Autor Thema: Cthulhu: Das Sanatorium  (Gelesen 36738 mal)

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Halvar

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Cthulhu: Das Sanatorium
« Antwort #60 am: 01. Juni 2008, 07:43:32 »
Teil 14 habe ich zwar noch nicht fertig, aber noch länger wollte ich euch dann doch nicht zappeln lassen. :wink:

Noch ein Hinweis: Wie ich vor Kurzem gesehen habe, wird auf der Seite von Pegasus Press eine Spielhilfe zu diesem Abenteuer zum freien Download angeboten, in der sich viele der Handouts in vollem Textumfang wiederfinden: LINK

Ergo habe ich auch das darin befindliche Handout "Castro-Manuskript" hier ungekürzt wiedergegeben. Das hätte ich auch in Zukunft so gemacht, aber das Castro-Manuskript war gleichzeitig auch das letzte Handout, das wir bekommen haben (und das in dieser PDF-Datei drin ist). Hätte ich das mal früher gesehen... naja, wenigstens könnt ihr euch in dieser Datei viele der bisherigen Handouts in der vollständigen Version durchlesen.
Take me out to the black, tell 'em I ain't comin' back.

Halvar

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Cthulhu: Das Sanatorium
« Antwort #61 am: 15. Juni 2008, 07:14:32 »
Teil 14: Showdown

Fortsetzung Session 03.11.2007

Wir einigten uns schließlich darauf, sämtliche Türen so gut wie möglich zu verbarrikadieren und die Patienten für die kommende Nacht allesamt ins Erdgeschoss zu verlegen, um sie besser im Auge behalten zu können - ein einziger Flur war schließlich leichter zu überwachen als zwei. Sogleich machten wir uns an die Arbeit.

Zunächst räumten wir die persönliche Habe der verstorbenen Mrs. Randolph in die Abstellkammer, dann quartierten wir Darlene in ihr Zimmer um. Den nun frei gewordenen, ehemals leer stehenden Raum belegten wir mit Leonard Hawkins, da er sich in Mrs. Randolphs Zimmer sicherlich unwohl gefühlt hätte. Da es nun im Erdgeschoss kein freies Zimmer mehr für Allen Harding gab, verlegten wir Colonel Billings kurzerhand ins Wohnzimmer - da er ohne fremde Hilfe noch nicht einmal seinen Rollstuhl verlassen konnte, erschien er uns als der geeigneteste Kandidat dafür. Schließlich führten wir den immer noch dahindämmernden Allen Harding in das Zimmer von Colonel Billings. Damit waren nun alle Patienten im Erdgeschoss untergebracht.

Danach begaben wir uns zu den Schuppen, um nach geeignetem Werkzeug zu suchen. Neben Hämmern und Nägeln fanden wir auch ein Brecheisen, mit dem wir sogleich damit begannen, Bretter aus einem der Schuppen zu hebeln und zum Sanatorium zu tragen. Sämtliche Türen, die in den Keller führten, wurden von uns verschlossen und mit Brettern vernagelt. Dann kümmerten wir uns um den zerstörten Hintereingang: Wir hoben die Tür des Wäscheschranks aus ihren Angeln, positionierten sie in der leeren Zarge der Hintertür und nagelten sie mit mehreren Brettern fest, dann rückten wir noch den schweren Wäschetrockner davor. Wenn Johnson hier einzudringen versuchen würde, dann hätte er zumindest ein hartes Stück Arbeit vor sich. Schließlich existierten noch zwei kleinere Nebeneingänge, von denen einer ins Foyer und der andere in die Küche führte. Beide wurden von uns verschlossen, außerdem stellten wir jeweils einen Stuhl davor, so dass wir hoffentlich durch Lärm gewarnt würden, falls Johnson es hier versuchen würde. Unser Plan war, uns an der verstärkten Tür zwischen Foyer und Patiententrakt zu postieren, da wir von dieser Position aus den Haupt- und den Hintereingang sowie den gesamten Flur mit den Patientenzimmern überblicken konnten.

Als wir mit der Arbeit fertig waren, begann der Abend zu dämmern. Wir rechneten jedoch nicht damit, dass Johnson vor Mitternacht auftauchen würde, und bis dahin waren es noch ein paar Stunden. Also beschlossen Dr. Tiller und ich, eine therapeutische Sitzung mit Leonard Hawkins abzuhalten, während die anderen Wache hielten oder sich ausruhten. Aus Hawkins' Akte wussten wir ja bereits, dass er in seinem religiösen Wahn von der "Ankunft derer, die warten" gesprochen hatte - ein ähnlicher Terminus wie er auch im Castro-Manuskript auftauchte. Wir hatten die Hoffnung, dass er uns vielleicht etwas mehr darüber erzählen konnte. Sicherheitshalber nahm ich meine Elefantenbüchse mit - wir hatten ja schon einmal eine Sitzung mit Hawkins abgehalten, bei der wir ihn nach den Ereignissen der Mordnacht befragt hatten, und auch dabei war er schon sehr unruhig geworden. Außerdem neigte er ja ohnehin zu gewalttätigen Ausbrüchen - wie er reagieren würde, wenn wir ihn auf "jene, die warten" ansprachen, konnte also niemand vorhersagen.

Im Behandlungszimmer angekommen legte sich Hawkins auf die Liege, Dr. Tiller setzte sich neben ihn und ich nahm wie gehabt auf einem Hocker etwas abseits Platz. Wie üblich begann Tiller die Sitzung damit, dass er beruhigend auf den Patienten einredete, sich nach seinem Befinden erkundigte und versuchte, dessen Vertrauen zu gewinnen. Während des Gesprächs war Hawkins zwar wie gewohnt ungehalten, beantwortete aber alle Fragen und verhielt sich ansonsten nicht weiter auffällig. Als Dr. Tiller ihn jedoch auf "jene, die warten" ansprach, änderte sich sein Verhalten schlagartig: Schweiß brach auf seiner Stirn aus, seine Atmung wurde schneller, er zitterte am ganzen Leib und blickte verängstigt im Raum umher. Dr. Tiller versuchte, beruhigend auf ihn einzureden, aber es war zwecklos. Als Hawkins sich anschickte, aufzustehen, sprang ich zu ihm hin und drückte ihn auf die Liege zurück. Er wehrte sich gegen meinen Griff und spie mir wüste Flüche ins Gesicht, dann hielt er jedoch kurz inne und brüllte: "Jene, die warten, sind die wahren Götter! Sie sind hier! Ihr solltet niederknien und sie preisen! Bald werden sie ihre Transformation abgeschlossen haben!"



Nach diesen wirren Worten wurde er etwas ruhiger und ich lockerte meinen Griff. Dr. Tiller fragte noch, woher er dieses Wissen habe, aber Hawkins hatte sich offenbar dazu entschieden, nichts mehr zu sagen. Er lag nur noch schwer atmend auf der Liege, die Augen geschlossen und beharrlich schweigend. Nach wenigen Minuten gab Dr. Tiller schließlich auf und wir brachen die Sitzung ab. Wir führten Hawkins in sein neues Zimmer zurück, begaben uns in die Bibliothek und erstatteten den anderen Bericht.

Wir nahmen noch ein schnelles Abendessen ein, dann sperrten wir die Patienten für die Nacht in ihre Zimmer und bezogen Posten am Eingang zum Patiententrakt. Die verstärkte Tür am Anfang des Flurs ließen wir geöffnet, damit wir alles hören konnten und freie Sicht durch das Foyer auf den Haupteingang hatten. Meine Elefantenbüchse hatte ich natürlich geladen und Mrs. Stevens-McCormmick trug den Revolver aus Dr. Brewers Schreibtisch.

Voller Anspannung warteten wir so noch eine Stunde, bis es Mitternacht war. Wir hatten uns auf den Boden gekauert und verhielten uns mucksmäuschenstill. Die Damen behielten die ganze Zeit über den Haupteingang im Auge, während ich durch den Flur in Richtung des Hintereingangs schaute. Pater Benedict und Dr. Tiller hatten sich in die Nische zurückgezogen, in der der Schreibtisch des Pflegepersonals stand, um im Ernstfall nicht im Schussfeld zu sitzen.

Es vergingen noch einige Minuten, ohne dass etwas geschah. Dann horchte Lady Gordon plötzlich auf. "Da war was", flüsterte sie. In diesem Moment hörten wir ein Krachen und Splittern hinter der verstärkten Tür zur Waschküche. Offenbar war irgendjemand gerade dabei, den verbarrikadierten Hintereingang einzuschlagen. Ich legte mich bäuchlings auf den Boden und legte auf die geschlossene Sicherheitstür an. Mrs. Stevens-McCormmick hockte sich neben mich und tat es mir mit ihrem Revolver gleich. Kurz darauf erfolgte ein erneuter Hieb, dann ein dritter. Wir hörten wie das Holz zerbarst, gefolgt von einem rumpelnden Schaben - der Wäschetrockner wurde verschoben. Es vergingen einige stille Sekunden, dann erfolgte der nächste Hieb, diesmal gegen die Sicherheitstür. Staub rieselte herab. Beim fünften Schlag sahen wir, wie die Klinge einer Axt durch die Tür drang - Johnson war da!

Ich machte mich bereit, zu schießen, sobald sich meinem Auge ein Ziel bot. Die Axt wurde wieder herausgezogen. Ich wartete auf den nächsten Hieb, doch nichts geschah. Gespenstische Stille senkte sich über den Gang herab. Mrs. Stevens-McCormmick und ich schauten uns fragend an. Wir konnten uns kaum vorstellen, dass Johnson schon aufgegeben hatte, also war er wohl gerade auf der Suche nach einem einfacheren Eingang. Vielleicht hatte er auch die Falle gewittert. Mrs. Stevens-McCormmick wandte sich wieder dem Haupteingang zu, ich beobachtete sicherheitshalber weiter die Hintertür.

Lange mussten wir nicht warten: Glas klirrte. Johnson hatte offenbar eine Fensterscheibe eingeschlagen. "Das kam aus dem Wohnzimmer!", rief Mrs. Stevens-McCormmick und hastete in Richtung Bibliothek. Verdammt, Colonel Billings! Lady Gordon und ich setzten ihr nach. Mrs. Stevens-McCormmick und ich rannten durch die Bibliothek zum Eingang des Wohnzimmers und richteten unsere Waffen in den Raum. Eines der drei Fenster war zerschlagen und die hereinströmende Nachtluft blähte die zugezogenen Vorhänge auf, aber ansonsten war nichts zu sehen. Colonel Billings saß unversehrt in seinem Rollstuhl. Lady Gordon eilte an uns vorbei in den Raum hinein, schnappte sich den Colonel und schob ihn ins Foyer, wo sie ihn unter der gegenüber liegenden Treppe abstellte. "Ein Ablenkungsmanöver?", fragte ich Mrs. Stevens-McCormmick. Sie zuckte mit den Achseln. "Ich bleibe hier, gehen Sie am besten in den Flur zurück", antwortete sie. "In Ordnung, aber stellen Sie sich besser an den Eingang zur Bibliothek, damit wir Sie sehen können", schlug ich vor. Mrs. Stevens-McCormmick stimmte mir zu und so bezog sie ihren neuen und ich meinen alten Posten. Lady Gordon blieb im Foyer bei Colonel Billings.

Es verstrichen einige Minuten, in denen nichts geschah. Gespannt warteten wir darauf, wo es der Mörder als nächstes versuchen würde. Plötzlich hörten wir, wie der Stuhl des Nebeneingangs in der Küche zur Seite geschoben wurde, dann folgten schnelle, schwere Schritte. Ich hatte gerade noch genug Zeit, um mich umzudrehen und in Richtung des Foyers zu zielen, als Johnson auch schon im Durchgang zum Esszimmer erschien. Er bot einen grauenerregenden Anblick: Ein Riese von einem Kerl, mindestens zwei Meter groß, seine ehemals weiße Pflegerkleidung vollständig von Blut und Dreck durchtränkt. In seinen Händen hielt er eine blutverschmierte Axt, die er zum Schlag erhoben hatte, während er quer durch das Foyer auf Mrs. Stevens-McCormmick zustürmte.

Diese schien vor Entsetzen gelähmt zu sein, jedenfalls starrte sie nur mit offenem Mund in seine Richtung. Als Johnson die Mitte des Foyers erreicht hatte, gelangte er in mein Schussfeld. Er musste mich jedoch in letzter Sekunde gesehen haben: Abrupt bremste er ab und warf sich zur Seite, als ich gerade abdrückte. Die Kugel verfehlte ihn und schlug ein großes Loch in die Wand neben dem Haupteingang. In diesem Moment hechtete Lady Gordon unter der Treppe hervor und stürmte ihm entgegen. Etwa zwei Meter vor Johnson sprang sie in die Luft und rammte ihm ihren rechten Fuß direkt unters Kinn. Wir hörten, wie Knochen und Zahnschmelz splitterten.



Jeder normale Mensch wäre nach so einem Tritt zu Boden gegangen - Johnson jedoch blieb stehen. Schlimmer noch: Er hob seine Axt. Mit vor Ungläubigkeit weit aufgerissenen Augen musste Lady Gordon mit ansehen, wie Johnson ausholte und die Klinge tief in ihren rechten Oberarm grub. Sofort quoll Blut aus der Wunde, aber Lady Gordon war wohl selbst zum Schreien zu verdutzt. Nun hatte sich Mrs. Stevens-McCormmick offenbar gefangen. Sie hob den Revolver und schoss. Die Kugel pfiff knapp an Johnson vorbei und bohrte sich in die Wand zum Esszimmer. Ich hatte inzwischen wieder auf Johnson angelegt. Während er mit seiner Axt zu einem weiteren Hieb auf Lady Gordon ausholte, die sich verzweifelt von ihm weg zu bewegen versuchte, drehte er sich plötzlich um und schaute mir direkt in die Augen. Sein Blick war kalt und leer. Sein Unterkiefer hing schief herunter und Blut troff daraus hervor. Ein kalter Schauer lief mir über den Rücken.

Dieser Schuss musste einfach sitzen, andernfalls würde ich erst einige Sekunden brauchen, um das Gewehr nachzuladen - genug Zeit für Johnson, um Lady Gordon und mich in kleine Stücke zu hacken. Ich biss die Zähne zusammen, zielte auf seine Stirn und drückte ab. Krachend löste sich der Schuss. Die Kugel drang vorne in Johnsons Stirn ein und trat an seinem Hinterkopf in einer Fontäne aus Blut und Gehirnmasse wieder aus. Johnson stand immer noch da und schaute mich mit seinen kalten Augen an. Dann polterte die Axt aus seiner Hand und schließlich sackte er zu Boden. Der Körper zuckte noch kurz und blieb dann reglos liegen.

Stille senkte sich über den Raum. Es dauerte einige Sekunden, bis ich die Situation begriffen hatte: Johnson war tot. Und ich hatte ihn erschossen. Zwar fühlte ich irgendwo Erleichterung, aber nach Jubelgeschrei war mir nicht zumute. Mein Verstand sagte mir zwar, dass es die einzige Möglichkeit gewesen war, ihn aufzuhalten, aber es änderte nichts daran, dass ich soeben einen Menschen getötet hatte. Ein wahnsinniger Serienmörder zwar, aber nichtsdestotrotz ein Mensch. Den anderen erging es offenbar nicht anders. Ich blieb an der Stelle liegen, an der ich den Schuss abgegeben hatte und atmete tief durch.

Am Rande bemerkte ich, wie Dr. Tiller an mir vorbeieilte und sich um die Wunde von Lady Gordon kümmerte. Auch Pater Benedict und Mrs. Stevens-McCormmick näherten sich langsam der Eingangshalle. Sollte es wirklich vorbei sein? So recht konnte das niemand von uns glauben. Wie in einem bösen Traum ging ich zu Johnsons Leiche, um mich davon zu überzeugen, dass er wirklich tot war. Ich trat sogar die Axt ein Stück von seiner Hand weg, nur um auf Nummer sicher zu gehen, obschon mir sehr wohl bewusst war, dass einen solchen Kopfschuss niemand hätte überleben können. Johnson war so tot wie seine Opfer.

Wir wollten die Leiche so schnell wie möglich aus dem Haus haben, also organisierte Pater Benedict ein Bettlaken aus dem Wäscheschrank. Der Pater und ich wickelten Johnson auf die altbewährte Weise ein, trugen ihn nach draußen und legten ihn neben der Treppe ab, wo zuvor schon Ebenezer gelegen hatte. Mrs. Stevens-McCormmick hatte sich inzwischen einen Eimer und einen Putzlappen besorgt und kümmerte sich um Johnsons Überreste, die sich an der Wand und auf dem Boden des Foyers verteilt hatten.

All dies taten wir, ohne dabei viel zu sprechen. Um so mehr erschraken wir, als plötzlich Allen Hardings Stimme durch die Räume und Gänge dröhnte: "IHR DENKT, DASS IHR IHN AUFGEHALTEN HABT, ABER IHR IRRT EUCH! NUN WIRD ES NOCH SCHLIMMER WERDEN! SCHLIMMER FÜR UNS ALLE!"

Ende Session 03.11.2007

Fortsetzung in Teil 15: Der Morgen danach
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DU#1229

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Cthulhu: Das Sanatorium
« Antwort #62 am: 27. Juni 2008, 13:35:19 »
schon fast zwei Wochen  :x

Halvar

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Cthulhu: Das Sanatorium
« Antwort #63 am: 27. Juni 2008, 15:59:51 »
Sorry, ich stecke momentan ein bisschen fest. Ich bin noch unschlüssig, wie ich die nachfolgenden Ereignisse sinnvoll umsetzen kann, weil mein Charakter bei einigen wichtigen Szenen nicht dabei war. Die anderen hinterher immer erzählen zu lassen, finde ich unbefriedigend für die Story Hour (obwohl es natürlich genau so gewesen ist), auf der anderen Seite fände ich es aber auch doof, von der Tagebuch-Form abzuweichen.

Am Wochenende habe ich aber wieder nen Kopf dafür und dann geht's weiter.

Edit: Okay, Teil 15 ist noch unproblematisch, den kann ich also schon mal posten. :)
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Halvar

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Cthulhu: Das Sanatorium
« Antwort #64 am: 28. Juni 2008, 12:08:28 »
Teil 15: Der Morgen danach

Session: 02.02.2008

Hardings Worte waren nicht nur uns durch Mark und Bein gegangen, auch die Patienten zeigten sich ziemlich irritiert. Dr. Tiller und Pater Benedict machten einen Rundgang durch das Erdgeschoss und versuchten, einen nach dem anderen wieder zu beruhigen, während Lady Gordon, Mrs. Stevens-McCormmick und ich noch mit Aufräumen beschäftigt waren. Schließlich sammelten wir uns alle in der Bibliothek.

Nach einigen Sekunden des Schweigens sagte ich schließlich: "Tja, ich denke, die unmittelbare Gefahr ist erst einmal vorüber oder sehe ich das falsch?" - "Was meinen Sie denn mit unmittelbarer Gefahr?", fragte mich daraufhin Dr. Tiller. "Rechnen Sie etwa mit weiteren geistesgestörten Mördern?", fügte er mit leicht ironischem Unterton hinzu. Ich musste an das rötliche Leuchten denken, gab ihm jedoch keine Antwort. Tatsächlich konnte ich mir selber nicht erklären, warum ich das unbestimmte Gefühl hatte, dass wir noch nicht in Sicherheit waren. Ich versuchte, es beiseite zu schieben.

"Tja, unser nächstes Problem ist jedenfalls, von der Insel runter zu kommen", merkte Lady Gordon an. Allerdings hatte niemand von uns eine Idee, wie wir dies bewerkstelligen sollten. Das Festland war jedenfalls von der Insel aus nicht zu sehen, also selbst wenn wir eine Möglichkeit gehabt hätten, das Meer zu überqueren, dann hätten wir noch nicht einmal gewusst, in welche Richtung wir segeln sollten. Außerdem hatte niemand von uns Erfahrung im Umgang mit Wasserfahrzeugen oder gar Navigation. An Schwimmen war angesichts der herbstlichen Wassertemperaturen ohnehin nicht zu denken, so dass uns sämtliche herkömmlichen Methoden der Meeres-Überquerung genommen oder viel zu riskant waren.

Da Ebenezer ein Mal in der Woche zum Festland übergesetzt hatte, hofften wir, dass irgendjemand in dem kleinen Küstendörfchen nach spätestens zwei Wochen misstrauisch werden und nachschauen kommen würde. Wie es schien, würden wir wohl mindestens so lange noch hier ausharren müssen.

Also machten wir uns Gedanken über andere Optionen: Wir hatten bereits früher vermutet, dass sich Johnson tagsüber in irgendeinem Unterschlupf wie beispielsweise einer Höhle aufgehalten hatte, und so bot ich an, dass wir uns auf die Suche danach machen könnten. Als jedoch klar wurde, dass wir ohne einen echten Anhaltspunkt dazu die gesamte Insel hätten durchkämmen müssen, wurde dieser Vorschlag schnell wieder verworfen. Schließlich war da noch der Leuchtturm - das einzige Gebäude, das wir noch nicht näher untersucht hatten.

"Auf jeden Fall möchte ich vorschlagen, morgen eine psychotherapeutische Sitzung mit Allen Harding abzuhalten", warf Dr. Tiller ein. Harding war der einzige Patient, mit dem wir dies noch nicht getan hatten - nicht zuletzt deswegen, weil er sich bisher in einer Art Dämmerzustand befunden hatte und für ein therapeutisches Gespräch nicht in der Verfassung gewesen war. Wir hielten das für eine gute Idee, da wir in dieser Nacht aber ohnehin kaum noch zu einem vernünftigen Gedanken in der Lage waren, beschlossen wir, uns erst einmal schlafen zu legen. Vorher gingen Pater Benedict und Lady Gordon aber noch kurz vor die Tür, um die Leiche von Johnson zu durchsuchen, was wir in all der Aufregung versäumt hatten. Außer einem weiteren Schlüsselbund fanden sie jedoch nichts.

Da es die Damen vorzogen, auch diese Nacht in der Bibliothek zu verbringen, gingen Pater Benedict, Dr. Tiller und ich nach oben und machten es uns in den Gästezimmern bequem. Colonel Billings nahmen wir mit und legten ihn in eines der anderen Schlafzimmer.

---

4. Tag

Um 10 Uhr morgens klingelte mein Wecker. Nachdem ich mich frisch gemacht und angezogen hatte, begab ich mich ins Foyer und hörte eifriges Werkeln aus der Küche. Blanche war gerade im Begriff, das Frühstück herzurichten und begrüßte mich mit einem ungehaltenen "Ich hab' kein Wasser!" Ich wünschte ihr einen guten Morgen und griff mir einen der leeren Eimer. Als ich wieder durchs Foyer kam, vernahm ich Dr. Tillers Stimme durch die offen stehende Tür des Patiententrakts. Er war gerade dabei, seine morgendliche Visite zu absolvieren. Ich setzte meinen Weg fort, schöpfte Wasser aus dem Brunnenschacht und brachte den vollen Eimer zu Blanche zurück.

Danach ging ich noch einmal nach draußen, zu der Stelle hin, an der wir die Leichen verbrannt hatten. Ich hatte mich im Laufe der letzten Nacht an den Glücksbringer erinnert, von dem in dem Brief an Ebenezer die Rede gewesen war. Falls Ebenezer ihn getragen hatte, dann war er mit ziemlicher Sicherheit ein Raub der Flammen geworden. Andererseits konnte man ja nie wissen - vielleicht hatte ich Glück. Angewidert betrachtete ich die verkohlten Überreste. Welche davon zu Ebenezer gehörten, war jedoch nicht mehr zu erkennen. Ich suchte mir einen stabilen Ast und begann, zaghaft in der Asche herumzustochern. Nach einigen Minuten gab ich es auf. Wie zu erwarten hatte ich nichts gefunden. Ich ging ins Esszimmer zurück und wartete auf das Frühstück.

Als Blanche fast fertig war, kam Dr. Tiller ebenfalls herein und fragte, ob wir nicht die anderen wecken sollten, damit sie dem Frühstück beiwohnen konnten. Ich stimmte ihm zu und so warfen wir erst die Damen und dann Pater Benedict aus den Federn. Letzterer wachte erst auf, nachdem wir wild an seine Zimmertür getrommelt und seinen Namen gebrüllt hatten. Offenbar hatte der Mann einen seligen Schlaf.

Um 11 Uhr waren wir schließlich alle am Frühstückstisch versammelt, auch die Patienten. Lady Gordon fragte, ob inzwischen jemand eine Idee hätte, wie wir die Insel verlassen könnten. Pater Benedict hatte tatsächlich eine: "Wir könnten versuchen, den Leuchtturm wieder in Gang zu bringen, um damit eventuell Morsezeichen zu geben." Ich sah die Chance, dass irgendein Schiff den Leuchtturm bemerken würde, zwar als äußerst gering an, da wir bisher noch kein Schiff gesehen hatten, aber einen besseren Vorschlag hatte ich auch nicht parat. Also beschlossen wir, uns nach dem Frühstück auf den Weg zu machen. Mrs. Stevens-McCormmick und Dr. Tiller wollten jedoch hier bleiben, um die therapeutische Sitzung mit Allen Harding abzuhalten.

Während wir aßen, berichtete ich davon, dass ich in der Asche vergeblich nach Ebenezers Glücksbringer gesucht hatte. Lady Gordon war von der Idee sehr angetan und verkündete, dass sie auch noch einmal nachschauen wolle, denn vielleicht hätte ich ja etwas übersehen. Sobald sie ihren letzten Bissen in den Mund geschoben hatte, stand sie auf und lief hinaus. Pater Benedict und ich gingen derweil in unsere Zimmer und packten unser Marschgepäck. Ich lud meine Elefantenbüchse und steckte zur Sicherheit auch das Verbandszeug ein. Als wir uns im Foyer wieder trafen, kam auch Lady Gordon von ihrer Untersuchung zurück und berichtete uns, dass sie auch nichts gefunden hatte. Sie begab sich in die Bibliothek, um ihre Siebensachen zu packen, während Pater Benedict und ich schon mal vor die Tür gingen.

Kurze Zeit später kam Lady Gordon wieder heraus und teilte uns mit, dass sie Darlenes bzw. Annephis' Zeichnung an Mrs. Stevens-McCormmick übergeben hatte, um Allen Harding während der Sitzung dazu zu befragen. Wir diskutierten kurz, ob wir Charles Johnsons Axt mitnehmen sollten, um die Tür des Leuchtturms notfalls mit Gewalt öffnen zu können, entschieden uns dann jedoch dagegen. Nicht nur, dass uns bei dem Gedanken nicht ganz wohl war - immerhin waren mit dieser Axt mehrere Menschen getötet worden - es handelte sich zudem um eine Tatwaffe, die wir vorher hätten reinigen und damit als Beweisstück unbrauchbar machen müssen. Außerdem war sie uns wahrscheinlich ohnehin nicht von großem Nutzen, da die Tür des Leuchtturms nicht aus Holz, sondern wie der gasamte Leuchtturm aus Metall bestand.

Als wir endlich losmarschierten, war es bereits Mittag geworden. Nach einer guten halben Stunde erreichten wir den Leuchtturm. Er stand noch genau so da, wie wir ihn zuletzt verlassen hatten, und auch in der Umgebung war nichts Außergewöhnliches zu entdecken. Lady Gordon zückte sogleich ihr "Werkzeug" und machte sich am Schloss der Tür zu schaffen. Pater Benedict und ich beobachteten sehr interessiert, wie sie mit verschiedenen, merkwürdig geformten Metallstäbchen und -haken zunehmend verzweifelt in dem Schloss herumfuhrwerkte. Nach einigen Minuten gab sie schließlich auf und räumte ihre Dietriche enttäuscht wieder zusammen. "Und, wie sieht Plan B aus?", fragte sie in die Runde. "Aufschießen?", erwiderte ich unsicher. Mein Vorschlag stieß auf wenig Gegenliebe, und auch ich war alles andere als davon überzeugt, dass er funktionieren würde.

Die Tür war nach außen hin zu öffnen, so dass auch ein Eintreten oder Einrammen wenig Aussicht auf Erfolg gehabt hätte. Pater Benedicts Vorschlag, die Tür aus den Angeln zu hebeln, hörte sich im ersten Moment viel versprechend an, dann jedoch stellten wir fest, dass die Türangeln innenliegend angebracht sein mussten - wir sahen sie jedenfalls nicht. Diese Tür war ein verdammter Tresor und weitere Eingänge gab es nicht. In der Seitenwand des Turms befanden sich lediglich einige bullaugenförmige Fensterchen, die einen Durchmesser von etwa 30 Zentimetern hatten. Selbst wenn es uns gelingen würde, das unterste dieser Fenster, das in etwa drei Metern Höhe angebracht war, zu erreichen, hätten wir dort niemals hindurch gepasst.

Die einzige Möglichkeit, die uns noch in den Sinn kam, war, es mit dem Brecheisen zu versuchen. Vielleicht konnte man es in der Fuge zwischen Tür und Seitenwand ansetzen und mit einem Rohr oder etwas Ähnlichem verlängern, so dass mehrere Leute drücken und die Hebelwirkung verstärken konnten. Natürlich hatte niemand daran gedacht, das Brecheisen mitzunehmen. Da uns alle anderen Alternativen ausgegangen waren, schlug Lady Gordon vor, dass einer von uns es holen geht, während die anderen noch einmal das Schiffswrack untersuchen würden. Da ich das Wrack bereits zur Genüge kannte, bot ich mich an, zum Sanatorium zurückzugehen. Lady Gordon und Pater Benedict waren einverstanden und so machte ich mich auf den Weg.

Als ich mich nach einer weiteren guten halben Stunde Fußmarsch dem Gebäude des Sanatoriums näherte, öffnete sich plötzlich die Eingangstür und Mrs. Stevens-McCormmick kam mir entgegen gerannt. Sie war kreidebleich und rief meinen Namen. Ich eilte ihr entgegen und fragte sie, was geschehen sei. "Es ist etwas Schreckliches passiert!", entgegnete sie vollkommen aufgelöst. "Allen Harding ist tot und Dr. Tiller verhält sich irgendwie eigenartig."

Mit der relativen Idylle dieses Vormittags war es offenbar vorbei.

Fortsetzung in Teil 16: Traumata
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Der Wurm

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Cthulhu: Das Sanatorium
« Antwort #65 am: 30. Juni 2008, 10:49:31 »
Juhu ein Update. Vielen Dank.
Ich freu mich schon auf den nächsten Teil.
Arbeitslos in Grönland
"I'm burning gas until I feel all right"

Osric

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Cthulhu: Das Sanatorium
« Antwort #66 am: 03. Juli 2008, 11:50:17 »
Gerade in einem Rutsch verschlungen. Ziemlich großartig, wie ich finde.
Was würde Robert Jordans Frau dazu sagen?

Halvar

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Cthulhu: Das Sanatorium
« Antwort #67 am: 13. Juli 2008, 04:17:16 »
Vielen Dank für das Lob!

Leider werden die Updates ab jetzt wohl erst mal noch langsamer kommen, weil sich meine Arbeitszeiten von Nacht- auf Tagschicht geändert haben, was bedeutet, dass ich am Wochenende nicht mehr die ganze Nacht vor dem PC sitzen kann und somit schlicht und ergreifend weniger Zeit habe, um zu schreiben (tagsüber halten mich meistens andere Dinge wie z.B. mein Sohn davon ab). Aber ich tu, was ich kann.
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Halvar

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Cthulhu: Das Sanatorium
« Antwort #68 am: 13. Juli 2008, 05:11:38 »
Teil 16: Traumata

Fortsetzung Session 02.02.2008

Noch ehe ich etwas erwidern konnte, begann die offensichtlich unter Schock stehende Mrs. Stevens-McCormmick, mir in hastigen Worten zu schildern, was sie erlebt hatte. Während sie sprach, ergriff sie meinen Arm und zog mich in Richtung Haupteingang. Mir fiel auf, dass sie offenbar ihre Kleidung gewechselt hatte. "Wir haben die Sitzung abgehalten und Allen Harding ist auf keine meiner Fragen eingegangen, sondern hat nur irgendwelche wirren Sätze von sich gegeben", berichtete sie. "Irgendwann hat er dann die in seiner Akte beschriebene andere Persönlichkeit angenommen und behauptet, dass wir alle sterben würden. Dann hat er gefragt, ob er uns zeigen soll, was mit uns passieren wird. Er hat angefangen zu zittern, seine Haut hat Blasen geworfen und dann ist sein Bauch aufgeplatzt."

Ich starrte sie ungläubig an. Inzwischen waren wir im Foyer angekommen und Dr. Tiller kam die Treppe herunter und gesellte sich zu uns. Ein Glück - hoffentlich konnte er mir etwas Klarheit verschaffen. "Dr. Tiller, was ist hier los?", fragte ich ihn. "Dr. Tiller, was ist hier los?", entgegnete er im gleichen besorgten Tonfall. "So verhält er sich seit diesem Ereignis", erklärte Mrs. Stevens-McCormmick. "So verhält er sich seit diesem Ereignis", wiederholte Dr. Tiller. "Ich habe ihn eben erst einmal oben in eines der Betten gelegt, aber ich weiß nicht, was ich mit ihm tun soll", fügte Mrs. Stevens-McCormmick hinzu. Auch dieser Satz wurde von Dr. Tiller wiederholt.

Mir schwirrte der Schädel und ich wusste nicht mehr, was ich sagen sollte. Ich ließ die beiden einfach im Foyer stehen und eilte die Treppe hinauf, um der Sache auf den Grund zu gehen. Ich öffnete die Tür des Behandlungszimmers. Auf der Liege lag eine Gestalt, die mit einem blutdurchtränkten Laken verdeckt war, ansonsten war der Raum erstaunlich sauber - allerdings roch es nach verschmortem Fleisch. Mrs. Stevens-McCormmick kam ebenfalls die Treppe hinauf, gefolgt von Dr. Tiller. Nachdem die beiden zu mir aufgeschlossen hatten, erzählte Mrs. Stevens-McCormmick, dass sie Harding zugedeckt und den Raum ein wenig gereinigt hatte. Als Dr. Tiller auch diesen Satz wiederholte, verlor sie offenbar die Nerven: "Halten Sie die Klappe!", schrie sie Dr. Tiller an, und als dieser die gleichen Worte zurück schrie, zerrte sie ihn in sein Gästezimmer und schloss ihn ein.

"So, jetzt kann man sich wenigstens in Ruhe unterhalten", bemerkte sie, als sie wieder zurückkam. Ich bat Mrs. Stevens-McCormmick, sich zu beruhigen und mir noch einmal zu berichten, was hier vorgefallen war. Sie wiederholte die Geschichte, die sie mir bereits auf dem Weg ins Foyer erzählt hatte, und fügte hinzu, dass Dr. Tiller total verschreckt reagiert hätte und seitdem stumpf alles wiederholen würde, was man sagt.

Dass Allen Harding während der Sitzung geplatzt war, erschien mir völlig abwegig. Ich hoffte bloß, dass Dr. Tiller oder Mrs. Stevens-McCormmick ihn nicht irgendwie umgebracht hatten. Jedenfalls musste ich mir Gewissheit verschaffen, und das war nur auf eine Art möglich: Ich ging zu der Liege und hob das Laken an.

Die Leiche, die darunter lag, war so gerade eben noch als Allen Harding zu erkennen. Die Haut an seinen Händen, Unterarmen und im Gesicht war mit unterschiedlich großen Brandblasen übersät und teilweise angesengt. Seine Bauchdecke war aufgesprengt und schwärzliches, bestialisch stinkendes Gedärm quoll daraus hervor. Der Mann sah aus, als hätte er von innen heraus angefangen zu kochen und wäre dann aufgeplatzt wie eine Brühwurst. Das war zu viel. Mir wurde schwarz vor Augen und ich verlor die Besinnung.

---

Als ich wieder erwachte, lag ich auf dem Bett in meinem Zimmer. Neben mir standen Mrs. Stevens-McCormmick und Dr. Tiller, die mich mit sorgenvollen Mienen anblickten. "Mr. Mannock, wie geht es Ihnen?", fragte Letzterer. Ich wollte ihn gerade das gleiche zurückfragen, als mir einfiel, warum ich in Ohnmacht gefallen war. Ich erinnerte mich an jedes Detail und der Schrecken kehrte mit voller Wucht zurück. Ich begann zu zittern. "Schlecht", konnte ich Dr. Tiller noch so gerade antworten, dann brachte ich kein Wort mehr heraus. Er kam an mein Bett, deckte mich zu und fragte, ob ich darüber reden wolle. Ich schüttelte den Kopf. Dann fragte er, ob er bei mir bleiben soll, und ich nickte. Mrs. Stevens-McCormmick holte mir ein Glas Wasser. Als sie zurückkam, trank ich einen Schluck und erholte mich so weit, dass ich zumindest meine Sprache wieder fand.

Wie sich herausstellte, war ich nur für etwa fünf Minuten weggetreten. Mrs. Stevens-McCormmick hatte gesehen wie ich mich zu Boden geworfen und zusammengerollt hatte und mich daraufhin in mein Zimmer gebracht. Dann hatte sie nach Dr. Tiller gesehen und mit Erleichterung festgestellt, dass er wieder "normal" geworden war. Als sie beide in mein Zimmer gekommen waren, sei ich wieder aufgewacht. Dr. Tiller erklärte mir, dass er mich in "Fötalstellung" vorgefunden hatte, wahrscheinlich als Folge eines traumatischen Schocks. Mrs. Stevens-McCormmick hatte ihm auch von seinem eigenen Zustand berichtet und er diagnostizierte dies als "Echolalie", konnte sich aber nicht erklären, woher er sie gehabt haben sollte. An die Sitzung mit Harding konnte er sich zwar noch erinnern, aber nicht mehr daran, wie dieser umgekommen war. Scheinbar wollte er sich auch nicht mehr erinnern, was ich ihm kaum verübeln konnte.

Schließlich fragte Dr. Tiller, wo Lady Gordon und Pater Benedict wären. Ich berichtete, dass Lady Gordon den Leuchtturm nicht hatte öffnen können und ich zurückgekommen wäre, um das Brecheisen und eine Verlängerung zu holen. Dr. Tiller riet mir jedoch, erst einmal liegen zu bleiben und mich auszuruhen. Tatsächlich verspürte ich auch wenig Lust, wieder zum Leuchtturm zurückzukehren, und so erklärte sich Mrs. Stevens-McCormmick bereit, diese Aufgabe zu übernehmen. Sie holte das Brecheisen aus dem Schuppen, als Verlängerung fand sie jedoch nur einen Spaten. Mangels Alternativen machte sie sich damit auf den Weg.

Nach etwa einer halben Stunde fühlte ich mich wieder kräftig genug, um aufzustehen, also begaben sich Dr. Tiller und ich in die Bibliothek. Um uns vom Erlebten abzulenken, beschäftigen wir uns mit etwas leichter Lektüre aus den Bücherregalen.

Als wir zwei Stunden später hörten, dass die anderen zurückkamen, gingen wir ins Foyer, um sie in Empfang zu nehmen. Mrs. Stevens-McCormmick bat Dr. Tiller sogleich, sich die Hand von Lady Gordon anzuschauen, da sie verletzt sei, aber diese wiegelte nur ab: "Das ist nicht nötig, tut nicht mehr weh." Stattdessen stammelte sie nur etwas davon, dass noch jemand auf dem Turm sein müsse, der sie irgendwie angegriffen hatte, vermutlich mit einer Art Säure oder etwas Ähnlichem. Widerwillig streckte sie Dr. Tiller ihre Hand hin. "Das kommt mir bekannt vor", merkte er an, "Mr. Mannock, schauen Sie doch mal." Ein Stück Haut auf Lady Gordons Handrücken war ledrig und zusammengeschrumpelt. "Wie die Beine des Zimmermädchens", sprach Pater Benedict das Offensichtliche aus.

Da Lady Gordon jedoch keine Schmerzen verspürte und die Verletzung auch nicht blutete, sah Dr. Tiller vorerst keinen Handlungsbedarf. Er diagnostizierte, dass das Gewebe tot sei und er daran auch nichts mehr ändern könne. Nun wollte ich aber endlich genau wissen, was vorgefallen war.

Pater Benedict berichtete: "Wir haben zunächst wie besprochen das Schiffswrack untersucht, dabei jedoch nichts Außergewöhnliches gefunden, und sind dann wieder zum Leuchtturm zurückgekehrt, um auf Sie zu warten. Als statt Ihnen Mrs. Stevens-McCormmick kam, haben wir sie natürlich gefragt, was mit Ihnen sei. Sie hat uns jedoch nur erzählt, dass Allen Harding tot sei und Sie und Dr. Tiller etwas Ruhe bräuchten - die Details wollte sie später uns allen gemeinsam mitteilen." Bei den letzten Worten warf Lady Gordon Mrs. Stevens-McCormmick einen verärgerten Blick zu - offenbar hatte es ihr gar nicht gefallen, dass Mrs. Stevens-McCormmick die beiden im Unklaren gelassen hatte.

Pater Benedict fuhr jedoch unbeirrt fort: "Wir haben dann versucht, die Tür aufzubrechen, zunächst mit dem Brecheisen alleine, dann haben wir den Spaten mit dem Seil an das Brecheisen gebunden - nichts hat funktioniert. Erst als wir das Seil direkt an das Brecheisen geknotet und einmal um den Turm herumgelegt hatten, konnten wir zu Dritt genug Kraft aufbringen, um die Tür aufzubrechen. Innen befand sich nur eine staubbedeckte Wendeltreppe aus Eisen und es war ziemlich düster. Da Lady Gordon die Taschenlampe hatte, ging sie voran die Treppe hinauf, gefolgt von Mrs. Stevens-McCormmick und mir. Oben kamen wir an eine Luke, die offenbar auf die Plattform führt, die sich auf dem Turm befindet. Lady Gordon öffnete die Luke, dann stieß sie plötzlich einen Schrei aus, ließ die Luke zufallen und stürmte an uns vorbei die Treppe hinunter. Mrs. Stevens-McCormmick folgte ihr, ich ging erst noch ein Stück weiter hoch, um mir die Luke anzuschauen. Der Verschlussriegel war zugeschnappt. Ich wollte mich gerade umdrehen, um zu den Damen hinunter zu gehen, da sah ich, wie sich der Riegel wieder öffnete. Sofort stürmte ich die Treppe hinunter, warf die Tür des Leuchtturms zu und klemmte den Spaten unter die Klinke. Dann liefen wir gemeinsam zum Waldrand, wo wir uns erst mal um Lady Gordon kümmerten, die ziemlich erschrocken war. Schließlich haben wir uns entschlossen, wieder hierher zurückzukehren."

"Und wie haben Sie sich nun verletzt?", fragte ich Lady Gordon. So recht erklären konnte sie es mir jedoch nicht. Sie meinte, sie hätte die Hand durch die Luke geschoben, um sich hochzuziehen, aber dann hätte sie wohl das Licht geblendet und sie wäre irgendwie mit Säure in Kontakt gekommen. Sie vermutete, dass dort vielleicht jemand, der den Turm instand setzen wollte, etwas stehen gelassen hatte, aber so recht schien sie davon selbst nicht überzeugt. Mehr konnte oder wollte sie dazu jedenfalls nicht sagen.

Nach einigen Sekunden ratlosen Schweigens fragte Mrs. Stevens-McCormmick schließlich, ob sie uns nun von der Sitzung mit Allen Harding berichten sollte. Die anderen stimmten zu, ich jedoch begab mich in die Bibliothek - ich wollte mir das nicht noch einmal anhören, vor allen Dingen nicht in allen Einzelheiten. Pater Benedict hielt mich jedoch noch kurz am Arm fest und raunte mir ins Ohr: "Irgendetwas muss Lady Gordon da oben gesehen haben. Als sie an uns vorbei die Treppe heruntergestürmt ist und später am Waldrand hat sie immer wieder 'Das kann nicht sein, das kann nicht sein' gesagt und war äußerst verstört. Sie hat sogar etwas von einer 'Blase' erzählt, die sie gesehen haben wollte." Dann wandte er sich von mir ab und ich ging in die Bibliothek, verwirrter als je zuvor.

Fortsetzung in Teil 17: Jämmerliche Existenzen
« Letzte Änderung: 13. Juli 2008, 17:16:20 von Halvar »
Take me out to the black, tell 'em I ain't comin' back.

Halvar

  • Mitglied
Re: Cthulhu: Das Sanatorium
« Antwort #69 am: 03. August 2008, 22:09:32 »
Teil 17: Jämmerliche Existenzen

Fortsetzung Session 02.02.2008

Zitat
PROTOKOLL

der psychotherapeutischen Sitzung mit dem Patienten

ALLEN HARDING

von: Prof. Dr. rer. cult. Rebecca Helen Stevens-McCormmick

Teilnehmer:

- Allen Harding (AH)
- Prof. Dr. rer. cult. Rebecca Helen Stevens-McCormmick (RS)
- Dr. Henry Tiller (HT)

Zweck der Sitzung:

Aktivierung der multiplen Persönlichkeit des Patienten, Befragung derselbigen, insbesondere zu "jenen, die warten".

Vorbereitende Maßnahmen:

Körperliche Untersuchung des Patienten durch HT, ohne neuen Befund. HT erklärt den Patienten für sitzungstauglich.

Sitzungsverlauf:

HT beginnt die Sitzung, indem er sich nach dem Befinden des Patienten erkundigt und mit einigen einleitenden Sätzen und Fragen dessen Vertrauen zu gewinnen versucht. Nach wenigen Minuten erklärt HT, dass der Patient nun einen Zustand erreicht hat, in dem man ihm Fragen stellen kann.

   RS: "Wissen Sie, warum Sie hier sind?"

   AH (nach einigen Sekunden des Zögerns): "Es muss essen."

   RS (eindringlicher): "Wissen Sie, warum Sie hier sind?"

   AH: "Es will nicht hier bleiben, aber es muss essen, bevor es wieder gehen kann."

   RS: "Woher stammt das Symbol an der Wand in Ihrem Zimmer?"

   AH: (wiederholt seine vorherige Aussage)

   RS: "Wer hat das Blut an die Wand geschmiert?"

   AH: "Es kommt! Es kommt!"

   RS: "Wissen Sie, warum Johnson die Leute umgebracht hat?"

   AH: "Ihr denkt, dass ihr ihn aufgehalten habt, aber ihr irrt euch. Nun wird es noch schlimmer werden. Schlimmer für uns alle!"

   RS: "Wen sollen wir aufgehalten haben?"

   AH: "Ich habe es nicht rein gelassen. Ich hätte das nie getan. Ich rief es und ich schuf die Tür. Doch als ich es sah, war ich nicht in der Lage, ihm noch weiter zu helfen. Der andere half ihm. Es ist alles sein Fehler. Nun werden wir alle sterben!"

Nach diesen Worten ändert sich die Mimik des Patienten. Er richtet sich auf und dreht RS und HT den Kopf zu.

   HT (flüsternd zu RS): "Das muss die Veränderung zu der anderen Persönlichkeit sein."

Der Patient reagiert nicht auf Ansprache. Nach einigen Sekunden des Schweigens beginnt er, mit veränderter Stimmlage zu sprechen.

   AH: "Ihr werdet alle sterben."

RS stellt mehrere Fragen, der Patient reagiert jedoch nicht, sondern fährt damit fort, RS und HT anzustarren.

RS holt das Blatt Papier mit dem von der Patientin Darlene gezeichneten Symbol hervor und hält es AH hin. AH zuckt zurück.

   AH: "Nimm das weg, Du jämmerliche Existenz! Das wird euch auch nicht vor eurer Vernichtung retten!"

RS schlägt HT vor, die Sitzung zu beenden, da AH in keinster Weise auf ihre Fragen eingeht.

   AH: "Soll ich euch zeigen, was mit eurer jämmerlichen Existenz passiert?"

   RS: "Ja, zeigen Sie uns, was passiert."

Der Patient beginnt zu zittern und zu würgen, seine Haut fängt an, Blasen zu werfen. Rauch steigt von ihm auf und es riecht nach verbranntem Fleisch. Mit einem lauten Knall bricht seine Bauchdecke auf und schwärzliche Gedärme spritzen durch den Raum. Danach sackt der offensichtlich tote Patient auf die Liege zurück.

RS und HT weichen schockiert zurück, HT erleidet offensichtlich ein temporäres psychisches Trauma.

- Ende der Sitzung -

Ich hörte die anderen im Foyer heftig diskutieren. Soviel ich durch die geschlossene Tür verstand, konnten auch Lady Gordon und Pater Benedict Mrs. Stevens-McCormmicks Bericht kaum Glauben schenken. Letztere war schon drauf und dran, die beiden nach oben zu zerren, um ihnen Hardings Leiche zu zeigen, doch auch dazu waren sie nicht bereit. Stattdessen kamen sie alle in die Bibliothek.

Ratlos saßen wir einige Minuten herum und starrten uns schweigend an. Niemand hatte eine Idee, wie es nun weitergehen sollte, geschweige denn eine Erklärung für all das, was heute bereits geschehen war. Irgendwie mussten wir uns von dem Erlebten ablenken und wieder ein wenig zur Normalität zurückfinden. Mrs. Stevens-McCormmick steckte sich eine Zigarette nach der nächsten an und vertiefte sich in das Castro-Manuskript, Dr. Tiller wählte sich etwas leichteren Lesestoff aus den Bücherregalen. Lady Gordon hielt es nicht länger auf ihrem Stuhl: Sie begann damit, sämtliche Öllampen und Wassereimer wieder aufzufüllen. Ich half ihr dabei. Pater Benedict verkroch sich in Dr. Brewers Büro, um in dessen Ägyptologie-Buchsammlung eventuell etwas über das Zeichen, das Darlene gemalt hatte, herauszufinden. Nachdem Lady Gordon und ich mit dem Auffüllen der Lampen und Eimer fertig waren, brachten wir Colonel Billings wieder in sein Zimmer zurück - Harding würde es ja nun nicht mehr benötigen.

Anschließend begab ich mich wieder in die Bibliothek, während Lady Gordon noch nach den anderen Patienten schauen wollte. Dr. Tiller hatte die Augen geschlossen und war offensichtlich eingenickt oder beabsichtigte, dies zu tun. Als ich eintrat, hob Mrs. Stevens-McCormmick den Kopf und erkundigte sich nach meinem Befinden. Wir unterhielten uns kurz darüber, was Lady Gordon am Leuchtturm zugestoßen sein könnte, kamen aber zu keinem Ergebnis. Mrs. Stevens-McCormmick glaubte jedenfalls nicht, dass sich dort oben noch jemand aufhalten würde. Ich schlug vor, den Leuchtturm am nächsten Tag noch einmal genauer unter die Lupe zu nehmen.

Als es Abend wurde, begann Blanche damit, das Dinner vorzubereiten. Lady Gordon, die die ganze Zeit im Haus umhergestreift war, kam in die Bibliothek und unterhielt sich leise mit Dr. Tiller. Soweit ich sie verstehen konnte, wollte sie ihn davon überzeugen, eine weitere Sitzung mit Darlene abzuhalten, um ihre Annephis-Identität nach den letzten Ereignissen zu befragen. Dr. Tiller hielt dies jedoch für unsinnig, da diese darüber nichts wissen könne und sie auch keine neuen Erkenntnisse hätten, zu denen sie Annephis befragen könnten. Als Lady Gordon anfing, Dr. Tiller von einer Kugel zu berichten, die sie auf dem Leuchtturm beobachtet haben wollte, spitzte ich die Ohren. Sie hatte also tatsächlich etwas gesehen. Dr. Tiller vermutete jedoch, dass Lady Gordons Bewusstsein ihr aufgrund des Schmerzschocks einen Streich gespielt hatte. Auszuschließen war das natürlich nicht. Als Lady Gordon schließlich Hardings Reaktion auf Annephis' Zeichen erwähnte und Dr. Tiller sich zu dem Satz "Glauben Sie etwa, was Mrs. Stevens-McCormmick da erzählt hat?" hinreißen ließ, konnte selbige natürlich nicht mehr so tun, als würde sie von dem Gespräch nichts mitbekommen. Sie fragte ihn, warum er sich Harding denn nicht selbst einmal ansehen würde.

Bevor dieser Disput in einen echten Streit eskalieren konnte, ertönte jedoch glücklicherweise ein lautes "Essen!" aus der Küche. Wir beschlossen, unsere Debatte nach dem Abendessen mit weniger erhitzten Gemütern fortzusetzen. Pater Benedict kam die Treppe herunter (er war natürlich nicht fündig geworden) und wir holten die verbliebenen fünf Patienten aus ihren Zimmern.

Nachdem wir uns gestärkt, die Patienten versorgt und wieder eingeschlossen hatten, war es schon später Abend geworden und wir versammelten wir uns erneut in der Bibliothek. Als sich die anderen anschickten, sich wieder in ihre Bücher zu vertiefen oder die Augen zu schließen, fragte ich kurzerhand in die Runde, ob wir uns denn nun noch in Gefahr befinden würden, denn dann wäre es ja eventuell sinnvoll, entsprechende Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Pater Benedict war davon überzeugt, dass sich auf dem Turm noch jemand aufhalten würde, also schlug ich vor, wieder Wachen aufzustellen, ein gemeinsames Schlafgemach zu beziehen und alle Türen - soweit möglich - zu verriegeln und zu verrammeln. Es verstrichen einige Sekunden, ohne dass jemand etwas sagte, dann erhob sich Mrs. Stevens-McCormmick mit dem Hinweis, dass sie etwas frische Luft schnappen müsse. Sie verließ die Bibliothek und wir hörten, wie sie im Foyer den Haupteingang öffnete. Nach einigen Sekunden vernahmen wir plötzlich ihre Stimme.

Sie schrie wie am Spieß. Dann flog die Eingangstür krachend ins Schloss.

Fortsetzung in Teil 18: Die Nacht des roten Todes
Take me out to the black, tell 'em I ain't comin' back.

Halvar

  • Mitglied
Re: Cthulhu: Das Sanatorium
« Antwort #70 am: 03. August 2008, 22:34:09 »
Falls sich jemand wundert, dass einige der älteren Teile von mir noch einmal editiert wurden: Ich habe bei den Einträgen, bei denen es mir notwendig erschien (genau genommen jene, die Listen und/oder Handout-Quotes enthalten), die Tags an die neue Foren-Software angepasst, so dass die Formatierungen wieder so sind wie ich sie mir vorgestellt hatte.

Bei dieser Gelegenheit habe ich sämtliche Handouts, die in der von mir weiter oben erwähnten und verlinkten Spielhilfe enthalten sind und hier nur zusammengefasst wiedergegeben waren, durch den Volltext der Handouts ersetzt. Leider gibt es immer noch ein paar Handouts, die in der Spielhilfe nicht enthalten sind, und bei diesen habe ich die Zusammenfassung belassen (müssen). Um beide Versionen deutlicher voneinander abzugrenzen, sind die Volltext-Handouts jetzt in Schreibmaschinenschrift gesetzt, die Zusammenfassungen nach wie vor in Arial. Ansonsten habe ich keine inhaltlichen Änderungen vorgenommen - wer die Spielhilfe schon kennt, braucht sich also die alten Teile nicht noch einmal anzuschauen.

Was mich mal interessieren würde: Ist euch ab Teil 15 (also ab der Session 02.02.08) irgendein signifikanter stilistischer Unterschied im Vergleich zu den Teilen davor aufgefallen und - wenn ja - welcher? Falls nicht, dann schreibt das bitte auch. Vielen Dank!
Take me out to the black, tell 'em I ain't comin' back.

DU#1229

  • Gast
Re: Cthulhu: Das Sanatorium
« Antwort #71 am: 03. August 2008, 23:10:43 »
endlich  :wub: wurde ja auch langsam Zeit  wink

Stilistisch ist die Geschichte dichter geworden. Genau erklären anhand einzelner Beispiele kann ich das nicht, aber ich habe das Gefühl, Du hättest Dich "warmgeschrieben".

kicker

  • Mitglied
Re: Cthulhu: Das Sanatorium
« Antwort #72 am: 11. August 2008, 12:07:06 »
Vorweck: Schöne Geschichte. Macht Spaß zu lesen und man stellt sich vor, dass auch das Spielen Spaß macht.

Zu deiner Frage nach dem Stil:
Es kommt mir so vor, als würdest du die Erlebnisse der anderen Charaktere seit Teil 15 vermehrt (oder ausschließlich?) von denen selbst in wörtlicher Rede berichten lassen. In den vorhergehenden Teilen hast du deinen Charakter von diesen Geschehnissen in passiver Form berichten lassen. Ich  finde es so wie du es jetzt machst besser.

Dazu habe ich auch eine rollenspieltechnische Frage:
Eure Charaktere gehen oftmals getrennt vor und zwar oftmals auch in vermeintlich interessanten und /oder gefährlichen Situationen.
Warum macht ihr das? Ich als Spieler würde meinen Charakter auf jeden Fall bei den spannenden Erkundungen dabei sein lassen (z.B. nächtlicher Ausflug zum Leuchtturm usw.)
Und wie macht ihr das? Getrennte Gruppen sind doch meist problematisch.

Halvar

  • Mitglied
Re: Cthulhu: Das Sanatorium
« Antwort #73 am: 12. August 2008, 01:30:40 »
Also, ich muss sagen, dass ich schwer beeindruckt davon bin, wie aufmerksam ihr meine Story Hour lest. In diesem Sinne: Vielen Dank für euer Feedback!

Um den Grund für meine Frage aufzuklären: Seit dem 02.02.08 haben wir die Sessions mit einem MP3-Stick aufgezeichnet, vorher musste ich mich einzig und allein auf meine (zwar umfangreichen, aber natürlich lange nicht so sehr in alle Einzelheiten gehenden) Notizen und mein Erinnerungsvermögen verlassen. Das erlaubt mir einerseits, bei der Wiedergabe der Ereignisse mehr ins Detail zu gehen und dabei nichts Falsches zu schreiben, und andererseits, auch genau wiederzugeben, was welcher Charakter wann gesagt hat. Natürlich haben die SC lange nicht alles, was ich hier schreibe, auch wortwörtlich so gesagt, aber sinngemäß schon. Ich wollte halt nur wissen, ob man diesen Unterschied in der Story Hour bemerkt. Scheinbar ist das so. Noch mal vielen Dank für die Info!

Nun zu den Fragen:

Dazu habe ich auch eine rollenspieltechnische Frage:
Eure Charaktere gehen oftmals getrennt vor und zwar oftmals auch in vermeintlich interessanten und /oder gefährlichen Situationen.
Warum macht ihr das? Ich als Spieler würde meinen Charakter auf jeden Fall bei den spannenden Erkundungen dabei sein lassen (z.B. nächtlicher Ausflug zum Leuchtturm usw.)

Das hat mehrere Gründe:
  • Uns als Spielern ist die erste goldene Regel für Cthulhu-Ermittler ("Niemals die Gruppe aufteilen!") natürlich sehr wohl bewusst, unseren Charakteren aber nicht. Diese wissen ja noch nicht einmal, dass sie Cthulhu-Ermittler sind. Es handelt sich bei unseren SC um ganz bodenständige Leute aus den 1920ern, die aber auch nicht die leiseste Ahnung haben, womit sie es hier zu tun haben, und mit der Situation ganz allgemein völlig überfordert sind.
  • Die Charaktere haben sich ja erst im Sanatorium kennengelernt und sind sich gegenseitig nicht unbedingt immer grün. Einerseits versuche ich das in der Story Hour immer mal wieder anzudeuten, indem ich z.B. schildere, was mir an Lady Gordon oder Pater Benedict so alles suspekt vorkommt, andererseits gab es ja auch schon tatsächliche Konfliktsituationen, die zwar nicht eskaliert sind, die aber dazu geführt haben, dass sich die Charaktere untereinander nicht hundertprozentig vertrauen (z.B. war Mrs. Stevens-McCormmick sehr empört darüber, dass Lady Gordon ihr im Schlaf das Schlüsselbund abgenommen hatte (Teil 10, 13.-14. Absatz)).
  • Wir versuchen, die Charaktere aufgrund ihres Hintergrunds und ihrer Fähigkeiten glaubwürdig agieren zu lassen. Mein Charakter ist z.B. ein guter Schleicher, Spurenleser und Schütze, was ihn zum Erkunden der Insel prädestiniert, während eine Geschichtslehrerin (Mrs. Stevens-McCormmick) sich lieber in ihre Bücher vertieft und bei Erkundungsmissionen eher im Weg stehen oder allenfalls eine gute Zielscheibe abgeben würde. Der Wunsch, den eigenen Charakter an allen spannenden Momenten teilhaben zu lassen, ist als Spieler sicherlich verständlich, aber in der Realität versuchen die Menschen ja eher, tatsächlichen Gefahren aus dem Weg zu gehen als sie nur um der Spannung willen zu suchen (wobei das natürlich bei jedem Charakter untschiedlich ausgeprägt ist).
  • Bei vielen Situationen war uns einfach nicht klar, dass sie kritisch werden würden (bzw. uns als Spielern vielleicht schon, unseren Charakteren aber nicht unbedingt), oder es hat sich halt einfach so ergeben. So hat uns z.B. Dr. Tiller ziemlich am Anfang (bei seiner ersten, fehlgeschlagenen Sitzung mit Darlene am Ende von Teil 2) deutlich gemacht, dass es besser wäre, wenn er möglichst alleine mit der Patientin spricht, und so waren auch in allen nachfolgenden Sitzungen maximal ein oder zwei weitere SC bei den Sitzungen anwesend. Ist ja auch irgendwo plausibel - dass es für eine psychotherapeutische Sitzung nicht förderlich ist, wenn ein Trupp fremder Leute im Zimmer sitzt, leuchtet ja ein. Dass die anderen aber währenddessen nicht nur rumsitzen und Däumchen drehen wollen, dürfte auch verständlich sein.

Uns als Spielern ist natürlich sehr wohl bewusst, dass diese Versuche, unsere Charaktere möglichst glaubwürdig handeln zu lassen, durchaus zu unserem Nachteil gereichen können - das nehmen wir aber in Kauf.

Und wie macht ihr das? Getrennte Gruppen sind doch meist problematisch.

Da sind wir gnadenlos: Die Spieler, deren SC gerade nicht an der Reihe sind, müssen aus dem Zimmer raus, und das bedeutet (wir spielen in einem Bürogebäude) sie sitzen derweil auf dem Flur. Das kann durchaus seine Längen haben: Während Mrs. Stevens-McCormmicks Sitzung mit Allen Harding und der nachfolgenden Untersuchung des Leuchtturms (bei der mein SC ja auch nicht dabei war) saß ich geschlagene 50 Minuten auf dem Flur, und das größtenteils auch noch alleine. Dass das nicht sonderlich spannend war, kann man sich leicht vorstellen (allerdings ist das auch ein Extrembeispiel aufgrund sehr unglücklicher Umstände - in aller Regel geht es dann doch etwas schneller). Aber auch das nehmen wir in Kauf. Wobei man dazu sagen muss: So rigoros handhaben wir das nur bei Cthulhu - bei D&D sehen wir das nicht so eng.
« Letzte Änderung: 12. August 2008, 01:37:13 von Halvar »
Take me out to the black, tell 'em I ain't comin' back.

Halvar

  • Mitglied
Re: Cthulhu: Das Sanatorium
« Antwort #74 am: 16. August 2008, 03:16:27 »
Teil 18: Die Nacht des roten Todes, Teil 1

Forsetzung Session 02.02.2008

Wir stürzten ins Foyer. Mrs. Stevens-McCormmick befand sich etwa zwei Meter von dem geschlossenen Haupteingang entfernt und wich langsam von der Tür zurück, wobei sie am ganzen Leib zitterte. "Was ist los?", rief ich, während ich auf sie zu rannte. Sie blickte uns an - ihr Gesicht ein einziger Ausdruck des Entsetzens. "Da... da war was", stammelte sie, "Mr. Johnson - er ist weg! Oh, Gott! Da war was!" Mehr brachte sie nicht mehr hervor. Dr. Tiller führte sie in die Bibliothek und setzte sie auf die Couch. Die anderen folgten den beiden, ich rannte nach oben, um meine Elefantenbüchse zu holen.

Als ich zurückkehrte, war Blanche inzwischen ebenfalls im Foyer eingetroffen und blickte mich fragend an. Ich war allerdings im Augenblick nicht in der Stimmung, mich mit ihr zu unterhalten, also ließ ich sie stehen und postierte mich an der offenen Tür zur Bibliothek. So konnte ich verstehen, was drinnen gesprochen wurde und dabei gleichzeitig den Haupteingang im Auge behalten. Ich wusste zwar nicht, was Mrs. Stevens-McCormmick gesehen hatte, aber wenn Johnsons Leiche tatsächlich verschwunden war, dann drohte wahrscheinlich Gefahr. In der Bibliothek herrschte Stille - Mrs. Stevens-McCormmick zog mit zitternden Fingern an einer Zigarette und alle warteten gespannt, bis sie sich wieder etwas beruhigt und ihre Sprache zurückerlangt hatte.

Sie berichtete, dass sie etwa fünf Meter vor dem Eingang einen Ring aus rötlichem Leuchten gesehen hatte, der um das ganze Gebäude herumzuführen schien. Aus diesem Ring hatte sich etwas gelöst, das wie eine Art Schlauch ausgesehen und nach Johnsons Leichnam gegriffen hatte. Der Schlauch hatte Johnson zu sich herangezogen, wobei dieser regelrecht verkümmert bzw. zusammengeschrumpelt wäre. Dann hatte sie geschrieen und die Tür zugeschlagen.

Dr. Tiller beugte sich vor, um Mrs. Stevens-McCormmicks Augen zu untersuchen und fragte sie, ob sie irgendetwas eingenommen hätte. Sie versicherte, dass sie sich genauso wenig erklären konnte, was sie da gerade gesehen hatte. Ich wollte jedenfalls Gewissheit: Ich begab mich zum Haupteingang und öffnete die Tür. In etwa fünf Metern Entfernung sah ich einen schwach rötlich schimmernden Lichtschlauch, der sich knapp über dem Boden schwebend nach links und rechts erstreckte. Der Leichnam von Johnson war tatsächlich verschwunden - genau wie Mrs. Stevens-McCormmick gesagt hatte. Was zum Teufel war hier los?

In diesem Moment hörte ich Lady Gordon rufen: "Es stimmt!" Sie hatte offenbar einen Blick aus einem der Fenster in der Bibliothek geworfen. "Was stimmt?", hörte ich Dr. Tiller fragen. Kurz darauf kam Pater Benedict aus der Bibliothek auf mich zu und meinte: "Es ist noch da." - "Ja, ich sehe es", antwortete ich und wies auf die geöffnete Tür. "Und Johnson ist weg", fügte ich hinzu. Blanche trat neben uns und schaute ebenfalls ungläubig hinaus.

"Ich denke, wir sollten besser mal nach den Patienten schauen", schlug ich Pater Benedict vor. Kaum hatte ich diesen Satz beendet, erscholl ein markerschütternder Todesschrei aus dem Patiententrakt. Gleichzeitig nahm der Lichtschlauch vor dem Eingang an Leuchtkraft zu. Während ich noch starr vor Schreck auf die Leuchterscheinung blickte, fasste sich Pater Benedict ein Herz und warf die Eingangstür zu. Der Knall holte mich in die Realität zurück und ich stürmte gemeinsam mit dem Pater in Richtung Patiententrakt. Aus der Bibliothek taten es uns Lady Gordon und Mrs. Stevens-McCormmick gleich.

Der Schrei hatte von einer männlichen Person gestammt, also war unser erstes Ziel das Zimmer E4 von Henry Adam Barber. Ein kurzer Blick durch die in der Tür angebrachte Klappe offenbarte uns, dass er zwar wach, aber unversehrt war. Die nächste Station war das Zimmer von Colonel Billings, E2. Er lag auf seinem Bett und schlief. Blieb nur noch Leonard Hawkins übrig, den wir in Zimmer E3 einquartiert hatten. Der Raum war völlig dunkel, jedoch konnte man am Fenster Hawkins' Umrisse erkennen. Ich schloss die Tür auf und irgendjemand leuchtete mit einer Öllampe in den Raum. Die Scheibe des Fensters war zertrümmert und Hawkins' Oberkörper halb durch die Gitterstäbe gezogen worden, außerdem war er bis auf die Knochen mumifiziert.

Ich schaffte es nicht, meinen Blick von Hawkins' Überresten zu lösen. Mein Verstand sagte mir, dass es besser wäre, schnell von hier zu verschwinden, aber meine Füße bewegten sich nicht. Pater Benedict, der neben mir gestanden hatte, machte einige vorsichtige Schritte in den Raum hinein. Ich tapste ihm einfach hinterher. "Die Patienten müssen von den Fenstern weg, wir müssen sie aus den Zimmern rausholen", murmelte Lady Gordon und entfernte sich den Flur entlang in Richtung Foyer. Mrs. Stevens-McCormmick stand immer noch im Türrahmen und starrte fassungslos auf die Szenerie. Der Pater deutete mir mit einer Kopfbewegung an, aus dem Fenster zu schauen. Vorsichtig spähte ich hinaus und konnte zwischen den Gitterstäben und Hawkins' skelettierter Gestalt den rötlichen Lichtschlauch erkennen. Scheinbar führte er tatsächlich um das ganze Gebäude.

Genau in diesem Moment gellte ein weiterer Schrei durch das Haus. Es war die Stimme von Blanche und sie kam aus dem Foyer. Pater Benedict stürzte sofort aus dem Zimmer an Mrs. Stevens-McCormmick vorbei und folgte Lady Gordon den Gang hinunter. Ich wollte ihnen einfach nicht folgen. Nicht noch ein Opfer. Ich sah, wie sich das rötliche Leuchten abermals verstärkte. "Die Leute müssen von den Fenstern weg!", hörte ich Lady Gordon rufen und Pater Benedict brüllte aus Leibeskräften nach Dr. Tiller, der sich immer noch in der Bibliothek aufhielt. Hastige Schritte drangen aus dem Flur an mein Ohr, Türen wurden aufgerissen und zugeworfen. All dies nahm ich jedoch nur am Rande wahr. Ich legte meine Elefantenbüchse auf den Lichtschlauch an und feuerte beide Läufe gleichzeitig ab. Gras und Erde spritzten hinter der Leuchterscheinung hoch. Die Kugeln gingen einfach hindurch! Mit einem letzten Funken Geistesgegenwart wich ich von dem Fenster zurück.

Es dauerte einige Sekunden, dann hatte ich endlich meine Fassung vollends zurückerlangt. Ich erinnerte mich daran, dass Lady Gordon und Pater Benedict die Patienten aus den Zimmern holen wollten, also verließ ich den Raum, um zu sehen, ob ich ihnen noch irgendwie dabei helfen konnte. Auf dem Gang herrschte das totale Chaos: Lady Gordon hatte Darlene auf den Stuhl in der Nische des Pflegepersonals gesetzt und war gerade gemeinsam mit Mrs. Stevens-McCormmick dabei, Dr. Tiller von der Tür zum Foyer wegzuziehen. Tiller war offensichtlich nicht mehr Herr seiner Sinne: Er lachte nur noch hysterisch und zeigte immer wieder in Richtung Haupteingang. Mrs. Stevens-McCormmick versetzte ihm eine schallende Ohrfeige, er hörte jedoch nicht auf zu lachen. Pater Benedict rüttelte an der Tür von Colonel Billings und schrie nach einem Schlüssel. Dazwischen stand der heftig protestierende Henry Adam Barber, den irgendjemand aus seinem Zimmer gezerrt und dann einfach stehen gelassen hatte.

Pater Benedict befand sich mir am nächsten, also eilte ich zu ihm hin und schloss die Tür zu Colonel Billings Zimmer auf. Gemeinsam hievten wir den Colonel in seinen Rollstuhl und schoben ihn auf den Gang hinaus. Lady Gordon und Mrs. Stevens-McCormmick hatten Dr. Tiller inzwischen ebenfalls in den Gang gezogen und die Tür zum Foyer geschlossen. Direkt neben der Nische befand sich ein Putzschrank und gegenüber eine Abstellkammer, beide fensterlos. Aus der Kammer holte Lady Gordon eine Decke und hing diese über das Fenster in der Nische. Kurz konnte sie noch erkennen, dass das rötliche Leuchten inzwischen ziemlich hell geworden war. Dann bugsierten wir Darlene und Colonel Billings in den Putzschrank, Henry Adam Barber sperrten wir in die Abstellkammer. Letzterer beschwerte sich zwar lautstark, aber in dieser Situation hatten wir einfach keine andere Wahl.

Nachdem die Patienten in Sicherheit waren, konnten wir einen Augenblick durchatmen. Dr. Tiller kam wieder zu sich, sah aber sehr mitgenommen aus. Langsam rutschte er an der Wand hinunter und setzte sich schließlich kreidebleich auf den Boden. Mrs. Stevens-McCormmick kniete sich neben ihn: "Dr. Tiller? Was haben Sie gesehen, was ist passiert?" Tiller starrte ins Leere. "Blanche... ist tot", brachte er mühsam hervor, dann sagte er nichts mehr. "Was geht hier vor?", fragte Mrs. Stevens-McCormmick in die Runde. Niemand wusste darauf eine Antwort. "Auf jeden Fall kann man es nicht erschießen", merkte ich an.

Es verstrichen einige Minuten, in denen wir einfach nur dasaßen und nicht weiter wussten. "Ich will hier raus, lassen Sie mich hier raus!", brüllte Henry Adam Barber und trommelte gegen die Tür der Abstellkammer. "Können Sie ihn irgendwie beruhigen?", fragte Lady Gordon Dr. Tiller. Dieser blickte sie jedoch noch nicht einmal an und murmelte nur: "Geben Sie ihm Beruhigungsmittel." Pater Benedict und Mrs. Stevens-McCormmick erklärten sich bereit, über die hintere Treppe ins Obergeschoss zu gehen, um aus dem Medikamentenlager die entsprechenden Präparate und eine Spritze zu holen. "Beeilen Sie sich, schauen Sie auf keinen Fall raus und halten Sie sich von den Fenstern fern", riet Lady Gordon ihnen überflüssigerweise.

Nach wenigen Minuten kehrten sie zurück. Dr. Tiller sah sich jedoch außerstande, in seinem Zustand eine Spritze zu setzen - seine Hände zitterten immer noch sehr stark. Schließlich erklärte sich Mrs. Stevens-McCormmick bereit, es zu versuchen. Sie nahm die Spritze in die Hand, dann jedoch hockte sie sich plötzlich hin und starrte einige Sekunden ins Leere. Ich wollte sie gerade fragen, was los ist, als sie mit einem kurzen Aufschrei hoch schreckte und verwirrt umherschaute: "Ich werde noch wahnsinnig hier!" Noch ehe jemand eine Frage stellen konnte, fügte sie hinzu: "Ich glaube, ich hatte gerade eine Vision."

Fortsetzung in Teil 19: Die Nacht des roten Todes, Teil 2
Take me out to the black, tell 'em I ain't comin' back.

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