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Autor Thema: Cthulhu: Das Sanatorium  (Gelesen 36730 mal)

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Halvar

  • Mitglied
Re: Cthulhu: Das Sanatorium
« Antwort #90 am: 18. Oktober 2008, 15:42:45 »
Teil 22: Die verlorene Tochter

Session: 05.04.2008

Niedergeschlagen trotteten wir über den Trampelpfad zurück zum Sanatorium und befürchteten das Ärgste. Wenn Mrs. Stevens-McCormmick sich in ihrem Wahn tatsächlich dorthin zurück begeben und Dr. Tiller überrumpelt hatte, dann waren auch Darlene und Colonel Billings verloren.

"Vielleicht ist sie ja in der Zwischenzeit wieder zu sich gekommen", versuchte Lady Gordon, uns Mut zu machen. "Darauf würde ich nicht wetten", musste ich ihr jedoch widersprechen, "bedenken Sie, wie lange dieser Zustand bei Charles Johnson angedauert hat." Ich wollte den anderen sicher nicht die Hoffnung nehmen, aber wir mussten den Tatsachen ins Auge blicken. Besser, wir gingen vom Schlimmsten aus und wurden dann positiv überrascht, als umgekehrt. "Nun, wenn sie mich noch einmal angreift, bringe ich sie jedenfalls um", kommentierte Lady Gordon meinen Einwand.

Die Ähnlichkeit zwischen Mrs. Stevens-McCormmicks Tollwut und jener von Charles Johnson schien mir jedenfalls kein Zufall zu sein. Beide hatten diesen kalten, leeren Blick in ihren Augen gehabt und die gleiche, gnadenlose Gewalttätigkeit an den Tag gelegt. Als wären sie Marionetten eines fremden und äußerst grausamen Willens gewesen. Vielleicht desjenigen dieses Blasen-Dings? Es erschien mir zwar kaum vorstellbar, geschweige denn rational erklärbar, aber es würde einen Sinn ergeben: Charles Johnson hatte dem Ding offenbar Opfer besorgt. Erst, als wir ihn beseitigt hatten, war es selber aus dem Leuchtturm gekommen, um uns anzugreifen. Mrs. Stevens-McCormmick hatte eines der Symbole getragen und dann ausschließlich jene Person angegriffen, die das andere Symbol in der Hand gehalten hatte. Beide hätten dem Ding kaum besser dienen können, zumindest von dessen Warte aus gesehen.

Wenn sich dies als wahr herausstellen sollte, dann hatten wir verdammtes Glück gehabt. Wären Lady Gordon oder ich von dem Ding übernommen worden, dann hätten jetzt einige Leute zertrümmerte Schädel oder große Löcher im Bauch. Wie es schien, waren wir nur haarscharf an einer Katastrophe vorbeigeschrammt. Die Vorstellung, dass wir beim nächsten Mal weniger Glück haben könnten, verursachte mir Magenschmerzen.

Des Weiteren bedeutete dies auch, dass Mrs. Stevens-McCormmick wahrscheinlich nicht mehr zu retten war. Johnsons Mordorgie hatte mehrere Tage gedauert und wir mussten ihn umbringen, um sie zu beenden. Wir konnten nur hoffen, dass es uns gelingen würde, Mrs. Stevens-McCormmick auf andere Weise aufzuhalten, sollte sie uns erneut angreifen. Die Chancen dafür standen gar nicht mal so schlecht - immerhin hatte Lady Gordon sie ja schon einmal außer Gefecht gesetzt und Mrs. Stevens-McCormmick war ja nicht ansatzweise so gefährlich wie Charles Johnson - die Frage war nur, wie es dann weitergehen sollte, denn an ihrem Zustand würde das ja nichts ändern. Vielleicht würde sie wieder zu sich kommen, wenn es uns gelänge, dieses Ding zu vernichten, aber sicher sein konnten wir uns auch da nicht. Und wie wir dies bewerkstelligen sollten, stand ohnehin noch auf einem ganz anderen Blatt.

"Hier war es", verkündete Pater Benedict und riss mich aus meinen Gedankengängen. Ich hatte ihn gebeten, mir die Stelle zu zeigen, an der Mrs. Stevens-McCormmick geflohen war. Vielleicht würde es uns gelingen, ihren Spuren zu folgen und sie so aufzuspüren oder zumindest sagen zu können, wohin sie gerannt war. Ich suchte den Boden ab, konnte ihre Spur jedoch beim besten Willen nicht ausmachen. Heute gelang mir aber auch gar nichts. Verzagt setzten wir unseren Weg fort.

Als das Sanatorium in Sicht kam, bot Lady Gordon an, sich zunächst einmal alleine an das Gebäude heranzupirschen, um die Lage zu sondieren. Sie versicherte uns, dass sie äußerst talentiert darin sei, sich unbemerkt zu bewegen. Pater Benedict und ich waren einverstanden, und so trennte sie sich von uns und näherte sich dem Gebäude, während wir uns etwas abseits des Weges ins Gestrüpp schlugen, um nicht gesehen zu werden. Wir achteten jedoch darauf, dass wir den Haupteingang des Sanatoriums noch im Auge behalten konnten. Lady Gordon bewegte sich rechts um das Gebäude herum, wobei sie geschickt jede Deckung ausnutzte, die sich ihr bot. Nachdem sie auf der Ostseite des Hauses angelangt war, verschwand sie hinter einer Ecke aus unserem Blickfeld.

Nun hieß es warten. Zehn Minuten lang geschah nichts. Allmählich wurde ich schon unruhig, dann jedoch öffnete sich der Haupteingang. Lady Gordon erschien im Türrahmen und signalisierte uns durch einen Wink, dass wir kommen sollten. Offenbar bestand also zumindest keine unmittelbare Gefahr. Ich atmete etwas auf und wir begaben uns schnellen Schrittes zum Sanatorium.

Als wir uns der Tür näherten, sahen wir, dass ein paar Meter hinter Lady Gordon Dr. Tiller im Foyer wartete - etwas blass um die Nase und mit einem reichlich verdatterten Ausdruck auf seinem Gesicht. "Mrs. Stevens-McCormmick ist hier", verkündete Lady Gordon, "Dr. Tiller hat sie ruhiggestellt. Sie schläft in der Bibliothek."

"Nun erzählen Sie mir doch bitte endlich, was passiert ist", bat Dr. Tiller in leicht gereiztem Ton, während er sich zu uns gesellte, "von Mrs. Stevens-McCormmick habe ich nur wirres Zeug gehört." - "Ich fürchte, von uns werden Sie noch mehr wirres Zeug zu hören bekommen", versuchte ich ihn vorzuwarnen. "Wenn es nicht so traurig wäre, würde ich darüber lachen", entgegnete er. Lady Gordon kam seiner Bitte nach und berichtete ihm von unserem Angriff auf den Turm, der Begegnung mit dem Seifenblasen-Ding und der "Besessenheit" von Mrs. Stevens-McCormmick. Wie zu erwarten glaubte uns Dr. Tiller kein Wort. Er war der Auffassung, dass wir einer Massenhysterie erlegen wären und dass Mrs. Stevens-McCormmick wahrscheinlich unter Schizophrenie leiden würde - diese würde häufig mit Besessenheit verwechselt. Ich versuchte, ihm zumindest glaubhaft zu machen, dass die Gefahr noch nicht vorüber wäre, und bat ihn, uns genau zu berichten, wie Mrs. Stevens-McCormmick hier angekommen sei. Er sagte, sie sei völlig aufgewühlt gewesen und hätte etwas von Besessenheit und einem Angriff gefaselt, dass sie sich hätte lösen können, und so weiter. Er hätte zunächst versucht, beruhigend auf sie einzureden, ihr aber dann mit ihrem Einverständnis ein starkes Beruhigungsmittel gespritzt. Aggressiv hätte sie sich nicht verhalten.

Die Tatsache, dass sie offenbar mit Dr. Tiller gesprochen und ihn nicht angegriffen hatte, ließ mich hoffen, dass sie tatsächlich von selbst wieder zu sich gekommen war. Sollte sich dies bewahrheiten, war dies die erste gute Nachricht des Tages. Lady Gordon bestand jedoch darauf, Mrs. Stevens-McCormmick trotzdem vorerst in eines der Patientenzimmer zu sperren - sicherheitshalber. Dafür hatten wir zwar Verständnis, sahen aber keine Eile geboten, da sie ja momentan noch unter der Wirkung des Beruhigungsmittels stand. Viel drängender war da die Frage, was wir im Hinblick auf die kommende Nacht unternehmen sollten.

Ich ging die drei Stufen des Haupteingangs hinab und begann, die Grasfläche zu untersuchen. Ich konnte mich noch ziemlich genau daran erinnern, in welcher Entfernung sich der Leuchtkreis in der letzten Nacht befunden hatte, und so nahm ich diesen Streifen genauer unter die Lupe. Natürlich fand ich nichts. Ich ging zu den anderen zurück und bat sie, mir zu helfen. Pater Benedict folgte mir und ich zeigte ihm, wo der Kreis entlang gelaufen war. Wir gingen ein paar Schritte, dann kniete er sich plötzlich hin. "Hier", sagte er und deutete auf einen toten Käfer, der auf dem Rücken lag. Als er ihn mit seinem Zeigefinger berührte, zerfiel das Insekt in seine Bestandteile. Ich untersuchte an der Stelle noch einmal das Gras etwas genauer. Mir fiel auf, dass die Spitzen der Grashalme ganz leicht angesengt waren - ähnlich wie der Teppich in Hardings Zimmer. Pater Benedict und ich folgten der Spur des Lichtkreises noch einige Meter, fanden außer weiteren vertrockneten Insekten jedoch nichts.

"Was halten Sie davon, wenn wir so viel Benzin wie möglich in diesen Kreis schütten und anzünden, sobald sich das Ding zeigt?", fragte ich den Pater. "Hat keinen Zweck", erwiderte er lapidar, "was von dem Benzin nicht verdunstet, wird im Boden versickern." Ich hatte das eigentlich für eine ganz gute Idee gehalten, sah aber ein, dass der Pater wohl recht hatte. Da wir nicht genau wussten, wann das Licht auftauchen würde, würden wir das Benzin entsprechend frühzeitig ausgießen müssen. Wenn wir Pech hatten, würde viel Zeit bis zum Anzünden verstreichen, wodurch sich dann schon ein Großteil davon verflüchtigt hätte. Außerdem konnten wir ja nicht wissen, ob der Leuchtkreis tatsächlich wieder haargenau an derselben Stelle erscheinen würde. Aber selbst wenn: Sollte das Feuer nicht stark genug sein, um das Ding sofort zu vernichten, dann würde es einfach den Flammen ausweichen wie es das ja bereits am Leuchtturm getan hatte. Kurzum: Wir verwarfen diese Idee wieder.

Pater Benedicts Einfall war allerdings auch nicht besser: Er schlug allen Ernstes vor, mittels einer Handpumpe eine Art Flammenwerfer zu bauen. Selbst wenn wir eine solche Pumpe zur Verfügung gehabt hätten: Weder besaß irgendjemand von uns Erfahrung im Umgang mit einer solchen Waffe - am wenigsten wohl der Pater selbst, wie ich nur hoffen konnte - noch verfügten wir über das nötige handwerkliche Geschick, um ein solches Gerät überhaupt montieren zu können. Dass dieser Vorschlag ausgerechnet von Pater Benedict gekommen war, erschien mir äußerst befremdlich. Ich konnte es mir nur so erklären, dass auch er inzwischen der Verzweiflung nahe sein musste.

Inzwischen waren wir wieder am Haupteingang angekommen. Lady Gordon hatte eine noch wahnwitzigere Idee: Sie wollte das Ding ins Sanatorium locken und dann das gesamte Gebäude in Brand stecken! Die Frage war nur, ob das Ding überhaupt versuchen würde, ins Sanatorium einzudringen - letzte Nacht hatte es das ja nicht getan. Allerdings war dies auch gar nicht nötig gewesen - es hatte auch so mehr als genug Opfer gefunden. Pater Benedict merkte jedoch an, dass selbst wenn es ins Sanatorium eindringen würde, es uns wahrscheinlich nicht gelänge, es lange genug darin festzusetzen. Die Luke im Leuchtturm hatte es mit nur wenigen Hieben aus der Verankerung gerissen - und diese Luke hatte im Gegensatz zu den Holzwänden des Sanatoriums aus Metall bestanden. Wir mussten also wohl davon ausgehen, dass es im Zweifelsfall ganz schnell wieder draußen sein würde.

Als Alternative schlug Lady Gordon vor, eine Feuerschneise zu legen, so dass sich das Ding nur noch in Richtung Meer bewegen könne. An einer entsprechenden Engstelle wie beispielsweise unten am Steg hätten wir vielleicht eine Chance, das Ding mit den beiden Symbolen ins Meer zu treiben. "Wie wäre es denn, wenn wir es direkt auf den Steg hinauslocken und diesen dann anzünden würden?", fragte Pater Benedict, "dann hätte es nur noch die Wahl zwischen Feuer und Wasser." Lady Gordon warf jedoch die Frage auf, wer es denn auf den Steg locken und dann noch wieder heil von dort entkommen können solle.

Dr. Tiller hatte die ganze Zeit neben uns gestanden und kein Wort gesprochen. Seiner Mimik war allerdings deutlich zu entnehmen, dass er uns für völlig übergeschnappt hielt. Nun sah er jedoch plötzlich zur Bibliothekstür, als ob er etwas gehört hätte. Eiligen Schrittes begab er sich dorthin. Wir unterbrachen unsere angeregte Debatte und folgten ihm.



Als wir in die Bibliothek traten, sahen wir, dass sich Mrs. Stevens-McCormmick auf der Couch bewegte. Dr. Tiller ging zu ihr, wir blieben dicht hinter ihm. Lady Gordon nahm eine angespannte Haltung ein. Mrs. Stevens-McCormmick hatte die Augen weit aufgerissen und schaute verwirrt umher. "Sind Sie wach?", sprach Dr. Tiller sie an. "Wo... wo bin ich? Was ist passiert?", stammelte sie. Dr. Tiller erklärte ihr kurz, dass er ihr Beruhigungsmittel verabreicht hätte und fragte sie, ob sie sich nicht mehr daran erinnern könne. Sie tastete nach ihren Zigaretten und zündete sich eine davon an. Als sie sich aufrichten wollte, hielt Dr. Tiller sie jedoch zurück und riet ihr, besser erst mal liegenzubleiben.

Lady Gordon stand in Hab-Acht-Stellung vor der Couch und ließ Mrs. Stevens-McCormmick keine Sekunde aus den Augen. "Das ist ein anderes Verhaltensmuster als es Johnson hatte", raunte ich ihr zu, in der Hoffnung, sie damit etwas beruhigen zu können. "Und wenn es wieder umschlägt?", erwiderte sie. Natürlich hatte sie nicht ganz unrecht - wissen konnten wir das nicht. Ich wollte allerdings verhindern, dass Lady Gordon Mrs. Stevens-McCormmick den Schädel eintrat, nur weil sie eine zu schnelle oder verdächtige Bewegung gemacht hatte.

"Möchten Sie ein Glas Wasser?", fragte Dr. Tiller seine Patientin und als diese bejahte, verschwand er in Richtung Küche und kam kurz darauf mit einem solchen zurück. Mrs. Stevens-McCormmick lag derweil zitternd auf der Couch und zog an ihrer Zigarette. Allmählich schien sie wieder zu sich zu finden. "Wie geht es Ihnen?", fragte ich sie schließlich. "Nicht sehr gut", antwortete sie, "das war alles viel zu viel für mich." Ich fragte sie, ob sie sich noch daran erinnern könne, was am Leuchtturm passiert sei. Sie berichtete, dass sie nur noch wisse, wie sie und Lady Gordon versucht hätten, das Ding mit den Symbolen in Schach zu halten, und dann wäre alles schwarz geworden. Sie wäre erst wieder zu sich gekommen, als sie schon fast am Sanatorium war. Was dazwischen passiert sei, wisse sie nicht.

Mir war durchaus klar, dass diese Darstellung nicht mit dem übereinstimmte, was Dr. Tiller uns erzählt hatte, denn dieser hatte ja berichtet, dass Mrs. Stevens-McCormmick etwas von Besessenheit erzählt hätte und dass sie sich hätte "lösen" können. Ich verzichtete jedoch darauf, sie auf diesen Umstand anzusprechen. Vielleicht hatte sie es unbewusst verdrängt und ich wollte nicht riskieren, bei ihr irgendeine negative Reaktion auszulösen, indem ich sie daran erinnerte. "Vielleicht ist es auch besser, wenn Sie das nicht mehr wissen", sagte ich stattdessen.

"Was ist denn passiert?", fragte sie jedoch. Ich wollte gerade damit beginnen, mir zu überlegen, wie ich ihr möglichst behutsam beibringen könnte, was mit ihr geschehen war, als mir Lady Gordon auch schon zuvorkam: "Sie haben versucht, mich umzubringen?!"

Mrs. Stevens-McCormmick war entsetzt, als wir ihr erzählten, dass sie aggressiv und gewalttätig gegen uns vorgegangen war und sogar auf Lady Gordon geschossen hatte. Sie versicherte uns, dass es ihr unendlich leid täte, sie nicht Herrin ihrer Sinne gewesen wäre und sich absolut nicht erklären könne, was da geschehen sei. Ich äußerte die Vermutung, dass sie etwas Ähnlichem zum Opfer gefallen wäre wie Charles Johnson und erklärte ihr, dass wir das Ding nicht vernichten konnten und noch in der gleichen Situation wären wie vor dem Angriff auf den Leuchtturm.

Ihr Blick erstarrte kurz, dann zuckte sie zurück und ließ das Wasserglas fallen. "Was ist los? Haben Sie wieder einen Anfall?", fragte Dr. Tiller und stürzte an ihre Seite. "Wenn wir dieses Wesen nicht stoppen, dann sind wir alle des Todes", verkündete Mrs. Stevens-McCormmick mit monotoner Stimme, packte Dr. Tiller am Kragen und zog ihn zu sich heran, "ich habe es gesehen."

"Was haben Sie gesehen?", wollte Dr. Tiller wissen und befreite sich von ihrem Griff. "Wie dieses Wesen zum Haus kam", erklärte Mrs. Stevens-McCormmick, "ich habe gesehen wie es einen nach dem anderen von ihnen aufgefressen hat. Dann bildete sich eine Art schwarze Sphäre in der Luft über dem Sanatorium, die alles in sich aufgesogen hat - dieses Wesen, die Bäume, das Haus, alles. Mich auch. Alles war in einen gelblichen Schleier gehüllt. Kurz bevor ich in das Loch gesogen wurde, bin ich aufgewacht und war wieder hier."

Mit diesen Worten sank sie auf die Couch zurück und starrte an die Zimmerdecke. Dr. Tiller hastete aus dem Raum. Wir anderen standen nur da und wussten nicht, was wir sagen oder tun sollten. Ich redete mir ein, dass Mrs. Stevens-McCormmick nur die Phantasie durchgegangen war, ausgelöst durch ihre traumatischen Erlebnisse. Andererseits hatte ich in den vergangenen vierundzwanzig Stunden so manche Dinge gesehen, die ich vorher ins Reich der Phantasie verwiesen hätte.

Wir brauchten einen neuen Plan, und zwar schnell.

Fortsetzung in Teil 23: Neuer Plan
Take me out to the black, tell 'em I ain't comin' back.

Lily Weg

  • Mitglied
Re: Cthulhu: Das Sanatorium
« Antwort #91 am: 15. November 2008, 20:42:49 »
*leise anklopft*

Hey, wann geht´s weiter?


Halvar

  • Mitglied
Re: Cthulhu: Das Sanatorium
« Antwort #92 am: 16. November 2008, 06:18:19 »
Berechtigte Frage.

Sorry, aber momentan bin ich ziemlich vollgepackt. Teil 23 ist aber schon fertig und ich warte nur noch auf das Approval eines Spielers (ich mache da heute mal ein bisschen Druck, dann kommt das eventuell schnell).
« Letzte Änderung: 16. November 2008, 06:27:26 von Halvar »
Take me out to the black, tell 'em I ain't comin' back.

DU#1229

  • Gast
Re: Cthulhu: Das Sanatorium
« Antwort #93 am: 16. November 2008, 07:38:29 »
 :thumbup: dafür!

Halvar

  • Mitglied
Re: Cthulhu: Das Sanatorium
« Antwort #94 am: 16. November 2008, 22:04:09 »
Teil 23: Neuer Plan

Fortsetzung Session 05.04.2008

Die Idee mit dem Steg hatte mir eigentlich ganz gut gefallen, allerdings hatte sie auch ein paar Haken: Irgendwie müsste das Blasen-Ding auf den Steg gelockt werden. Es allein mit den zwei Symbolen dorthin zu treiben, würde uns wahrscheinlich nicht gelingen - wie schwer das war, hatten wir ja bereits am Leuchtturm erfahren. Ferner durfte die Blase keine einfacheren Opfer im oder am Sanatorium vorfinden, denn dann hätte sie ja keinen Grund, sich zum Steg zu begeben. Andererseits konnten wir uns aber auch nicht alle mitsamt den Patienten auf das Ende des Stegs stellen: Wenn sich die Blase tatsächlich auf den Steg wälzen würde, müsste sich ein potenzieller Lockvogel ins Meer stürzen und wieder an den Strand zurückschwimmen - für Colonel Billings und Darlene ein Ding der Unmöglichkeit. Und wer sollte den Steg dann anzünden?

Niemand von uns war ein geübter Schwimmer, dennoch erklärte sich Pater Benedict bereit, den Köder zu spielen. Vorher wollte er sich die Sache aber noch einmal genau ansehen. Der Pater und ich marschierten zu den Schuppen und organisierten uns ein Seil, dann begaben wir uns die Stufen zum Steg hinab.

Die in das Felsgestein der Steilküste gehauene Treppe endete etwa einen Meter über dem Strand, dann führten ein paar Holzstufen direkt auf die Bohlen hinunter, die den Steg bildeten. Treppe und Steg befanden sich in einem 90-Grad-Winkel zueinander. Von den Bohlen konnte man noch ein paar Meter nach links und rechts auf den Sand gehen, dann versperrte jedoch die Steilküste das weitere Fortkommen. Direkt gegenüber der Treppe befand sich die Vorrichtung, in der Ebenezer immer sein Boot verstaut hatte. Der Sandstrand fiel zum Meer hin etwas ab, wodurch der Steg zwei Meter über Sand verlief, bevor er sich weitere acht Meter über das Wasser erstreckte. Somit ergab sich eine Gesamtlänge von etwa zehn Metern bei einer Breite von etwa zwei Metern. Der Abstand zwischen Steg und Wasseroberfläche betrug etwa einen Meter.

Pater Benedict knotete einen Stein an das Seil und begann, die Wassertiefe entlang des Stegs auszuloten. Er stellte fest, dass er noch etwa bis zur Hälfte der Länge des Stegs stehen konnte. Wenn er also am Ende ins eiskalte Wasser sprang, würde er nur etwa fünf Meter weit schwimmen müssen - eine Strecke, die er sich durchaus zutraute.

Noch während wir damit beschäftigt waren, das Seil ins Wasser zu lassen und wieder hochzuziehen, hatten wir bereits gesehen, wie Lady Gordon die Treppe heruntergekommen war. Sie hatte einen Benzinkanister dabei. Als sie unten angekommen war, stellte sie ihn am Fuß der Treppe ab und gesellte sich zu uns.

"Wenn das Wasser nicht tief genug ist, kann sich das Ding vielleicht wieder herausbewegen", merkte ich an. Lady Gordon schlug daraufhin vor, dass sich mindestens zwei Personen, vielleicht sogar alle anderen mit den Symbolen unter dem Steg verstecken sollten, bis das Ding über sie hinweggewälzt sei. Dann sollten sie hervorkommen, den Steg anzünden und sich mit den Symbolen in der Hand links und rechts davon postieren, um zu verhindern, dass sich das Ding wieder aus dem Wasser herauswälzen kann. Pater Benedict und ich waren uns jedoch sicher, dass das Ding die Personen unter dem Steg wahrnehmen und sich dann erst mal auf ebenjene stürzen würde. Dieses Blasen-Ding hatte ja keine Augen gehabt, würde seine Beute also wohl auf andere Art und Weise wahrnehmen. Sich zu verstecken, wäre demnach sinnlos. Wir entschieden uns, zunächst zu Dr. Tiller und Mrs. Stevens-McCormmick zurückzukehren, die immer noch in der Bibliothek warteten. Vielleicht hätten sie ja eine bessere Idee.

"Anstatt irgendwelche wirren Pläne zu schmieden, sollten Sie vielleicht besser mal darüber nachdenken, wie wir auf uns aufmerksam machen können", war jedoch alles, was Dr. Tiller dazu zu sagen hatte, bevor er aufstand und den Raum verließ. Auch Mrs. Stevens-McCormmick war von dem Plan nicht sonderlich angetan - sie hatte die Befürchtung, dass dieses Ding intelligent war und vielleicht sogar Gedanken lesen konnte, wodurch jedwede Absicht, es in eine solch offensichtliche Falle zu locken, zum Scheitern verurteilt sein würde. Sie zöge es vor, wenn wir offensiver vorgehen und beispielsweise versuchen würden, das Ding mit Hilfe der Symbole an einer Engstelle über die Klippen zu treiben.

"Das dürfte mit nur zwei Symbolen schwierig werden", sagte Pater Benedict. Das war mein Stichwort: Ich erinnerte mich daran, dass ich Lady Gordon fragen wollte, woher sie die Muschel mit dem Symbol hatte, die am Leuchtturm so plötzlich in ihrer Hand aufgetaucht war - und genau das tat ich. "Die ist von Ebenezer", antwortete sie, ohne mich dabei anzusehen. Also genau wie ich vermutet hatte. Ich wusste zwar nicht, wo sie sie gefunden hatte, aber es konnte ja nur in Ebenezers Haus oder in dessen Asche gewesen sein. Wie auch immer - sie hatte uns nicht nur Informationen vorenthalten, sondern sogar unverhohlen angelogen, denn in beiden Fällen hatte sie behauptet, nichts gefunden zu haben. Wie sollte ich damit umgehen? Einerseits hätte ich ihr am Liebsten die Meinung gegeigt, andererseits würde uns ein Streit nur Zeit und Kraft kosten, die wir momentan anderswo dringender benötigten. Ich entschloss mich, die Sache erst mal auf sich beruhen zu lassen und ging darüber hinweg. Nichtsdestotrotz hatte mein Vertrauen in die feine Dame nicht unerheblichen Schaden erlitten. Ob sich dies noch einmal ändern würde, konnte nur die Zeit zeigen.

"Vielleicht können wir noch eine weitere Sitzung mit Darlene abhalten", schlug Mrs. Stevens-McCormmick vor, "und ihre Annephis-Identität bitten, uns ein weiteres Symbol anzufertigen. Drei Symbole sollten genügen, um dieses Ding über die Steilküste zu treiben." - "Ich glaube nicht, dass das so einfach funktionieren wird", erwiderte ich, "wenn dieses Ding weiß, dass es im Meer vernichtet wird, dann wird es sich doch eher gegen die Symbolträger wenden als sich in den sicheren Tod zu stürzen." - "Ich versuche ja nur, Möglichkeiten zu finden, bei denen niemand den Lockvogel spielen muss", hielt Mrs. Stevens-McCormmick mir jedoch entgegen, "und außerdem: Wenn man dem Castro-Manuskript Glauben schenken darf, dann ist es dort doch genau so geschehen - Annephis hat die Kreaturen mit den Steinen in den Nil getrieben." Damit hatte sie natürlich auch wieder recht. Trotzdem erschien mir diese Vorgehensweise viel zu riskant. Außerdem fehlte uns schlicht und ergreifend die Zeit, noch einmal eine derartig langwierige Sitzung mit Darlene abzuhalten.

"Es wird uns nichts anderes übrigbleiben, als dass sich einer auf den Steg stellt und sich alle anderen im Sanatorium einigeln", sagte ich, "wenn das Ding dann erst hierher kommt und keine Opfer findet, bewegt es sich hoffentlich zum Steg." - "Und was ist, wenn der Lichtkreis nicht verschwindet?", entgegnete Lady Gordon, "dann sind alle anderen hier eingesperrt und derjenige auf dem Steg ist verloren." Auch wenn ich es ungern zugab, der Einwand war natürlich berechtigt. Trotzdem hielt ich das für unwahrscheinlich. Ich glaubte, dass dieses Blasen-Ding und der Lichtkreis ein- und dasselbe waren. Vielleicht konnte es sich sogar von dem einen in das andere verwandeln. Als ich dies kundtat, erntete ich nur zweifelnde Blicke, aber wie auch immer - jegliche Unwägbarkeiten auszuschließen, würde uns ohnehin nicht gelingen, egal wie gründlich wir noch planen würden. Ein gewisses Risiko einzugehen, war unvermeidlich, und dieses hier war ich bereit, einzugehen.

"Nun, wenn wir uns einig sind, dann können wir ja schon mal Holz und Kohle unter dem Steg aufschichten, damit das Feuer lange genug Nahrung findet und nicht das ganze Benzin versickert", meinte Lady Gordon. Dies hielt ich jedoch für etwas überstürzt, da wir ja noch nicht alle Details geklärt hatten. "Wenn wir jetzt viel Zeit damit verbringen, dort unten alles vorzubereiten und dann feststellen, dass der Plan doch nicht funktioniert, dann war diese ganze Zeit vergeudet", entgegnete ich ihr.

"Wie Sie meinen, ich werde jedenfalls nicht länger tatenlos hier herumsitzen", sprach Lady Gordon, stand auf und verschwand durch die Bibliothekstür. Kurze Zeit später erschien sie wieder mit einigen Kerzen, ein paar Blättern Papier und einem Füller in der Hand. Sie setzte sich auf die Couch und begann, das Wachs der Kerzen zu erhitzen und sich damit Abdrücke des eingeschnitzten Symbols auf der Muschel anzufertigen. Dann schmierte sie die Tinte aus dem Füller auf den Wachsabdruck und drückte ihren provisorischen Stempel auf insgesamt fünf Blätter. Man konnte zwar noch erkennen, dass es sich um das Symbol handelte, aber das Resultat war äußerst unsauber. "Na ja, einen Versuch ist es wert", kommentierte sie ihr Werk und drückte mir und Mrs. Stevens-McCormmick jeweils eines der Blätter in die Hand. Die anderen wollte sie Colonel Billings und Darlene ans Revers heften und verschwand damit in Richtung Patiententrakt.

Ich konnte mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass diese Abdrücke irgendetwas bewirken würden, und die Blicke, die Pater Benedict mir zuwarf, verrieten mir, dass er ähnlich dachte. Kurz darauf hörten wir einen lautstarken Wortwechsel aus dem Patiententrakt zwischen Dr. Tiller und Lady Gordon. Wenige Sekunden später kam sie wutschnaubend in die Bibliothek marschiert. "Ist das zu fassen?", empörte sie sich, "Dr. Tiller hat die Zettel wieder abgerissen und mir gesagt, ich soll die Finger von den Patienten lassen! Was erlaubt der sich eigentlich?" Mit diesen Worten setzte sie sich auf die Couch, verschränkte die Arme und starrte uns zornig an. "Vielleicht sagen Sie auch mal was?!", fauchte sie nach einigen Sekunden.

Ich glaubte nicht, dass ihr Vorhaben irgendeinen Sinn hatte, geschweige denn, es wert war, deswegen einen Streit mit Dr. Tiller anzufangen. Dies konnte ich ihr natürlich nicht sagen, ohne sie noch wütender zu machen, also sagte ich lieber gar nichts. Auch die anderen machten keine Anstalten, irgendetwas zu unternehmen. Schließlich stand Lady Gordon ruckartig auf und hastete aus dem Raum hinaus. Während Mrs. Stevens-McCormmick, Pater Benedict und ich in der Bibliothek weiter über unseren Plan sinnierten, begann sie damit, sämtliche Öllampen sowie die Wassereimer in Bad und Küche aufzufüllen.

"Gut, folgender Vorschlag", ergriff ich das Wort, "Pater Benedict postiert sich auf dem Steg, alle anderen verbergen sich im Sanatorium. Bildet dieses Ding wieder den Lichtschlauch um das Gebäude, müssen wir warten, bis es mangels Opfer aufgibt und wieder seine Blasenform annimmt. Pater Benedict sollte sich irgendwie auf dem Steg bemerkbar machen, um es anzulocken. Versucht es dennoch, in das Gebäude einzudringen, müssen diejenigen darin versuchen, sich mit den Symbolen zu schützen und das Ding auf Abstand zu halten. Wälzt es sich schließlich zum Steg, folgen ihm mindestens zwei von uns mit den Symbolen und versuchen, es vor sich her zu treiben. Sobald es sich auf den Steg begeben hat, verschütten die Verfolger das Benzin und zünden es an, Pater Benedict springt ins Wasser und schwimmt ans Ufer. Dann warten wir, bis der Steg abgebrannt ist und das Ding ins Wasser fällt. In diesem Moment stellen sich zwei von uns mit den Symbolen am Strand auf und versuchen, zu verhindern, dass es sich wieder ans Ufer wälzt."

"Und was ist, wenn sich das Ding direkt zum Steg bewegt, ohne erst zum Sanatorium zu kommen?", ertönte die Stimme von Lady Gordon, die sich unbemerkt an den Türrahmen der Bibliothek gelehnt und meinen Vortrag offenbar mitgehört hatte. "Dann bekommen wir im Haus das nicht mit und Pater Benedict kann nur noch ins Wasser springen und hoffen, dass er nicht erfriert, bevor wir stutzig werden", fügte sie hinzu.

"Hm", machte Pater Benedict, "wenn ich mich recht entsinne, meine ich am Leuchtturm gesehen zu haben, dass von diesen Blasen ein schwaches, rötliches Glühen ausgegangen ist - selbst bei Tageslicht. Wenn das stimmt, dann kann man es vielleicht im Dunkeln sehen." - "Dann stellen wir Wachen auf", führte ich seinen Gedanken fort, "von Brewers Büro aus kann man den Weg Richtung Leuchtturm im Auge behalten und von der Empore im Obergeschoss des Foyers aus den Weg zum Steg. Wenn sich dann noch jemand in den Behandlungsraum für die Elektroschocktherapie postiert und nach hinten hinausschaut, müsste man auch den Weg in Richtung des Steintischs überblicken können. Dann wären wir nach allen Seiten abgesichert." - "Nun, dann wollen wir mal hoffen, dass sich der reizende Dr. Tiller zumindest dazu bereit erklärt, währenddessen auf die Patienten aufzupassen", merkte Lady Gordon an, "ich frage ihn jedenfalls nicht."

"Es gibt da noch ein anderes Problem", gab Pater Benedict zu bedenken, "wir müssen damit rechnen, dass dieses Ding wieder versuchen wird, mindestens einen von uns seinem Willen zu unterwerfen. Und wie wir gesehen haben, können auch die Symbole nicht davor schützen." - "Dann sollten wir außer den Symbolen keine weiteren Waffen bei uns tragen", platzte es aus mir heraus, noch bevor mir die Bedeutung dessen, was ich da gerade gesagt hatte, bewusst wurde. Ich war nämlich der einzige hier, der Waffen besaß, mit denen er auch umzugehen verstand. "Das halte ich für eine sehr gute Idee", kommentierte Lady Gordon meinen Vorschlag und grinste dabei frech. Sie hatte gut lachen - ihre Füße würde sie kaum im Sanatorium zurücklassen können.

"Könnten wir dann jetzt endlich den Steg vorbereiten?", fragte Lady Gordon, ohne den Versuch, ihre Ungeduld zu überspielen. "Nun, wenn Sie alle mit dem Plan einverstanden sind...", erkundigte ich mich in den Raum hinein. Pater Benedict nickte. "Eigentlich nicht, aber ich sehe keine Alternative", erklärte Mrs. Stevens-McCormmick.

"Nun, wenn das so ist, dann mal auf ins Gefecht", verkündete ich.

Fortsetzung in Teil 24: Die fünfte Nacht
« Letzte Änderung: 16. Februar 2009, 00:21:17 von Halvar »
Take me out to the black, tell 'em I ain't comin' back.

Halvar

  • Mitglied
Re: Cthulhu: Das Sanatorium
« Antwort #95 am: 16. November 2008, 22:05:16 »
Na bitte, wer sagt's denn? wink
Da ich mit Teil 24 noch nicht angefangen habe, muss ich den Titel leider nachreichen.
Take me out to the black, tell 'em I ain't comin' back.

Lily Weg

  • Mitglied
Re: Cthulhu: Das Sanatorium
« Antwort #96 am: 19. November 2008, 22:14:00 »
merci :)

Negrim

  • Mitglied
Re: Cthulhu: Das Sanatorium
« Antwort #97 am: 02. Dezember 2008, 11:06:00 »
habe die Story bis jetzt komplett gelesen.

bin gespannt auf mehr

kicker

  • Mitglied
Re: Cthulhu: Das Sanatorium
« Antwort #98 am: 26. Januar 2009, 10:10:44 »
Mich würde das Ende dieser spannenden Geschichte noch interessieren. Gibt es da ne Chance?

Halvar

  • Mitglied
Re: Cthulhu: Das Sanatorium
« Antwort #99 am: 26. Januar 2009, 15:50:54 »
Ich will die Story Hour auf jeden Fall noch beenden. Momentan fehlen mir aus beruflichen und familiären Gründen leider die Zeit und die Muße dazu, und es ist auch nicht absehbar, wann sich daran wieder etwas ändern wird. Bei meinem nächsten Urlaub, den ich irgendwann im Februar nehmen möchte, sollte aber wieder was gehen. Hoffe ich...

Tut mir leid, dass ich keine besseren Nachrichten habe. Es nervt mich auch selber an, dass ich hier nicht weiter komme, aber momentan kriege ich's einfach nicht auf die Kette.
« Letzte Änderung: 26. Januar 2009, 15:55:06 von Halvar »
Take me out to the black, tell 'em I ain't comin' back.

DU#1229

  • Gast
Re: Cthulhu: Das Sanatorium
« Antwort #100 am: 27. Januar 2009, 01:58:35 »
Schade!
Aber alles Gute für Familie und Job  :) das geht vor, eindeutig.

Nyarlathotep

  • Mitglied
Re: Cthulhu: Das Sanatorium
« Antwort #101 am: 03. Februar 2009, 16:58:04 »
Also ich muss sagen, das Abenteuer zu leiten, war schon eine schöne Erfahrung,
aber das Ganze hier noch einmal als "Geschichte" zu lesen, macht schon richtig Laune.
Ich ziehe meinen Hut vor der Arbeit, die du dir damit gemacht hast!

Ich plaudere mal aus dem Nähkästchen:
Halvar muss hierfür nämlich Dutzende von geschriebenen Protokollen
und gesprochenen Mitschnitten auswerten.
Von mir also ein "Danke schön!" für deine ausführlichen Zusammenfassungen unserer Sessions.

So, und jetzt gehe ich das nächste Abenteuer vorbereiten...
Freu' dich schonmal, Halvar!
 :twisted:
DO NOT FUCK WITH CTHULHU

Halvar

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Re: Cthulhu: Das Sanatorium
« Antwort #102 am: 16. Februar 2009, 00:28:35 »
Falls Du glaubst, mir Honig ums Maul zu schmieren, nützt irgendwas, dann...

...naja, dann hast Du wohl Recht: Teil 24 ist fertig (Titel siehe oben) und befindet sich nun in der Revision durch meine werten Mitspieler.

Bald wird's also auch hier weitergehen. Stay tuned! :)
« Letzte Änderung: 16. Februar 2009, 00:35:42 von Halvar »
Take me out to the black, tell 'em I ain't comin' back.

Halvar

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Re: Cthulhu: Das Sanatorium
« Antwort #103 am: 21. Februar 2009, 11:10:07 »
Teil 24: Die fünfte Nacht

Fortsetzung Session 05.04.2008

Drei Stunden später standen wir am Fuß der Treppe zum Anleger und betrachteten unser Werk. Der Raum unter dem Steg, wo dieser noch über den Sandstrand verlief, war vollständig angefüllt mit möglichst trockenem Holz und weiteren Brettern, die wir mit Hilfe des Brecheisens aus den Wänden des Werkzeugschuppens herausgebrochen hatten. Die Lücken hatten wir mit Kohle aufgefüllt, die aus dem Keller des Sanatoriums herangeschafft worden war. Nach einer Idee von Lady Gordon hatten wir drei Matratzen aus den Zimmern des Pflegepersonals geholt und direkt über dem Holz- und Kohlehaufen nebeneinander auf den Steg gelegt. Daneben standen vier Kanister mit Benzin bereit. Mit zweien davon sollte Pater Benedict bereits die Matratzen tränken, sobald er sich auf dem Steg postieren würde, und die restlichen zwei ausschütten, sobald er sähe, wie das Ding die Treppe herunterkommen würde. Dann sollte er sich ans Ende des Stegs begeben, wo bereits ein Stuhl, eine Decke und ein hölzerner Rettungsring, den Lady Gordon in Ebenezers Haus aufgetrieben hatte, für ihn bereit lagen. Wir waren gerade noch rechtzeitig fertig geworden, denn die Abenddämmerung war bereits hereingebrochen.

"Zünden Sie bloß nicht den ganzen Strand an", bemerkte Pater Benedict mit einem skeptischen Blick auf unsere Konstruktion, "irgendwo möchte ich auch wieder an Land kommen." - "Zur Not ziehen wir Sie mit einem Seil aus dem Wasser die Steilküste hinauf", erwiderte ich ihm. Pater Benedict sah mir ins Gesicht und versuchte offensichtlich, herauszufinden, ob ich gerade einen Scherz gemacht hatte. Allerdings hatte ich es durchaus ernst gemeint - falls der Strand tatsächlich völlig in Flammen aufgehen sollte, war dies die einzige Möglichkeit, die ich noch sah, um ihn zu retten. Seinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen war Pater Benedict gerade im Begriff, sein Angebot, den Köder zu spielen, gründlich zu überdenken.

"Das wird schon nicht passieren", versuchte ich ihn mit einem Klaps auf die Schulter aufzumuntern, dann verkündete ich in die Runde, dass ich nun ins Sanatorium gehen und mit Dr. Tiller reden würde. Ich fand ihn im Esszimmer. Er saß an dem großen Tisch, vor sich eine Karte und ein Buch ausgebreitet. Als ich eintrat, sah er auf. "Dr. Tiller, ich weiß, Sie haben Ihre Vorbehalte", eröffnete ich mein Anliegen, "aber wir haben uns etwas überlegt, wie wir uns vielleicht des Problems entledigen könnten. Sie wissen ja selbst, was letzte Nacht vorgefallen ist. Wäre es Ihnen eventuell möglich, dass Sie sich in der kommenden Nacht mit den Patienten in den Hauptflur des Erdgeschosses zurückziehen und darauf achten würden, dass ihnen nichts passiert?" - "Selbstverständlich", erwiderte Dr. Tiller, "allerdings werde ich Sie keinesfalls bei Ihrem Blödsinn unterstützen." Das war mit Sicherheit das beste Ergebnis, das ich hätte erreichen können. Ich bedankte mich bei Dr. Tiller und begab mich in die Bibliothek, in der sich inzwischen auch die Damen und Pater Benedict eingefunden hatten.

Ich fragte den Pater, wann er sich auf den Steg zu setzen gedenke. "Je früher, desto besser, oder? Notfalls muss ich eben lange dort sitzen", erwiderte er. Ich gab jedoch zu bedenken, dass das Ding in den vergangenen Nächten auch immer erst am späten Abend aufgetaucht sei. Pater Benedict entschloss sich daraufhin, sich erst gegen 22 Uhr auf dem Steg zu postieren und sich vorher noch etwas hinzulegen, da er ja eventuell die ganze Nacht würde wach bleiben und aufpassen müssen. Damit er noch möglichst viel Schlaf bekam, entschieden wir uns dazu, das Abendessen gleich herzurichten. Wir brachten Darlene und Colonel Billings ins Esszimmer und nahmen eine schnelle Mahlzeit ein, während der nicht viel gesprochen wurde - der Anblick der vielen leeren Stühle drückte auf unsere Stimmung.

Gegen 19 Uhr waren wir mit dem Essen fertig. Pater Benedict teilte uns mit, dass er sich noch für zwei Stunden hinlegen wolle, und zog sich in das mittlere der drei Gästezimmer im Obergeschoss zurück. Lady Gordon schaffte einen Stuhl auf die Empore über dem Haupteingang, holte ihr Fernglas hervor und bezog dort Posten, um den Weg zur Steilküste und den Treppenabgang zum Steg im Auge behalten zu können. Ich schloss schweren Herzens meine Langwaffen samt Munition in meine Reisetruhe ein, den Colt meines Cousins behielt ich jedoch bei mir und lud ihn mit einer einzigen Kugel. Sollten alle Stricke reißen, bliebe mir so vielleicht wenigstens der grausame Tod als Opfer dieses Blasen-Dings erspart - auch wenn ich nicht wusste, ob ich die Kraft dazu würde aufbringen können, ihm zuvorzukommen. Um auf Nummer sicher zu gehen, legte ich dann auch noch den Schlüssel für meine Reisetruhe mitsamt dem Revolver, den wir in Brewers Schreibtisch gefunden hatten, in den Safe in Brewers Büro, und schloss auch diesen. Sollte es dem Blasen-Ding tatsächlich erneut gelingen, einen von uns seinem Willen zu unterwerfen, so würde es zumindest recht lange dauern, bis der- oder diejenige an die Waffen herankäme. Danach postierte ich mich im südlichen Gästezimmer im Obergeschoss, bei dem es sich um ein Eckzimmer mit zwei Fenstern handelte, von dem ich einerseits den Weg zum Leuchtturm und andererseits den Weg zur Steilküste überwachen konnte. Mein Hauptaugenmerk richtete ich allerdings in Richtung des Leuchtturms, da der Weg zum Anleger und die Steilküste ja bereits von Lady Gordon überblickt wurden. Mrs. Stevens-McCormmick schließlich begab sich in den Behandlungsraum für Elektroschocktherapie, da dies der einzige Raum im Obergeschoss war, der ein Fenster nach hinten hinaus besaß, um so den Weg in Richtung des Steintischs überwachen zu können.

Nachdem wir alle unsere Positionen bezogen hatten, fiel mir ein, dass ich besser mal nachschauen sollte, was Dr. Tiller und die Patienten machten. Ich ging noch einmal hinunter ins Erdgeschoss und fand sie in der Bibliothek vor. Ich bat Dr. Tiller, sich nun mit den Patienten wie besprochen ins Erdgeschoss zurückzuziehen. Er war einverstanden, und so schob ich Colonel Billings in die Nische, in die wir uns bereits letzte Nacht verkrochen hatten, und Dr. Tiller folgte mir mit Darlene. Ich bat ihn eindringlich, sofort Alarm zu schlagen, sobald er irgendetwas kommen sähe, und ging wieder zurück auf meinen Posten.

Zwei Stunden lang starrten wir in die Nacht hinaus, ohne etwas Verdächtiges zu bemerken. Gegen 21 Uhr schließlich rief ich nach dem im Nebenzimmer schlafenden Pater Benedict, da er ja um diese Zeit aufstehen wollte. Als auch nach einigen Sekunden keine Reaktion erfolgte, erinnerte ich mich daran, dass der Pater ja nach der Nacht, in der wir Charles Johnson getötet hatten, ähnlich schwer zu wecken gewesen war, also ging ich zu seiner Zimmertür und klopfte energisch dagegen. Während ich auf eine Reaktion wartete, machte ich zwei Schritte zur Seite, um von der Empore aus durch die geöffnete Tür des Gästezimmers weiterhin den Weg zum Leuchtturm im Auge behalten zu können. Das war mein Glück: Ich sah ein rötliches Leuchten, dass sich vom Leuchtturm her näherte.

"ES KOMMT!", schrie ich nach Leibeskräften und riss die Tür zu Pater Benedicts Zimmer auf. Dieser sprang bereits aus seinem Bett. Glücklicherweise hatte er sich vollständig angezogen hingelegt, so dass er sofort losrennen konnte. "Schafft er es noch?", rief mir Lady Gordon von der Empore aus zu. "Er muss es schaffen!", rief ich zurück. Pater Benedict raste die Treppe ins Erdgeschoss hinunter und zum Haupteingang hinaus. Ich sprang zurück auf meinen Posten und teilte den anderen lautstark mit, was ich sah: "Vom Leuchtturm kommt eine schwach rötlich leuchtende Wolke auf uns zu! Sie ist noch etwa 100 Meter entfernt!"

Wir konnten nur hoffen, dass Pater Benedict noch rechtzeitig den Steg erreichen würde -glücklicherweise bewegte sich die Wolke nicht allzu schnell. Allerdings hatte er keine Lichtquelle mitgenommen, da wir die Befürchtung gehabt hatten, dass er die nur schwach leuchtenden Blasen dann eventuell zu spät bemerken könnte. Er würde also sicherlich nicht mit vollem Tempo rennen, sondern sich nur sehr vorsichtig die Treppe zum Steg hinabtasten können.

Lady Gordon rannte ebenfalls die Treppe herab ins Foyer, warf die Eingangstür zu, die Pater Benedict offen gelassen hatte, und postierte sich vor der Tür zum Patiententrakt. Kurz darauf kam auch Mrs. Stevens-McCormmick herbeigeeilt, die bereits das von Darlene gezeichnete Symbol in der Hand hielt und damit durch die Tür in den Patiententrakt hastete.

Ich blieb auf meinem Posten und beobachtete weiter die rötlich schimmernde Wolke. Beim Näherkommen offenbarte sich, dass es sich tatsächlich um einen Haufen aus Blasen handelte, der sich auf das Sanatorium zuwälzte. "Wohin bewegt es sich?", wollte Lady Gordon wissen. "Es kommt weiter auf uns zu", rief ich zurück. Zu unserem Glück schien das Ding Pater Benedict nicht bemerkt zu haben. Wäre es ihm direkt gefolgt, hätte es ihn vielleicht noch erwischt, aber so konnten wir davon ausgehen, dass der Pater es bis zum Steg schaffen würde. Es hätte nicht viel gefehlt, und unser langwierig ausgeklügelter Plan wäre bereits jetzt schief gegangen.

Allerdings blieb uns keine Zeit zum Durchatmen: Der Blasenhaufen wälzte sich bis auf etwa fünf Meter an die Hauswand heran, verharrte kurz, und dann begannen die Blasen, zu verschmelzen. Aus den Seiten des Haufens bildeten sich zwei lange Lichtschläuche heraus, die sich allmählich weiter nach links und rechts erstreckten. Offenbar bildete das Ding den Lichtkreis um das Sanatorium tatsächlich aus sich selbst.

Ich hatte genug gesehen. Ich zog den Vorhang des Fensters zu, rannte zu den Damen ins Foyer hinunter und berichtete ihnen, dass sich das Ding zu dem Lichtkreis umformen würde, wie ich vermutet hätte. Damit stand auch nicht mehr zu befürchten, dass sich der Blasenhaufen zum Steg bewegen könnte, während der Lichtkreis um das Sanatorium bestehen bliebe. Bis auf die Tatsache, dass das Ding früher aufgetaucht war als gedacht, war bisher alles so gelaufen, wie wir es uns vorgestellt hatten.

Nun stießen wir allerdings auf ein Problem: "Irgendwie müssen wir feststellen, ob das Ding noch da ist oder nicht", merkte ich an. Wir hatten uns zwar Gedanken darüber gemacht, wie wir vorgehen sollten, wenn der Blasenhaufen in das Gebäude einzudringen versuchen würde, aber dessen konnten wir uns ja mitnichten sicher sein. Fünf Minuten der Ratlosigkeit verstrichen, ohne dass etwas geschah. "Wenn wir nicht rechtzeitig bemerken, dass sich das Ding zum Steg aufgemacht hat, dann wird Pater Benedict in Schwierigkeiten geraten", gab ich zu bedenken. "Es hilft nichts, irgendjemand muss aus dem Fenster schauen", erwiderte Lady Gordon. Die Bilder der vertrockneten Skelette von Henry Adam Barber und Leonard Hawkins, die ja noch immer in ihren Zimmern in den Fenstergittern hingen, erschienen vor meinem geistigen Auge, und ich erinnerte mich an ihre gellenden Todesschreie. Aus dem Fenster zu schauen war mit Sicherheit das Letzte, was ich wollte.

"Vielleicht ist es vom Obergeschoss aus ungefährlicher", mutmaßte Lady Gordon. Wie auch immer, ich musste es versuchen. Pater Benedict seinem Schicksal zu überlassen, ließ mein Gewissen jedenfalls nicht zu. Also ging ich die Stufen wieder hinauf in das Gästezimmer, in dem ich auch schon Wache gehalten hatte, und stellte mich neben das Fenster, das in Richtung des Leuchtturms zeigte. Mit einer schnellen Bewegung schob ich den Vorhang mit einem Finger einen Spalt breit beiseite und spähte hinaus, dann zog ich den Finger sofort wieder zurück, so dass sich der Vorhang wieder schloss. Dieser kurze Moment reichte aus, um zu erkennen, dass der rot leuchtende Kreis sich noch immer an Ort und Stelle befand. Ich wartete einige Sekunden ab - zu meiner Erleichterung klirrte jedoch kein roter Lichtschlauch durch die Fensterscheibe.

Nach 30 Sekunden fasste ich neuen Mut und wagte einen zweiten schnellen Blick. Der Lichtkreis war immer noch da. Weitere 30 Sekunden später schaute ich erneut nach - alles unverändert. Ich wiederholte die Prozedur alle 30 Sekunden. Fünf Minuten vergingen auf diese Weise, dann zehn, dann fünfzehn - nichts tat sich. "Ist alles in Ordnung?", hörte ich Lady Gordon von unten rufen. Ich teilte ihr mit, dass sich der Lichtkreis immer noch vor dem Gebäude befinden würde. Weitere fünfzehn Minuten vergingen. Die eintönige Tätigkeit begann, mich zu ermüden, und ich schaute nur noch jede Minute durch das Fenster. Gegen 22 Uhr hatte ich dies anderthalb Stunden durchgehalten und dieses verdammte Ding hatte sich immer noch nicht vom Fleck gerührt. Ich rief nach unten, ob mich jemand ablösen könne. Mrs. Stevens-McCormmick kam die Treppe hinauf und ich begab mich nach unten, um die Patienten zu bewachen.

Zweieinhalb Stunden hielt Mrs. Stevens-McCormmick durch, dann wurde sie um 0:30 Uhr von Lady Gordon abgelöst. Wir begannen, uns um Pater Benedict Sorgen zu machen, dem es durch die Kälte und Feuchtigkeit auf dem Steg allmählich äußerst unbehaglich geworden sein musste. Gleichzeitig wunderten wir uns, warum das Ding ihn offenbar nicht irgendwie wahrnehmen konnte. Machte der Pater nicht wie geplant auf sich aufmerksam? Oder war ihm doch etwas zugestoßen?

Nach einer weiteren Stunde des Wartens entschloss sich Mrs. Stevens-McCormmick zu einem Versuch: Sie warf einen kurzen Blick durch einen der Vorhänge neben der Tür des Haupteingangs, um sich zu vergewissern, wie weit der Lichtschlauch entfernt war, dann nahm sie das Blatt mit dem von Darlene gezeichneten Symbol und schob es mit spitzem Finger zwischen Vorhang und Fenster, so dass es von draußen zu sehen war. Nichts geschah. Nach einer Minute spähte sie erneut kurz hinaus und zog dann das Blatt enttäuscht wieder zurück. Der Lichtkreis hatte sich keinen Millimeter bewegt.

Eine weitere Stunde später - inzwischen war es 2:30 Uhr - löste ich Lady Gordon ab und übernahm wieder meine minütliche Spähroutine. Nach einer weiteren halben Stunde hörte ich plötzlich, wie die Eingangstür aufgerissen wurde, dann gab es einen lauten Knall und ich bemerkte einen grellen Feuerschein an dem anderen Fenster in meinem Zimmer, danach wurde die Eingangstür wieder ins Schloss geworfen. "Was machen Sie da?!", rief ich den anderen zu. Mrs. Stevens-McCormmick antwortete mir in leicht gereiztem Ton: "Ich habe eine Öllampe rausgeworfen. Was sollen wir sonst tun? Wenn wir die ganze Nacht nur hier herumsitzen, wird das Pater Benedict auch nicht helfen." Ich ging zu dem anderen Fenster und spähte durch einen Spalt im Vorhang. Die Öllampe war auf den Stufen vor dem Haupteingang aufgeschlagen, die nun lichterloh in Flammen standen. Ich konnte nur hoffen, dass das Feuer schnell genug niederbrennen würde, bevor es auf das Gebäude übergriff. Der Lichtschlauch formte eine Ausbeulung, um den Flammen auszuweichen, machte aber keine Anstalten, sich aufzulösen oder wieder zu dem Blasenhaufen zusammenzuziehen.

Nach einer halben Stunde war das Feuer bereits sehr viel kleiner geworden und der Lichtschlauch hatte wieder seine ursprüngliche Form angenommen. Um 4:30 Uhr bat ich darum, wieder abgelöst zu werden. Mrs. Stevens-McCormmick übernahm meinen Posten. Um 5 Uhr schließlich meldete sie sich plötzlich zu Wort: "Es bewegt sich! Es ballt sich wieder zusammen!" - "Wo bewegt es sich hin?", rief ich nach oben. Es dauerte einige Sekunden, dann kam die Antwort: "Zum Leuchtturm zurück."

Zehn Minuten später kam Mrs. Stevens-McCormmick die Treppe herunter und teilte uns mit, dass das Ding bereits außer Sichtweite wäre. Wir waren äußerst verdutzt - insbesondere, da wir den Sonnenaufgang erst in etwa zwei Stunden erwarteten. Sollte es das für diese Nacht wirklich schon gewesen sein?

Fortsetzung in Teil 25: Kalt erwischt
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Halvar

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Re: Cthulhu: Das Sanatorium
« Antwort #104 am: 29. März 2009, 17:20:50 »
Teil 25: Kalt erwischt

Fortsetzung Session 05.04.2008

"Halten Sie bitte weiter Wache, ich kümmere mich um den Pater", ordnete Mrs. Stevens-McCormmick an, dann entschwand sie in die Küche und setzte einen Kessel mit Wasser auf. "Für ein heißes Bad", erklärte sie uns, griff sich eine Öllampe und eilte auch schon zum Haupteingang hinaus, um den Pater vom Steg zu holen. Ich hatte in der Zwischenzeit wieder meinen Posten bezogen und behielt natürlich insbesondere den Weg zum Leuchtturm im Blickfeld. Von dem Blasenhaufen war jedoch nichts mehr zu sehen.

Während wir warteten, füllte Lady Gordon die Badewanne im Erdgeschoss mit mehreren Eimern kalten Wassers und schließlich mit dem Kessel des inzwischen kochenden Wassers aus der Küche auf. Kurz darauf kamen Mrs. Stevens-McCormmick und Pater Benedict zurück. Letzterer hatte sich in seine Decke gehüllt, nichtsdestotrotz war er völlig steif gefroren und durchnässt bis auf die Knochen. Er zitterte am ganzen Körper und seine Lippen waren vor Kälte blau geworden. Wir führten ihn sogleich ins Bad, damit er sich in Ruhe aufwärmen konnte, dann zogen wir uns in die Bibliothek zurück.

Mrs. Stevens-McCormmick hatte dem Pater bereits auf dem Rückweg von unseren Erlebnissen erzählt und teilte uns nun mit, was er seinerseits zu berichten gehabt hatte: Während er gewartet hätte, wäre die Temperatur immer weiter abgesunken und die Luft immer feuchter geworden. Schließlich hätte er einen Knall und Flammenschein wahrgenommen - offensichtlich die Öllampe, die Mrs. Stevens-McCormmick auf die Stufen geworfen hatte - wäre jedoch zu dem Schluss gekommen, dass wir den Blasenhaufen nun zu ihm hintreiben würden, und hätte von daher weiter gewartet.

"Aus welchem Grund hat sich dieses Ding nicht zum Steg gewälzt?", eröffnete Lady Gordon die Diskussion. "Offenbar hat es Pater Benedict nicht bemerkt", war alles, was mir dazu einfiel. "Also weiß es wohl doch nicht automatisch, wo wir uns befinden, sondern muss uns irgendwie wahrnehmen", schlussfolgerte Lady Gordon. "Das würde bedeuten, dass man vielleicht doch die Chance hätte, sich vor dem Ding irgendwo zu verstecken", fügte sie hinzu. Dem konnte ich nicht widersprechen, gab jedoch zu bedenken, dass die Distanz eventuell auch eine Rolle spielen würde. Wir konnten uns jedenfalls nicht sicher sein, dass dieses Ding uns nicht auch ohne direkten Sichtkontakt würde wahrnehmen können. Sich einfach nur irgendwo auf der Insel zu verkriechen, sei es in einer Höhle, im Wald oder im Sanatorium, und darauf zu vertrauen, nicht entdeckt zu werden, wäre demnach nicht ohne Risiko.

Es gab zwar noch einiges zu besprechen - insbesondere unser weiteres Vorgehen - allerdings nahte bereits das Morgengrauen und der Schlafmangel machte sich allmählich bei uns allen deutlich bemerkbar. Da wir nicht glaubten, dass das Blasen-Ding in dieser Nacht noch einmal zurückkehren würde, beschlossen wir, uns zur Ruhe zu begeben. Dr. Tiller, Darlene und Colonel Billings waren ohnehin im Laufe der Nacht in ihrer Nische bereits eingeschlafen, also ließen wir sie einfach dort liegen und zogen uns nach diesem ereignisreichen Tag auf unsere Zimmer zurück.

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6. Tag

Als ich nach meinem traumlosen Schlaf erwachte, zeigte mein Reisewecker bereits 14 Uhr an. Ich stand auf, zog mich an und ging nach unten. Zu meinem Erstaunen stellte ich fest, dass alle anderen offenbar noch schliefen. Wenn wir noch etwas unternehmen wollten, um uns auf die nächste Nacht vorzubereiten, dann sollten wir besser bald damit beginnen. Also entschloss ich mich, die anderen zu wecken und ein verspätetes Frühstück vorzubereiten.

Während wir am Tisch saßen, schlug Pater Benedict vor, dass wir uns das alte Schiffswrack im Norden der Insel noch einmal anschauen sollten. In dem Brief, den die Damen in Ebenezers Haus gefunden hätten, würde ja erwähnt, dass die Seeleute in Innsmouth solche Talismane, wie Ebenezer einen um den Hals getragen hätte, an der Unterseite ihrer Boote anbringen würden. Vielleicht wäre ein solcher Talisman ja auch an dem alten Wrack befestigt, und dann hätten wir ein weiteres dieser Symbole zur Verfügung, mit dem man diesen Blasenhaufen auf Abstand halten könne.

Dr. Tiller schnaubte verächtlich. "Jetzt sagen Sie bloß, Sie sind immer noch mit Ihrem eingebildeten Monster zugange", fuhr er uns an, "reicht es Ihnen nicht, dass wir letzte Nacht auf dem Flur schlafen mussten wegen nichts und wieder nichts?" Mit diesen Worten erhob er sich vom Tisch und marschierte kopfschüttelnd in Richtung Bibliothek. Verdenken konnte man ihm seine Reaktion kaum - schließlich hatte er ja nichts gesehen. Allerdings begann ich allmählich, mir ganz andere Sorgen zu machen: Wenn wir tatsächlich von dieser verdammten Insel wieder herunterkommen und von einem Haufen aus Seifenblasen erzählen würden, der den Menschen das Leben ausgesaugt hätte, dann wäre Dr. Tiller mit Sicherheit nicht der Letzte, der uns für verrückt erklären würde. Ich beschloss, diesen Gedanken vorerst beiseite zu schieben. Zunächst einmal galt es, die kommende Nacht zu überleben, und dann würden wir weitersehen.

Ich dachte über Pater Benedicts Vorschlag, das Wrack noch einmal zu untersuchen, nach. Der Brief an Ebenezer war zwar schon etwa 25 Jahre alt, das Schiffswrack aber allem Anschein nach bereits über 100 Jahre. Außerdem hatte ich von einem Ort namens "Innsmouth" noch nie etwas gehört - wenn man bedachte, dass in dem Brief auch von irgendwelchen Eingeborenen die Rede war, dann war es gut möglich, dass sich dieser Ort nicht in England befand. Alles in allem standen die Chancen, am Rumpf dieses Wracks ein solches Symbol vorzufinden, meiner Meinung nach ziemlich schlecht. Allerdings hatte ich auch keine bessere Idee. Überhaupt fiel uns nichts Besseres ein, als unseren Plan in der nächsten Nacht einfach noch einmal zu versuchen - mit dem Unterschied, dass Pater Benedict dieses Mal den Blasenhaufen aktiv anlocken sollte. Und da dafür bereits alles vorbereitet war, konnten wir uns genauso gut am Wrack zu schaffen machen - zu verlieren gab es dabei jedenfalls nichts. Die Damen entschieden sich jedoch dazu, uns nicht zu begleiten.

Wenig später traten der Pater und ich in das nasskalte, bewölkte Herbstwetter hinaus. Offenbar hatte es am Vormittag ausgiebig geregnet, so dass sich sämtliche Pfade auf der Insel in rutschige Schlammspuren verwandelt hatten. Nichtsdestotrotz begaben wir uns zum Werkzeugschuppen, organisierten uns zwei Schaufeln und machten uns auf den Weg zum Schiffswrack. Nach einer Stunde Fußmarsch hatten wir es ohne Zwischenfälle erreicht, wobei wir auch einen sorgenvollen Blick auf den Leuchtturm geworfen hatten, ohne jedoch irgendetwas Ungewöhnliches zu bemerken.

Wir überprüften noch kurz, ob das Wrack nach wie vor unbewohnt war, dann begannen wir sogleich damit, den tief in den Sand eingesunkenen Schiffskiel freizulegen. Schnell wurde uns klar, dass dies keine Arbeit war, die in wenigen Stunden bewältigt sein würde. Hinzu kam, dass der Kiel noch erheblich tiefer im Sand lag, als wir ursprünglich vermutet hatten. Dessen ungeachtet setzten wir unsere Grabungsarbeiten verbissen fort - vielleicht würden wir ja wenigstens einen Teil des Kiels freilegen können und hätten das Glück, dass es genau der richtige Teil sein würde.

Zwei Stunden später gaben wir erschöpft auf. Wir hatten am Bug des Schiffs ein beachtliches Loch ausgehoben und dabei gerade einmal ein Stück von etwa 50 Zentimetern Länge an der Unterseite des Kiels freigelegt. Natürlich hatten wir nichts gefunden, was auch nur im Entferntesten an einen solchen Talisman erinnerte, wie ihn Ebenezer getragen hatte. Wenn wir noch vor Einbruch der Dunkelheit am Sanatorium ankommen wollten, dann mussten wir jetzt unsere Arbeit abbrechen und uns auf den Rückweg machen.

Eine weitere Stunde später trafen wir wieder am Sanatorium ein. Uns fielen zwei Benzinkanister auf, die am Kopf der Treppe, die zum Steg hinabführte, abgestellt waren. Nachdem wir uns bei den Damen zurückgemeldet und von unserem Misserfolg berichtet hatten, erklärte uns Lady Gordon, dass sie und Mrs. Stevens-McCormmick vergeblich versucht hätten, die beiden Kanister auf den Steg zu bringen - die Treppe wäre einfach zu schlüpfrig gewesen und sie waren einige Male ausgerutscht, so dass ihnen der weitere Abstieg schließlich als zu gefährlich erschienen war. Die beiden Kanister waren als Ersatz für jene beiden gedacht, die Pater Benedict bereits in der letzten Nacht wie verabredet direkt nach Erreichen des Stegs auf die Matratzen gegossen hatte.

Pater Benedict und ich beschlossen, uns der Sache anzunehmen. Wir begaben uns zur Steilküste und der Pater griff sich einen der Kanister. Kaum hatte er vorsichtig seinen Fuß auf die erste Stufe gesetzt, rutschte ihm dieser auch schon weg und er kam ins Straucheln. Der Kanister flutschte ihm aus den Fingern, polterte ein paar Stufen hinab, ging über die Kante und stürzte dann im freien Fall die Klippe hinunter, bis er auf die aufgewühlte See aufschlug. Der Pater selbst konnte sich glücklicherweise wieder fangen. Mit schreckgeweiteten Augen stieg er die Stufe wieder hinauf. "Das war knapp", kommentierte er seinen Beinahe-Unfall.

Ich konnte mir nicht vorstellen, dass die Treppe wirklich derartig gefährlich war - wahrscheinlich hatte der Pater einfach nur Pech gehabt und eine besonders glitschige Stelle erwischt. "Wie viele Benzinkanister haben wir eigentlich noch?", fragte ich ihn, ohne zu bemerken, dass die Frage in diesem Moment vielleicht etwas ungeschickt war. "Elf", erwiderte er dementsprechend in leicht bissigem Ton, nachdem er mich einige Sekunden lang abschätzig gemustert hatte.

Wie auch immer - ich beschloss, es ebenfalls zu versuchen. Ich nahm mir den verbliebenen Kanister und setzte den Fuß auf die erste Stufe - jedoch ein Stück neben die Stelle, auf die Pater Benedict getreten war. Ich wollte gerade zum nächsten Schritt ansetzen, als unter meinem Gewicht ein großer Stein aus der Stufe herausbrach. Mit einem Mal verlor ich den Halt, taumelte nach links und drohte, über die Klippe zu stürzen. Reflexartig ließ ich den Benzinkanister los und ruderte wie wild mit den Armen, um den Sturz noch zu verhindern. Das war meine Rettung: Ich fand mein Gleichgewicht wieder und kroch sofort auf allen Vieren zurück nach oben. Mein Herz pochte wie wild, während ich das dumpfe Klatschen des Kanisters auf die Wasseroberfläche vernehmen konnte. "Und da waren's nur noch zehn", kommentierte Pater Benedict mein Missgeschick mit unverhohlenem Sarkasmus in der Stimme. Nun ja, wahrscheinlich hatte ich es nicht besser verdient.

Wir sahen ein, dass weitere Versuche nacktem Wahnsinn gleichkommen würden, und zogen uns somit wieder ins Sanatorium zurück. In der Bibliothek trafen wir auf Lady Gordon und Mrs. Stevens-McCormmick. Wir setzten uns zu ihnen und beratschlagten, wie wir nun weiter vorgehen sollten. Da die Damen nach den Ereignissen der letzten Nacht mehr denn je daran zweifelten, dass unser Plan mit dem Steg Erfolg haben würde, warteten sie mit einer neuen Idee auf: "Wir haben es bisher nur mit Feuer versucht und sind gescheitert - vielleicht sollten wir es dieses Mal mit Wasser versuchen", spielte Mrs. Stevens-McCormmick auf die kryptische Weissagung der Annephis an. Die Damen hatten eine Stelle an der Westküste der Insel ausgemacht, an der der Pfad vom Leuchtturm zum Sanatorium einen relativ schmalen Streifen passierte, der auf der einen Seite von den Steilklippen und auf der anderen von einem hoch aufragenden Abhang flankiert wurde. Wenn wir dem Blasenhaufen dort auflauern würden, könnte es uns vielleicht auch mit nur zwei Symbolen gelingen, ihn über die Klippen ins Meer zu treiben.

Ich hielt den Vorschlag für ziemlich waghalsig. Selbst wenn wir es fertigbringen würden, dem Blasen-Ding keinen anderen Ausweg als das Meer zu lassen - was ich bereits bezweifelte - so brauchte es bloß einen der beiden Symbolträger seinem Willen zu unterwerfen, und schon wäre der Plan  gescheitert. Ganz abgesehen davon, dass dabei zwei von uns zu Statisten oder im schlimmsten Fall sogar zu Kanonenfutter verdammt sein würden, da sie ohne Symbol ohnehin nicht in der Lage wären, irgendetwas auszurichten. "Vielleicht könnten wir ein paar Fackeln basteln", schlug Pater Benedict vor, "dann wären die anderen beiden wenigstens nicht ganz so schutzlos."

Endlich mal ein konstruktiver Gedanke. Wie auch immer wir uns bezüglich unseres weiteren Vorgehens entscheiden sollten - Fackeln zur Hand zu haben, konnte sicherlich nicht schaden. Pater Benedict und ich beschlossen, sogleich zur Tat zu schreiten. Im Werkzeugschuppen fanden wir tatsächlich wie erhofft einen Kübel mit Pech. Damit begaben wir uns in Ebenezers Haus und erhitzten die zähe Masse auf dessen Gasofen. Zu unserem Glück entdeckten wir dort auch recht schnell einige Belegnägel, die sich hervorragend als Fackelstiele eignen würden, sowie altes Segeltuch. Letzteres schnitten wir in Streifen, wickelten es stramm um die Nägelköpfe und tauchten es dann in den Kübel. Das Ergebnis waren zwar provisorische, aber ihren Zweck sicherlich gut erfüllende Pechfackeln.

Wir hatten gerade vier Stück davon angefertigt, als wir plötzlich aus Richtung des Sanatoriums ein Klirren und einen Knall vernahmen, gefolgt von einem spitzen Schrei. Die Geräusche kamen mir bekannt vor: Das Klirren und der Knall stammten von einer zerschellenden und explodierenden Öllampe, der Schrei von Mrs. Stevens-McCormmick. Sofort ließen Pater Benedict und ich alles stehen und liegen und rannten zum Sanatorium zurück.

Als das Gebäude zwischen den Bäumen auftauchte, sahen wir Feuerschein: Offenbar hatte jemand eine Öllampe aus einem der Fenster geworfen. Was hatte das zu bedeuten? Plötzlich riss mich der Pater an der Schulter zurück. "Warten Sie!", zischte er mir zu, dann deutete er mit ausgestrecktem Zeigefinger auf die Grasfläche vor dem Sanatorium. Nun sah ich es auch - und es verschlug mir glatt den Atem: Der rötlich schimmernde Lichtschlauch hatte sich wieder um das Gebäude gelegt!

Einige Sekunden lang standen wir einfach nur da und starrten fassungslos auf die Szenerie. Wie war das möglich? In diesem Moment fiel mir auf, dass die Dämmerung bereits eingesetzt hatte, während Pater Benedict und ich in Ebenezers Hütte beschäftigt gewesen waren. Hatte der ohnehin schon bewölkte Himmel in Verbindung mit der einbrechenden Dunkelheit genügt, um dem Blasen-Ding ausreichend Schutz vor dem Sonnenlicht zu gewähren? Hatte es der Hunger so früh aus seinem Versteck getrieben? Ich wusste es nicht. Und warum hatte Mrs. Stevens-McCormmick die Öllampe hinausgeworfen? Vielleicht, um uns zu warnen? Und warum hatte sie geschrieen? Hatte das Blasen-Ding sie erwischt? Hoffentlich nicht!

Pater Benedict fand als Erster seine Sprache wieder: "Was machen wir jetzt?", fragte er. Ich dachte nach. Sich einfach nur zu verstecken und zu hoffen, dass das Ding am nächsten Morgen wieder verschwinden würde, hielt ich für aussichtslos. Wenn der Hunger es bereits so früh hierher getrieben hatte, dann würde es sicher keine Ruhe geben, bis es zumindest ein Opfer gefunden hätte. "Ich sehe nur eine Möglichkeit", erwiderte ich dem Pater, "wir versuchen, unseren ursprünglichen Plan umzusetzen und das Ding auf den Steg zu locken." Pater Benedict sah mich nachdenklich an, dann nickte er.

Wir eilten zu Ebenezers Haus zurück und holten die vier Fackeln, die wir bereits fertig gestellt hatten, dann begaben wir uns nach Süden zur Steilküste und folgten dieser Richtung Westen, bis wir die Stelle erreicht hatten, an der die Treppe auf den Steg hinabführte. Inzwischen war es bereits recht dunkel geworden, so dass wir den Lichtkreis um das Sanatorium deutlich erkennen konnten. Pater Benedict und ich gingen ein paar Schritte auf das Gebäude zu. Es dauerte nicht lange, dann regte sich etwas: Deutlich konnte man erkennen, wie sich der Lichtschlauch vor dem Haupteingang verdickte. Dann sprang die erste Blase daraus hervor, danach die zweite. Nun ging es schnell: Der Lichtschlauch zog sich zusammen und immer mehr Blasen poppten aus der Verdickung hervor, bis sich der uns bekannte Blasenhaufen gebildet hatte. Ganz allmählich begann er, sich in unsere Richtung zu wälzen.

Pater Benedict und ich bewegten uns Schritt für Schritt zum Kopf der Treppe zurück, während der Blasenhaufen an Fahrt aufnahm und sich unaufhaltsam näherte. Wir konnten nur hoffen, dass die Damen im Sanatorium begriffen, was wir vor hatten, und den Blasen folgen würden, um das Benzin anzuzünden - andernfalls hätten wir ein gewaltiges Problem. Auf meiner Stirn bildete sich Angstschweiß. Hatten wir soeben unser Schicksal besiegelt?

Wie auch immer: Nun gab es kein Zurück mehr.

Fortsetzung in Teil 26: Auf Leben und Tod
« Letzte Änderung: 31. August 2009, 23:39:03 von Halvar »
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