Autor Thema: Berandors Stadt in Ketten VII: Schatten über Cauldron  (Gelesen 45440 mal)

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Berandor

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Berandors Stadt in Ketten VII: Schatten über Cauldron
« Antwort #180 am: 09. August 2007, 18:18:02 »
Zitat von: "Kylearan"
Zitat von: "Berandor"
Das ist wie mit den abgesetzten Serien – das wäre einfach nicht mehr dasselbe. Das ist, wie Leute der DDR nachtrauern, aber wirklich zurück sollte die nicht kommen... auch wenn die Analogie eventuell leicht hakt.

Eben, jetzt ist er in guter Erinnerung. Aber da ich innerlich mit Helion abgeschlossen habe (danke nochmal für den Abgang im Himmel), würde das nichts bringen.

Kylearan

Den Abgang hat er sich verdient. Er war ja auch kein Ungläubiger Ketzer wie Anna...
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Berandor

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Berandors Stadt in Ketten VII: Schatten über Cauldron
« Antwort #181 am: 11. August 2007, 12:40:01 »
Samstags liest eh keiner, oder?

Nearly Total Party Kill

»Dazu habe ich Folgendes zu sagen.« Dirim öffnete den Mund, aber es kamen keine Worte heraus. Jedenfalls keine Worte, die ein Sterblicher verstehen konnte. Stattdessen waberte der Raum in tonlosem Lärm, als das Wort Tyrs seine nächstmögliche Entsprechung fand und sich in reiner Heiligkeit äußerte. Die Anwesenden wurden bis in ihr Innerstes durchgeschüttelt, geblendet und betäubt von dieser Zurschaustellung von Macht. Auf der anderen Seite des Raums stürmten Thamior und Thargad in den Raum. Sie sahen, wie die Babaus zurück in die Hölle geschleudert wurden. Die zwergischen Leibwächter, Melagorn und Zarn Kyass waren von der Wucht des Zaubers gelähmt. Vervil Aschenmantel, Adrick Garthun, Elayne, Khyron Knochenschwur und Thirifane Rhiavadi erwiesen sich als standhafter: sie waren nur blind und taub. Lediglich der Schildwächter – und, wie es schien Elaynes lebendiger Umhang – waren unbeeindruckt. Die Lage hatte sich gewandelt.

Thargad flitzte durch den Raum. In einer Handbewegung zog er Todeshauch und rammte das Schwert in Thirifane Rhiavadis Seite. Thirifane schrie auf. Sofort setzte sich der Schildwächter in Bewegung.

»Töte sie«, sagte Thirifane zu ihrem Konstrukt, und teleportierte in Sicherheit. Der Schildwächter schlug mit seiner Faust nach Thargad, aber der Schurke brachte sich mit einem Überschlag in Sicherheit. Gegen das Konstrukt war er fast machtlos.

»Kümmer dich um die anderen«, sagte Jørgen und stellte sich zwischen die beiden. »Ich nehme den hier.«

Vervil Aschenmantel bewegte blind den Kopf hin und her. Er fummelte in seinem Gürtel herum, fand die richtigen Materialien und wurde unsichtbar. Khyron Knochenschwur folgte ihm auf dem Fuße; auch er wurde unsichtbar. Elayne kreischte auf und bahnte sich ihren Weg zur Wand des Raums. Im Gehen löste sie eine lange Kette von ihrem Körper und schwang sie bedrohlich. Gleichzeitig löste sich ihr Mantel und breitete sich schützend vor ihr aus; anscheinend handelte es sich hierbei um eine untote Kreatur aus zerfledderten Stoffen.

»Sehet die Flamme der Gerechtigkeit!«, rief Dirim. Die Vampirin sprang gegen die Wand, stieß sich ab und verrenkte sich irgendwie um die Flammensäule herum. Das Mantelgespenst wurde voll getroffen, aber ebenfalls kaum verletzt. Es flog auf Dirim zu und schlug nach ihm. Die Klaue drang spurlos durch Dirims Rüstung und umfasste seine Seele. »Raus da!«, rief Dirim. Die Kälte verließ ihn wieder, ohne Schaden anzurichten.

Thamior ließ seine Pfeile auf den Geist niederprasseln. Die Hälfte der Geschosse flog einfach durch das Wesen hindurch, und die andere Hälfte vermochte es nicht wirklich zu verletzen. Das Gespenst ignorierte den Elfen. Der Elf ignorierte das Gespenst und wandte seine Aufmerksamkeit dem Ogermagus zu.

»Zu mir!«, rief Adrick Garthun und hieb wild dorthin, wo Thargad gerade noch gestanden hatte. Der Schurke war aber bereits auf der anderen Seite und stieß von dort wieder und wieder mit seinen Klingen zu. Todeshauch führte seine Hand stets an die verletzlichsten Stellen, und Funke hatte für die Rüstung nur Mitleid übrig. Hätte er Dirim nicht gekannt, Thargad hätte sich über die Standfestigkeit des Zwerg gewundert.

Jørgen tat sich mit dem Schildwächter ziemlich schwer. Er legte alle Kraft in seine Schläge, aber das Konstrukt konnte einiges wegstecken. Es lief an dem Paladin vorbei und folgte weiter demjenigen, der seine Herrin angegriffen hatte: Thargad. Der Schildwächter holte aus und schlug zu, und diesmal konnte Thargad nur noch abrollen, nicht ausweichen. Der Schurke fühlte, wie die steinerne Faust seinen Brustkorb verbeulte. Er spuckte einen Splitter aus. Thamior ließ sich derweil Zeit und feuerte genüsslich seine Pfeile in den Körper des gelähmten Ogermagus.

Dirim schlug nach dem Mantelgespenst. Es fühlte sich an, als schlüge er durch Eiweiß, so wenig Widerstand leistete die Form des körperlosen Umtoten. Das Gespenst konterte mit einem weiteren Schlag, aber Dirim widerstand dem Angriff erneut. Aus den Augenwinkeln sah er, wie Thargad einen Fehler in seiner Deckung machte. Der Schildwächter nutzte die Gelegenheit sofort und schlug zu. Thargad wich im letzten Moment aus, packte Adrick Garthun an den Schultern und katapultierte sich über ihn hinweg, tauschte mit ihm die Plätze, sodass der Zwerg mitten in den Schlag gestoßen wurde. Garthun stolperte zurück. Todeshauch und Funke warteten schon auf ihn, zum Schlag erhoben wie zwei Schlangenköpfe. Gleichzeitig fuhren sie nieder und bohrten sich tief zu beiden Seiten des zwergischen Halses. Adrick Garthun gurgelte seine letzten, unverständlichen Worte, dann brach er zusammen.

Zarn Kyass der Blaue stand inzwischen in einer Lache seines eigenen Blutes. Nur der Effekt von Dirims Zauber und Zarns eigene Regenerationsfähigkeit hielten ihn auf den Beinen. Thamior hatte genug von dem Riesen und wandte sich wieder dem Mantelgeist zu. Spannen, schießen, spannen, schießen, spannen, schießen, spannen, schießen. Der erste Pfeil segelte noch hindurch, die anderen drei Schüsse aber verletzten das Gespenst, wenn auch schwach. Die Kreatur wandte sich von Dirim ab und dem Elfen zu. Dirim atmete durch. Er fasste Schuldspruch fester und sah sich um. Die Vampirin stand noch, das Gespenst und das Konstrukt, und irgendwo waren noch zwei Unsichtbare. Außerdem vier festgehaltene Gegner. Unsichtbare...

»Zauberei – hinfort!« Die Bannwelle lief durch den Raum und suchte Opfer. Khyron Knochenschwur hatte sich gerade erst vor Angriffszaubern geschützt, als dieser Schutz auch schon wieder von ihm genommen wurde. Vervil Aschenmantel hingegen wurde wieder sichtbar. Bevor der Tiefling die Situation erkannt hatte, machte Jørgen einen Schritt um den Schildwächter herum und trieb Läuterung tief in die Seite des Hexenmeisters. Vervil Aschenmantel keuchte auf und, schwer verletzt und ohne Augenlicht, ergriff ebenfalls die Flucht. Mit zitternden Fingern formte er die nötigen Gesten und teleportierte davon.

Spoiler (Anzeigen)


Thamior feuerte weiter auf die untote Kreatur vor ihm, aber wie viele Pfeile er auch verschoss, es schien dem Gespenst kaum etwas auszumachen. Das Gespenst schlug nach ihm, aber Thamior biss die Zähne zusammen und widerstand dem Angriff. Thargad schlug dem Schildwächter eine weitere Kerbe aus dem Körper. Er hatte Funke gegen sein namenloses Schwert eingetauscht, weil die Energiewaffe tote Materie ignorierte, und das Konstrukt nur aus solcher Matiere bestand. Jørgen tat ebenfalls sein Bestes, aber ein Ende des Konstrukts war nicht abzusehen.

So wogte der Kampf für einige Augenblicke. Jørgen und Thargad schlugen auf den Schildwächter ein. Der Schildwächter wiederum verpasste sowohl Thargad ein paar Beulen als auch Jørgen eine gebrochene Rippe. Annastrianna sang ein Kampflied und ließ Pfeil um Pfeil auf ihrer Sehne entstehen, die Thamior in oder durch den Untoten schickte. Das Gespenst wiederum, auch noch von Dirim mit Schuldspruch bedrängt, versuchte Mal um Mal, Thamior die Lebensenergie auszusaugen. Es war ein mühsamer, langwieriger Tanz, und wenn Thargad hätte schwitzen können, wären alle Kettenbrecher schweißbedeckt gewesen. So anstrengend Kämpfe auch waren, meist waren sie in wenigen Augenblicken vorbei. Hier nicht. Dann endete der Blindheitseffekt von Dirims Zauber, und Khyron Knochenschwur – immer noch unsichtbar – und Elayne konnten wieder sehen.

Elayne bleckte ihre Zähne. Sie ging in die Knie, dann sprang sie aus dem Stand sechs Meter durch den Raum und kam direkt vor Dirim zum Stehen. »Jetzt wirst du sterben, Zwerg.«

Dirim hielt ihr Tyrs heiliges Symbol entgegen. »Verzieh dich!« Dirims Glaube wurde zu einer Ramme, die Elayne in die Magengrube fuhr und sie beinahe umwarf. Die Vampirin war nur noch von einem Gedanken besessen – weg hier. Instinktiv warf sie sich herum und floh durch die nächstbeste Tür in die Bibliothek. Das Mantelgespenst ließ im selben Augenblick von Thamior ab und folgte seiner Herrin. Thamior feuerte noch zwei Pfeile ab, bevor es außer Sicht war. Elf und Zwerg sahen sich an, dann zu Jørgen und Thamior, die weiterhin gegen den Schildwächter kämpften. Kurz waren sie unentschlossen. Dann drehte Dirim sich um und ging zu seinen Gefährten, und Thamior folgte den Untoten, den Bogen gespannt.

Der einzige Ausweg aus der Bibliothek waren die Fenster, und am hellichten Tag war das für Elayne keine Alternative. Thamior erahnte die kauernde Gestalt der Vampirin hinter dem letzten Buchregal. Davor, bedrohlich die Arme ausgebreitet, schwebte das Mantelgespenst.

»Du schon wieder«, fluchte Thamior und spannte den Bogen zum gefühlten hundertsten Mal.

Der verdammte Schildwächter wollte nicht kaputt gehen. Nur am Rande merkten Jørgen und Thargad, wie Dirim die Vampirin verjagte und Thamior ihr folgte. Sie hatten genug zu tun, und jede Sekunde, die sie mit dem Konstrukt verbrachten, brachte sie dem Ende von Dirims Zauber näher. Neben dem heilenden Ogermagus warteten immer noch zwei Zwergenkrieger und ein Elfenmagier auf ihren Einsatz. Darum war keiner von beiden unglücklich, als sich Dirim zu ihnen gesellte. Schuldspruch krachte gegen das Bein des Konstruktes.

Plötzlich spürte Thargad eine Präsenz hinter sich. Er wirbelte herum, gerade noch rechtzeitig, um Khyron Knochenschwur zu sehen, der ihm die Hand auf die Brust presste. »Stirb!«, zischte der Kleriker. Thargad spürte, wie dunkle Energie in ihm zu wirken begann, sein Leben zusammenpresste, es zu einem winzigen Ball formte und drohte, es auszuquetschen. Der Atem stockte ihm. Aber die Macht des Zaubers reichte nicht aus, und blitzartig dehnte sich der Ball wieder und füllte Thargad aus. Khyrons Todesgriff hatte nicht gefruchtet. Thargad holte tief Luft – ein gutes Gefühl. In diesem Moment brüllte Jørgen und schwang Läuterung mit aller Kraft gegen den Schildwächter. »Jetzt.« Ein großer Brocken splitterte ab. »Ist.« Jørgen vergrößerte die Kerbe. »Schluss!« Ein Überkopfhieb trieb das Schwert halb durch den Steinkörper. Der Schildwächter zitterte, aber er stand noch. Dann schlug Dirim Schuldspruch mit der flachen Seite gegen Läuterung. Die Waffen vibrierten von dem Aufprall, und Läuterungs Vibration setzte sich durch den Schildwächter fort. Er zerfiel zu Staub.

Jørgen atmete schwer. Er holte tief Luft und sah Khyron Knochenschwur an, dann Dirim und Thargad. »Ihr schafft das schon«, sagte er und drehte sich um. »Ich kümmere mich um den Vampir.«

Thamiors Fingerspitzen schmerzten wie bei seiner ersten Übungsstunde. Nur mit dem Unterschied, dass er damals nicht mal halb so viele Pfeile abgeschossen hatte wie heute. Immer wieder flogen seine Geschosse gegen das Gespenst, dass weder sterben noch von der Seite seiner Herrin weichen wollte. Er hatte wirklich die Nase voll. Bei diesen Viechern wusste man nicht einmal, wie verletzt die waren. Aus dem Hintergrund hörte er schwere Schritte. Jørgen kam ihm zu Hilfe. Thamior biss sich auf die Lippen. Der Paladin würde das Gespenst nicht bekommen; das war sein Gegner. Mit leichter Resignation aktivierte er Annas Seelenfeuer. Der Bogen leuchtete auf, und als er ihn spannte, erschien ein gleißend weißer Pfeil auf der Sehne. Hoffentlich war das nicht vergebens. Der erste Pfeil flog — durch das Gespenst hindurch. Dem zweiten Pfeil wich die Kreatur sogar aus. Unglaublich. Der dritte Pfeil traf, und das Geschoss zog einen grauen Schleier hinter sich her. Irrte sich Thamior, oder wirkte das Gespenst jetzt unwirklicher? Einen Pfeil hatte er noch. Er blickte dahin, wo er das Gesicht des Untoten vermutete und zielte. Er öffnete den Mund, zögerte, dann schloss er ihn wieder. Ihm fiel kein guter Spruch ein. Auch egal. Er ließ die Sehne los, und der Pfeil flog genau dorthin, wo er hingesollt hatte. Das Gespenst zerfiel in einzelne Rauchfäden, die zu Boden fielen. Noch bevor sie ihn berührten, hatten sie sich in Luft aufgelöst.

Dirim riss Seelenblick hoch und blockte den Schlag, der für Thargad gedacht gewesen war. Khyron Knochenschwur brüllte frustiert. Thargad drehte sich unter dem Schild durch und in den Rücken des Klerikers. Er hielt Todeshauch mit der Klinge an seinen Unterarm gepresst und schnitt Khyron aus der Drehung über die Kniekehle. Blut quoll hervor, und der Kleriker strauchelte. Dirim hatte aufgepasst und schlug ihm den Schild vor die Brust. Khyron strauchelte, dann fiel er. Thargad sah den Rücken des Klerikers kommen und reagierte sofort. Anstatt ihn abzufangen, ließ sich der Schurke auf den Boden fallen und trat noch einmal in die verletzte Kniekehle. Gleichzeitig stemmte er beide Kurzschwerter gegen den Boden und ließ sie wie die Spitzen einer Fallgrube stehen. Khyrons Standbein wurde ihm unter dem Körper weggetreten. Er fiel wie ein Sack Reis. Funke und Todeshauch spießten den Kleriker auf. Langsam ruckte Khyrons zuckender Körper die Klingen entlang. Blut tropfte auf Thargad wie in einem höllischen Gewitter. Thargad wartete, bis der Körper die Parierstanden erreicht hatte. Dann erst rollte er den Körper herum und stand auf. Er blickte auf die Leiche herab.

»Stirb doch selbst«, sagte er kalt.

Dirim hatte sich gezwungen, die Szene bis zu ihrem Ende anzusehen. »Zu der Vampirin«, sagte er bestimmt.

»Und was ist mit denen?«, fragte Thargad. Er ging zu Melagorn dem festgehaltenen Verräter, deutete aber gleichzeitig mit ausschweifendem Schwertarm auf die beiden Zwergenkrieger. »Die leben noch.«

»Sie sind momentan keine Gefahr. Die Vampirin ist wichtiger.«

Thargad legte den Kopf schief. Dann sagte er: »Sie könnten aufwachen«, und trieb Todeshauch durch Melagorns Herz. Der Körper des Elfen wurde schlaff, aber zur Vorsicht stach ihm Thargad noch einmal ins Gesicht.

»Halt!«, rief Dirim. »Wir müssen sie jetzt nicht töten. Sie werden einen Prozess erhalten.«

Thargad schlenderte zu den Zwergen. »Sie sind schuldig. Das Urteil lautet Tod. Warum warten?«

Dirim fasste sein heiliges Symbol. »Thargad«, warnte er. »Ich habe noch eine Klingenbarriere vorbereitet.«

Der Schurke sah Dirim an. »Ach komm«, sagte er. »Die sind doch bereits tot. Außerdem würde ich den Klingen ausweichen. Lass mich einfach machen.«   Er ging in die Hocke und lehnte sich auf das hintere Bein. Sein Schwertarm holte aus, sodass Todeshauch auf Augenhöhe zum Stich bereit war.

Dirim schluckte. Täuschte er sich, oder konnte er Panik in den Augen der festgehaltenen, hilflosen Zwerge sehen? Andererseits hatte Thargad Recht. Ihre Schuld war so bewiesen, wie man etwas beweisen konnte. Wo war der Unterschied zwischen einer jetzigen Vollstreckung oder einer späteren? Auch auf dem Schafott waren die Opfer gefesselt. Dirim schlug die Augen nieder. Er hörte, wie Thargad aus seiner Position schnellte, wie Adamantit durch Stahl und Haut drang, wie Blut auf den Boden tropfte. Ohne sich noch einmal umzusehen, ging er in die Bibliothek.

Thargad sah Dirim nach. Auf seinem künstlichen Gesicht zeigten sich keine Gefühle, und seine Augen waren starr. Schließlich kam ihm seine Aufgabe wieder zu Bewusstsein. Er legte die Spitze seines Kurzschwerts an das Kinn des letzten Zwerges, und mit einem Ruck trieb er ihm die Waffe ins Hirn. Er steckte die Schwerter weg und sah an sich herab. Er war voller Blut. Er betrachtete den Ogermagus, dessen Wunden sich langsam schlossen. Thargad breitete die Arme aus und ging auf Zarn Kyass zu. Im Gehen aktivierte er die Scharlachrote Rüstung und entflammte. Das Blut verdampfte zischend. Thargad blieb vor dem Ogermagus stehen. »Du Armer bist der Letzte der Verschwörer. Alle anderen sind tot oder geflohen.« Er schüttelte den Kopf. »Komm her und lass dich drücken.« Er schlang seine brennenden Arme um den Oger.

Thamior hielt den Bogen gespannt und beobachtete, wie Jørgen sich Elayne näherte. Die Vampirin kauerte immer noch in der Ecke der Bibliothek. Jørgen war auf Täuschung gefasst, als er Läuterung zum Schlag hob und auch, als er zuschlug. Aber die Vampirin versuchte gerade, dem Schlag auszuweichen, und ging nicht zum Gegenangriff über. Grimmig machten Jørgen und Thamior sich daran, Elayne totzuschlagen. Jørgen schlug nach ihr, und wenn er abließ, feuerte Thamior Pfeile in die Lücke. Es war mühsame, langwierige Arbeit, aber sie musste getan werden.

Dirim betrat die Bibliothek und erfasste die Situation mit einem Blick. Elayne war bestimmt schon schwer verletzt, und Thamior und Jørgen hatten die Sache im Griff. Aber Dirim hatte bislang nur das Konstrukt gefällt, und auch das nur, weil Jørgen eine Winzigkeit zu schlecht getroffen hatte. Und da draußen war Thargad und tötete die hilflosen Zwerge gegen Dirims Wunsch, und überhaupt hatten sie den Kampf nur so gut überstanden, weil er das heilige Wort gesprochen hatte. Er wollte es sein, der Elayne tötete. Er dachte daran, wie Jørgen Vitriss Bale getötet hatte, und den Hofnarren. Ihm kam eine
Idee. Mit einem kurzen Spruch füllte sich seine Hand mit Lebensenergie. Er sah, wie Thamior sich umdrehte. Jørgen hielt in seinen Hieben inne und sah sich ebenfalls um. Sehr gut, sie machten ihm Platz. Er holte aus und schleuderte den Zauber.

»Nein!«, rief Thamior. Dirims Zauber schoss auf die Vampirin zu traf sie mitten auf der Brust. Ihr Körper zerbarst und verwandelte sich in eine große Staubwolke. Die Staubwolke driftete durch die Buchregale, hielt dann inne, und verschwand plötzlich in einer Ritze im Boden.

»Was denn?«, fragte Dirim.

»Und wenn der Zauber stark genug gewesen wäre?«, fragte Thamior.

»Und? Mein Angriff hätte die Vertreibung nicht gebrochen.«

»Oh«, sagte Thamior. »Natürlich nicht. Das wusste ich.«

»Wir müssen ihr hinterher«, meinte Jørgen. »Wenn sie ihren Sarg erreicht...«

»Ich mache das«, sagte der Elf. Er lief durch den Versammlungsraum, schenkte Thargad allenfalls einen Seitenblick, und lief die Treppe hinunter. Jørgen blieb vor dem Spalt im Boden stehen, zur Sicherheit. Thamior erreichte das Ergeschoss und sah mit erstauntem Blick, wie sich die Staubwolke einem Fenster näherte. Sie driftete ins Sonnenlicht und fing Feuer. In wenigen Sekunden war es vorbei, und von der Vampirin war nur mehr eine Handvoll Asche über. Kopfschüttelnd ging Thamior wieder zu seinen Gefährten zurück.

»Sie hat sich umgebracht.«

Dirim runzelte die Stirn, aber Jørgen nickte. »Wenn sie ohne Sarg und Heimaterde hergekommen ist, war sie hier gefangen. In wenigen Stunden hätte sie sich ohnehin aufgelöst, und bei Tageslicht kam sie hier nicht raus. Sie dachte wohl, sie wäre hier sicher.«

»Falsch gedacht«, sagte Thamior.

»Sie hat eben nicht mit den Kettenbrechern gerechnet«, sagte Dirim.

»Stimmt«, sagte Jørgen. »Also: diese Feier ist vorbei. Aber da ist immer noch die Sache mit dem Lathandertempel, mit Jenya und Beregard im Gefängnis, und dem Anschlag gegen Meerthan.«

»Außerdem bin ich ziemlich ausgezaubert«, sagte Dirim.

»Es ist gerade mal Mittag«, sagte Thamior.

»Trotzdem.«

»Na ja«, sagte Thargad. Er hatte bereits begonnen, die Leichen nach Wertsachen zu durchsuchen. »Die Frage ist doch, können wir uns eine Pause leisten?«

»Das ist die Frage«, sagte Jørgen. »Und die Antwort?«

Alle sahen Dirim an. Der strich sich den Bart. Er hatte kaum noch Gebete, vor allem kaum mächtige Gebete mehr. Aber Beregard und Jenya saßen fest, und Vlaathu hatte nicht nur irgendetwas vor, sondern würde durch Thirifane Rhiavadi gewarnt werden. Wenn sie andererseits ins Feld zögen, ohne ausgeruht zu sein, war es wahrscheinlicher, dass ihnen etwas zustöße. Und überhaupt – konnte er als Tyrpriester gegen die Stadtwache ziehen?

»Sehen wir uns hier erst einmal um«, sagte er schließlich. »Warten wir ab, was wir finden, und bis Boras dazugekommen ist. Dann entscheiden wir.«

Jørgen nickte. »Damit kann ich leben. Fürs Erste.«
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TheSoulBurner

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Berandors Stadt in Ketten VII: Schatten über Cauldron
« Antwort #182 am: 11. August 2007, 13:36:12 »
Zitat
Samstags liest eh keiner, oder?

Hast Du eine Ahnung ...

Hedian

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Berandors Stadt in Ketten VII: Schatten über Cauldron
« Antwort #183 am: 11. August 2007, 18:42:40 »
Naja, wenn der Samstag eigentlich fest für die Arbeit an der Hausarbeit eingeplant ist, da tut man schon einiges um Ablenkung zu finden. 8)


Blasphemy Holy word ist zu stark!!! :D

Kylearan

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Berandors Stadt in Ketten VII: Schatten über Cauldron
« Antwort #184 am: 13. August 2007, 13:02:02 »
Zitat von: "Berandor"
»Na ja«, sagte Thargad. Er hatte bereits begonnen, die Leichen nach Wertsachen zu durchsuchen. »Die Frage ist doch, können wir uns eine Pause leisten?«

»Das ist die Frage«, sagte Jørgen. »Und die Antwort?«

Ich bin mal gespannt, welche Antwort wir uns am 25. geben.

Und ich bin immer noch der Meinung, dass es sich durchaus um einen echten Total Party Kill handelt. Diese Feier ist echt tot. Total tot.

Kylearan
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Topas

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Berandors Stadt in Ketten VII: Schatten über Cauldron
« Antwort #185 am: 13. August 2007, 13:53:02 »
Aber sie hatte einen langen und wilden letzten Tanz.
Immense harm is caused by the belief that work is virtuous.
- Bertrand Russel

Pestbeule

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Berandors Stadt in Ketten VII: Schatten über Cauldron
« Antwort #186 am: 13. August 2007, 17:17:04 »
Zitat
Halt!«, rief Dirim. »Wir müssen sie jetzt nicht töten. Sie werden einen Prozess erhalten.«

Thargad schlenderte zu den Zwergen. »Sie sind schuldig. Das Urteil lautet Tod. Warum warten?«

Dirim fasste sein heiliges Symbol. »Thargad«, warnte er. »Ich habe noch eine Klingenbarriere vorbereitet.«

Der Schurke sah Dirim an. »Ach komm«, sagte er. »Die sind doch bereits tot. Außerdem würde ich den Klingen ausweichen. Lass mich einfach machen.« Er ging in die Hocke und lehnte sich auf das hintere Bein. Sein Schwertarm holte aus, sodass Todeshauch auf Augenhöhe zum Stich bereit war.

Dirim schluckte. Täuschte er sich, oder konnte er Panik in den Augen der festgehaltenen, hilflosen Zwerge sehen? Andererseits hatte Thargad Recht. Ihre Schuld war so bewiesen, wie man etwas beweisen konnte. Wo war der Unterschied zwischen einer jetzigen Vollstreckung oder einer späteren? Auch auf dem Schafott waren die Opfer gefesselt. Dirim schlug die Augen nieder. Er hörte, wie Thargad aus seiner Position schnellte, wie Adamantit durch Stahl und Haut drang, wie Blut auf den Boden tropfte. Ohne sich noch einmal umzusehen, ging er in die Bibliothek.


Nicht gerade sehr dem Ethos seines Gottes entsprechend gehandelt... Dirim was wird nur aus dir, mit diesen Barbaren? Schwere Glaubenskrise...  :D

Immerhin ist Tyr nicht IRGENDEIN rechtschaffen guter Gott, sonder TYR.
"Since it is difficult to join them together, it is safer to be feared than to be loved when one of the two must be lacking."
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Topas

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« Antwort #187 am: 13. August 2007, 18:29:04 »
DAs war sicher Absicht. Dirim will nur seine Alignment Diskussion wieder anheizen :P
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Pestbeule

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« Antwort #188 am: 13. August 2007, 19:23:45 »
Zitat von: "Topas"
DAs war sicher Absicht. Dirim will nur seine Alignment Diskussion wieder anheizen :P


Erfolgreich.
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Dirim

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« Antwort #189 am: 13. August 2007, 20:24:57 »
Die Szene hat im Spiel fast eine viertel Stunde gedauert.
Dirim wollte ein Prozess und er hat echt überlegt, Thargad anzugreifen.

Leider waren die zur Verfügung stehenden Mittel nicht dem Zweck entsprechend.

Im Spiel habe ich Thargad den Mord verboten und darauf hingewiesen, dass eine Veurteilung und ein (Schnell-)Prozess nach der Vernichtung der Vampirin das gerechte Vorgehen ist. Darauf hin hat Thargad den Ersten getötet.

Danach hatte Dirim die Alternative Thargad direkt anzugreifen, hätte dabei aber den möglichen Tod von Thargad akzeptiert (Blade Barrier) oder hätte nichts ausgerichtet (Hold Person, oder so etwas). Der Tod eines Kameraden, auch wenn dieser vielleicht einen Mord verübt, ist erst nach einem Urteil rechtlich OK.

Also hat Dirim sich dafür entschieden, zunächst die aktute Gefahr zu bekämpfen.

Und an dieser Stelle stehen wir jetzt. Und an der Stelle würde ich mich über eure Hilfe freuen.

Hat Thargad zwei Morde begangen? Wie ist er dafür aus Dirims Sicht zu bestrafen?
Hätte Dirim Thargad direkt im Kampf angreifen müssen? Hat Thargad vielleicht richtig gehandelt?


Dirim

Berandor

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« Antwort #190 am: 13. August 2007, 21:05:50 »
Hierbei möchte ich als SL nur darauf hinweisen, dass es natürlich eine leicht mittelalterliche Rechtsvorstellung gibt; andererseits wäre es durchaus möglich, dass z.B. die Zwerge als Clansleute mit ihrem Anführer da waren – das wurde ja nicht geprüft, und durch Festhalten konnten sie auch nichts dazu sagen.

Soll heißen: Grundsätzlich verdammt Tyr nicht jede Art von Feldjustiz, und ebenso grundsätzlich heißt er das nicht gut. Dahingehende Diskussionsbeiträge sind also nicht kampagnenspezifisch korrekt.

Ansonsten siehe die neue Umfrage.. Diesmal könnt ihr eigene Antworten eingeben, mal sehen, wie das klappt.

Leider kann ich auch nur eine Umfrage gleichzeitig "anschalten"; die aktuelle wird m.E. etwa eine Woche dauern, vielleicht 10 Tage – danach ergibt sich die Gelegenheit, wieder für den Lieblingscharakter zu stimmen. Also wenn ihr Helion vom Thron stoßen wollt, habt ein wenig Geduld.
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Kylearan

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« Antwort #191 am: 14. August 2007, 16:04:59 »
Zitat von: "Berandor"
Also wenn ihr Helion vom Thron stoßen wollt, habt ein wenig Geduld.

Untersteht euch.

Was Thargads Taten angeht: da Jorgen das nicht mitbekommen hat, musste ich noch nicht darauf reagieren; wie ich das tun werde, ist mir noch nicht klar. Allerdings sehe ich uns in einem Kriegszustand, und da ist Händchen Halten nicht angesagt.

Kylearan
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Topas

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« Antwort #192 am: 14. August 2007, 16:22:35 »
Die Sache mit den eigenen Antworten eingeben ist gut, aber verzerrt die Umfrage, dadurch das neue Möglichkeiten erst kommen, während die Umfrage noch läuft.

Oder darf man davon ausgehen das jeder der nicht 100% mit den Antworten zufrieden war auch sofort eine neue Antwort eingibt ?
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Berandor

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« Antwort #193 am: 14. August 2007, 17:19:02 »
Na ja, ich war mir nur sicher, bestimmt nicht alles abgedeckt zu haben, und da habe ich das mal ausprobiert. Ich glaube, mit ein oder zwei neuen Antworten finden sich die meisten wieder, und wer nur so halb unzufrieden ist, stimmt wahrscheinlich trotzdem nur ab. Die neuen Antworten werden außerdem wahrscheinlich tendenziell mit einer der gegebenen Antworten übereinstimmen; da es nur um eine grobe Stimmungslage und nicht feste Zahlen und konkrete Handlungsalternativen geht, finde ich das nicht schlimm.

Anders wäre es, wenn man z.B. mögliche Urteile gegenüber stellen würde; da wäre die Neueingabe problematischer.
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Berandor

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« Antwort #194 am: 15. August 2007, 18:52:08 »
Unter der Woche liest hier keiner, oder?

Anders gesagt, geben wir der Gruppe noch etwas Zeit zur Diskussion. Oder: Scheiße, ich bin einfach zu ungeduldig.

Zwischenspiel: Revision

(Jetzt)
»Halt«, gebot Jenya. Die Helmiten hielten inne. Langsam ließen sie die Waffen sinken. Die Wachen traten einen Schritt zurück, senkten die ihren aber nicht.

»Aber Herrin«, sagte Rufus Laro. »Ihr könnt diese Farce doch nicht noch unterstützen.«

»Ich werde es nicht dulden, dass in diesem Haus auch nur ein Leben vergossen wird, um gegen die Stadtwache zu kämpfen«, sagte Jenya. »So wichtig bin ich nicht.«

»Doch«, sagte Rufus bestimmt. »Das seid ihr.«

Jenya lächelte. Das Lächeln ließ ihr eingefallenes Gesicht noch mehr wie ein Totenschädel aussehen. »Es wird sich alles finden«, sagte sie. »Spätestens morgen früh bin ich wieder hier, ihr werdet schon sehen. Kommt ihr einen Tag ohne mich aus?«

Rufus zögerte. Er sah zu Boden. »Ja.«

»Gut.« Jenya sah zu dem Anführer des Wachtrupps. Der Halbork grinste sie böse an. »Können wir die Wunden Eurer Männer noch versorgen?«

»Wir haben unsere eigenen Heiler, Mörderin«, sagte der Halbork.

Jenya hielt ihre Hände vor. »Dann können wir jetzt gehen.«

Die Wachen legten sie in Ketten und führten sie ab.

»Spätestens morgen früh«, rief Jenya noch einmal.

»Klappe«, sagte der Anführer der Wachen.

Rufus sah ihnen nach. Morgen früh. Bis dahin konnte so viel passieren.



(Vor einem Jahr; Die Prüfung des Rauchenden Auges)

»Das war die Tussi vom Helmtempel«, sagte Orloth Axtgesicht. »Gar nich übel. Vielleicht sollte ich zurück und sie zu nem Bierchen einladen?«

Felldrak Wurmklinge grunzte. »Die is zu gut für dich. Is ne Freundin der Kettenbrecher gewesen.«

»Fängst du wieder davon an.«

Felldrak winkte ab. »Ich sag ja nur, dass die alle so reden, als wenn die Kettendings so übel gewesen wären. Warn se aber nich.«

»Und ich sag, dass so ein Gequatsche gar nich gut kommt, wenn Grukk das hört.«

»Aber ich war dabei!« Felldrak sah seinen Kumpel aus starren Augen an. »Ich wollt das Haus abreißen, und die sind einfach rein und ham den Jungen aus dem Feuer geholt. Einfach so!«

»Felldrak, du hast einfach ein zu großes Maul. Wen kümmert, was die über diese Hampel quatschen? Die sind tot, und gut is.«

»Nix is gut.« Felldrak rülpste und wischte sich seinen Ärmel über den Mund. »Das is einfach nich in Ordnung.«

»Wirst ja sehen, waste davon hast.«

»Scheiße, ich muss mal.« Felldrak zog am Gürtel und suchte eine Seitengasse. »Da vorn.«

»Ich mach, dass ich heim komme«, sagte Orloth. »Verpiss dich nich, Wurmklinge.«

»Keine Angst, Axtgesicht.« Felldrak lachte, dann wanderte er in die Gasse. Ein paar Lumpen und etwas Müll lagen herum, aber am gefährlichsten waren die Rinnsale früherer Gäste. Felldrak stieg über den ersten hinweg, dann zuckte er mit den Schultern und platschte durch den Rest. Während er sich erleichterte, sang er.

»Ein Mädchen macht dich niemals satt – wenn es keine Hauer hat – hat es aber Hauer – ist die Liebe nie von Dauer. Drum hol dir eine Hauermaus und reiß ihr dann die Hauer aus – häng sie in deinen Schrank und ewig währt ihr Dank!«

Plötzlich wurde er gepackt und herumgedreht. Mit Wucht wurde er gegen die Wand  gestoßen, dass sein Kopf nicht  zwischen Trunkenheit und Schwindel unterscheiden konnte. Durch einen Nebelschleier sah er nur den riesigen Panzerhandschuh, der sich um seine Kehle legte. Aus den Augenwinkeln sah er weitere gerüstete Gestalten am Eingang  der Gasse. Die Hand hob ihn jetzt an der Kehle in die Höhe und konzentrierte Felldraks Aufmerksamkeit wieder ganz auf das Geschehen vor ihm. Er fühlte seine Beine in der Luft baumeln, die ihm etwas höher gerade ausging. Gemeine, listige Augen näherten sich den seinen. Eine Stimme, die aus der Hölle stammte, raunte ihm entgegen.

»Wie war das mit den Kettenbrechern?«


»Ich-«, krächzte Felldrak. Er konnte kaum atmen, wie sollte er da antworten? »hab- nur- gsagt- sind- gnz- rdng.«

Die gepanzerte Gestalt warf ihn gegen die Hauswand. Trotz des Aufpralls war Felldrak dankbar, denn die Hand war von seiner Kehle verschwunden. Er rutschte zu Boden und spürte mehr, als dass er sah, wie der Angreifer über ihm türmte.

»Ich habe nur gesagt, die sind ganz in Ordnung«, keuchte Felldrak. Jetzt war es eh egal, was er sagte.

Die Gestalt beugte sich runter und packte ihn am Arm, dann zog sie ihn hoch und stabilisierte ihn, bis er ruhig stehen konnte. Felldrak verstand nicht. Die Panzerhandschuhe, die seine Kehle beinahe eingedrückt hatten, lösten jetzt den Helm von seinem Kopf. Darunter kam ein glatzköpfiges Schlägergesicht zum Vorschein, dass Felldrak sofort erkannte.

»Hauptmann Skellerang.« Er salutierte.

»Mach dich nicht lächerlich. Ich bin nicht in Diensten der Wache unterwegs.«

Felldrak rieb sich die Kehle. »Das habe ich gemerkt.«

Terseon Skellerang zeigte kein Mitleid. »Ich musste wissen, wie ernst es dir ist.«

»Womit?«

Eine der Gestalten am Eingang der Gasse schlug mit der Faust gegen die Wand. Skellerang legte sofort die Hand auf Felldraks Schnauze und drückte ihn wieder vor die Mauer. Die beiden Gestalten verschwanden aus der Gasse. So standen sie einige Augenblicke, bis sie einen Wachtrupp an der Gasse vorbeigehen sahen. Kurz darauf kehrten die beiden Gerüsteten zurück, und Terseon entspannte sich wieder.

»Du bist wahrscheinlich ein guter Kerl«, sagte der Hauptmann. »Aber das seid ihr nicht alle; Grukk schon gar nicht. Ich kann zwischen schlechten Manieren und schlechtem Wesen unterscheiden. Irgendjemand hat irgendetwas mit Cauldron vor. Und wenn es so weit ist, brauche ich Leute, denen ich vertrauen kann. Egal, ob Mensch oder Halbork.«

»Auf mich könnt ihr zählen«, sagte Felldrak. »Mir gefällt es in Cauldron.«

»Bis es soweit ist«, fuhr Skellerang fort, »sollten sich meine Verbündeten aber besser bedeckt halten, damit sie nicht entsorgt werden. Und damit sie sich sammeln können.«

»Verstehe.« Felldrak salutierte wieder. »Ich halte ab jetzt meine Schnauze und die Augen und Ohren offen.«

»Gut«, sagte Terseon. »Dann wünsche ich noch gute Verrichtung.«

Kurz darauf war Felldrak in der Gasse wieder so allein wie ein Elf beim Schlammringen.



(Jetzt)
Die Tür zum verlassenen Haus flog auf. Vortimax Weer trat über die Schwelle. Seine wenigen Haare standen vor magischer Energie zu allen Seiten ab. Seine Finger sprühten Funken, seine Augen blitzten wild. Weer flimmerte und flog. Am Tisch im Wohnzimmer sprangen Meerthan Eliothlorn und Berion auf, aber die Überraschung war auf Seiten des Magiers.

Weer spie einen schnellen Zauber aus, und noch während dieser seine Wirkung entfaltete, sprach er schon den nächsten. Das Haus explodierte in einem gewaltigen Feuerball. Scherben regneten durch die ganze Straße, Staub wogte auf. Aus dem Staub trat Vortimax Weer und ging drohenden Schrittes zu seinem Turm zurück.

Kaum dort angekommen, teleportierte er sich zurück in das verlassene und jetzt zerstörte Haus und hastete die Kellertreppe hinunter. Meerthan und Berion warteten schon.

»Ob sie uns das abkaufen?«, fragte Berion. »Ein Mönch stirbt im Feuerball?«

»Die Chance steht mindestens eins zu zwanzig«, sagte Meerthan. »Außerdem habe ich zwei Leichen im Zimmer zurückgelassen.«

»Trotzdem sollten wir hier verschwinden«, sagte Weer. »Na los, fasst meine Schulter, und ich bringe uns an einen sicheren Ort.«



(Vor zehn Tagen; Geheimnisse der Seelenpfeiler)
Sie würden nicht kommen. Skylar Krewis verfluchte sein Unglück. Was hatte er sich auch mit den Kettenbrechern treffen wollen? Aber nach dem Tod des Hauptmanns war ihm in der Stadtwache nicht mehr ganz wohl gewesen. Darum hatte er diesen dummen anonymen Brief geschrieben – als ob ›SK‹ irgend jemanden täuschen konnte. Warum war er nicht einfach zum Tempel gegangen? Weil er Angst gehabt hatte, darum. Wenn die Kettenbrecher ihm nicht hätten helfen wollen, wollte er unbehelligt seinen Posten behalten können. Und als Freund der Kettenbrecher hatte er schon genug Sticheleien zu ertragen gehabt. Wenn man ihn jetzt für einen Spitzel hielte…

Natürlich war alles anders gekommen. Noch bevor er sich hatte mit ihnen treffen können, waren die Kettenbrecher Embril zum Opfer gefallen. Er hatte also die Initiative ergriffen. War zur Trauerfeier gegangen – das war schließlich unverdächtig. Hatte das Treffen verschoben.

Natürlich hatte gerade heute das Schicksal zugeschlagen. Er war bei der MGA vorbei gegangen, um Mirta zum MIttagessen einzuladen. Da war diese Kiste gewesen, mit den Fundsachen aus dem Finger. Nur die Kiste; niemand in ihrer Nähe. Skylar hatte einen schnellen Blick hinein geworfen…

Jetzt saß er hier im Pavillon am Seeufer, die Beweise brannten ihm ein Loch in die Tasche, und die Kettenbrecher kamen nicht. Hatten sie ihn vergessen? Egal. Skylar sah zum Himmel. Es war bald Mitternacht. Nur noch ein anderer Tisch war besetzt – ein selbstvergessenes junges Paar, das wohl keinen anderen Ort hatte, um sich ein Stelldichein zu geben. Je länger er jetzt noch wartete, desto verdächtiger machte er sich. Skylar nickte Nisa zu und legte eine Königin auf den Tisch.

»Stimmt so«, sagte er.

Nisa warf ihm einen gespielten Kussmund zu. Skylar fasste sich ans Herz und gab sich getroffen.

»Mach, dass du heim kommst«, sagte Nisa. »Die beiden Turteltauben reichen mir.«

»Dein Wunsch ist mir Befehl«, sagte Skylar.

Mit zügigem Schritt marschierte er die Lavaallee entlang. Die Nacht war angenehm warm. Cauldron schlief. Eigentlich mochte Skylar diese Zeit, wenn der Schwefeldampf unbehelligt durch die niedrigen Straßen zog. In diesen Momenten fühlte sich Cauldron mehr als sonst wie sein Zuhause an. Wie er jetzt so in die Schrumpfgasse abbog – eine Abkürzung – dachte er, dass sein Posten bei der Wache doch gar nicht so schlecht sei. Für einen Moment vergaß er die Kettenbrecher und die Beweise, die er in der Tasche hatte.

Skylar wurde nach hinten gerissen, zu Boden geworfen. Dumpf spürte er den Aufprall in seinem Rücken. Ein großer Stein ragte aus dem Pflaster heraus und prellte ihm die Schulter. Bevor er reagieren konnte, pflanzte sich ein Stiefel auf seine Brust. Im Mondlicht erkannte Skylar die Umrisse zweier Halborks. Dem einen gehörte der Stiefel auf Skylars Brust.

»Keinen Mucks«, sagte er.

Der andere beugte sich nieder und zog Skylars Schwert aus der Scheide.

»Kein Friedensband«, sagte der stehende Halbork. »Gegen das Gesetz.«

»Ich gehöre zur Wache«, presste Skylar hervor. Es fiel ihm schwer, zu atmen.

»Heute nacht nicht«, sagte der Halbork. Er wandte sich an seinen Gefährten. »Filz ihn.«

Skylar schloss die Augen. Helm, hilf! Er fühlte Finger an seiner Brust, seinem Gürtel,  seinen Beinen... jetzt kamen sie zurück, fummelten an seiner Tasche, zwängten sich hinein, zerrten das Geheimnis ans Licht.

»Was haben wir denn hier?«, fragte der Halbork.  Der andere gab ihm die beiden Briefe, die Skylar aus der MGA-Kiste entwendet hatte.  

»Gehört das dir?« Seine Stimme klang, als würde er lächeln.

Helms helfende Hand, dachte Skylar. Ich werde sterben.


»Hehe«, sagte der zweite, »guck mal, Rork, der hat Angst vor uns.«

»Sieht so aus, Garang.« Der Halbork packte einen Stein und wickelte die Briefe darum. »Die bringen wir nachher noch am Tempel vorbei. Wir wollen ja nicht, dass die Kettenbrecher im Dunkeln tappen.«

»Wer seid ihr?«, fragte Skylar.

»Peh«, machte Rork. »Dachte, du kannst hören. Ich bin Rork, und das ist Garang.«

»Wir gehören zu den Guten«, sagte Garang stolz.

»Sei bloß froh, dass es die Guten und nicht die Klugen sind«, meinte Rork. »Sonst wärst du nämlich nicht dabei.«

»Ach ja?«, wollte Garang wissen. »Vergiss nicht, dass Felldrak mich vor dir gefragt hat.«

Rork öffnete und schloss seine Hand in einer Großmaul-Geste. Skylar räusperte sich. »Kann ich aufstehen?«

»Hm? Oh, klar.« Rork half ihm auf. »Tschuldige, aber Felldrak hat gesagt, wenn wir dich erwischen, sollen wir sichergehen, dass du uns zuhörst.«

»Und Rork erzählt normalerweise so einen Scheiß, dass er die Leute fesseln muss, damit sie zuhören«, sagte Garang.

»Klappe«, sagte Rork und wandte sich wieder an Krewis. »Jedenfalls konnten wir nicht einfach so mit dir sprechen.«

»Jetzt, wo du tot bist«, ergänze Garang.

»Wie bitte?« Skylar Krewis wusste gar nichts mehr.

»Fang doch nicht hinten an«, herrschte Rork. »Mann, du bist echt zum Erzählen zu doof.«

»Von wegen«, schnauzte Garang zurück. »Ich-«

»Jungs, bitte. Was ist hier los?«

»Hrm.« Rork kratzte sich den linken Hauer. »Wir brauchen dich als Ersatz für Terseon Skellerang.«

»Aber ich bin nur ein Sergeant«, protestierte Skylar.

»Schmapperlapapp. Terseon war derjenige, dem die Menschen folgten. Jetzt bist du das. Terseon hat uns gesagt, wir sollen still halten, bis er uns das Signal gibt. Dann schlagen wir los.«

»Gegen wen?«

Rork zuckte mit den Schultern. »Was weiß ich. Gegen die Bösen, nehme ich an.«

»Jedenfalls hamse Terseon schon umgebracht«, sagte Garang. »Und du musst verschwinden, damit dir nicht dasselbe passiert.«

»Ich soll verschwinden und gleichzeitig die menschlichen Wachen um mich scharen?«

»Jau«, meinte Rork.

»Jetzt hastes«, ergänzte Garang.

»Und wie?«

»Dir fällt bestimmt was ein. Bis dahin schaffen wir dich in einen geheimen Unterschlupf. Da haben wohl vorher Kobolde drin gehaust.« Rork hielt inne. »Bist du sehr geruchsempfindlich?«

»Moment Mal«, fragte Skylar, während die beiden ihn durch die Nacht zerrten. »Was für ein Signal?«



(Jetzt)
»Boss!«, rief Karras. »Boss!« Noch auf dem Weg zur Tür kam ihm Beregard entgegen. »Die wollen uns-«

»Ich weiß«, sagte Beregard. »Ich weiß.«

»Mitglieder des Ordens von Barakmordin«, erklang Grukk Zwölftöters Stimme vor dem Tor. »Ich wiederhole noch einmal. Ihr seid wegen des Verdachts der Aufrührerei festgenommen. Öffnet das Tor und kommt friedlich mit uns, oder«, er machte eine genießerische Pause, »zwingt uns dazu, euch zu zwingen.«

Dernholm, Brynn und Alina standen in einer Reihe vor dem Tor. Karras stellte sich gerade wieder dahinter, neben Samira  und Tomker geschützt in der Mitte. Beregards Position wäre bei dieser Formation entweder vorne im Getümmel oder hinten in der letzten Reihe, wo er alles überblicken konnte. Die Barakmordin hatten ihre Waffen gezogen.

»Es sind nicht so viele«, sagte Brynn.

»Die packen wir«, sagte Alina. »Die machen wir fertig.«

»Wir geben ihnen einen Aufruhr«, sagte Dernholm.

»Lasst uns als freie Menschen sterben«, meinte Tomker.

Beregard sah noch einmal ins Dunkel des Gebäudes zurück. Am Fuß der Treppe stand Skylar Krewis und sah zu ihm hoch. Ergebt euch, hatte Krewis gesagt. Geht mit ihnen. Vertraut mir. Es juckte Beregard in den Fingern. Skylar Krewis nickte ihm noch einmal zu. Es war seine Entscheidung, hieß das. Beregard nickte zurück. Scheiß drauf.

»Waffen weg«, befahl er.

»Wie bitte?« Selbst Samira war entgeistert. »Ihr wollt doch nicht-«

»Ich habe gesagt, Waffen weg. Dernholm, öffne das Tor. Und macht keinen Unsinn. Die wollen uns abschlachten, also gebt ihnen keinen Grund. Ist das klar?«

»Klar«, kam die enttäuschte Antwort.

»Gut.« Beregard gesellte sich zu seinen Mannen. Jetzt musste er nur noch hoffen, dass Skylar Krewis nicht gelogen hatte.



(Vergangene Nacht)
Boras fand sich in einem unbekannten Haus wieder, in einer ihm unbekannten Küche. Er saß an einem einfachen Holztisch, darauf ein Teller mit harter Wurst und Brot sowie eine Kanne voll Milch. Die Tür zum Nebenzimmer öffnete sich, und Kinderlachen ertönte, gefolgt von einem volltönenden Gelächter, als Terseon Skellerang zwei kleine Jungen von sich schob und rückwärts durch die Tür kam.

»Ich bin gleich wieder da«, sagte er. »Papa muss nur etwas erledigen.« Der ehemalige Hauptmann der Stadtwache trug einfache Leinengewänder. Er drehte sich um und setzte sich Boras gegenüber. Mit einem Mal erstarb sein Lächeln.

»Was willst du?«

»Ich weiß nicht«, sagte Boras. »Ich weiß nicht mal, wie ich hergekommen bin.«

Terseon blickte zur Decke. »Ist es das, was ich tun muss, um zu vergessen?«

»Wo sind wir?«

»Hör zu«, sagte Terseon. »Ich werde nicht zurückkommen. Ich bin zufrieden. Du musst meine Aufgabe übernehmen. Du musst ihn töten – du weißt ja, wen. Sieh zu, dass es bei einem Dutzend bleibt. Und warte auf mein Zeichen.«

»Dein Zeichen?«

Terseon griff Boras Schulter. »Es wird mir schwerfallen, dich zu vergessen. Ich muss jetzt zurück.« Er stand auf und ging zurück zur Tür.

»Was für ein Zeichen?«

Terseon drehte sich noch einmal um. Er lächelte. »Exzelsior.«
Bitte schickt mir keine PMs hier, sondern kontaktiert mich, wenn nötig, über meine Homepage

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