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Der Test der Zeit

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Nakago:
Dies ist die Geschichte unserer Kampange, die in Pre Sembia des 8 JH in Chondathan, dem späteren Searlon, spielt. Der Prolog, bzw. die Hintergrundgeschichte meines Chars ist hier zu lesen: http://forum.dnd-gate.de/index.php/topic,15865.0.html

Anregungen, Kritik, Bemerkungen und Lob sind ausdrücklich erwünscht. Viel Spaß beim Lesen.  :lol:

Der Test der Zeit
Chroniken der Kundschafterin
1 Kapitel
Tod, aber tödlich

5 Tarask Das Jahr der Visionen 731 TZ  Chondathan

Tymora lächelt mir wahrlich. Renya Harloff hat nach mir geschickt. Die gute Frau Renya Harloff ist die Besitzerin des Brunnenhauses, einer einschlägig bekannten Kneipe in der Weststadt. Man sagt, sie hätte mit der Diebesgilde von Chondathan zu tun gehabt. Die Diebesgilde ist vor etwa ein oder zwei Zehntagen zerschlagen worden, den Anführer Luvius den Schneider und zwei seiner schlimmsten Spießgesellen hat man nach kurzem Prozess an Rallards Baum aufgeknüpft. Dieses Spektakel habe ich mir nicht entgehen lassen, es ist selten, dass auf dem Rallardplatz solch eine exklusive Hinrichtung stattfindet.

Die Sonne geht unter und ich bringe meine kleine zweijährige Tochter Mili zu Bett, nachdem ich sie gewaschen und ihr schönes rotes Haar gebürstet habe. Dann singe ich meinen kleinen süßen Fratz in den Schlaf. Möge sie süße Träume haben. Bald wird es aufwärts gehen, Bald! Ich ziehe mich um, ziehe meine Schürze und mein Kleid aus und meine Lederrüstung an. Lange ist es her, dass ich sie getragen habe. Das Westviertel hat den Ruf, nicht die sicherste Gegend in Chondathan zu sein und es kann nichts schaden, wenn man dort zeigt, dass man kein leichtes Opfer ist. Die Rüstung sitzt gut, wie an dem Tag, als ich sie gekauft habe. Als letztes das Wehrgehänge, ungewohnt das Gewicht an meiner Seite. Probehalber ziehe ich das Rapier, das ich noch nie benutzt habe. Unbefleckt und scharf glänzt die Klinge im Kerzenschein. Das Gewicht der Waffe fühlt sich gut an in meiner Hand. Ich führe ein paar schnelle Attacken und Paraden aus. Ja, ich habe es nicht verlernt. Mit neu gewonnenem Selbstvertrauen stecke ich das Rapier zurück, küsse meine schlafende Tochter auf die Stirn, rücke die Decke zurecht und lösche die Kerze.

Im Schankraum sage ich Frau Erlann bescheid, meiner Gönnerin, Arbeitgeberin und Vermieterin in einer Person, dass ich weggehe und wohl erst spät nach Hause komme. Es wäre nett, wenn sie mal zwischendurch nach Milindra schauen könnte. Die gute Frau verspricht es und meint, ich solle nur vorsichtig sein. “Klar, werde ich“, tätschle mit gespieltem Selbstvertrauen mein Rapier und trete nach draußen. Kalt pfeift der Wind durch die Gasse und ich ziehe meinen Umhang enger. Nach etwa einer Viertelstunde erreiche ich den Innenhof, in dem das Brunnenhaus steht. Den Namen hat es vom Brunnen hier. Auf der ummauerten Fassung steht ein steinerner, übermenschlich großer Dämon, dessen grinsendes Gesicht von Taubendreck gesprenkelt ist. Spitz sind seine Zähne, taxierend sein steinerner Blick. In Chondathan stehen tausende solcher steingewordener Schrecken, um Feen und Elfen draußen zu halten. Man munkelt, dass nicht alle Statuen von Menschenhand gemacht sind, sondern dass wirkliche Gargylen darunter sind, die sich unbeweglich in der Masse der Wasserspeier verstecken und geduldig auf ihre leichte Beute warten. Nicht nur vor Kälte fröstelnd passiere ich den unheimlichen Brunnen.

Lärmende Zwerge im bärtigen Dutzend bevölkern die kleine, verräucherte Kneipe von Renya Harloff. Die übergewichtige Frau, die sich für ihr Gewicht erstaunlich schnell bewegt, begrüßt mich hinter dem Tresen stehend. Sie drückt mir einen Humpen schäumenden, billigen Bieres in die Hand und zeigt mir einen Tisch, wo ich warten soll. Ein in eine bunte Tunika gekleideter Priester der Tymora mit grünen Augen, rotblonden Haaren und gesunder sonnengebräunter Haut sitzt schon dort. Wir begrüßen uns, wie es bei Anhängern der Tymora Brauch ist, indem wir uns umarmen und unsere Anhänger berühren lassen. Seine Hand wandert dabei viel zu weit runter auf meinen Po. So ein Ferkel!

Wir lösen uns und schon bald wird klar, dass er auch aus den Tälern kommt. Er stammt aus dem Nebeltal, seine Eltern haben dort eine Taverne. Er flirtet mir etwas zu sehr und ich zeige meinen Ehering. Manchmal ist es doch gut, verheiratet zu sein, auch wenn der Ehemann einen hat sitzen lassen. Schließlich überredet er mich zu einem Würfelspiel. „Wer wagt, gewinnt!“ Und die Göttin lächelt mir wahrlich. Wenig später kommt ein weiterer, sehr schlanker Mann herein. Er stellt sich als Estarion vor. Im Laufe des Abends stellt sich dann heraus, dass es sich bei ihm um einen elfischen Barden handelt, auch wenn er versucht, dass geheim zu halten. Auch er steigt in unser Spiel ein und der Haufen an Silbermünzen wächst stetig vor mir an. Unsere Runde wird komplett, als eine junge braunhaarige Halbelfe in der Kleidung einer Marktfrau und ein gerüsteter Schlachtenrufer des Tempus sich zu uns setzen. Die wirklich gut aussehende Halbelfe stellt sich mit Xanaphia vor, kurz Xana gerufen, der junge schneidige Tempuspriester als Dolon Braska. Die gute Frau Harloff meint, wir wären so nun komplett und sollten uns ein wenig kennen lernen. Also spielen wir etwas weiter und plappern nichtssagenden Klatsch vor uns hin.

Ein halborkischer Barde betritt den Schankraum und stimmt ein lustiges Sauflied ein, in das die Zwerge sofort grölend mit einstimmen. Ich kenne es von Jondan und singe es mit. Ach Jondan, ich hasse ihn inzwischen so sehr, dass ich ihn fast schon wieder liebe. Als weitere illustre Gäste erscheinen einen dickbäuchiger Magier, der sich hier mit einem leibhaftigen Tiefling trifft. Finstere Verdammnis! Als ob es nicht noch schlimmer kommen könnte, taucht auch noch eine Patrouille der Schildwache auf, als der halborkische Barde gerade ein Spottlied auf Hauptmann Bree zum Besten gibt. Nach kurzem Zögern fallen die Gardisten mit ein, was die ganze Situation beträchtlich entschärft. Mein Silberberg schrumpft im Laufe des Abends, aber als Renya endlich Zeit für uns hat, habe ich noch 9 dreieckige Silberschilde. Immerhin!

Renya führt uns eine enge Stiege zu einem Speicher, wo es einen Spieltisch gibt. Von der Decke hängen Räucherwaren. Wir setzen uns an den Tisch und endlich erfahren wir, um was es geht. Sie zeigt uns einen Schlüssel meisterhafter zwergischer Machart. Das Schloss dürfte kaum zu knacken sein, zu dem der Schlüssel passt. Renyas Problem ist, dass sie zwar den Schlüssel hat, aber nicht genau weiß, wozu der passt. Er stammt aus dem Besitz des Gildemeisters der Diebe, Luvius des Schneiders. Sie weiß zu berichten, dass vor der Zerschlagung der Gilde Luvius in Besitz eines Schatzes gelangt sein soll, was aber genau, weiß sie nicht. Ich finde, sie weiß recht wenig. Und das genau ist ihr Problem. Niemand weiß etwas Genaues, nur Luvius könnte Antworten geben und darum geht es ihr. Aber ich habe doch selbst gesehen, wie er an Rallards Baum sein Leben ausgehaucht hat. Die gute Frau präsentiert nun eine Schriftrolle. „Damit es möglich, Luvius die entsprechende Frage zu stellen. Noch ist seine Leiche in der Kapelle der Gefallenen auf dem Friedhof aufgebahrt. Geht zu ihm und fragt ihn. In zwei Tagen ist das Fest der Toten und von Thargrams Weg aus wird eine Prozession zum Friedhof ziehen. Schließt euch ihnen an und nutzt die Masse, um euch einzuschleichen. Das dürfte die letzte Gelegenheit sein, bevor sein Leichnam von Fleisch und Knochen getrennt wird.“ Das hört sich ja schon beinahe zu einfach an. Unsere Belohnung wäre ein fairer Anteil am Schatz. „Nun gut, wer wagt, gewinnt. Ich bin dabei!“ Auch die anderen sind einverstanden.

Wir beschließen, dass wir morgen Früh uns diesen Friedhof mal genauer ansehen. Zur zehnten Stunde am Nordtor. So soll es sein. Nur die Halbelfe Xana, die Töpferwaren auf dem Markt verkaufen muss, hat dazu keine Zeit. Sie verspricht aber, sich auf dem Markt nach schwarzen Kapuzenmänteln, wie sie von den Pilgern getragen werden, umzusehen.

Nakago:
6 Tarask Das Jahr der Visionen 731 TZ  Chondathan

Ich beeile mich, früh mit der Arbeit fertig zu werden und auch meine süße zwei Jahre alte Tochter Mili zu versorgen. Glücksbote Ryan ist wieder der Erste und nutzt die Gunst der Stunde, um mit mir zu schäkern. Nach und nach trudeln auch der elfische Barde Estarion und der fesche Schlachtenrufer Dolon Braska ein. Gemeinsam machen wir uns auf dem Weg. Es heißt, auf dem Friedhof würden die Untoten umgehen. Und Untote bekämpft man am besten mit stumpfen Waffen, die Knochen zerbersten lassen, da Untote meist wenig Fleisch zum Durchschneiden haben. Also besorge ich mir in einem der Gehölze etwas Bruchholz, das mir gut in der Hand liegt. Kommt nur, ihr Untoten, den Mutigen gehört die Welt, nicht denen, die schon tot sind! Verdammnis!

Der düstere Friedhof liegt am Fuße des Berges Alkroth, etwa eine halbe Stunde zügige Fußmarsches außerhalb der Stadt. Er ist umgeben von einer etwa zwei Meter hohen Mauer aus grobem Bruchstein, auf der nicht nur stählerne Spitzen drohen, sondern gar schrecklich anzusehende Dämonen und Gargylen, die zähnefletschend nach außen Wache zu halten scheinen. Ein großes gusseisernes Tor steht offen. Hier und da ist ein maskierter Priester des Myrkul zu sehen, wie auch einige Gläubige, die Grabstelen zu pflegen scheinen. Vier in Schuppenpanzer gehüllte und mit Speeren bewaffnete Wächter gammeln mehr oder weniger aufmerksam herum. Angeführt werden sie von einem Schwarzgewandeten Müllermädchen mit weiß geschminktem Gesicht, das eine Sense trägt. Jedes Jahr werden drei Tote auf dem Fest der Toten ins Leben zurückgeholt. Sie war eine von diesen Auserwählten, aber statt wie üblich zurück ins Leben zu gehen, blieb sie hier und wacht nun mit ausdrucksloser Miene über die Toten. Die junge Frau ist mir unheimlich. Die ist echt gruselig!

Wir laufen an den Stelen vorbei, wo die wohlhabenden Toten begraben liegen. Die normalen Toten werden durch Käfer entfleischt, ihre Knochen aufgelöst, nur der Schädel wandert in die Beinhäuser, wo sie in unendlichen Reihen mit leeren Augenhöhlen grinsend in die Ewigkeit starren. Die ganz reichen Handelsfamilien wie auch die Adelsfamilien haben steinerne Grüfte, die sich in ihrer Düsterheit zu übertreffen drohen. Welch trauriger farbloser Ort das hier doch ist. Grau in Grau mit etwas Schwarz hier und da. Kein Wunder, dass Myrkulpriester als Trauerklösse verschrieen sind. Man munkelt, dass einige der Priester selbst schon tot sind. Finstere Verdammnis!

Unser Ziel die schwarze Kapelle der Gefallenen, hier kommen die Verurteilten und Hingerichteten Verbrecher. Es gibt sieben Kapellen auf dem Areal, jede einem der Schutzheiligen und Diener Myrkuls zugeordnet, die sich um ihre Toten kümmern. Die Kapelle der Gefallenen liegt etwas abseits, aus dem Alkroth herausgeschlagen und doch mit ihm verbunden. Keck gehe ich in den Vorraum und ein unnatürliche Stille umgibt mich. Ich schnippe mit dem Finger, aber kein Geräusch entsteht! Verfluchte Verdammnis!

Von der Vorhalle, die zum Gebet dient und allen Gläubigen und Besuchern offen steht, geht eine verschlossene Türe ab, die mit einer Kordel versehen ist. Ebenso führt ein offener Durchgang in einen weiteren Raum. Ein Schädelmaske tragender Myrkulpriester oder Akolyth säubert in meditativer Haltung einen Altar.  Ich drehe mich um und berichte den anderen von meiner Beobachtung. Nicht gut! Das verkompliziert die Sache etwas. Estarion schlägt vor, den toten Luvius in einen der Umhänge zu packen und ihn zu zweit nach draußen zu zerren, als wäre ihm schlecht, um ihn dort dann außerhalb der Stille zu befragen. Schluck! Aber da mir nichts Besseres einfällt, stimme ich halbherzig dem Plan zu.

Wir kehren in die Stadt zurück und suchen den Markt auf. Die schöne Xana war bis jetzt noch nicht in der Lage gewesen, den Familienstand zu verlassen. Ihre menschliche Mutter mustert uns äußerst finster, wie ehrliche Leute eben scheinbares Gesindel zu mustern pflegen. Ich schätze mal, dass sie wohl auch mit ihrer Tochter sitzen gelassen wurde. Ich kann mir vorstellen, dass sie einigen Anfeindungen ausgesetzt gewesen ist. Die Leute in der Stadt haben ein tiefes Misstrauen gegen alles elfische, kein Wunder, wenn man bedenkt, wie oft ihre Vorfahren gegen Elfen gekämpft haben und was aus ihrer Heimat geworden ist. Auch wir aus den Tälern stammen von diesen Leuten ab, aber da wir öfters Kontakt mit den Elfen hatten und der meist friedlich und freundlich verlief, habe ich nichts gegen Elfen oder Halbelfen. Nicht auf die Rasse oder das Aussehen kommt es an, sondern wie es im Herzen eines Wesens aussieht.

Xana führt uns zu einem der Händler, der schwarze Kapuzenmäntel verkauft. Ich handle ihn soweit runter, dass wir sechs Mäntel für den Preis von fünf bekommen. Da wir jetzt eigentlich alles haben, was wir für unsere Aufgabe brauchen, verabreden wir uns zur vierten Mittagsstunde an der Kathedrale der Triade am Thargrams Weg. Wer wagt, gewinnt.

Sirius:
Sehr gut geschrieben, interessante Geschichte und faszinierende Charaktere. Ich freue mich auf die Fortsetzung!

Nakago:
Danke für das Lob!  :D

7 Tarask Das Jahr der Visionen 731 TZ  Chondathan

Viel zu früh bin ich an der Kathedrale der Triade, in der die Götter Torm, Tyr und Ilmater angebetet werden. Ich laufe etwas gebeugt unter meinem Kapuzenmantel, da ich meinen Rucksack voll mit wichtigem Werkzeug dabei habe. So sieht es aus, als ob ich einen Buckel hätte. Mili war etwas knatschig, als ich gegangen bin. Meine kleine Tochter ist es nicht gewöhnt, dass ich sie allein lasse. Wenn ich im Silberfisch arbeite, läuft sie mir beim Zimmermachen meist hinterher, mit ihrer bunten wippenden Ente auf Rädern im Schlepptau und schaut mit großen Augen zu, was ich mache. Manchmal singe ich dabei und sie quietscht vergnügt mit. Oder sie hockt sich in eine Ecke und spielt mit ihrer kleinen Stoffpuppe, die sie letztens zum Geburtstag bekommen hat. Mein kleiner Schatz ist schon zwei Jahre alt. Vor zwei Jahren hat mich Jondan Rea sitzen gelassen. Was er wohl gerade treibt? Da fallen mir ein paar sehr ausgefallene Sachen ein. Aber vielleicht irre ich mich ja, und er wurde tatsächlich in die Sklaverei verschleppt. Der Tag wird kommen, wo ich genug Geld haben werde, um mich darum zu kümmern. Die Zeit wird es zeigen.

Nach und nach kommen die anderen und wir reihen uns gemeinsam in die aufbrechende Prozession der Gläubigen zum Friedhof. Schweigend marschieren wir in die Nacht hinein. In der Nacht sieht der Friedhof noch unheimlicher und grusliger aus als am Tag. Verdammnis! Da läuft es mir eiskalt den Rücken herunter. Auf dem Friedhof angekommen setzen wir uns nach und nach ab. Nur Ryan macht das etwas zu auffällig und muss zurück bleiben, weil er die Aufmerksamkeit der Wache auf sich gezogen hat. Finstere Verdammnis!

Wie Schatten schlüpfen wir in die menschenleere Kapelle der Gefallenen. Vorsichtig spähe ich in alle Richtungen, als ich mich der mit der Kordel verhangenen Tür nähere. Fallen oder ähnliche Gemeinheiten kann ich keine entdecken, macht ja bei einem Raum, der tagsüber Jedermann zugänglich ist, keinen Sinn. Aber das Schloss ist feinste Zwergenarbeit, da versagt meine Kunst erstmal kläglich. Nun gut, es gibt noch andere Türen. Wir gehen nun durch den Durchgang und kommen in einen weiteren Raum, der wohl der Meditation dient. Und hier kann man wieder reden. Gut!

Zwei Türen befinden sich hier, eine die tiefer in die Kapelle führt und aus der komische, schwer einzuordnende Geräusche kommen, eine, welche in den Raum führen könnte, der mit dem Zwergenschloss versperrt ist. Ich knie mich nieder, küsse mein heiliges Symbol der Tymora, berühre Stirn und Brust und bete darum, dass Tymora mit den Mut, die Geschicklichkeit und die Kraft verleiht, um das hier heil zu überstehen. Nicht um meinetwillen allein, sondern auch wegen meiner noch so jungen Tochter Milindra. Gestärkt und vom innerem festen Glauben erfüllt mache mich nach sorgfältiger Sondierung des Schlosses an die Arbeit. Aber da! Wir zucken alle erschreckt zusammen, als etwas hinter einer Statue in der gegenüberliegenden Ecke kreischt. Ein Klumpen, der mir sehr nach Kot aussieht, klatscht vor meiner Nase an die Türe. Iiiks! Das schreit auch Xana und ein grüner Punkt löst sich von dem Zeigefinger ihrer rechten Hand und saust mit großer Wucht in das Äffchen, als das sich der kreischende Schatten im Licht meiner Blendlaterne entpuppt. Der grüne Punkt verschwindet im Balg des Tieres und einen Herzschlag später verteilt sich die Hälfte davon  höchst unmalerisch an der Wand. Iiiks!

Wie in aller Welt kommt ein kleines Äffchen in die Kapelle? Der elfische Barde fischt ein Halsband aus den Überresten, es schien wohl zahm gewesen zu sein. Vielleicht hat es einem der Priester gehört. Auf alle Fälle wissen wir nun, warum die Töpferwarenverkäuferin hier ist, sie scheint zaubern zu können. Und wahrscheinlich ist sie eine Hexenmeisterin, denn sie sieht nicht so aus, als ob sie auf das Kollegium gehen würde. Wenigstens kann ich nun das Schloss knacken. Schwupps! Und auf. Wir sehen die Kammer, in der die Toten den Käfern zum Fraß vorgeworfen werden. Iiiks!

Zwei weitere Türen sind interessant. Ich versuche das Gewusel in den Nischen zu ignorieren, wo gerade Tote von den Käfern gefressen werden. Örks! Eine der Türen ist noch mit einem Riegel verschlossen, da gehe ich nur im Notfall hin, die andere Türe ist interessanter. Das Schloss ist kein Problem. Dahinter befindet sich der seltsamste Lagerraum, den ich je gesehen habe. In Einmachgläsern jeder Größe schwimmen in einer klaren Flüssigkeit Knochen, Augäpfel, innere Organe, ein Unterkiefer mit scharfem Gebiss und Dinge, die ich nicht so richtig einordnen kann. Und ehrlich gesagt auch nicht will! Finsterste Verdammnis!

Das einzig Interessante ist ein Buch, wo Vorkommnisse der Kapelle vermerkt sind. Unser Luvius scheint sich noch im Aufbahrungsraum zu befinden, sein Empfang wurde hier bestätigt. Das komische ist, die nächste Seite wurde herausgerissen. Estarion versucht zwanghaft, was zu erkennen, da die Feder vielleicht durchgedrückt hat. „Lass mich mal!“ Vorsichtig mache ich die Schrift mit etwas dunkler Kreide sichtbar und lese den anderen vor. So wie es aussieht, scheint der Tod von Mehrat Totenrufer negative Schwingungen ausgelöst haben, die einige der Toten beeinflusst haben. Es wird empfohlen, den Hohepriester zu benachrichtigen und einen Exorzismus durchzuführen. Aha?

Nakago:
7 Tarask Das Jahr der Visionen 731 TZ  Chondathan Friedhof Kapelle der Gefallenen

Das hört sich irgendwie nicht so gut an. Ohne wirklich weiter gekommen zu sein, gehen wir zurück in den Meditationsraum und untersuchen die andere Türe. Auch diese öffne ich nach kurzer Zeit und das Schlimmste erwartend betreten wir die Kammer. Ein Schreibpult in der Mitte ist das einzige Möbelstück. Ein grob geschmiedeter Käfig steht am Rand, in dem ich kurz eine Bewegung zu erhaschen glaube. Aber als ich mit der Laterne hineinleuchte, ist der Käfig leer. Ein Glas mit einem bleichen Totemschädel, der mit menschlichen Augen in einer Flüssigkeit schwebt, befindet sich in der anderen Ecke. Und natürlich ein dicker Wälzer, in dem sorgfältig alle hier je eingelieferten Toten aufgelistet sind.

Ein leeres Schlüsselbrett befindet sich an der Wand gegenüber. Während die anderen morbide fasziniert den Schädel betrachten, im Buch blättern oder das Schreibpult nach Fächern untersuchen, gehe ich zum Schlüsselbrett. Das macht für mich keinen Sinn, also zerre ich etwas daran und schon habe ich es in der Hand und gucke in eine Nische, wusste ich es doch. Tymora lächelt denen, die gewitzt sind. Ein Beutel mit achtzig Goldmünzen springt mir freudig entgegen und wandert in meinen Sack, genau so vier unbeschriftete Phiolen mit einer klaren Flüssigkeit und zwei Schriftrollen. Am Ende wird fair geteilt werden. Und ein Buch ist noch hier. Es scheint sich um eine Anleitung zu handeln, wie Tote zu präparieren sind und enthält einige Liturgien des Myrkul Glaubens. Da es uns nicht weiterhilft, lege ich es zurück.

„In dem Käfig ist was!“ kreischt Xana etwas zu hoch. Meine Ohren! Und tatsächlich, als ich ein weiteres mal hineinleuchte, sehe ich ein kleines menschenförmiges Wesen mit Schmetterlingsflügeln, das mich aus traurigen Augen anschaut. Estarion redet es auf Elfisch an, das ich auch etwas beherrsche. So wie es aussieht, ist das ein Fee, der von bösen und gemeinen Priestern gefangen wurde, weil er etwas Schabernack getrieben hätte. „Spaßmacher nennt man mich.“ Und es bittet uns, es frei zu lassen. Nun gut, ich breche den Käfig aus kaltgeschmiedetem Metall auf und das kleine Wesen flattert begeistert im Raum herum. „Das ist nicht gut! Feen sind Böse!“ Xana macht eine abwährende Geste, aber wenigstens bringt sie ihn nicht gleich um. „In dem Schädel ist ein Schatz versteckt!“ meint Spaßmacher. Nun, danke für den Tipp. Xana macht eine hebende Geste und wie von Geisterhand öffnet sich das Glas und der Schädel flutscht heraus. Ich hole Hammer und Meißel und will den Schädel öffnen. Aber dann beißt der Schädel auf einmal zu. Iiiks!

Ryan macht kurzen Prozess und zertrümmert unter dem Gelächter von Spaßmacher den Schädel. Knochensplitter fliegen durch den Raum und die Augäpfel klatschen auf den Tisch. Örks! „Habe ich es nicht gesagt, Feen sind Böse!“ Xana hatte da wohl nicht ganz unrecht. Vorurteile basieren meist auf wahren Gegebenheiten. Verwünschungen vor mich hinmurmelnd verlassen wir das Büro, während Spaßmacher sich unsichtbar immer noch einen ablacht. Traue keiner Fee, merken. Nun gut, dann bleibt nur die Türe mit dem Riegel. Glücksbote Ryan kommt auf die Idee, Untote entdecken zu wollen. Vielleicht findet sich ja so was. Als er mit dem Zauber den Käferraum betritt, scheint es eine Wechselwirkung zu geben, denn auf einmal lösen sich aus dem Gewühl der Käfer vier besonders große Exemplare. Und die greifen unseren Glücksboten an. Iiiks! Es gibt einen kurzen heftigen Kampf mit diesen ekligen, riesigen, untoten Käfern, die etwa so groß wie eine Hauskatze sind, aber schließlich schlagen wir sie alle tot. Oder untottot. Oder wie auch immer. Xana ist voll von der Rolle, aber Estarion schaut ihr tief in die Augen und beruhigt sie wieder. Ich hätte nicht gedacht, dass das Abenteuererleben so eklig sein könnte. Irgendwie fange ich an, mich zurück in die Schankstube des Silberfisches zu sehnen. Ach!

Nachdem wir uns alle wieder gefangen haben, gehen wir zu der Türe mit dem Riegel. Schwupps und auch das Schloss ist auf. Vor mir ist eine Treppe, welche in die Tiefe führt. Vorsichtig gehe ich voran, jede Stufe erst mit den Augen nach Unregelmäßigkeiten abtastend, aber keine Falle lauert hier. Die Treppe führt zu einem Raum, in deren Zentrum ein reich verzierter Sarg aufgebahrt ist. Totenkopfsymbole sind die vorherrschende Verzierung. Mächtige Ketten sind um den Sarg geschlungen und scheinen ihn fest mit dem Podest zu verbinden. Um das Podest befindet sich ein Kreis mit seltsamen Symbolen. Ryan und Eltarion fachsimpeln über die Bedeutung des Kreises und meinen, dass etwas im Innern gehalten werden soll. Es wäre also weder gut, den Kreis zu beschädigen noch ihn zu überschreiten. Die ganze Sache ist uns zu gruselig, auch wenn es weiterführende Türen aus dem Raum gibt, drehen wir um und eilen zurück nach oben. Ich will nach Hause!

Nun gut, versuchen wir es noch mal mit der ersten Türe. Da ich das Schloss auf keinen Fall aufbekomme, nimmt Dolon seine Axt und zertrümmert die schwere Türe an den schwächsten Stellen, sodass wir sie schließlich öffnen können. Eine kurze Treppe führt uns zum Ziel unserer Mission. Auf drei Podesten liegen Luvius und seine beiden Spießgesellen in einem erbärmlichen Zustand. Krähen haben sich schon sehr gütlich an ihnen getan. Iiiks! Dummerweise versperrt ein Fallgatter aus zwergischer Herstellung uns den Weg. Der Mechanismus ist mit einem Schloss aus bestem Stahl gesichert, das kriegen wir nicht kaputt. Und Luvius liegt zu weit, als dass der Zauber wirken könnte. Verdammte Verdammnis!

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