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Autor Thema: Mike Mearls über die 4E  (Gelesen 22121 mal)

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Zanan

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Mike Mearls über die 4E
« Antwort #30 am: 20. Januar 2008, 19:59:30 »
Zitat von: "Scurlock"
Zitat von: "Zanan"

Moment mal! Du weißt gar nicht wie alt ich  bin oder wie lang ich spiele!  :P

Hm,

- Drow-Fanboy
- zu viel Zeit, also keine Familie oder andere Verpflichtungen
- 13-jährige sind ein bis zwei Spielergenerationen entfernt

also, irgendwo zwischen heranwachsend bis Anfang 20.


Na das ging ja mal haarscharf daneben. Etwa bei der sprichwörtlichen country-mile  :lol:
Ust, usstan elgg dos ...

Cease this tirade, take a breath, and think. Then you will realize, enemy of the Dark Elves, that my concern for your well being has always been, at best, limited.

Wormys_Queue

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Mike Mearls über die 4E
« Antwort #31 am: 20. Januar 2008, 21:34:28 »
Zitat von: "Scurlock"
Denn einerseits will er eine Vereinfachung der Regeln, andererseits verlangt er mehr Komplexität, sprich mehr Talente, mehr Skills und mehr Fähigkeiten. Dass diese Kriterien sich wohl kaum miteinander vereinbaren lassen, sollte den meisten Leuten eigentlich klar sein.


Beim Schachspiel klappt das wunderbar. Sehr einfache Grundregeln, aus denen ein hochkomplexes Spiel entsteht. Lässt sich möglicherweise auf der Basis von D&D nicht ganz so elegant umsetzen (wenn es noch D&D bleiben soll), aber wieso jede Vereinfachung als Synonym für intellektuelle Anspruchslosigkeit gesehen wird, ist mir nicht ganz klar.

Das hängt natürlich auch davon ab, wie man das Spiel spielen möchte. In meinen Runden entsteht die Komplexität normalerweise aus der Interaktion der Charaktere untereinander und mit der Handlungsumgebung. Das wird durchaus auch durch die Regeln von 3.5 unterstützt, die aber recht häufig als Störfaktor auftreten, in dem sie (wenn man sie nicht schlichtweg ignoriert oder durch Hausregeln ersetzt) den Handlungsablauf unnötig verkomplizieren und verlangsamen. Es gibt also zumindest für mich durchaus Verbesserungspotential. Ob die 4E das alles in meinem Sinne umsetzt, lässt sich bisher nur schwer bestimmen, für unmöglich halte ich es aber keineswegs.

Zitat von: "Zanan"
Ich versuche gar niemanden zu bekehren, hab nur meine Meinung zu der halbgaren Meinung des Mannes geäußert, warum die 4E so notwendig respektive besser als die 3E sei(n wird). Das haben sie von jeder Edition behauptet, nur um sich dann alsbald in Zusatzbüchern und Ersatzregeln zu verzetteln.


Dein letzter Halbsatz stimmt zwar. Dennoch haben sie das bisher noch vor jeder Edition zu Recht behauptet, denn tatsächlich haben sie mit jeder bisherigen Edition das Spiel verbessert. Das ist natürlich keine Garantie für die Zukunft. Aber gerade dass die Designer der 3rd Edition (inkl. 3.5) zum Teil auch die der 4E sind, stimmt mich eher hoffnungsfroh.
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Wormy's Worlds

TheRaven

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Mike Mearls über die 4E
« Antwort #32 am: 20. Januar 2008, 22:01:43 »
Zitat von: "Wormys_Queue"
Beim Schachspiel klappt das wunderbar. Sehr einfache Grundregeln, aus denen ein hochkomplexes Spiel entsteht.

Nicht wirklich. Schach als Spiel ist weit davon entfernt komplex zu sein. Das Metagame ist hier Dreh- und Angelpunkt und die historische Geschichte, welche das Spiel umgibt. Es gibt heutzutage viele abstrakte und nicht abstrakte Spiele, welche mindestens so elegant und genial sind wie Schach aber die werden halt nicht seit Jahrhunderten gespielt und sie umgibt nicht diese elitäre Aura. Schach ist wie Wein, klassische Musik, Impressionismus und das ganze andere Zeugs, welches alleine auf der Basis seiner langjährigen Existenz und dem intellektuellen Gruppenzwang vergöttert wird.

Ich hebe mich auch gerne intellektuell von der Masse ab, indem ich todlangweilige Sachen mit erfreuter Miene länger ertragen kann als der gemeine Pöbel und diesen dann als ungebildet beschimpfe. Aber als Diskussions- und Vergleichsgrundlage taugen diese falschen Götter kaum.
Die Wissenschaft nötigt uns, den Glauben an einfache Kausalitäten aufzugeben.
- Friedrich

Scurlock

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Mike Mearls über die 4E
« Antwort #33 am: 20. Januar 2008, 22:24:17 »
Zitat von: "Wormys_Queue"
Das hängt natürlich auch davon ab, wie man das Spiel spielen möchte. In meinen Runden entsteht die Komplexität normalerweise aus der Interaktion der Charaktere untereinander und mit der Handlungsumgebung. Das wird durchaus auch durch die Regeln von 3.5 unterstützt, die aber recht häufig als Störfaktor auftreten, in dem sie (wenn man sie nicht schlichtweg ignoriert oder durch Hausregeln ersetzt) den Handlungsablauf unnötig verkomplizieren und verlangsamen. Es gibt also zumindest für mich durchaus Verbesserungspotential. Ob die 4E das alles in meinem Sinne umsetzt, lässt sich bisher nur schwer bestimmen, für unmöglich halte ich es aber keineswegs.

Die Komplexität, von der Du schreibst und die, für die Mearls letztlich steht, sind zwei völlig verschiedene Dinge. Bei Dir erwächst sie aus der Handlung und der Interaktion heraus, Mearls will sie verstärkt in den Regeln verankern, aber gleichzeitig die selben Regeln vereinfachen. Dieser Spagat wird nicht funktionieren. Gerade Mearls, dessen IH ich zwar sehr schätze, hat gerade eben mit diesem System bewiesen, dass er nicht für simple und einfach zu handhabende Regelsysteme steht.
And now the rains weep o'er his hall and not a soul to hear...

Wormys_Queue

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Mike Mearls über die 4E
« Antwort #34 am: 20. Januar 2008, 22:43:08 »
Eigentlich hab ich Schach nur deswegen als Beispiel gewählt, weil das jeder kennt.  Hätte auch was anderes sein können.Ansonsten scheint es mir, das wir unterschiedliche Definitionen von Komplexität nutzen, aber das spielt in dem Zusammenhang auch kaum eine Rolle.

Worauf ich eigentlich nur hinauswollte ist der Punkt, dass beim Schachspiel aus einer sehr gut überschaubaren, einfach verständlichen Menge von Grundregeln eines der am schwierigsten zu meisternden und in seiner Gesamtheit nicht einmal von den größten Schachspielern (und Schachcomputern) unserer Zeit vollständig erfassten Spiele entsteht. Simplizität der Regeln bedeutet also keinesfalls, dass das Spiel insgesamt deswegen notwendigerweise primitiv im negativen Sinne, für anspruchsvolle Geister unterfordernd und nur für Dumpfbacken geeignet sein muss.

Genau das passiert aber für meinen Geschmack etwas zu oft in den Diskussionen um die 4E.
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Wormy's Worlds

Wormys_Queue

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Mike Mearls über die 4E
« Antwort #35 am: 20. Januar 2008, 23:00:04 »
Zitat von: "Scurlock"
Mearls will sie verstärkt in den Regeln verankern, aber gleichzeitig die selben Regeln vereinfachen. Dieser Spagat wird nicht funktionieren.


Ich glaube zwar auch nicht, dass WotC den Stein der Weisen gefunden hat, aber ob ich Dir komplett folgen kann, weiß ich nicht. Mike Mearls spricht im Zusammenhang mit Punkt 13 von "unnecessary complexity", hier wohl eher mit Kompliziertheit zu übersetzen. Diese "unnötig komplizierten Subsysteme" gibt es, darüber sind wir uns wohl einig. Vereinfachungen an dieser Stelle sind sicher möglich.
  Mehr Talente, Skills und Fertigkeiten erhöhen dagegen zwar unzweifelhaft die Komplexität des Spieles, müssen es aber meiner Meinung nach nicht zwangsläufig verkomplizieren. Das werden die wizards zwar auch bei der 4E mit diversen Zusatzbänden in jedem Fall hinbekommen, da bin ich ganz Zanans Meinung, aber nur von den Grundregeln ausgehend, halte ich deutliche Verbesserungen für durchaus machbar.



 
Zitat
Gerade Mearls, dessen IH ich zwar sehr schätze, hat gerade eben mit diesem System bewiesen, dass er nicht für simple und einfach zu handhabende Regelsysteme steht.

Da zu kann ich mangels Kenntnis nichts sagen. Vielleicht hat er ja auch dazugelernt ;)
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Wormy's Worlds

Scurlock

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Mike Mearls über die 4E
« Antwort #36 am: 20. Januar 2008, 23:06:26 »
Zitat von: "Wormys_Queue"
Eigentlich hab ich Schach nur deswegen als Beispiel gewählt, weil das jeder kennt.  Hätte auch was anderes sein können.Ansonsten scheint es mir, das wir unterschiedliche Definitionen von Komplexität nutzen, aber das spielt in dem Zusammenhang auch kaum eine Rolle.

Worauf ich eigentlich nur hinauswollte ist der Punkt, dass beim Schachspiel aus einer sehr gut überschaubaren, einfach verständlichen Menge von Grundregeln eines der am schwierigsten zu meisternden und in seiner Gesamtheit nicht einmal von den größten Schachspielern (und Schachcomputern) unserer Zeit vollständig erfassten Spiele entsteht. Simplizität der Regeln bedeutet also keinesfalls, dass das Spiel insgesamt deswegen notwendigerweise primitiv im negativen Sinne, für anspruchsvolle Geister unterfordernd und nur für Dumpfbacken geeignet sein muss.

Genau das passiert aber für meinen Geschmack etwas zu oft in den Diskussionen um die 4E.

Unabhängig davon, ob Schach nun ein komplexes oder einfaches Spiel ist, hinkt der Vergleich. Den Spiel-Figuren sind wenige unveränderliche Eigenschaften zugewiesen, das ist bei D&D nicht der Fall. Den Charakteren sollen ja noch mehr Möglichkeiten zugewiesen und den Spielern mehr variable Optionen zur Verfügung stehen. Und je mehr Optionen vorhanden sind, desto komplexer und unüberschaubarer wird ein Spiel. Einfache Rechnung. Die Frage ist nur, was man sich für die 4E wünscht.
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TheRaven

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Mike Mearls über die 4E
« Antwort #37 am: 20. Januar 2008, 23:12:33 »
Zitat von: "Wormys_Queue"
Worauf ich eigentlich nur hinauswollte ist der Punkt, dass beim Schachspiel aus einer sehr gut überschaubaren, einfach verständlichen Menge von Grundregeln eines der am schwierigsten zu meisternden und in seiner Gesamtheit nicht einmal von den größten Schachspielern (und Schachcomputern) unserer Zeit vollständig erfassten Spiele entsteht.

Du verstehst hier Ursache und Wirkung nicht. Schach ist so komplex, weil es so einfach ist. Klingt zuerst mal paradox aber lass mich dies nur ganz kurz erklären. Nur weil die Regeln im Schach so primitiv, einfach und eingeschränkt sind, ist es möglich im Metagame viele Züge im Voraus planen zu können. Und genau das ist der Kern der Komplexität dieses Spieles.

Spiel mal D&D 3.5 nur mit Stufe 1 commoner (Gegner wie Helden) und die Sache wird viel überschaubarer. Vielleicht sogar bis zu dem Punkt, wo es dir möglich wird zukünftige Handlungen und deren Erfolgspotential mit einer genug hohen Eintrittschance vorhersehen zu können, dass solche Berechnungen eine taktische Relevanz erhalten.

Schach ist also nicht einfach zu spielen und schwierig zu meistern. Es ist schwierig zu meistern, weil es einfach zu spielen ist. Das andere Extrem sind Spiele, welche in sich selbst extrem komplex sind und wo die Herausforderung darin besteht das System besser und gesamtheitlicher zu verstehen als der Gegner. Beide Extreme sind für das Rollenspiel meiner Meinung nach der total falsche Ansatz. Die goldene Mitte muss das Ziel sein. Das Problem ist nun eben, dass jeder Spieler die Mitte anders einschätzt oder aber eine Tendenz in die eine oder andere Richtung aufweist.
Die Wissenschaft nötigt uns, den Glauben an einfache Kausalitäten aufzugeben.
- Friedrich

Wormys_Queue

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Mike Mearls über die 4E
« Antwort #38 am: 20. Januar 2008, 23:58:33 »
Zitat von: "Scurlock"
Und je mehr Optionen vorhanden sind, desto komplexer und unüberschaubarer wird ein Spiel.


Einverstanden. Nur dass das keine Aussage darüber ist, wie leicht oder schwer das Regelsystem zu erlernen ist. Ich hab kein Problem mit der Unmenge an Feats in D&D 3.5 und die daraus entstehende Komplexität. Ich habe aber ein Problem mit z.B. den Regeln für den Unterwasserkampf im DMG und der daraus entstehenden potentiellen Verkomplizierung des Spielablaufs. Vielleicht interpretiere ich MM ja falsch, aber mir scheint er in dieselbe Kerbe zu hauen. Insoweit sehe ich da nicht mal einen Spagat, geschweige denn einen unschaffbaren.

Zitat von: "TheRaven"
Schach ist also nicht einfach zu spielen und schwierig zu meistern. Es ist schwierig zu meistern, weil es einfach zu spielen ist.


Wiederum einverstanden. Scheint mir aber keine Widerlegung, sondern eher eine Stärkung meiner Grundthese zu sein, dass Einfachheit des Regelsystems und hohe Komplexität des darauf aufbauenden Spiels keine prinzipielle Unmöglichkeit sind.

Zitat
Beide Extreme sind für das Rollenspiel meiner Meinung nach der total falsche Ansatz. Die goldene Mitte muss das Ziel sein.


Natürlich. Und ob die 4E diese findet, steht noch völlig in den Sternen. Immerhin scheint man auf Designerseite aber einige der existierenden Probleme tatsächlich auch als solche identifiziert zu haben. Ob und wie gut diese Probleme gelöst werden, wird man sehen. Da aber zumindest die Möglichkeit einer guten Lösung existiert, halte ich es für populistisch und wenig nützlich, mögliche Regelvereinfachungen als "die machen aus meinem D&D ein D&D für Dumme" zu interpretieren.
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Wormy's Worlds

Archoangel

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Mike Mearls über die 4E
« Antwort #39 am: 21. Januar 2008, 00:20:02 »
Ich finde es unfair, dass die wirklich interessanten debatten hier immer dann starten, wenn ich grad mal keine Zeit zum reinschauen habe ... und dann muss in letzter Zeit der Rabe auch noch immer meine Meinung vertreten - fürchterlich.

Leider ist damit schon alles gesagt ... bis auf eines:

Wäre dieser Zwölf-Punkte-Plan am Anfang der 4e Debatte gepostet worden, dann wäre zumindest ich, von Anfang an weniger kritisch gewesen, denn mir sprechen sie aus der Seele.
In diesem Thread gibt es wunderbare Beispiele, dass Schulpflicht und Dummheit sich nicht ausschließen. (Tempus Fugit)

4E Archoangel - Love me or leave me!

Scurlock

  • Mitglied
Mike Mearls über die 4E
« Antwort #40 am: 21. Januar 2008, 01:39:52 »
Zitat von: "Wormys_Queue"

Einverstanden. Nur dass das keine Aussage darüber ist, wie leicht oder schwer das Regelsystem zu erlernen ist. Ich hab kein Problem mit der Unmenge an Feats in D&D 3.5 und die daraus entstehende Komplexität. Ich habe aber ein Problem mit z.B. den Regeln für den Unterwasserkampf im DMG und der daraus entstehenden potentiellen Verkomplizierung des Spielablaufs. Vielleicht interpretiere ich MM ja falsch, aber mir scheint er in dieselbe Kerbe zu hauen. Insoweit sehe ich da nicht mal einen Spagat, geschweige denn einen unschaffbaren..

Ich habe kein Problem mit dem Talentsystem von D&D, aber meine Spieler haben es. Wobei genaugenommen nicht das System per se das Problem darstellt, sondern die vielfältigen Elemente dieses Systems, die einzelnen Feats, das Spiel erschweren und verkomplizieren. Sie schaffen Ausnahmen von der Regel oder gewähren nur in bestimmten Situationen Boni, was irgendwann einen Gelegenheitsspieler schlichtweg überfordert. Wenn also MM von Vereinfachung des Systems spricht, aber im gleichen Atemzug mehr Talente und Fähigkeiten einfordert, ist das ein Widerspruch.
Denn jedes zusätzliche Talent oder jede besondere Fähigkeit greift nachhaltig in ein Regelsystem ein, ist genaugenommen sogar immer eine Zusatzregel.
Zitat
Natürlich. Und ob die 4E diese findet, steht noch völlig in den Sternen. Immerhin scheint man auf Designerseite aber einige der existierenden Probleme tatsächlich auch als solche identifiziert zu haben. Ob und wie gut diese Probleme gelöst werden, wird man sehen. Da aber zumindest die Möglichkeit einer guten Lösung existiert, halte ich es für populistisch und wenig nützlich, mögliche Regelvereinfachungen als "die machen aus meinem D&D ein D&D für Dumme" zu interpretieren.

Ich verstehe nicht ganz, was Du damit aussagen willst. Denn weder Raven, noch ich haben in diese Richtung argumentiert.
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Talwyn

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Mike Mearls über die 4E
« Antwort #41 am: 21. Januar 2008, 02:19:12 »
Eines der größten Probleme, die ich bei D&D inzwischen als für mich unerwünscht identifizieren konnte, besteht darin, dass die Komplexität bei D&D an der falschen Stelle liegt: Nämlich bei Charaktererschaffung bzw. -entwicklung. Da präsentiert man schon ein Kampfsystem, für das Visualisierung in Form einer Battlemap ausdrücklich empfohlen wird und suggeriert damit "Taktik", aber im Endeffekt sehen 90% aller Begegnungen dann ziemlich gleich aus und von Taktik fehlt während des eigentlichen Spiels oft jede Spur.

Tiefgreifende Systemkenntnis braucht man nur für die Erstellung effektiver Charakterkonzepte, am Spieltisch fährt man dann meist Schema F und am Ende gewinnt der mit dem besseren Konzept bzw. mit mehr Glück beim Würfeln. Es kommt viel mehr darauf an, welche Völker, Klassen und Talente man wie kombiniert, als darauf, welche Entscheidungen man am Spieltisch selbst von Runde zu Runde trifft. Wenn man das Charakterkonzept als die auf einen längeren Zeitraum ausgelegte Strategie betrachtet, könnte man sogar sagen, dass es in D&D viel Strategie aber kaum Taktik gibt.

 Tatsächlich ist die Erstellung solcher Strategien (a.k.a. Konzepte) schon ein Spiel für sich und kann wirklich Spaß machen, mir persönlich fehlt aber der Kick wenn alle wirklich relevanten Entscheidungen längst getroffen sind, wenn ich dem großen roten Drachen dann letztendlich gegenübertrete. Denn ehrlicherweise muss man gestehen, dass man im Kampf selbst selten vor wirklich harte Entscheidungen gestellt wird, und wenn man einen bestimmten Gegner nicht besiegen kann, dann liegt das entweder am Würfelpech, oder daran, dass man z.B. nicht gut genug trifft, um die hohe AC des Gegners zu schlagen (bevor dieser den eigenen Charakter zerlegt). Man kann zwar an diesen Wahrscheinlichkeiten auch im Spiel noch drehen (über Zauber, Items, usw.) allerdings sind diese Modifikatoren im besten Fall das Zünglein an der Waage und meist eher zu vernachlässigen.

Demgegenüber gibt es zwei dicke Faktoren, die über Erfolg und Scheitern bestimmen, und das ist eben einmal das Würfelglück und zum anderen die Wahl von Talenten, Zaubern, PrCs usw. Die Faktoren, die erst zur Spielzeit in Kraft treten taugen in der Regel gerademal dazu, die doch recht hohe Varianz des d20 abzufedern, und somit im Endeffekt das Charakterkonzept vom Zufall zu entkoppeln.

Deswegen wünsche ich mir nach wie vor das Gleiche wie schon in einem anderen Thread genannt: Ich will nicht unbedingt dass D&D einfacher wird, sondern, dass die Komplexität an einen anderen Schwerpunkt verlagert wird. Ich will am Spieltisch, wenn ich mich mit meinen Freunden treffe, mitten in der Hitze des Kampfes die wirklich relevanten Entscheidungen treffen, und nicht wenn ich zu Hause am Reißbreitt mein Charakterkonzept erstelle.

Ich habe es noch nicht selbst ausprobiert, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass diese Problematik mit jedem Splatbook verschärft wurde, denn je mehr Optionen für den Aufbau des Charakters bereitstehen, desto stärker kann ich schon zur Entwurfszeit an den Wahrscheinlichkeiten drehen. Insofern lehne ich mich vielleicht weit aus dem Fenster wenn ich sage: Core Only ist nicht für Puristen, es ist einfach das bessere Spiel.

Dabei denke ich gerade auch an den vom Raben genannten Metagameaspekt. Bei der unglaublichen Vielfalt an Optionen ist es schier unmöglich, die Aktionen des Gegners vorherzusehen. Dadurch wird es leider auch schwerer, Entscheidungen auf Basis einer Situationsanalyse zu treffen. Im Zweifelsfall entscheidet man sich (um das Beispiel des Nahkämpfers zu wählen) für die Full Attack und ignoriert andere Optionen die stärker von den Aktionen und Eigenschaften des Gegners und/oder der eigenen Verbündeten abhängen. Wer mir an dieser Stelle Quärulantentum und Schwarzmalerei unterstellt, kann das gerne tun, aber meine Erfahrung zeigt, dass fast jeder Spieler im Kampf das immer gleiche Schema abspult.

Das bedeutet für mich aber im Endeffekt, dass D&D auf lange Sicht wohl nicht mehr mein Lieblingssystem bleiben wird, da ich durchaus wetten würde, dass ein derartig radikaler Paradigmenwechsel niemals stattfinden wird. Die zwölf Punkte lassen zumindest keine Vermutung zu, dass man in diese Richtung etwas unternehmen wird - obwohl ich einen Großteil dieser Punkte unterschreiben würde. Ich werde demnächst mal eine Recherche starten, ob es vielleicht doch irgendwo ein Regelwerk gibt, dass mir gefälllt. Es sei denn jemand hier im Forum hat genau das, was ich suche ;)

TheRaven

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Mike Mearls über die 4E
« Antwort #42 am: 21. Januar 2008, 08:57:18 »
Keine Abschnitte = Wird nicht gelesen
Die Wissenschaft nötigt uns, den Glauben an einfache Kausalitäten aufzugeben.
- Friedrich

Zanan

  • Mitglied
  • Pathfinder-Übersetzungsteam
    • Zanan's at the Gates
Mike Mearls über die 4E
« Antwort #43 am: 21. Januar 2008, 10:26:38 »
Zitat von: "Scurlock"
Zitat von: "Wormys_Queue"

Da aber zumindest die Möglichkeit einer guten Lösung existiert, halte ich es für populistisch und wenig nützlich, mögliche Regelvereinfachungen als "die machen aus meinem D&D ein D&D für Dumme" zu interpretieren.

Ich verstehe nicht ganz, was Du damit aussagen willst. Denn weder Raven, noch ich haben in diese Richtung argumentiert.


Das zielte wohl eher auf meinen kleinen Stein-des-Anstoßes-der-Debatte Kommentar ab.  :wink:

Wobei ich weder von "meinem" D&D sprach, noch "D&D für Dumme". Die Ausrichtung auf eine neue Fangemeinde mit anderen (IMHO geringeren) Ansprüchen ist aber offensichtlich, weil man es denen offenbar nicht zumuten will, sich wirklich tief mit den Regeln auseinander zu setzen - denn das könnte sie wieder dazu bringen, anstelle zum Tisch zur Konsole zu gehen. Und natürlich sind die Anmerkungen des Mannes nicht völlig falsch, nur eben sein Ansatz "3E mußte verändert wegen weil ..." ist eher hohl bzw. bezieht sich nur auf bestimmte Punkte, die keineswegs die 3E zum Wackeln gebracht haben. Denn ich denke, daß gut 80% des 3E Materials bestehen bleiben werden, nur etwas hier- und dahin umverteilt wird. Das dann neu anzustreichen und als der Weisheit vorletzter Schluß darzustellen halte ich dann doch etwas übertrieben ... aber die Werbetrommel muß natürlich auch gerührt sein.
Ust, usstan elgg dos ...

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Darastin

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Re: Mike Mearls über die 4E
« Antwort #44 am: 21. Januar 2008, 10:39:21 »
Schauen wir und die 13 Punkte mal genauer an:


1. Zumindest wichtige NSC sollten auf jeden Fall genau so detailliert und sorgfältig gestaltet werden wie die SC - immerhin sind es Hauptrollen. Daher ist die Erschaffung solcher NSC natürlich genau so aufwendig wie die eines SC. Daran kann man bei einem System, das auf Task Resolution und damit letztendlich Spielweltsimulation basiert, aber nichts ändern.

Bei weniger wichtigen Gestalten lasen sich aber eventuell vereinfachte Regeln anwenden. Auch wenn ich mir irgendwie nicht vorstellen kann, daß es bei D&D Mook-Regeln geben wird so wäre das diesbezüglich schon eine Verbesserung.


2. Das ist auch so eine Sache. Daß das Spiel in diesem Bereich am Besten funktioniert sehen ja viele so; die Frage ist nur: Wie weitet man diesen Bereich aus ohne daß sich das Spiel auf allen Stufen gleich anfühlt? Denn in letzterem Fall kann ich auf jedwede regelmechanische Weiterentwicklung der Charaktere auch gleich verzichten.


3. Dürfte hauptsächlich an den recht krassen Auswirkungen großer Mengen hochgradiger Magie liegen. Vollcaster haben eine Unmenge an Handlungsoptionen, die kaum im Voraus abzuschätzen sind. Die Power der einzelnen Zauber ist dabei nicht einmal sonderlich entscheidend.

Das ließe sich allerdings relativ einfach durch ein ToB-ähnliches System von interessanten, aber nicht beliebig wiederholbaren (!) Handlungsoptionen für mundane Charaktere beheben.


4. Da wüßte ich gerne was er mit "swingy" meint. Was aber momentan wirklich ein Problem darstellt ist das Erstellen leichter low-Level-Encounter aus mehreren Gegnern. Das sollte sich aber einfach dadurch korrigieren lassen, daß man eine größere Auswahl an Gegnern anbietet, die deutlich schwächer als Startcharaktere sind.


Problem: Alle Lösungen für 3. und 4. können ganz schnell das unter 2. angesprochene Phänomen herbeiführen.


5. CR ist schwierig zu bestimmen, aber es ist ein Anhaltspunkt. Die Schwierigkeit einer Begegnung ist praktisch unmöglich vorherzusehen wenn die Akteure verschiedene Handlungsoptionen haben. Solange man also nicht dazu gezwungen wird, immer das gleiche zu tun und dabei auf sozialistische Einheitscharaktere beschränkt ist wird es nie wirklich akkurat geben. Ich finde es ehrlich gesaht überhaupt schon bemerkenswert, daß man mit dem CR wenigstens ungefähr richtig liegt - von ein paar Ausnahmen mal abgesehen, aber Ausreißer gibt es immer.


6. Das ist in vielen Systemen ein Problem.
Grund Nummer eins: Spellcaster können Dinge tun, die mundane Charaktere nicht tun können; aber üblicherweise sind ihnen keine mundanen Handlungsoptionen verwehrt (ob sie gut darin sind ist eine andere Frage, aber irgendwie tun können sie es immer, vor allem wenn es dazu passende Zauber gibt).
Grund Nummer zwei: Selbst subtilste Magie ist immer noch irgendwie spektakulär, während mundane Aktionen letztendlich Altbekanntes darstellen. Dadurch genießt der Zauberer mehr Aufmerksamkeit.
Grund Nummer drei: Speziell in D&D haben Zauberkundige im Kampf die Möglichkeit, Gegner mit einer Aktion zu neutralisieren, was mundane Charaktere nicht können. Dazu braucht man noch nicht einmal Save-or-Die-Zauber; einfache Schlachtfeldkontrolle reicht schon völlig.
Grund Nummer vier: Ebenfalls speziell in D&D haben Zauberkundige viel mehr Handlungsoptionen als mundane Charaktere und sind daher auch viel interessanter zu spielen. Lösungsansatz siehe Punkt 3.


7. Ja; die aus AD&D bekannten Hybriden sind mit 3.x Core nicht zu realisieren. Andererseits waren sie bei AD&D irgendwie zu gut; in dieses Extrem darf man dann auch nicht verfallen. Hier könnte man wieder mal beim ToB abschreiben indem man die Regelung für das Initiator Level für alle klassenstufenabhängigen Effekte übernimmt. Das macht das Multiclassing wesentlich einfacher und spezielle Hybrid-Klassen unnötig.


8. Nicht unbedingt. Für geradlinige Konzepte reichen die Skillpunkte normalerweise aus; haarig wird es nur bei Hybridkonzepten. Grundsätzlich halte ich es aber für ein gutes Zeichen, daß die Leute die Zahl für zu gering halten; denn das heißt, daß man nicht alles haben kann was man gerne hätte und daher Entscheidungen treffen muß. Niemand will eierlegende Wollmilchsäue als Charaktere.


9. Kompliziert inwiefern? Erstellung? Das könnte man durch ein komplettes Loslösen von den TW erreichen. Handhabung? Also wenn es darauf hinausläuft, daß man leicht einmal irgendeine Fähigkeit vergißt, dann kann mir das egal sein. Denn das könnte man nur durch eine drastische Reduktion bzw. Begrenzung der Anzahl verschiedener Fähigkeiten erreichen, die ein gegebenes Monster haben kann. Und auch das macht es nicht viel besser, denn in ihrer Gesamtheit kommen die Monster immer noch auf viel mehr verschiedene Fähigkeiten als z.B. die SC. Das bedeutet natürlich, daß der SL bei nicht-homogenen Begegnungen - und die sind bekanntermaßen die interessantesten - wesentlich mehr verschiedene Fähigkeiten gleichzeitig im Kopf behalten muß. Das läßt sich aber kaum ändern, und wenn doch: Wie will man dann richtig komplexe Monster umsetzen wie z.B. Drachen, die über genug Aktionsvorteile verfügen um es allein mit einer Gruppe aufzunehmen=


10. Siehe 8. Diese Auswahlen sollten niemals trivial sein.


11. Äh... nö. Eigentlich nicht. Grundsätzlich sind AoOs eigentlich sehr einfach; nur die ganzen Sonderfälle können nerven.


12. Kann man aber nur ändern indem alle Items zu "complete chaff" werden. UNd das führt zu AD&D-Finanzverhältnissen: Charaktere erbeuten immer mehr Reichtümer, aber es gibt nichts, was man sich dafür kaufen könnte. Was letztendlich auch Geld oder Items als Motivation für die Charaktere eliminiert.


13. Ja, daran könnte man arbeiten.



Zu Komplexität und Kompliziertheit:

Ich habe nichts dagegen, wenn unkomplizierte Bausteine ein komplexes Spiel ermöglichen. Das ist eigentlich sogar ein klassisches Erfolgsrezept. Aber wie Talwyn schon festgestellt hat liegt die Komplexität momentan im falschen Breich. Im eigentlichen Spiel ist die Entscheidung "was tue ich jetzt" oftmals viel zu einfach; dafür zerbricht man sich bei der Charaktererschaffung dann den Kopf. Ersteres kann man gemäß Punkt 3 vielleicht in den Griff kriegen; letzteres wird schwieriger.

Eines der großen Probleme bei D&D sind die Charakter-Builds. Nicht daß ich etwas gegen Vorausplanung im Allgemeinen hätte; dumm  ist nur, daß man dazu mehr oder weniger gezwungen wird.

Schuld daran sind die Prerequisites.

Die sind zwar oftmals vor allem wegen des Balancings angebracht, aber es wird dadurch schwierig sich mal eben für irgendeine Fähigkeit zu entscheiden, die der Charakter gerne hätte. Denn im Gegensatz zu Punkte-Kauf-Systemen, wo man einfach nur genug Punkte für das ganze Paket zu sammeln braucht, muß man hier genau darauf achten, wann man z.B. wieder ein Feat nehmen kann oder in welcher Reihenfolge man die Klassen wählen muß damit man genug Skilpunkte für die nötige Zahl an Rängen hat. Da muß man dann schon etliche Stufen vorher anfangen zu planen; schlimmstenfalls schon von Stufe eins an. Ein späteres Umentscheiden oder eine spontane Reaktion auf Entwicklungen während des Spielgeschehens ist so kaum möglich.

Ohne Prerequisites oder mit Punkte-Kauf-System wird aber das Balancing schwierig bis unmöglich. Es ist schon eine verdammt verzwickte Sache.


Bis bald;
Darastin
Darastins Grundregeln des Rollenspiels:
1. Sei kein Arschloch!  2. Spiele nicht mit Idioten!  3. Redet miteinander!

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