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Autor Thema: Berandors Stadt in Ketten VII: Schatten über Cauldron  (Gelesen 43584 mal)

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Topas

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Berandors Stadt in Ketten VII: Schatten über Cauldron
« Antwort #210 am: 27. August 2007, 14:10:09 »
Super, endlich wieder ordentliche Borasaction, die hatte mir letztlich etwas gefehlt.
Zitat von: "Topas"
So ich habe mal für Boras gestimmt, auch wenn er im letzten Kapitel mal wieder aussen vor war.
Immense harm is caused by the belief that work is virtuous.
- Bertrand Russel

Berandor

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Berandors Stadt in Ketten VII: Schatten über Cauldron
« Antwort #211 am: 27. August 2007, 17:20:03 »
Dann keine Sorge, du kommst auf deine Kosten.
Bitte schickt mir keine PMs hier, sondern kontaktiert mich, wenn nötig, über meine Homepage

Topas

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Berandors Stadt in Ketten VII: Schatten über Cauldron
« Antwort #212 am: 06. September 2007, 18:13:50 »
War gerade bei den derangierten Einsichten und habe betrübt festgestellt, dass der Anzeiger für die neue Storyhour immer noch auf 0% steht. Wann kommt denn neuer Stoff ?
Immense harm is caused by the belief that work is virtuous.
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Berandor

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Berandors Stadt in Ketten VII: Schatten über Cauldron
« Antwort #213 am: 06. September 2007, 19:49:22 »
Habe gerade ein Update geschrieben.

Ich muss nur noch mal zu Hause in die Unterlagen gucken, ob ich alles richtig im Kopf hatte. Dann folgt noch heute der Beitrag. Also gutes Timing.

Ich hoffe, dann heute zu Hause das zweite Update zu schreiben, damit ich das am Montag oder Dienstag posten kann. Samstag, den 15., spielen wir nämlich wieder.
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Berandor

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Berandors Stadt in Ketten VII: Schatten über Cauldron
« Antwort #214 am: 06. September 2007, 21:31:20 »
Farbe bekennen

Die Tür in den Speisesaal schwang auf, und Boras stürzte mit gezückter Axt hinein. Seine Schritte verlangsamten sich, dann hielt er inne. Seine Miene wechselte von Entschlossenheit zu Enttäuschung.

»Zu spät«, sagte Thargad lakonisch.

»Aber du kannst als Zeuge fungieren«, sagte Dirim. Er trat auf Thargad zu. »Du hast hilflose Kreaturen gegen das Gesetz ermordet. Dafür klage ich dich an.«

»Wie bitte?«, fragte Thargad. Die anderen Kettenbrecher waren ebenso erstaunt.

Dirim fuhr fort: »Ich ernenne Jenya Urikas zu deinem Beistand. Dein Prozess wird also erst stattfinden, nachdem die Lage geklärt ist.«

»Sehr zuvorkommend.« Thargad lachte auf.

»Was ist überhaupt passiert?«, wollte Jørgen wissen.

»Thargad hat die festgehaltenen Zwerge und den Elfen getötet, obwohl ich ihn bat, es nicht zu tun. Er hat Hilflose und womöglich Unschuldige getötet.«

»Das kann nicht dein Ernst sein«, sagte der Paladin. »Dann musst du mich auch anklagen.«

»Dann werde ich das tun.«

»Und dich selbst auch, nach allem, was du schon getan hast.«

»Dann werde ich auch das tun«, sagte Dirim bestimmt. »Unrecht muss belangt werden.«

»Hörst du eigentlich, was du da sagst?«

»Ich werde mir von dir nicht Recht und Gesetz erklären lassen.«

»Vielleicht solltest du das.«

»Ach ja? Vielleicht–«

»Können wir das später besprechen?«, fragte Thargad. »Im Moment sitzen die Barakmordin und Jenya im Gefängnis, und wenn Krystof nicht betrunken ist, hockt er vor den Ruinen seines Schreins. Es gibt Wichtigeres.«

Jørgen und Dirim schwiegen.

Boras schüttelte den Kopf. »Ich kapier überhaupt nix mehr.«

»Du hast Recht«, sagte Jørgen schließlich. »Also, wohin gehen wir? Der Tyrtempel ist nicht sicher, und was ist mit dem Helmtempel? Vor allem: Warten wir, bis Dirim seine volle Kampfstärke zurück hat, oder ziehen wir sofort in den Kampf?«

»Ich bin für sofort«, sagte Dirim. »Dann haben unsere Gegner auch keine Zeit, sich neu vorzubereiten.«

»Aber der einzige bekannte Gegner ist die Dame Rhiavadi. Und der fehlt nur ein Teleportzauber«, gab Thargad zu bedenken. »Ob schnelles Eingreifen da einen so großen Vorteil bietet?«

»Können wir Kontakt zu den Silberschreitern aufnehmen?«, wollte Jørgen wissen. »Also zu Meerthan, der ist ja der einzige, der noch übrig ist.«

»Nicht ganz«, meinte Thargad rätselhaft. »Aber wie auch immer, ich weiß nicht, wo er ist. Er ist aus dem Trunkenen Morkoth ausgezogen, und außerdem war da ja noch das Attentat auf ihn geplant.«

»Wer bleibt denn da noch?«, fragte Dirim.

»Wenn der Helmtempel auch tabu ist«, meinte Thargad, »kenne ich nur noch einen, der helfen könnte.«

-

Das Große Zahnrad war stiller als sonst. Zwar hörte man vereinzeltes Hämmern, aber die Geschäftigkeit in der Gondkirche war ebenso gedämpft wie das Leben auf den Straßen: Obwohl früher Nachmittag, war Cauldron fast so leer wie in tiefer Nacht. Jene, die ein Gespür für so etwas hatten und es sich leisten konnten (oder ihr Leben über ihren Verdienst schätzten) hatten sich in ihre Häuser zurückgezogen. Die Blicke, die den Kettenbrechern auf ihrem Weg zum Gondtempel folgten, gehörten daher entweder schmutzigen und wettergegerbten Gesichtern oder verängstigten Händlern. Kaum ein Kinderlachen war zu hören, und erst im Fehlen bemerkte man die vorherige Allgegenwart wachmännischer Stiefeltritte. Cauldron hatte sich wie eine Schildkröte in ihre Schale zurückgezogen, und fünftausend Bewohner hielten gemeinsam den Atem an.

Die Doppeltüren des Tempels waren geschlossen. Erst nach mehrmaligem Hämmern öffnete sich ein Spalt in der Tür. »Ja?«

Dirim trat vor. »Wir wollen rein.«

»Herr, kommt doch morgen wieder. Heute ist zu.«

Bevor der Spalt sich schließen konnte, hatte Boras seinen Fuß dazwischen geschoben. »Wir wollen rein«, wiederholte Dirim.

Kurzes Zögern. »Bitte wartet einen Moment.« Ein metallisches Kreischen erklang, und eine blecherne Stimme hallte: »Herr, hi... ...rim Gratu... ...ehen.«

Kurz darauf schwang die Tür ganz zur Seite. Dahinter standen sechs gerüstete und mit Schmiedehämmern bewaffnete Priester, und in deren Rücken der Halbork und Hohepriester Asfelkir Hranleurt. Asfelkir verbeugte sich vor Dirim, aber seine Miene blieb ernst. »Ihr solltet nicht hier sein. Nicht heute.«

»Wir suchen jemanden«, sagte Dirim. Er blickte zu Thargad. Der sagte: »Darigaaz, den Gnom.«

»Ist er nicht bei den Anderen?«

»Was meint ihr?«, fragte Jørgen.

Asfelkir Hranleurt zuckte mit den Schultern. »Ich dachte, er wollte zum Helmtempel. Zu Euch. Und ich dachte, ihr wolltet mich um Verstärkung ersuchen.«

»Habt ihr Verstärkung?«, fragte Dirim. »Heute ist der Tag, um die Seite zu wählen, sich für Gut oder Böse zu entscheiden.«

Der Halbork stemmte die Hände in die Hüften. »Ich entscheide mich für Cauldron. Missversteht mich nicht, ich wünsche, dass ihr obsiegt. Aber wenn ihr verliert – wer ist dann hier, um die Bewohner vor dem zu schützen, was da kommen mag? Wir.«

Jørgens Wangenknochen traten keilförmig hervor. »Wenn wir verlieren–«

»–werden wir uns um Cauldron kümmern«, schloss Asfelkir, aber Jørgen legte den Kopf schief.

»Nein. Wenn wir verlieren, bringt ihr die Leute hier raus. Wer dann in Cauldron bleibt, kann froh sein, schnell zu sterben.«

Asfelkirs Augen weiteten sich. »So schlimm?« Er schluckte. »Also gut. Wir werden die nötigen Vorkehrungen treffen. Ihr habt mein Wort. Jetzt geht.« Diesmal schlossen sich die Tore ohne Widerstand der Kettenbrecher.

»Also doch zum Helmtempel?«, fragte Dirim, aber eine Antwort erübrigte sich.

-

Auch die Tore des Helmtempels waren geschlossen. Thargad las mit leiser Stimme die in flammenden Lettern geschriebenen Worte über dem Eingang.

»Die Nacht kommt, und meine Wacht beginnt. Sie soll nicht enden bis zum Morgen.« Er nickte, in Gedanken versunken.

»Wenn wir uns nicht anstrengen, wird das eine ziemlich lange Nacht werden«, kommentierte Jørgen.

»Keine Angst«, meinte Boras. »Zur Not prügle ich die Sonne über den Horizont.«

»Boras Lichtbringer«, sagte Dirim. Er grinste. »Gefällt mir.«

Thargad klopfte an die Tür. Ein Akolyth spinste heraus, dann schwang die Doppeltür auf. »Sie sind da!«, rief der junge Mann über die Schulter. Dann trat er zur Seite und ließ die Kettenbrecher ein.

In der Halle des Helmtempels herrschte reges Treiben. Hier saß eine Gruppe Akolythen zusammen und sortierte Schriftrollen, ein Stück weiter standen menschliche Stadtwachen Schlange und erhielten von weiteren Akolythen abgezählte Tränke. Das Geräusch von Wetzsteinen und Übungsschwüngen füllte den Raum, und Rüstungsöl lag in der Luft wie der Geruch einer Geliebten am Morgen danach. Vor dem Altar befanden sich ein paar Gestalten in innigem Gebet. Daneben hatte man eine Holzplatte über zwei Bänke gelegt und einen Tisch geschaffen. An dem Tisch standen Skylar Krewis, die flügellose Reya, Annah Taskerhill und Corah Lathenmire und berieten sich. Sie sahen ebenso auf wie Rufus Laro und Krystof Jurgensen, die ihrerseits ins Gespräch vertieft gewesen waren. Am Rand der Halle, fast in den Schatten, standen Meerthan Eliothlorn – unverkleidet –, Thargads Mentor Berion und Vortimax Weer beisammen. Und nahe des Eingangs schließlich saßen die Gnome Keygan Ghelve und Darigaaz vor einem menschengroßen Stahlapparat, der eine Mischung aus Golem, Ritterrüstung und Bohrwerkzeug zu sein schien.

»Hab ich was verpasst?«, fragte Dirim erstaunt. »Das müssen drei Dutzend Leute sein. Mehr sogar. Was wollen die hier?«

»Ich nehme an, uns helfen«, sagte Jørgen. »Weißt du nicht mehr? ›Heute ist der Tag, um die Seite zu wählen?‹«

»Ja, aber...«

»Hättest wohl nicht gedacht, dass mal jemand auf dich hören wird?«, meinte Thargad. »Du kannst sie später verklagen. Sagen wir erstmal Hallo.«

Gemeinsam schritten sie durch die Halle, und allein ihre Anwesenheit schien die Luft aufzuladen. Junge Helmpriester und -priesterinnen, deren größte Kampferfahrung darin bestand, im Plattenpanzer Kartoffeln zu schälen, schöpften Hoffnung, dass sie den morgigen Abend erleben würden. Thargad seilte sich von den anderen ab und näherte sich Berions Gruppe. Die übrigen wurden von Krystof in Empfang genommen, der ihnen entgegen gekommen war, bevor sie den Planungstisch erreichten.

»Seht nur, Meister Dirim«, rief Krystof. »Ist das nicht wunderbar? Jetzt können wir es ihnen zeigen!«

»Kämpfe sind niemals wunderbar«, sagte Dirim. »Manchmal sind sie allerdings notwendig.«

»So auch jetzt«, sagte Skylar Krewis. Er schüttelte die Hand der Kettenbrecher. »Gut, dass ihr da seid.«

»Mein Vater übersendet euch Grüße«, sagte Annah in Richtung Jørgen.

Der Paladin nickte. »Gut. Ich nehme an, er ist bereit, seine Pflicht zu tun? Wenn wir fertig sind, wird es bis zu einer entsprechenden Verkündung keinen Stadtherren geben. Wird er diese Rolle einnehmen?«

Annah senkte den Kopf. »Mein Vater ist ein treuer Gewährsmann der Krone. Es wäre das erste Mal, dass er seiner Pflicht davonliefe. Er wird bereit sein.«

»Kommen wir zum Wesentlichen«, meinte Dirim. »Was ist hier los?«

»Wir planen den Angriff auf Cauldron«, sagte Skylar Krewis. »Habt ihr euch das nicht gedacht?«

-

»Geht es euch gut?«, fragte Thargad und sah dabei Berion, und dann Meerthan an.

»Ja«, sagte der alte Mönch und legte seine Hände auf Thargads Schultern. Er musste seine Arme ganz strecken, um hoch genug zu kommen. »Und du?«

Zur Antwort zog Thargad eine Halskette hervor. »Die gehörte Eurer Feindin Elayne. Ich habe sie heute getötet.«

Tränen traten in Berions Augen, als er die Kette erblickte. »Vorher gehörte sie noch jemand anderem«, sagte er leise. Er nahm die Kette in die Hand, betrachtete sie für einen Moment. »Entschuldigt mich bitte«, sagte er in die Runde und ging langsam davon. Thargad sah ihm noch einen Moment nach.

»Vortimax hat uns gerettet«, sagte Meerthan. »Er hat uns gewarnt und unseren Tod vorgetäuscht.«

Jetzt sah der Assasine zweifelnd auf den Magier herunter, dessen Glatze im Kerzenschein leuchtete und dessen Gesicht sich plötzlich rötete.

»Wenn ich euch schon helfe«, druckste er, »dann richtig.«

»Ihr solltet die beiden töten, oder? Warum?«

»Keine Ahnung«, gab Vortimax zu. »Valanthru hat nur gesagt, dass sie weg müssten.«

»Hm«, machte Thargad. Dann stutzte er. »Moment mal – wer?«

-

»Ganz recht«, sagte Skylar Krewis. »Tenebris Valanthru steckt mittendrin. Er ist der Drahtzieher des Ganzen.«

»Trau keinem Elfen«, sagte Dirim. Er wandte sich zu Thamior um: »Anwesende ausgeschlossen.«

»Tröstlich«, meinte Thamior. »Aber ich habe ihm auch nicht getraut. Ich glaube nur nicht–«

»-dass er ein Elf ist«, sagte Jørgen. »Ich auch nicht. Valanthru – Vlaathu? Das ist doch sehr ähnlich. Und ein gestaltwandelnder Betrachter hätte durchaus das Zeug, sich als Elf auszugeben.«

»Zumal, wenn es diesen Valanthru vielleicht wirklich mal gegeben hat«, fiel Dirim ein. »Vlaathu könnte ihn vor fünfzig oder hundert Jahren beseitigt haben, und heute würde sich kein Mensch mehr daran erinnern oder etwas merken.«

»Vielleicht habt ihr Recht«, sagte Krewis. »Jedenfalls haben wir uns gedacht, ihr übernehmt Valanthru. Wir kümmern uns um die Stadtwache. Die Frage ist nur, wann? Noch heute, oder erst morgen früh?«

»Die erwarten uns, oder?«, fragte Boras. »Lassen wir sie doch eine Nacht warten. Das bisschen Müdigkeit kann nicht schaden.«

»Wie sieht denn euer Plan aus?«, wollte Dirim wissen.

»Die Stadtwache wurde komplett in den Kasernenhof zurückgezogen. Grukk will Euch dort empfangen, wenn ihr Eure Freunde befreien kommt. Ihr habt keinen Zauberer, also hat er wenig Angst vor Feuerbällen und Ähnlichem. Soweit wir wissen, hat er die Ogerberserker zum Schutz der MGA abgestellt.«

»Also doch«, sagte Dirim. »Ich dachte, die stehen auf unserer Seite.«

»Standen sie auch«, sagte Corah. »Mialee Wurzeldach zumindest. Aber sie wurde schon vor Monaten in den Kerker gesteckt, ohne dass es jemand gemerkt hat.«

»Weitere Elitekämpfer sind unter den Truppen verteilt und bewachen das Gefängnis«, fuhr Skylar Krewis fort. »Schützen stehen auf den Dächern.«

»Und was macht ihr?«

Skylar grinste. »Sie überraschen. Aber kommt – Keygan Ghelve hat etwas für euch.«

-

»Was ist das eigentlich?«, wollte Boras wissen. Sie standen vor Darigaaz' Metallgerüst. In der Brust klaffte eine Öffnung, dahinter sah man eine unkomfortable Halterung für einen kleinen Körper, diverse Hebel sowie ölglänzende Zahnräder. Der linke Arm der Maschine endete in einem großen Hammerkopf, der rechte in einem sich langsam drehenden Bohrer. Über dem Bohrer war ein dünnes Metallrohr angebracht, das nach Spiritus roch. Aus dem Rücken wuchs ein armdicker Schlot, der graue Wölkchen hustete. Der ganze Apparat zitterte und brummte. Darigaaz hatte einen Schraubenschlüssel in das Innere des Apparats gesteckt und schlug gerade mit dem Hammer darauf. Vier krumme Stahlruten stülpten sich über den Bohrer und begannen sogleich, in ihrer Verankerung vor und zurück zu zucken. Darigaaz grunzte zufrieden und wischte sich mit einer schmierigen Hand die schmutzige Stirn ab, dann wandte er seine schüttere Stirn und seine geröteten Augen den Kettenbrechern zu. Sein Rücken beugte sich unter dem Gewicht der vielen Werkzeuge an seinen um die Hüfte und über die Schultern geworfenen Gürteln.

»Eigentlich ist es ein Gerät, um Tunnel zu bohren«, sagte der Gnom. »Man kann darin auch schwere Einstürze überleben. Ich dachte mir, so viel härter kann ein Schwerthieb auch nicht sein, und wenn der Bohrer Granit durchbohren kann...«

»Eklig«, sagte Boras. »Gefällt mir.«

Darigaaz

»Natürlich gibt es ein paar Probleme«, gab der Gnom zu, »aber–«

»Aber darum sind wir nicht hier«, meinte Jørgen. »Keygan, ihr habt etwas für uns?«

Der Schlosser nickte. »Ich weiß nicht, ob ihr euch an mich erinnert, aber wir haben uns getroffen, kurz nachdem ihr hier angekommen seid.«

»Natürlich erinnern wir uns«, sagte Dirim.

»Ihr seid doch der Feuerschlucker vom Marktplatz, oder?«, fragte Boras grinsend.

Keygan lächelte nervös. »Ha ha. Nun, jedenfalls habe ich etwas... also, mein Großvater hat etwas... nein, fangen wir anders an. Mein Großvater hat damals geholfen, das Haus von Fürst Valanthru auszurüsten. Na ja, und... als Schlosser hat man gerne einen Schlüssel für die Schlösser, die man macht. Außerdem dachte er, irgendwann würde bestimmt mal jemand da rein müssen. Na ja, jedenfalls... hier.«

Er hielt den Kettenbrechern eine achteckige Scheibe aus schwarz glänzendem Metall entgegen. Die Vorderseite war so blankpoliert wie ein Spiegel, in die Rückseite war eine Zeichnung eingraviert. An jeder Ecke des Gegenstands prangte ein dreieckiger Edelstein, sieben davon rot, einer grün.



»Es hat dreißig Ladungen«, fügte Keygan Ghelve hilfsbereit hinzu.

»Das ist ja schön und gut, aber was ist das?«, wollte Jørgen wissen.

»Das ist das Oktogon. Der Schlüssel zu Valanthrus geheimem Unterschlupf. Jedenfalls mehr oder weniger. Jeder dieser Edelsteine steht für einen Zauber; jeder Zauber kostet eine Ladung pro Zaubergrad und öffnet eine Türe in dem Unterschlupf. So weit ich weiß, gibt es zehn Türen in Valanthrus Unterschlupf – zwei davon kann man nicht mit dem Oktagon öffnen, die erste Tür und noch eine andere. Die letzte Tür öffnet sich mit dem Edelstein oben links – Auflösen. Ich kann euch auch sagen, wofür die einzelnen Edelsteine stehen: Beginnend mit dem Smaragd für Schlaf, Personen bezaubern, Verlangsamen, Monster bezaubern, Furcht, Telekinese, Auflösen, Fleisch zu Stein.«

»Interessante Zauberauswahl«, sagte Jørgen. »Komisch.«

Dirim runzelte die Stirn. »Das sind genau dreißig Zaubergrade, oder?«

»Ja«, bestätigte Keygan. »Ihr könnt jeden Zauber genau einmal benutzen, oder nicht alle Türen öffnen.«

»Der richtige Zauber steht wahrscheinlich nicht auf den Türen, oder?«, sagte Boras hoffnungsvoll.

Keygan schüttelte den Kopf.

»Und was ist das?«, fragte Jørgen und zeigte auf die Inschrift. »Eine Karte?«

»Keine Ahnung«, gab Keygan zu. »Wahrscheinlich.«

»Also gut«, sagte Dirim. »Warum hat dein Großvater nicht mehr Ladungen in den Gegenstand gewirkt, und warum hat er nicht alle Türzauber darin, und warum hat er nicht gesagt, wozu die Inschrift ist? Ist das ein gnomischer Scherz?«

Keygan wurde schlagartig ernst. »Es liegt wahrscheinlich daran, dass er wusste, welche Zauber zu welcher Tür gehörten, dass dies ein vorläufiger Schlüssel ist, und daran, dass er nach der Vollendung von Valanthrus Unterschlupf verschwand. Vielleicht hat Valanthru ihn getötet, und meine Familie hat gewartet, bis endlich jemand Vielversprechendes daherkommt, um sein Schicksal zu erkunden – aber vielleicht ist das auch nur ein dummer Gnomenstreich, weil Gnome ja bekanntlich die Reife eines Zehnjährigen besitzen. Vorsicht, ich habe Zahnpasta auf die Klinke zu eurem Gemach geschmiert.«

»Wo kam das denn her?«, meinte Dirim. »So habe ich das nicht gemeint. Ich dachte nur, die Informationen zu diesem Oktogon sind etwas dürftig.«

»Besser als nichts«, sagte Jørgen. »Außerdem stell dir mal vor, das wäre einfacher: wo blieben da der Spaß und die Herausforderung? Dann könnte ja jeder bei Valanthru reinspazieren.«

»Sogar Severen Nalavant«, sagte Thamior.

»Sogar Severen Nalavant, Siamorphe belohne ihn«, stimmte Jørgen zu.

»Sogar Krystof Jurgensen«, sagte Boras.

»Sogar«, begann Jørgen, hielt dann aber inne. »Na ja, wir wollen nicht übertreiben.«

Keygan Ghelve lachte auf. Dirim schmunzelte. Er hielt dem Gnom die Hand hin. »Entschuldige.« Ghelve schüttelte sie.

»Schon gut.«

»Dann wollen wir mal sehen, ob wir uns nützlich machen können«, sagte der Paladin. »Heute abend planen wir, dann kann Dirim noch einmal ein paar Gebete aufstocken. Morgen früh holen wir uns Valanthru – und befreien Cauldron.«
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Berandors Stadt in Ketten VII: Schatten über Cauldron
« Antwort #215 am: 07. September 2007, 03:27:50 »
JUHU! Endlich ein wenig Action! Bzw. wieder was zum Lesen... Wurde auch etwas langweilig hier! ;-)
"die untoten Drachen werden die Welt beherrschen"

Topas

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Berandors Stadt in Ketten VII: Schatten über Cauldron
« Antwort #216 am: 07. September 2007, 14:15:12 »
Super, Hat auch gleich wieder mal gezeigt:
Gnomenpower! Bin ja immer noch entsetzt von dem Ausgang der Klassenstreichwahl.
Immense harm is caused by the belief that work is virtuous.
- Bertrand Russel

Hedian

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Berandors Stadt in Ketten VII: Schatten über Cauldron
« Antwort #217 am: 08. September 2007, 15:15:53 »
Zitat von: "Berandor"
weil Gnome ja bekanntlich die Reife eines Zehnjährigen besitzen. Vorsicht, ich habe Zahnpasta auf die Klinke zu eurem Gemach geschmiert.

 :D


Führte der Konflikt mit Dirim eigentlich auch zu einer Auseinandersetzung zwischen den Spielern? In meiner Gruppe wäre da wohl auch eine hitzige Metadiskussion drüber entsprungen.

Berandor

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Berandors Stadt in Ketten VII: Schatten über Cauldron
« Antwort #218 am: 08. September 2007, 16:12:44 »
Bislang blieb es unter den Charakteren. Das liegt aber vielleicht auch daran, dass das Ganze hier schon thematisiert wurde und daher alle mehr oder weniger vorbereitet waren. Und sowohl Jørgens als auch Dirims Spieler können da m.E. klar trennen.
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Dirim

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Berandors Stadt in Ketten VII: Schatten über Cauldron
« Antwort #219 am: 08. September 2007, 18:23:59 »
Zitat von: "Berandor"
Bislang blieb es unter den Charakteren. Das liegt aber vielleicht auch daran, dass das Ganze hier schon thematisiert wurde und daher alle mehr oder weniger vorbereitet waren. Und sowohl Jørgens als auch Dirims Spieler können da m.E. klar trennen.


noch  :evil:

 :wink:

Kylearan

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Berandors Stadt in Ketten VII: Schatten über Cauldron
« Antwort #220 am: 09. September 2007, 20:26:45 »
Zitat von: "Hedian"
Führte der Konflikt mit Dirim eigentlich auch zu einer Auseinandersetzung zwischen den Spielern? In meiner Gruppe wäre da wohl auch eine hitzige Metadiskussion drüber entsprungen.

Nun, wir haben ja immer die inhärente Metadiskussion wegen eines Paladins (primär zwischen Berandor und mir). Mit Real-Life-Dirim gibt's aber keine Probleme, es macht einfach viel Spaß, diesen Konflikt zu haben. Er ist ja auch nicht unlösbar ;-)

Kylearan
"When the going gets tough, the bard goes drinking."

Berandor

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Berandors Stadt in Ketten VII: Schatten über Cauldron
« Antwort #221 am: 11. September 2007, 19:43:22 »
Wie versprochen:

Aufstand

Die Kettenbrecher waren die ersten, die am nächsten Morgen aufstanden. Die Sonne hatte gerade einen ersten Blick auf den Horizont erhascht, da stand Dirim schon am Alter und bereitete ein Heldenmahl vor. Die wichtigsten Kämpfer und so viele Wachen wie möglich sollten davon essen. Währenddessen gab Thamior den wenigen Bogenschützen in Reihen der Widerständler noch ein paar Ratschläge, und Thargad verabschiedete sich von Meerthan und vor allem Berion. Jørgen versammelte den kleinen Haufen im Kirchenschiff.

»Hört zu. Ich weiß, es ist ein ziemlich beängstigender Gedanke, da rauszugehen und gegen eine Übermacht anzutreten. Noch dazu gegen Leute, mit denen ihr ein Jahr oder länger zusammengearbeitet habt. Aber für Zweifel ist keine Zeit mehr. Dies ist der Tag der Entscheidung, und wer sich heute gegen euch stellt, der hat sich für die Seite des Bösen entschieden. Heute ist nicht der Tag, um zu zögern oder gnädig zu sein. Ihr müsst entschlossen und hart sein. Unnachgiebig. Sie haben ihre Gelegenheit verpasst. Die einzige Gnade, die heute gewährt wird, ist die Gnade des schnellen Todes. Die Zeit des Redens ist vorbei. Jetzt muss gehandelt werden.«

Langsam ließ er den Blick schweifen. Er sah immer noch Angst in manchen Augen, aber diese Angst wurde jetzt in Schach gehalten von Gefasstheit und Entschiedenheit. Diese Rede, gemeinsam mit Dirims Heldenmahl, sollte ihre Chancen erhöhen, siegreich aus dem Tag hervorzugehen.


Boras klopfte Skylar Krewis auf die Schulter. »Viel Erfolg.«

»Lass dich nicht umbringen«, sagte Skylar. »Bald brauchen wir einen neuen Hauptmann.«

»Ha! Da bin ich sicher nicht der Richtige.«

»Wir werden sehen.«

Krystof sprach noch einmal bei Dirim vor. »Kann ich nicht doch mit Euch kommen?«

»Ich habe es doch schon erklärt«, wiederholte Dirim. »Ich will nicht deinen Tod verantworten müssen. Es gibt nur eine Handvoll Leute, die ich mitnehmen würde; einer sitzt im Gefängnis und die anderen werden benötigt, um euch überhaupt die Möglichkeit zu geben, zu gewinnen. Außerdem«, fügte er hinzu, »muss Lathander bei der Befreiung der Stadt vertreten sein. Das Volk muss dich sehen.«

»Du weißt, du bist wie ein Sohn für mich«, sagte Berion. »Also lass dich nicht wieder umbringen.«

Thargad schwieg. Er legte eine eiserne Hand auf die Schulter seines Mentors und blickte ihm in die Augen. Es brauchte keine Worte.

»Na gut«, rief Jørgen die Kettenbrecher zusammen. »Lasst uns in ein paar Hintern treten!«

-

Eine Stunde später war das Heldenmahl verzehrt. Skylar, Annah, Corah, Rufus Laro und elf Wachmänner fühlten sich deutlich gestärkt. Reya hatte sich in ihre Engelsgestalt zurückverwandelt und für einen weiteren Hoffnungsschub bei den Anwesenden gesorgt. Meerthan und Vortimax verteilten ein paar strategische Zauber. Alle banden sich sorgsam ein breites, gelbes Band um den linken Arm. Darigaaz hatte den linken Arm des Maulwurfs gelb bemalt.

»Letzte Möglichkeit, um nach Hause zu gehen«, sagte Skylar laut. Keiner regte sich. Er salutierte mit seinem Schwert. »Na dann. Stadtwache – ausrücken!«

Siebenunddreißig Wachleute und Helmpriester marschierten aus den Doppeltüren des Tempels. Vor den Toren erwarteten sie mehrere Stadtbewohner mit Knüppeln und vereinzelten Kriegswaffen.

»Was macht ihr denn hier?«, wollte Skylar wissen.

»Wir haben gehört, dass ihr Jenya befreien wollt. Wir kommen mit.«

Skylar breitete die Arme aus. »Geht nach Hause. Euer Angebot ist gut gemeint, aber ich will euer Leben nicht auf dem Gewissen haben. Ihr seid keine Soldaten. In den richtigen Umständen könnte euch eine Katze umbringen, geschweige denn ein erfahrener Söldner. Geht nach Hause.« Die meisten Bewohner trollten sich mit enttäuschter Miene, nur eine Handvoll blieb. »Was ist mit euch?«

Ayla, die muskulöse Rausschmeißerin der Scheuen Fee, ergriff das Wort. »Wir haben keine Angst vor Katzen.« Die Umstehenden lachten.

Skylar lachte auch. »Das ist gut. Trotzdem: geht. Schützt eure Familien, eure Freunde, eure Nachbarn...«

Corah Lathenmire löste sich aus der Menge und begrüßte Ayla persönlich. »Ich habe eine bessere Idee«, sagte sie. »Geht in die Gondkirche. Sie werden eure Hilfe brauchen. Wenn wir scheitern, seid ihr die letzte Hoffnung für Cauldron.«

Ayla verzog den Mund. »Gut. Das werden wir tun.« Mit einer Handbewegung folgten ihr die übrigen Bewohner.

Skylar sah ihnen noch kurz nach, dann führte er seine kleine Streitmacht auf die Obisidanallee. Annah Taskerhill stimmte ein Lied an. Corah Lathenmire ging neben ihr mit verkniffenem Gesicht. Krystof Jurgensen und Rufus Laro flankierten Skylar Krewis. Darigaaz mühte sich in seinem Maulwurf, Schritt zu halten. Reya, Berion, Vortimax Weer und Meerthen Eliothlorn flogen unsichtbar über ihnen. In diesem Moment bündelte der Azuthtempel das Sonnenlicht und spie es als gleißenden Strahl wieder aus, allerdings dank der schnellen Arbeit des Gondtempels diesmal in den Himmel hinauf und nicht mitten in die Stadt hinunter. Skylar Krewis betrachtete das Signalfeuer. »Jetzt«, sagte er.

-

»Jetzt.« Doriel nickte Kera zu. Kera holte tief Luft. Sie öffnete ihre Weste weit genug, dass ihr Busen bei unvorsichtigen Bewegungen herausfallen könnte, und bespritzte ihr Dekolletee mit Wein. Dann hüpfte sie die Treppe hinunter.

»Naa? Alles klar?«

»Was machst du hier unten?«, herrschte Saman, aber Gork stieß ihn an und hob vielsagend die Augenbrauen.

»Ich wollt mir nur mal die Verräter ansehen«, gurrte Kera.

»Hör mal, wir können hier keinen reinlassen«, sagte Saman. »Da steht ein Kampf bevor.«

»Da oben«, sagte Kera. Sie wiegte sich zu unhörbarer Musik. »Hier unten doch nicht.« Sie tänzelte an den beiden vorbei. Sowohl Saman als auch Gork drehten sich zu ihr um und vom Eingang weg. Kera summte eine Melodie und schwenkte dazu die Hüften. Sie sah, wie Doriel und Marto hinter den beiden Wachen in den Keller schlichen, die Langschwerter bereit. Sie fuhr sich mit den Händen am Körper entlang und zu ihrem Hintern. Mit der Linken griff sie sich ins Haar, die Rechte hielt sie hinter dem Körper, mit beiden Händen tastete sie nach den verborgenen Dolchen.

-

»Jetzt!«, rief Takk Brechzahn. »Da kommen sie!«

Der Platz vor der Kaserne war voller Halborks. Hier und da waren Menschen und andere Humanoide zu sehen, in den Uniformen der Stadtwache oder der MGA. Letztere standen dicht hinter den beiden hühnenhaften Ogerberserken mit ihren gewaltigen Langäxten. Insgesamt waren sicher hundertfünfzig, vielleicht sogar zweihundert Kämpfer auf dem Platz versammelt. Auch hier hatte man Bewohner wieder nach hause geschickt, allerdings nicht aus moralischen Gründen, sondern weil man ihnen nicht traute. Ab und zu gähnte jemand, der nicht gewohnt war, in Rüstung zu schlafen. Ein geübtes Auge erkannte außerdem, dass hier und da in der Masse ein gelbes Armband leuchtete. Von Grukk Zwölftöter fehlte jede Spur.

Wo die Obsidianallee in die kleine Straße abbog, die zur Kaserne führte, waren die Widerständler aufgetaucht. Sie wurden von höhnischen Rufen und Pfiffen begrüßt. Selbst die ängstlichsten Söldner konnten nicht fassen, wie klein die Streitmacht der Gegner war, und mit großer Erleichterung stellten sie fest, dass von den Kettenbrechern jede Spur fehlte. Das würde kein Kampf werden, das würde ein Massaker.

-

»Bereit?«, fragte Kera.

Tomker zog gerade die letzte Schnalle an Beregards Panzer fest. Jetzt waren die Barakmordin ebenso gerüstet wie die Stadtwachen. Mialee Wurzeldach hustete zur Bestätigung. Die Halblingsfrau sah aus, als würde sie jeden Augenblick umfallen, aber sie hatte darauf bestanden, mitzukämpfen. Trotzdem waren die Gesichter der Anwesenden leicht besorgt: Jenya war nicht in ihrer Zelle gewesen. Allerdings gab es jetzt keine Zeit, um darüber nachzudenken. Es galt, auf das Zeichen zu warten, und bis dahin hinter der Tür zum Gefängnis zu lauern.

Die Barakmordin zogen wie ein Mann ihre Waffen. »Bereit.«

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Die Rufe der Söldner wurden immer verwegener und lauter. Der ein oder andere Halbork präsentierte den Männern und Frauen um Skylar Krewis sogar sein Hinterteil. In der Aufregung tauschten gelb bebändelte Söldner vorsichtige Blicke aus, bewegten sich mit kleinen Schritten in eine etwas andere Position: näher zur MGA, näher an die Befehlshaber, und die Mutigsten oder Verrücktesten – unter ihnen Felldrak – näher an die Oger.

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Die Handvoll Widerständler hielt nur wenige Meter vom Eingang zur Kaserne entfernt an. Beide Seiten nahme letzte Vorbereitungen vor, nahmen Tränke zu sich, stärkten oder vergrößerten sich. Darigaaz schloss zu den anderen auf. Skylar Krewis hob sein Schwert, und vielleicht lag es an Krystofs Anwesenheit, dass das Sonnenlicht sich in der Klinge fing und sie  leuchten ließ, als stünde sie in Flammen. Dann rief Skylar Krewis Terseons Signal: »Für Cauldron! Exzelsior!«

Und dann brach das Chaos aus.

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Eine Stunde zuvor

Die Kettenbrecher durchquerten die schmale Lücke in der hüfthohen Hecke, die den Vorgarten des Hauses Valanthru von der Alle trennte. Das Haus selbst war dreistöckig – ein kleiner Anbau hatte nur zwei Stockwerke – und natürlich aus Malachit erbaut. Fenster aus feinem, silbrigen Glas blickten ihnen entgegen, umrahmt von edlem, mit Schnitzereien versehenen Holz. Der Eingang lag etwas nach hinten versetzt, sodass er links und rechts von turmähnlichen Bauten flankiert wurde. Die Kettenbrecher marschierten die wenigen Meter bis zur Eingangstür. Jeder der fünf machte seine Waffe bereit.

Boras trat zur Tür und holte mit dem Stiefel aus. Thargad trat vor ihn und gebot ihm, zu warten. Er versuchte den Türgriff – die Tür öffnete sich problemlos. Dahinter lag ein kurzer Gang mit rotem Teppich, der in die hohe Eingangshalle führte. Links und rechts des Ganges standen Statuen von Abenteurern in klassischer Pose.

»Fleisch zu Stein?«, vermutete Jørgen. »Können Betrachter das nicht?«

»Wahrscheinlich sind das nur Statuen, und Vlaathu findet das komisch«, meinte Dirim.

»Keine von den Statuen ist ein Gnom«, sagte Thargad. »Also ist Keygans Großvater nicht dabei.«

Thamior benützte seine Kletterstiefel, um über dem Eingangstor Position zu beziehen. Der Bogenschütze würde darauf achten, dass keine Verstärkung eintraf. Die anderen Kettenbrecher betraten das Anwesen. Der rote Teppich führte eine breite Treppe hinauf, die sich auf halber Höhe teilte und zu beiden Seiten der Galerie im ersten Stock endete. Das riesige Portrait von Tenebris Valanthru sah lächelnd auf die Kettenbrecher hinab. Sowohl in der Galerie im ersten Stock als auch im Ergeschoss der Halle führten Türen seitwärts hinaus.

»Und wohin je-«, begann Dirim, stockte aber, als Thargad die Hand hob. Der Assassine zeigte auf die rechte Seitentür und deutete mit dem Finger: 3.

»Ich sag' dir, es geht nichts über von einem Blitzstrahl geröstete Tauben«, war eine dumpfe Stimme zu hören, die sich ebenso näherte wie die zugehörigen Stiefelschritte. Thargad nahm mit zwei kleinen Sprüngen eine Position über der Tür ein, Boras und Dirim stellten sich frontal davor, und Jørgen beobachtete die anderen Ausgänge.

»Hast du denn keine Angst vor einem...«, begann die zweite Wache zu antworten, stockte aber, als sie die Tür öffnete und bewaffnete Kettenbrecher erblickte. Der Hühnerflügel in seiner Hand taumelte zu Boden. Boras führte die Axt hinter den Kopf. Der Halbork griff nach seiner Doppelaxt. Boras lächelte: zu spät und zog ihm Blutrache über die Brust. Der Halbork fiel zurück, prallte gegen seine beiden Kumpane. Er senkte den Kopf und starrte auf die Wunde in seiner Brust. Über seinem Kopf hockte Thargad wie eine Spinne an der Wand und stach mit Todeshauch zu. Die Klinge traf in den entblößten Nacken, und sie traf tödlich. Der erste Wachmann brach zusammen. Dirim und Jørgen zögerten noch, einzugreifen.

Die anderen beiden Halborkwachen waren wie erstarrt. Blutrache schlug dem zweiten zuerst den Arm, dann den Kopf ab. Erst, als Thargad sich von seiner Position fallen ließ und mit gezückten Schwertern vor der letzten Wache landete, schüttelte diese den Schock ab. »Alarm!«, rief sie. Ein zweiter Alarmschrei ging in gurgelnde Sterbelaute über, als der Assassine seine Arbeit tat.

Da öffnete sich die gegenüberliegende Tür für einen kurzen Moment, unbeobachtet – hätte Jørgen nicht darauf geachtet. »Andere Seite!«, rief er. Der Paladin und Dirim hatten die Tür gerade erreicht, als sie wieder aufschwang und kampfbereite Halborks daraus hervordrangen. Dirim und Jørgen empfingen sie mit Schlägen, aber die Söldner drängten einfach an ihnen vorbei in die Mitte der Halle, wo sie Aufstellung nahmen. Der Anführer der Halborks wog seine Doppelaxt in der Hand und beugte die Knie, zum Schlag bereit. »Komm schon«, raunte er Boras zu.

Der Barbar zuckte mit den Schultern. Manchen Leuten half man einfach gerne. Mit einem Kampfschrei strümte er auf den Anführer zu. Der führte die Doppelaxt in einem Abwärtshieb. Boras spaltete mit einem einzigen Hieb erst die Waffe, dann den Schädel des Halborks. Seine Gefährten starrten den Barbaren fassungslos an. Boras drehte sich zu den restlichen fünf Halborks um und blickte sie fragend an. Es gab keine weiteren Frewilligen.
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Danach war der Kampf eigentlich nur eine Frage der Zeit. Die Halborks waren fähig – gut genug, um Skylar Krewis und seinen Leuten erhebliche Probleme zu bereiten, wenn sie bei der Kaserne gewesen wären –, aber nur glückliche Zufälle konnten die Kettenbrecher bei diesen Gegnern gefährden, und Tymora war klassischerweise eher auf der Seite von Abenteurern. Es war dennoch blutige und anstrengende Arbeit, und sie dauerte ihre Zeit. Jørgen hatte den letzten Halbork gerade erst niedergestreckt, als plötzlich ein Kreischen ertönte.

Über die Brüstung zur Galerie sprangen zwei menschengroße Kreaturen mit langgestreckten, insektoiden Körpern und besonders langen Schädeln. Vier Klauenarme mit lanzenähnlichen Ellenbogen und zwei Beine wuchsen aus dem muskulös-geschmeidigen Torso von der Farbe erbrochenen Rauches. Die beiden Kreaturen stießen erneut ein Kreischen aus. Dann flog krachend die Balustrade im ersten Stock auseinander, und eine drei Schritt große Version dieser Monster landete nicht weniger elegant auf dem Boden der Eingangshalle. Alle drei Kreaturen hatten keine Augen, drehten aber trotzdem ihre Köpfe zielsicher in Richtung der Kettenbrecher.

Thargad täuschte einen Hieb mit Todeshauch gegen eine der kleinen Kreaturen an, dann warf er sich vorwärts und landete mit einer Rolle aufrecht hinter dem Monster, in Schlagweite zu seinem großen Bruder. Seine Zwillingswaffen überkreuzten sich im Magen des Wesens und hinterließen eine Spur aus Eiter und grünem Blut. Der Schlachtmeister – denn so nennen Gelehrte das große Geschöpf, Pfähler die kleinen – packte Thargad mit seinem muskulösen Schwanz und wickelte den Assassinen darin ein. Thargad spürte, wie ihm die Luft abgedrückt wurde, aber nicht so sehr, wie wenn sich der Schlachtmeister nur auf ihn konzentriert hätte. Er hatte noch die Möglichkeit, aus dem Griff zu entkommen.

Derweil schlugen die Pfähler mit ihren Klauen zu. Einer der beiden hatte sich Boras ausgeguckt. Er riss ganze Stränge von Boras' Pflanzenrüstung ab, die aber sofort nachwuchsen. Der andere versuchte, Schwachstellen in Treorks Bollwerk zu finden, und schoss nebenbei einen Knochenpfeil aus seinem Handgelenk auf Dirim ab. Der Pfeil drang in Dirims Hals, aber mehr als ein leichtes Jucken konnte das Körpergift des Khyton nicht ausrichten.

Mit dem ersten Gegenschlag brachte Boras dem Khyton eine Delle bei, der zweite brach die Delle zu einer Wunde auf, und mit dem dritten Schlag verankerte er Blutrache bis zum Haft in dem Monster. Jørgen hatte mehr Probleme, aber auch sein Gegner blutete gelbliche Flüssigkeit aus mehreren Schnitten. Dirim marschierte zu Jørgen, um ihm im Kampf zu helfen – einen Zauber opferte er für diese Kreaturen nicht. Noch nicht. Stattdessen nutzte er Schuldspruch, dessen rechtschaffen gute Verzauberung für die Kythons wie geschaffen war.

Der Schlachtmeister sah, dass sein Gefolge abgeschlachtet wurde, und stieß ein furchtbares Brüllen aus. Die Luft vibrierte und ließ die Muskeln der Kettenbrecher erzittern, erschwerte ihre Angriffe. Der Schlachtmeister trat einen Schritt vor und hob die Arme, um Boras zu zerschnetzeln. Gleichzeitig presste er seinen Schwanz zusammen, um Thargad zu erdrücken – aber der Schwanz presste ins Leere! Thargad war bereits aus dem Würgegriff geschlüpft und tänzelte um den großen Kython herum, auf der Suche nach einem verwundbaren Punkt. Wütend schnitten die Klauen des Schlachtmeisters durch die Luft und packten Boras. Der Kython hob den Barbaren mühelos hoch. Aus seinem langen Schädel schob sich ein tödlich aussehendes Maul. Giftiger Geifer troff von den ledrigen Lippen. Die Kiefer öffneten sich und schossen vor. Boras brachte die Hände hoch. Blutrache polterte zu Boden, während seine Finger über den feuchten Schädel rutschten – und Halt fanden. Boras und der Schlachtmeister waren nur Zentimeter voneinander entfernt, wie zum Kuss. Die Muskeln des Barbaren spannten sich. Die Kiefer des Kythons schnappten ins Leere.

Jørgen zog Läuterung dem zweiten Pfähler über die Brust und stieg über die Leiche, noch bevor sie gefallen war. Der Schlachtmeister hielt Boras immer noch empor und versuchte, ihm den Schädel abzubeißen, während der Barbar dagegenhielt. Die restlichen Kettenbrecher ließen sich nicht lange bitten. Jørgen schlug dem Kython kraftvoll in einen seiner Arme, wodurch Thargad die Öffnung erhielt, auf die er gelauert hatte. Er tauchte unter dem verletzten Arm durch und vollzog seine Form der Tätowierung in der Brust der Kreatur. Dirim schmetterte sein Schwert in die Seite des Monsters. Der Schlachtmeister sackte zur Seite. Boras' Füße berührten den Boden, und der Barbar nutzte die gewonnene Hebelwirkung. Er fasste noch einmal fester zu und drehte dann mit einem Ruck den Kopf des Kythons zur Seite. Der Griff des Schlachtmeisters erschlaffte. Boras kämpfte sich frei und hob die Axt vom Boden auf. Er stellte sich über den zuckenden Kython und machte dem Zucken ein Ende.

»Was ist denn das?«, fragte Dirim.

»Keine Dämonen«, sagte Jørgen. Er klang etwas enttäuscht.

»Immerhin chaotisch böse«, sagte der Zwerg.

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Die Kettenbrecher durchsuchten das Anwesen. Sie fanden weitere Statuen und viele leere Räume. Hinter einer Geheimtür war ein kleiner Schrein an Solonor Thelandira. Allerdings wirkte das ganze Gebäude so, als ob es nicht sonderlich bewohnt sei, sondern mehr zum Schein ausgestattet.

Schließlich nahmen die Kettenbrecher sich noch einmal die Zimmer vor, nahe denen die Halborks Wache gehalten hatten. Dort entdeckten sie eine illusorische Wand und dahinter einen weiteren Säulenraum. In der Mitte dieses runden Raums führte ein kreisrunder Schacht in die Tiefe. Boras befestigte sofort einen unbeweglichen Stab in der Mitte des Lochs und ließ sich am Seil herunter, während Thargad seine Kletterstiefel benutzte. Dirim folgte Boras, und dann kam Jørgen. Der Paladin schwang sich gerade über den Rand des Schachts, als Dirim bereits unten ankam – er hatte sogar Boras überholt, als er vom Seil abrutschte und zu Boden fiel. Er landete krachend in einem großen, dunklen Raum mit halbkreisförmiger Decke.

»Autsch.« Außer Sternen sah er gerade so am Rande seiner Dunkelsicht drei Halborkwachen. Im selben Moment bewegten diese sich auf ihn zu, schwankend und langsam. Dirim atmete auf. Es waren nur Zombies. Er rappelte sich hoch, gerade als Boras neben ihm landete, und streckte sein heiliges Symbol vor: »Verfranzt euch!« Die Zombies verbrannten in Dirims heiligem Feuer – aber gleichzeitig zerplatzten sie, als die in ihnen verborgenen Dämonen sich einen Weg nach draußen bahnten. Es waren große, grauhäutige Ungetüme mit breiten Armen und einem geradezu abgründigem Gestank: Hezrous. Zwei der Hezrous standen gleich bei Dirim und Boras (und unter einem frohlockenden Jørgen). Ihre breiten Pranken prallten gegen Dirims Rüstung und Boras' Block und schüttelten die Beiden durch. Der dritte Hezrou stieß ein donnerndes Quaken aus und füllte den Raum mit schwarzer Magie. Boras und Jørgen drang der Zauber durch und durch, und auch Thargad bekam etwas ab.

Jetzt waren die Kettenbrecher dran. Boras und Dirim konzentrierten sich auf einen der Dämonen, während Jørgen sich mit gezogenem Schwert auf den anderen fallen ließ und im Sturz dessen Rücken aufschlitzte. Dazu war er ausgebildet worden. Thargad bewegte sich an der Decke in den Rücken der vorderen Dämonen und folgte dann Jørgens Beispiel. Schnell stand nur noch der letzte Hezrou, dem es noch gelang, zwei Chaoswolken auszustoßen, bevor er ebenfalls niedergemacht war.

Anschließend reinigten die Kettenbrecher ihre Waffen und sahen sich den Raum genauer an. Er hatte nur zwei besondere Merkmale: Zum Einen den Schacht in der Decke, aus dem die Kettenbrecher gekommen waren, zum Anderen den Schacht, der dort, wo die Dämonen gestanden hatten, tiefer in die Erde führte. Angesichts des nicht bis zum Boden reichenden Licht von Ki'Annan, sehr viel tiefer.

»Da seid ihr ja«, sagte Thamior von hinten. »Nett, dass ihr gewartet habt.«

»Solltest du nicht den Rückzug decken?«

Der Elf zuckte mit den Schultern. »Da kam keiner. Mir wurde langweilig.« Er blickte den Schacht hinunter. »Wie siehts aus? Treten wir Valanthru in den Hintern? Darf ich der Erste sein?«

»Nein«, sagte Dirim und befestigte einen zweiten unbeweglichen Stab über dem Schacht. »Das machen wir alle gleichzeitig.«[/i]
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Kylearan

  • Mitglied
Berandors Stadt in Ketten VII: Schatten über Cauldron
« Antwort #222 am: 12. September 2007, 10:34:05 »
Zitat von: "Berandor"


Langsam ließ er den Blick schweifen. Er sah immer noch Angst in manchen Augen, aber diese Angst wurde jetzt in Schach gehalten von Gefasstheit und Entschiedenheit. Diese Rede, gemeinsam mit Dirims Heldenmahl, sollte ihre Chancen erhöhen, siegreich aus dem Tag hervorzugehen.


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Kylearan
"When the going gets tough, the bard goes drinking."

Topas

  • Mitglied
Berandors Stadt in Ketten VII: Schatten über Cauldron
« Antwort #223 am: 12. September 2007, 11:48:18 »
Ich hatte mich schon gewundert das Dirim dafür Ränge übrig hatte.

111 Punkte Schaden ist heftig, Crit ? Sunder am Werk oder nur Fluff ?
Schöne Beschreibung übrigens.. Es gab keine weiteren Freiwilligen.  :D
Immense harm is caused by the belief that work is virtuous.
- Bertrand Russel

Berandor

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  • Verrückter Narr
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Berandors Stadt in Ketten VII: Schatten über Cauldron
« Antwort #224 am: 12. September 2007, 14:55:25 »
Fluff. Krit. Und Dirim hat Perform – Jørgen nicht :)
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