Ich kann mich Grille nur anschließen. Denn böse kann, muss aber nicht heissen, mordend durchs Land zu ziehen. Denn auch "gute" Gruppen, die sinnlos böse NPC schnetzeln sind böse. Es bleibt die Frage, wie man böse definiert. Ein guter Anhaltspunkt ist die Verneinung von "Was Du nicht willst, was man Dir tu, das füg auch keinem andern zu!". Böse Charaktere irgnorieren diesen moralischen Wert völlig. Wie schon gesagt wurde, sind die Spieler dadurch wesentlich schwieriger zu kontrollieren.
Trotzdem ist Kontrolle möglich, wie gezeigt wurde. Man kann der Gesellschaft nicht einfach ungeschoren schaden. Die Stadtwache wird hier schon rechtzeitig eingreifen. Ist sie zu schwach, lungern sicherlich noch ein paar "wahre Helden" in der Gegend herum. Zudem halten sich die Charaktere selbst, oder das Umfeld, in das sie eingebunden sind, in Zaum. Das sollte den Spielern im Vorfeld besonders bewusst gemacht werden. Nichtzuletzt wird dadurch die ganze Runde etwas tödlicher. Stirbt ein Charakter, ist Raise Dead nicht immer einfach so aus Menschenliebe gegeben. Aber selbst bei guten Kampagnen kann das auch der Fall sein.
Ich selbst habe auch schon böse Kampagnen gespielt. Auch hier sollte man sich einigen, wie weit es mit der bösen Natur geht. Folter, Vergewaltigung und Kindermord ist nicht jedermanns Sache, wie Archoangel schon gesagt hat. Und hierin liegt auch der wesentliche Unterschied zu guten Kampagnen.
Gute Erfahrungen habe ich mit ausschließlich auf den Charakteren aufgebauten Handlungen gehabt. Die Spieler geben dem Meister ausreichend Anregungen für einen Plot, darüber muss man sich keine Sorgen machen. Aber bei guten Kampagnen ist das auch der Fall.
Wir haben damals nach der Macht gegriffen. Am Anfang waren wir in der Sklaverei. Nach unserer Flucht, haben wir uns bewaffnet und zur Erholung von der Sklaverei kleinere Aufträge im Dienst der Stadtwache erledigt. Schließlich haben uns Banditen ein besseres Angebot gemacht. Dann ging es gegen die Stadt selbst. Später haben wir uns unserer räuberischen Auftraggeber entledigt und sind Tyrannen der Stadt geworden. Gegen diese Rebellion musste sich der König verteidigen. Es gab einene kleinen Krieg und nun sind wir Herrscher einer ganzen Region. Mittlerweile haben wir unseren Machtbereich gesichert und unsere Organisation dehnt sich aus. Die ursprünglichen Charaktere spielen wir nur noch selten selbst. Vielmehr spielen wir auf niedrigen Stufen als Lakeien und Speichellecker die Aufträge der alten Chars aus.
Wie dieses Beispiel zeigt, ist die Handlungsfreiheit der Charaktere deutlich größer als in guten Gruppen. Die hätten sich - eine gute Gesellschaft vorausgesetzt - nicht einfach so den Banditen angeschlossen, oder gegen Gesetz und König rebelliert. Aber diese Handlungsfreiheit müssen sich die Spieler jedoch selbst geben. Hier ist nach dem Ziel der Gruppe und der Motivation Charaktere gefragt. Also warum hängen die Leute zusammen rum? Aber das ist auch bei guten Gruppen der Fall. Hier wird man im Zweifelsfall getrennte Wege gehen, sich aber nicht einfach in einem günstigen Augenblick umbringen.
Letztendlich unterscheiden sich gute und böse Kampagnen nur in der etwas weitergehenden Handlungsfreiheit der Charaktere aufgrund fehlender moralischer Werte. Man sollte aber im Vorfeld eine Einigung finden, wie weit man mit der Bösartigkeit wirklich gehen will.