete sie.

Q'arion warf ihm sein altes Kettenhemd zu. „War mir eh immer zu schwer, das Ding.“

Spange verzog das Gesicht und sah betreten zu Boden. „Danke“, brachte er  hervor. Doch plötzlich hob er den Kopf und sah sich um. „Wo ist eigentlich dieser Wicht von einem Kleriker?“

Diesmal war es an den anderen, betreten dreinzublicken.

„Ich fürchte, wir haben ihn verloren.“ sagte Yelenath nach kurzem Zögern. „Er ist in Trolanhafen von der Landeplattform gefallen, als uns einige verrückt gewordene Hafenarbeiter angegriffen haben. Und wenn er keinen Federfallzauber dabei hatte, kann er den Sturz unmöglich überlebt haben.“

„Yelenath denkt, dass die Arbeiter von unserem speziellen Freund kontrolliert wurden.“ fügte Bastonata hinzu.

„Oh.“ der Dieb wusste nicht so recht, was er dazu sagen sollte. „Äh.“ sagte er schließlich. Und fügte dann hinzu: „Naja. Was musste er auch ausgerechnet mein Pferd nehmen.“

„Vielleicht wäre er so noch am Leben.“ nickte Q'arion zustimmend, während er schon wieder in das Spiel der Wolken in der untergehenden Sonne vertieft war. „Seht mal“ rief er plötzlich, „das Luftschiff da hinter uns sieht genau so aus wie unseres! Ups, was ist das?“ fügte er überrascht hinzu, als ein Schatten direkt vor seiner Nase her zischte.

„Was war denn?“ wollte Bastonata wissen.
Ihre Frage wurde durch einen Hagel von Armbrustbolzen beantwortet, der in diesem Augenblick auf das Deck niederging. „Verstehe.“ zischte sie und zog ihre Streitaxt aus dem Gürtel. „Freunde, es gibt Arbeit!“

Der Angriff kam von allen Seiten gleichzeitig. Plötzlich schossen zwei kleine Luftboote über die Wolkenschicksal hinweg. Jedes war mit mehreren Armbrustschützen besetzt, die nun begannen, das Deck des Luftschiffes permanent mit Bolzen zu beharken.
Passagiere wie Besatzungsmitglieder waren davon gleichermaßen betroffen und bereits bei der ersten Welle stürzten mehrere von ihnen getroffen zu Boden, während sie noch versuchten, irgendwo Deckung zu finden.

Yelenath umgab sich mit einer magischen Rüstung, während Bastonata und Ehrenpreis ihre Tierahnen ins sich weckten und sich wandelten. Beide duckten sich hinter ein paar Frachtkisten und versuchten, möglichst günstige Verteidigungspositionen auszumachen.
Q'arion betrachtete noch einen Augenblick das sie verfolgende Luftschiff, dass nun alle Ladeluken geöffnet hatte und weitere Jollen in die Luft entließ. „Da kommen noch mehr“, sagte er mehr zu sich selbst, als zu den anderen.
Und es ergriff ihn jene tiefe Ruhe, die stets dann kam, wenn es einen aussichtslosen Kampf zu kämpfen galt. Er wählte einen Pfeil und legte ihn auf.
Der Tod kam.
Und das war gut so.

Das Oberdeck war nun wie leergefegt. Nur noch einige Besatzungsmitglieder sowie die Abenteurer nebst Ehrenpreis Löwenzahn waren geblieben und erwiderten das Feuer, als plötzlich ein dumpf und durchdringend schwirrender Laut erscholl, und gleich darauf noch einer. „Geschützfeuer!“ informierte Löwenzahn laut rufend, „Das sind unsere Bordwaffen!“

Bastonata wagte einen Blick nach hinten und erblickte den Valenar, der seelenruhig am Heck stand und einen Pfeil nach dem anderen gegen die Angreifer feuerte. In diesem Augenblick konnte sie nicht anders, als diesen verrückt gewordenen Elf zu bewundern, dem das Wort „Furcht“ offenbar völlig fremd war, und der mit dieser spielerischen Leichtigkeit jedem Pfeil mit sparsamen, sich nur auf das Allernötigste beschränkenden Bewegungen auswich.

Neben Yelenath schlug ein kleiner, vierarmiger Handanker ein, rutschte über das Deck und hakte sich in der Reling fest, während er Magier erschrocken zur Seite sprang. Das Seil, an dem der Anker befestigt war, straffte sich über das Schwebeholzgeländer irgendwohin, und plötzlich sahen sich die Barbarin, Ehrenpreis, Yelenath und Spange fünf finsteren Gestalten in einer Jolle gegenüber, denen das andere Ende des Ankerseils gehörte. Sofort machten die sich daran, die Wolkenschicksal zu entern. Sie waren in nahezu schwarze Lederwämse und ebenso geschwärzte Kettenhemden gekleidet. Darüber trugen sie dunkelgrüne Umhänge.

Der Schurke wurde blass, als er die kleine Klammer erblickte, die den Umhang seines Gegenübers zusammenhielt.. Das Symbol, das sie darstellte, hatte er schon einmal gesehen, damals im Rotbruch. Es war wie eine vertrocknete Hand geformt, die einen kleinen grünen Edelstein umklammerte.
Seine Stimme überschlug sich fast, sein Mund wie von selbst jenes Wort hinaus schrie, dessen Klang selbst einem das Blut in den Adern gefrieren lassen konnte: „Smaragdklaue!“

Dreißig Sekunden später hatten vier kleine Boote an der Wolkenschicksal festgemacht und spien Luftpiraten aus, die ohne zu zögern begannen, jeden dahinzumetzeln, der sich ihnen in den Weg stellte. Unterstützt wurden sie dabei von einem fünften Boot, das das Lyrandar-Schiff umkreiste und immer wieder Bolzen niederregnen ließ, und binnen kurzem hatte die Smaragdklaue die Oberhand über das Deck.

Q'arion bewegte sich wie in Trance. Geradezu spielerisch tauchte er unter einem Hieb hinweg und bewegte seine Klingen mit einem beinahe zärtlichen Streich durch die Oberschenkel des Kriegers. Obwohl er wusste, das bereits diese Verletzung seinen Gegner kampfunfähig machen würde, führte er seine Bewegung fort, nahm beide Schwerter in den Unterhandgriff, stieß aus der Drehung heraus mit beiden nacheinander nach hinten zu und ließ zuerst das eine, und schließlich auch das andere tief in dessen Körper eindringen. Es war ein Augenblick tiefer Reinheit mit sich und seinem Erbe, als er sich auf die Knie fallen ließ, so dass sich die Schwerter im Körper des Feindes noch einmal umdrehen konnten. Erst dann zog er sie heraus und spürte einen Augenaufschlag lang das warme, samtene Gefühl eines dicken Strahls von Blut, der ihn durchtränkte, während die Smaragdklaue hinter ihm tot zusammenbrach.

Bastonata und Ehrenpreis hatten es irgendwie geschafft, sich bis hier zum Hauptzugang zum Inneren zurückzuziehen, während die Angreifer immer näher kamen. Immer wieder mussten sie kleinere Vorstöße zurückschlagen, die die Verteidiger aus ihrer Position locken sollten, doch hier waren wie wenigstens vor den Bolzen sicher. Und dennoch: Angriff um Angriff schlug Wunde um Wunde, und es war klar, dass die Gegenwehr erlahmen würde. Es war nur eine Frage der Zeit.

Die Halbwerbärin packte ihre Axt ein wenig fester. Nun gut, dachte sie grimmig. Dann würden sie eben ihre Haut so teuer wie möglich verkaufen.

Da kam Spange kreuz und quer über das Deck gesprungen. Immer noch arg geschwächt von seiner Gefangenschaft versuchte er so gut es ging, den Bolzen und Hieben der Streitflegel auszuweichen.
Er sollte nicht weit kommen.
Plötzlich steckten zwei Schäfte in seinem Körper und er brach leblos zusammen, während einer der Krieger sich über ihm aufbaute, um ihm mit seinem Flegel den Schädel zu zertrümmern.

Bastonata brüllte vor Zorn auf. Alles in ihr brüllte auf, Urväter und Mütter, Generation um Generation. Und dann war es, als würde sie sich in einen Schemen verwandeln, als sie sich bewegte. Sie schnellte mit einem Satz nach vorn, während sich die Zeit um sie herum zu verlangsamen schien. Nichts schien mehr wichtig. Und sie brauchte nicht einmal etwas dafür zu tun. Es geschah einfach.

Als der Krieger seine Abwärtsbewegung begann, wusste sie, dass sie zu spät kommen würde. Sie würde Spange nicht retten können.

Doch irgendetwas war nicht richtig. Die Bewegungen dieser Smaragdklaue wirkten plötzlich seltsam fahrig und unkoordiniert. Fassungslos wurde Bastonata langsamer. Tatsächlich sah sie seine Augen sich plötzlich ungläubig weiten.

Plötzlich explodierte sein Rücken. Es sah aus, wie ein kleines, funkenstiebendes, blaues Feuerwerk. Der Kämpfer wurde nach vorn geworfen, stolperte über den bewusstlosen Spange und blieb reglos liegen. Kleine, blaue Flammen züngelten an verkohltem Fleisch um einen einzelnen, rotgefiederten Bolzen herum, während die Welt begann, sich wieder normal weiterzudrehen.

Bastonata sah auf den Krieger und dann in die Richtung, aus der er gekommen war.
Und dann blieb ihr der Mund offen stehen.

Der Bolzen war von einer Armbrust gekommen, deren Träger noch immer auf einem der Enterboote stand. Er trug die Kleidung der Smaragdklaue, war aber klein und zierlich gebaut. Und sie kannte ihn. Er war Kleriker der Vol und ein Gnom.

Und er hieß Ätzelbert Adalmar Alfenfetzer.

~o~

Kapitän Rarwog beobachtete den Kampf von der Jadezorn aus durch das Fernrohr, das seinem Vorgänger gehört hatte, und der jetzt irgendwo tot in den Baumwipfeln des Königswaldes in Breland hing. Doch was er sah, gefiel ihm nicht. Er hätte es wissen müssen. Sein Neuzugang hatte anscheinend noch nichts über die Regeln der Loyalität gelernt und über das, was einem blühte, wenn man gegen sie verstieß. Er beschloss, es ihm bei Gelegenheit beizubringen.

Der Verrat des kleinen Gnomes machte die Situation allerdings ein wenig komplizierter, denn er hatte es geschafft, den Mut der Besatzung der Wolkenschicksal neu anzufachen. Und dennoch. Die Übermacht und Kampferfahrung seiner Leute würden den Sieg in dieser Schlacht bringen, auch wenn die Verteidiger verbissen und mit dem Mut der Verzweiflung kämpften. Rarwog war es nur recht. So würde es mehr Tote geben. Opfer für die Göttin des Blutes.

Wieder fiel sein Blick durch das Fernglas auf den kleinen Kleriker. Und als der seine Arme hob, um ihrer beider Göttin Kraft anzurufen, richtete er sich gespannt auf. Ätzelbert zeigte mit dem Finger in eine Richtung und schien die empfangenen Kräfte fließen zu lassen.

Und plötzlich wallte ohnmächtiger Zorn in Rarwog auf. Kleine graue Schatten huschten über sein Gesicht, das sich einen Augenblick lang ständig zu verändern schien. Das da, dachte er, wurde gerade zu einem Fiasko.

Denn auf Ätzelberts Zauber hin hatte sich auf dem Beiboot, das die Wolkenschicksal umkreiste und deren Deck mit Armbrustbolzen eindeckte, eine Schreckenshyäne materialisiert, die nun den Steuermann der Jolle angriff. Rarwog konnte nur noch zusehen, wie das kleine Boot nun unkontrolliert zu schlingern begann und schließlich über den Bug nach vorn abkippte, eine Drehung vollführte und plötzlich der Jadezorn bedrohlich nahe kam.
Der Pirat konnte seine Leute sogar entsetzt schreien hören, während die Jolle wild umhertaumelnd unter seinem Luftschiff im Dunkeln verschwand und nur ein entferntes Krachen darauf hinwies, dass es auch nicht wieder auftauchen würde. Wütend schüttelte Rarwog die Faust nach dem Gnom, doch es gab nichts, was er von hier aus tun konnte.

Oder doch...

„Beschleunigen und auf Kollisionskurs gehen“, knurrte er den Steuermann an, der völlig verängstigt sofort gehorchte. In Rarwogs Augen blitzte es boshaft, während er hasserfüllt und von kaum zu beherrschender Wut gepackt, der Wolkenschicksal hinterher stierte.

~o~

Q'arion sah es als erster. „Sie werden uns rammen“, sagte er gleichmütig, als wolle er sagen, dass es gleich Regen gäbe.

Und plötzlich schien niemand mehr an Deck so richtig kämpfen zu wollen. Alle schauten gebannt nach hinten, wo sich plötzlich ein heruntergekommenes Ebenbild des stolzen Lyrandar-Luftschiffes aufbaute, das sich aus dieser unmittelbaren Nähe plötzlich gewaltig ausnahm. Für einen Augenblick war nur ein an- und abschwellendes Fauchen zu hören, ausgehend von dem Feuerelementar der Wolkenschicksal und dem Luftelementar der Jadezorn, die beide ein unheimliches Flackerlicht am Nachthimmel erzeugten.

Es ist bekannt, dass in solchen Situationen immer eine dramatische Pause zu entstehen pflegt. Eine Pause, in der alle Bewegung zu einer Art Stillstand kommt und eine große Stille alle umgibt, die - wenn überhaupt - nur kurz durch das heisere Krähen eines fernen Bussards durchbrochen wird.
In diesem Fall war da kein heiseres Krähen. Kein Laut, der die große Stille durchbrach.

Dann kollidierten die Schiffe.

Der Ruck war so gewaltig, dass praktisch niemand, der sich nicht irgendwo festhalten konnte, von den Füßen gerissen wurde. Bereits dieser erste Schlag reichte aus, um mehrere arme Teufel über Bord in die Tiefe zu schicken. Ladungsteile kamen ins Rutschen und fegten wie Geschosse über das Deck, wobei sie weitere Leute umrissen und am nächstbesten Widerstand zerquetschten. Alles flog durcheinander, während sich die beiden gigantischen Rümpfe ineinander verkeilten. Die Vorrichtungen, die die Elementare unter Kontrolle halten sollten, barsten unter dem immensen Druck und entließen die an sie gebundenen Kreaturen aus ihrer Gefangenschaft, wobei sie selbst Feuer fingen, das sich nun rasch auszubreiten begann. Und schließlich neigte sich alles in eine schwere Schlagseite und begann die tödliche Fahrt nach unten, dem Boden entgegen.

„Die Beiboote“ schrie Ätzelbert und versuchte das ihm nächstgelegene zu erreichen, dicht gefolgt von Spange und Yelenath. Bastonata  hingegen war ein ganzes Stück in Richtung Bug geschleudert worden und hatte sich gerade noch rechtzeitig an einer sich aufbiegenden Planke festhalten können. Kurz registrierte sie, dass dort, wo sie sich eben noch befunden hatte, nun der Bugspriet des anderen Luftschiffes durch das Deck gebrochen kam, an mehreren Stellen grotesk beklebt von den Leichen soeben zerquetschter Passagiere.

Mühsam rappelte sie sich auf und schaute sich hastig um. Es waren doch mehrere Boote gewesen! Sie begann, so schnell es ging, wenigstens eines von ihnen zu finden. Tatsächlich! Gleich dort drüben hing noch eines an der Reling! Sie konnte es schaffen, sie brauchte nur ein wenig Glück! Der stärker werdende Fahrtwind zerrte an ihr, während sie sich vorwärts kämpfte und mehrmals wurde sie wieder umgeworfen, wenn wieder ein Zittern durch das abstürzende Wrack ging.

Plötzlich registrierte sie aus dem Augenwinkel eine Bewegung. Und als sie aufsah, stand plötzlich der Vampir vor ihr und zwinkerte ihr zu.
Ihr rutschte das Herz in die Hose.
Alleine würde sie nicht den Hauch einer Chance haben.

Lucan sah sie eine Sekunde lang an, und diese eine Sekunde wurde zu einer Ewigkeit. Schließlich sagte er: „Nicht heute, meine Liebe. Aber irgendwann wird es soweit sein. Verlass dich drauf!“
Und dann sprang er einfach so ab und verschwand in der Dunkelheit.

Bastonata kämpfte sich weiter voran. Schließlich war sie nur noch Zentimeter von der Reling und vom Beiboot entfernt, als die Neigung des Schiffe plötzlich zunahm und sie den Halt zu verlieren begann. Verzweifelt tastete sie nach einem Halt, und sei es nur ein kleiner Spalt im Holz, um ihre Krallen hineinzuschlagen. Wieder und wieder fuhren ihre Finger über das Holz. Doch es half nichts. Langsam aber sicher begann sie an Halt zu verlieren. Panik überkam sie. Bitte, dachte sie, bitte nicht!

Ein Laut drang an ihre Ohren, als käme er aus weiter Ferne. Ihre Ahnen! Sie mussten es sein! Sie  riefen sie! Bastonata, riefen sie. Nimm verdammt nochmal meine Hand!

Verwirrt sah sie auf. „Zum Henker, mach schon! NIMM ENDLICH MEINE HAND!“ Q'arions Stimme überschlug sich, als er sie aus Leibeskräften anschrie. Und endlich verstand sie. Sie ergriff die Hand im letzten Augenblick, gerade als auch das letzte bisschen Halt verloren ging.

Niemals im Leben vor- oder nachher sollte sie je einem Valenar-Elf so dankbar sein wie jetzt, als sie das Halteseil kappte und das Boot mit dem Fuß abstieß.

Nur Sekunden später war der Boden heran.

Die Luftjollen flogen in weiten Schleifen davon und krachten in einiger Entfernung in den Wald.

Der unmittelbar darauf folgende Krach war ohrenbetäubend, als sich die beiden Wracks in den Boden eingruben und ihn halb umpflügten, während entwurzelte Bäume davonflogen. Durch den Aufprall verloren sie nun auch noch das letzte Bisschen Kontinuität und schoben sich gänzlich ineinander, wobei sie eine breite Schneise der Verwüstung zurückließen. Doch schließlich kam der ganze Haufen magischen Holzes zum Stehen.

~o~

Ähm ja. Anmerkung: Irgendwann hatte ich einfach keine Lust mehr, die Schiffsnamen als italics zu kennzeichnen...  :P
Anti-Psionic-Liga[/url]

Nathan Grey

  • Mitglied
[Eberron] Das Flüstern der Seelenklinge
« Antwort #70 am: 03. April 2007, 12:19:34 »
Also, das man immer nörgeln muss, damit hier mal was passiert. Bitte weiter machen.

meist3rbrau

  • Mitglied
[Eberron] Das Flüstern der Seelenklinge
« Antwort #71 am: 03. April 2007, 22:32:04 »
Ich geb mir ja schon Mühe, Mann!  :P
Tja, Beruf, Familie und was es sonst noch gibt. Der Tag hat nun mal nicht mehr als 24 Stunden :D
Keine Sorge, die Story-Hour wird zu Ende gebracht. Das ist so etwas wie ein Versprechen. :wink:
Anti-Psionic-Liga[/url]

Rurik Ungart

  • Gast
[Eberron] Das Flüstern der Seelenklinge
« Antwort #72 am: 12. April 2007, 20:50:30 »
Ich will das auch so leiten!!!! :o  :)

meist3rbrau

  • Mitglied
[Eberron] Das Flüstern der Seelenklinge
« Antwort #73 am: 17. April 2007, 22:09:18 »
So. Zeit für ein neues Update. Tadaa! Neues Kapitel!
Have fun! :D

~o~

Der Wachmann stützte sich gelangweilt auf den Mauersims und stierte in der Ferne den Silberstreif an, der sich am Horizont gebildet hatte. Wieder so ein Dienst, den man genauso gut auch unten in den Kasernen bei einer guten Partie Treff Elf und dem ein oder anderen Bierchen hätte verbringen können. Hier auf der breländischen Seite tat sich nämlich nie etwas. Er besetzte diesen Posten nun schon seit Jahren, und beinahe ebenso lang haßte er ihn.

Da hatten es die Jungs auf der anderen Seite schon besser. Immerhin sorgten dort die Marguul ab und an für ein wenig Abwechslung, und sei es auch nur, um zu demonstrieren, daß es sie noch gab. Nicht, daß sie je eine ernstzunehmende Gefahr für die Tore dargestellt hätten. Zumindest nicht, solange es die Wache gab, die ihnen ein paar Kübel heißen Pechs auf ihre kleinen Goblinglatzen kippen konnte.

Hier aber war es stets sterbenslangweilig. Daran änderten auch die paar besoffenen Randalierer nichts, die die Tavernen im nahen Bahnhofsviertel bevölkerten, wenn gerade die Blitzbahn hier halt machte. Was solls, dachte der Wachmann. Das pralle Leben war hier eben nicht zu erwarten. Immerhin war Strengtor kein Touristennest, das vor Vergnügungen nur so strotzte. Strengtor war genau genommen eigentlich überhaupt kein Nest. Strengtor war eine Festung. Gebaut, um den Überfällen der Goblins aus Darguun Einhalt zu gebieten.
Aber das spielte sich auf der anderen Seite ab.

Müde wischte sich der Posten über das Gesicht. Dann noch einmal, wobei er diesmal seufzend einen Augenblick mit den Händen vor dem Gesicht verharrte.
Als er die Hände wieder herunter nahm, nahm sein Bewußtsein den glühenden Schweif, der sich in der Ferne aus einer Wolke heraus schnell dem Boden näherte, eher am Rande wahr.

Den hellglühenden Ball, den der Schweif verursachte, als er den Boden berührte, registrierte er dafür um so deutlicher. Und als Sekunden später ein dumpfes Donnergrollen über die Festung hinwegwehte, rannte der Wächter zum Turm, warf sich in die Seile und läutete Alarm.

~o~

„Seht mal, wir bekommen Besuch“, lenkte Q'arion die Aufmerksamkeit seiner Gefährten auf den Reitertrupp, der sich ihnen von der Stadt her näherte.

„Schon wieder Feinde? Ich kann bald nicht mehr!“ beschwerte sich Spange.

„Nein, keine Feinde. Das sind Breländische Soldaten.“ Ätzelbert grinste schief. „Möchte wetten, daß die unser kleines Feuerwerk gesehen haben.“

In der Tat verlangsamten die Reiter ihren Ritt, als sie die Überlebenden der Katastrophe erreichten und versuchten, sich einen Überblick über die Situation zu verschaffen. Sie stellten Fragen über das Geschehene und erkundigten sich nach Verletzungen oder schlimmeren, und oft genug mußten die beiden mitgebrachten Priester der Heerschar ihre Heilkräfte walten lassen.

Schließlich erreichten die Abenteurer die berühmte Festung Strengtor, stockten in der örtlichen Enklave des Hauses Kundarak mithilfe ihres königlichen Kreditbriefes ihre Finanzen auf und brüteten darüber, wie der entflohene Agent wohl noch zu stellen sei.
„Was kann er denn schon tun?“ versetzte Ätzelbert,  „Tagsüber kann er nicht reisen, ohne sich vor dem Tageslicht zu schützen. Also kann er nicht weit sein, denn außer Strengtor gibt es hier nichts, das so kurz vor Tagesanbruch noch ungeschützt zu erreichen gewesen wäre, oder?“

„Und du vermutest genau was?“ gab Bastonata gereizt zurück.

„Das weiß ich auch nicht“, mußte der Gnom zugeben. Mittlerweile war er aufgestanden und lief im Raum auf und ab. „Aber die Blitzbahn ist von hier aus das einzige Mittel, um schnell nach Starilaskur zu gelangen. Wir sollten auf jeden Fall den Bahnhof im Auge behalten.“

Yelenath nickte und musterte einen nach dem Anderen. „So wie wir aussehen, könnten wir aber sicherlich eine gute Mütze Erholung brauchen. Einen Zauber kriege ich heute jedenfalls nicht mehr hin, und wenn ich mir Spange so anschaue, sollte er sich wohl eher mal einer Heilung unterziehen und danach erst einmal ein paar Stunden schlafen. In unserem derzeitigen Zustand haben wir jedenfalls keine Chance.“

„Zumindest nicht mit magischen Mitteln“ nickte der Kleriker.

„Hm. Dann sollten wir zusehen, einen guten Heiler zu finden. Die Bezahlung sollte ja an sich kein Problem sein. Und dann müssen wir eben ohne Zaubern auskommen.“

„Und ich beobachte den Bahnhof selbst, ich habe ja netterweise nicht so viel abbekommen.“

„Erstaunlich, nicht wahr? Warst du nicht mit der Smaragdklaue unterwegs?“ Yelenath sah ihn herausfordernd an.

Ätzelbert funkelte böse zurück. „Vorsichtig, Bürschchen!“

„Gut, von mir aus.“ schloß die Barbarin. „Aber Yelenath hat recht. Bevor wir losziehen,  wirst du uns mal verraten, wieso du erstens den Sturz überleben konntest, und was du zweitens mit der Smaragdklaue zu schaffen hast.“

Für einen Augenblick herrschte Stille im Raum.
Dann seufzte Ätzelbert resigniert und setzte sich wieder.

„Ich schätze“, begann er, „ das liegt zu gleichen Teilen an meinem gnomischen Glück wie an meinem gnomischen Geschick. Eigentlich“, sein Gesicht hellte sich auf, „sollte ich mal eine Ballade darüber verfassen. Ich habe sogar schon einige Strophen fertig. Wollt ihr sie hören?"

Yelenath verdrehte die Augen. Es war ja so was von klar gewesen.
„Nein“, sagte er.

„Nein“ sagten auch Bastonata und Spange.
Die kleine Pause, die daraufhin entstand, wirkte, als ob noch irgendetwas fehlte.

Eigentlich hätte Q'arion die Ballade gern gehört.

Schließlich sagte der Kleriker: „Federfall. Es war ein Federfallzauber, der mir das Leben gerettet hat.“

„Ach. Und wo kam der her?“ wollte Yelenath wissen.

„Tja, das war der Kapitän der Jadezorn. Er hat ihn auf mich gewirkt, als ich vom Landesteg fiel.“

„Jadezorn?“ warf Bastonata ein.

„Das Luftschiff, das euch verfolgt hat. Dieser Kapitän Rarwog war schon seit Trolanhafen hinter der Wolkenschicksal her. Schätze, es war mein Glück, daß er bereits so nahe war, daß der Zauber mich erreichen konnte. Eigentlich wollte er mich als Geisel nehmen, foltern und so weiter, aber dank meines außerordentlichen Verhandlungsgeschickes konnte ich ihn bald von meinem Wert für ihn überzeugen und so nahm er mich mit. Er hat mich sogar in seine Mannschaft aufgenommen, stellt euch vor! Nun, schließlich übertrug er mir das Kommando über eines seiner Beiboote, als der Überfall begann, was mir wiederum die Gelegenheit verschaffte, seinen Angriff ein wenig zu unterwandern. Ich möchte behaupten, daß der glückliche Ausgang dieser Episode zu einem Großteil von mir...“

„Jaja, schon gut.“ Bastonata hatte genug. „Der Glückliche Ausgang hat zwei Luftschiffe zerstört und Tote und verletzte gefordert, wenn ich dich daran erinnern darf?“

„Oh.“ Ätzelbert zuckte die Achseln. „Nun, Kollateralschaden, schätze ich.“

„Kollateral...“ Yelenath blieb der Mund glatt offen stehen. Er glaubte sich verhört zu haben.

Bastonata blinzelte und überschlug schnell ein paar Angriffstaktiken auf den kleinen Gnom und blinzelte noch einmal.
Dann sagte sie: „Ich gehe jetzt schlafen. Morgen sehen wir weiter.“

~o~

Einsam und verlassen lag der Bahnhof von Strengtor da. Nicht eine Seele war zu sehen. Nur vereinzelt durchbrach das heisere Krächzen einer Krähe die Stille. Bodennebel waberte träge um das Gebäude herum und verwandelte das Gelände im fahlen Licht der untergehenden zwei Monde in eine Geisterlandschaft.

Passend, fand Ätzelbert. Er lag bäuchlings in einem Busch in einem zwischen Neugier und furchtsamen Respekt sorgsam abgewogenen Abstand zum Haupttor in das Gebäude und hatte schon vor längerem den Eindruck bekommen, daß einem Vampire absichtlich nur zwischen Sonnenunter- und Aufgang zu begegnen schienen. Als ob irgendeine mystische Gottheit, die noch über den Göttern Eberrons stand, einem speziell diese Untoten in einer Art kosmischen Spiel gleichsam vor die Nase zu setzen.

Ärgerlich wischte der Gnom den Gedanken beiseite.

Erstens war es nur logisch, daß Vampire vor allem Nachts auftauchten, Tagsüber waren sie schließlich so gut wie wehrlos. Und zweitens war er nicht hier, um sich in metaphysische Betrachtungen zu ergehen. Bald würde es hell werden. Und wenn Lucan am Bahnhof aufzutauchen gedachte, dann bald. Eine andere Chance gab es ohnehin nicht mehr. Entweder er tauchte auf oder er war ihnen ein für alle Mal entkommen.
Alles oder nichts.

Die Gestalt eines Mannes überquerte zügig, aber ohne Hast den kleinen Platz vor dem Bahnhofstor. Er trug ein weites Cape mit hohem Kragen und einen Zylinder, so daß es Ätzelbert unmöglich war, zu erkennen, ob es der Gesuchte war oder nicht.
Der Mann klopfte vernehmlich am Tor und wartete.

Als klar wurde, daß niemand öffnen würde, begann er nachdrücklich und ohne weitere Unterbrechung zu klopfen, und zwar so lange, bis Ätzelbert auf der anderen Seite jemanden nicht gerade unterdrückt fluchen hören konnte. Dann wurde eine Sichtklappe in der Tür wahrscheinlich kräftiger als notwendig gewesen wäre aufgeschoben und eine Stimme sagte barsch: „Einlass in einer halben Stun...“

Die Stimme verstummte jäh, als der Mann sich leicht nach vorn beugte, um zu seinem Gegenüber auf der Anderen Seite des Sehschlitzes auf Augenhöhe zu sprechen.
„Ihr werdet das Tor öffnen und mich hereinlassen.“

Die Stimme klang sonor und völlig ruhig. Und kalt wie ein halbes Schwein in einem magiegeschaffenen Kühlfaß voll Eis.

Als keine Sekunde, nachdem der Satz gesprochen wurde, sich das Tor öffnete und der Mann hineinschlüpfte, war auch der letzte Zweifel endgültig ausgeräumt.
Ätzelbert mußte die anderen finden.
Und zwar schnell.

~o~

Lucan Stellos nahm sich einen Augenblick Zeit, die Blitzbahn zu betrachten. Ein Wunderwerk der Magieschmiedekunst, das mußte er unumwunden zugeben. Es würde eine gemütliche Reise werden
.
Nunja, wenn man von den schwindeligen Söldnern seines ehemaligen Mentors und Freundes Viorr Maleak absah. Der alte Mann mußte wahrlich verzweifelt sein, daß er irgendwelche dahergelaufenen Abenteurer anheuerte, weil er seinen eigenen Leuten nicht mehr vertraute.

Kein Wunder. Immerhin war er gründlich beschissen worden. Von einem seiner eigenen Leute. Von seiner inoffiziellen rechten Hand, um genau zu sein.

Schon komisch. Sein alter Freund tat ihm Leid, so sehr, daß er sich oft genug wünschte, er könne die große Uhr zurückdrehen und den Verrat ungeschehen machen. Doch Caldera, dieses süße, verruchte und ebenso hochgefährliche wie grausame Weibsbild von einer Untoten hatte ihm mit ihrem Biss (ihm lief jedesmal das von allen Göttern verdammte Wasser im Munde zusammen, wenn er sich daran erinnerte) eine völlig neue und unglaublich faszinierende Welt eröffnet, die nur darauf wartete, von ihm erforscht zu werden.
Und die dich auf ewig deiner Meisterin unterwirft, dachte er. Schöne neue Welt. Bar jeglicher Moral, einzig und allein dem Ziel und der Aufgabe verpflichtet, die Wünsche der Fürstin der Unterwelt zu befriedigen.

In jeder Hinsicht.

Der Vampir lächelte grimmig.

Eigentlich sollte er der Seelenklinge dankbar sein, die es möglich gemacht hatte, daß sogar jene mächtige Bindung eines Vampirs an seine Meisterin gebrochen werden konnte. Doch letztendlich war er nur vom Regen in die Traufe gekommen.

Und nun war er hier, gleichsam herumgereicht von einer Abhängigkeit in die andere und oben drauf  auch noch von erstaunlich hartnäckigen Verfolgern.
Natürlich wußte er , wer sie waren. Die Mehrheit von ihnen hatte sich bereits so etwas wie einen Namen gemacht. Immerhin hatten sie bereits einige äußerst wertvolle Artefakte geborgen, an denen sich schon so manch einer die Zähne ausgebissen hatte.
Und: Sie hatten das Klageland überlebt. Das hatte ziemlichen Eindruck hinterlassen und bedeutete so etwas wie die goldene Clubkarte, wenn man an die ganz großen Aufträge wollte.
Dummerweise hatten sie damit möglicherweise Probleme hervorgerufen. Denn was Lucan im Auftrag der Königs Schatten über diese Schöpfungsmuster in Erfahrung gebracht hatte, gefiel ihm ganz und gar nicht.

Plötzlich durchfuhr ihn ein sengender Schmerz, der seinen gesamten Körper erfaßte. Lucan biß die Zähne zusammen, um nicht laut zu schreien. Du zögerst, Mensch, wisperte etwas hinter seiner Stirn. Es klang schrill und rasiermesserscharf in seinem Kopf. Nicht zögern. Weiter. Geh weiter.

Verfluchtes Stück Stahl. Die Seelenklinge war mit einem Heilzauber belegt, den sie jederzeit einsetzen konnte. Heilzauber waren wie glühende Messerklingen, wenn man Untot war.
Also gut. Es würde sich zeigen, wie zäh die Söldner wirklich waren, und ob sie weiterhin mit ihm würden Schritt halten können.

Er schloß die Augen und ließ die Umgebung auf sich wirken. Sein Geist sondierte die Umgebung, suchte, tastete sich am Gemäuer entlang und befühlte jedes Loch und jede Spalte im Mauerwerk.
Und fand.

Das würde die Herrschaften möglicherweise ein wenig aufhalten, dachte er.

Dann breitete er die Arme aus und schickte einen stummen Ruf hinaus in die Nacht.

~o~

Ätzelbert wußte, es würde knapp werden. Doch wenn sie Glück hatten und nichts mehr dazwischen kam, konnten sie es schaffen.
Als er die Schänke erreichte, in der er und seine Gefährten sich einquartiert hatten, warf er sich förmlich durch die Tür und hastete die Treppen hinauf.

„Lucan ist in der Blitzbahn. Wir haben ungefähr zwei Sekunden zum Sachen packen, sonst ist er weg. Also los da, wir haben keine Zeit!“ sagte er knapp und kratzte seine Ausrüstung zusammen.

Ausnahmsweise versuchte keiner zu diskutieren, registrierte er am Rande.

Zwei Minuten später war die Rechnung beglichen und die Abenteurer unterwegs zum Blitzbahnhof. Sie passierten das Haupttor in dem Augenblick, als ein Zugbediensteter soeben die Türen der Waggons schloß.

Talaen Kara wurde mit einem Mal seltsam unruhig, stellte Q'arion stirnrunzelnd fest. Er warf einen schnellen Blick durch das Gebäude. Ein Bediensteter und zwei Wachen, Sonst befand sich niemand auf dem Bahnsteig. Der Bedienstete stieg soeben in den Zug und schloß die letzte Waggontür hinter sich.

Gefahr.
Die Seele des todlosen Valenar-Hengstes tänzelte nervös schnaubend gegen Q'arions Bewußtsein.
Gefahr. Fliehen. Kampf, fühlte er.

In der nächsten Sekunde wußte der Elf auch, warum.
Die beiden Wächter zogen ihre Waffen und kamen auf sie zu.

„Scheiße“, schnaubte Bastonata und zog ihre Waffe. Sie hatte ebenfalls gemerkt, daß etwas nicht stimmte.
Dann waren die Angreifer heran.

Die Wächter waren kampferprobte Veteranen und verdammt gut mit ihren Waffen, und das, obwohl sie sich seltsam träge und abgehackt bewegten, als würden sie fremdgesteuert. Bastonata und Q'arion hatten sich je einem Gegner entgegengestellt und hatten bereits damit alle Hände voll zu tun. Wieder und wieder gingen Streiche ins Leere und prallten Hiebe in die Deckung.

Der Volspriester und der Magier sahen sich an und nickten einander bestätigend zu.
Natürlich. Die Wächter wurden beherrscht. Wie in Trolanhafen.

„Die Blitzbahn!“ schrie Spange plötzlich. „Sie fährt ab!“

Im selben Augenblick rief auch Q'arion: „Fledermäuse! Jetzt wird’s ungemütlich!“

Ätzelbert wußte im ersten Augenblick nicht so recht, was er nun tun sollte. gehetzt sah er zwischen der Blitzbahn, den beiden Wächtern und den beiden Fledermausschwärmen, die sich ihnen von oben näherten, hin und her.
Doch dann konzentrierte er sich und beschwor die Kraft von Vol.

Einer der Wächter wurde blind. Sehr gut. Das mochte ihnen die nötigen Sekunden verschaffen.
„Lauft!“ schrie er, so laut er konnte. „Nicht kämpfen, laufen!“
Anti-Psionic-Liga[/url]

Nathan Grey

  • Mitglied
[Eberron] Das Flüstern der Seelenklinge
« Antwort #74 am: 18. April 2007, 12:35:27 »
Sehr schön, hoffe diesmal gehts schneller weiter ;)