Ich stimme Xiam und wohl auch Tempus zu. Der durchschnittliche (Achtung, das Wort ist wichtig) amerikanische Rollenspieler neigt eher in die Richtung von farbiger, harter, schneller Action. Oder wie WotC das nennt "Kick in the Door"-Style. Das ist keine schwarz/weiss Aussage, sondern eine Trendaussage.
Meine Beweise und Anhaltspunkte? Die Meisten davon haben mit Rollenspiel nicht das Geringste zu tun. Die amerikanische Kultur insgesamt zeigt diesen Trend auf. Das am Rollenspiel ähnlichste Feld, wo diese Aussage sowohl von Amerikanern wie auch Europäern bedingungslos akzeptiert wird sind Brettspiele. Dort gibt es zwei primäre Richtungen, Ameritrash Games und German Board Games (auch Eurogames genannt). Was sind die Unterscheidungskriterien?
Ameritrash
- Viele Miniaturen / Opulente Ausstattung
- Konfrontation und Krieg steht im Vordergrund
- Hoher Glücksfaktor
- "In your face" Spielstil
Eurogame
- Eher spartanische Ausstattung (Holzstückchen statt Plastikfiguren)
- Optimierung und Strategie stehen vor direkter Konfrontation
- Meist reduzierter Glücksfaktor
- Oftmals kooperative Mechaniken, der Spass aller steht im Vordergrund
Dieser kulturelle Unterschied ist auch im Medium Film zu beobachten. Im amerikanischen Sprachraum spricht man oftmals von "foreign movies", wenn es sich um ausländische Filme handelt, welche nicht dem knallenden Hollywood-Stil frönen. Ausländische Filme, welche genauso knallen werden interessanterweise oftmals nicht so bezeichnet.
Zugegeben, dies sind zwei spezifische Beispiele, welche man einzeln gerne kritisieren kann aber ich denke uns ist allen klar, dass zwischen der deutschen und der amerikanischen Kultur oftmals Welten liegen und dies spiegelt sich in allen Lebensbereichen wieder. Auch im Rollenspiel. Es gibt jeden Stil überall auf der Welt aber je nach Ort sind bestimmte Stile weiter verbreitet.
Dazu kommt, dass "kick in the door" grundsätzlich auch beim jüngeren Publikum (unabhängig von der Kultur), welches ja die primäre Zielgruppe von WotC ist, besser ankommt. Die Frage welche sich hinsichtlich der vierten Edition stellt ist nicht, welcher Stil besser ist, sondern welcher sich besser verkauft und das ist nun mal unbestritten der kampflastige Miniaturenteil. Wenn WotC denkt, dass eine noch stärkere Ausrichtung auf Miniaturen und Tabletop genug neue Kunden anzieht, um den Verlust der Charakterspieler zu verschmerzen, dann werden sie dies machen.
Seien wir mal ehrlich, unabhängig von der Aussage "Rollenspiel braucht keine Regeln" gäbe es dennoch genug Material, welches sich mit der Charakterentwicklung, den Hintergründen und anderen Aspekten ausserhalb des Kampfes beschäftigt um damit eine Vielzahl an Büchern zu füllen. Nur verkauft sich dies nicht. Vor allem auch deshalb, weil Leute, welche sich primär mit Charakterspiel beschäftigen möchten oft zu anderen Systemen greifen und man diese wohl kaum mit ein oder zwei Büchern zu D&D Spielern machen wird.