Autor Thema: Essay: Warum Metagaming gut fürs Spiel ist (lang)  (Gelesen 4585 mal)

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Berandor

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Essay: Warum Metagaming gut fürs Spiel ist (lang)
« am: 05. März 2008, 18:54:22 »
Metagaming ist gemeinhin eine Sünde im Rollenspiel oder wird zumindest so gesehen. Dabei gibt es durchaus auch unterschiedliche Verständnisse von Metagaming, aber grundsätzlich erst mal eine Aversion. Im folgenden Beitrag werde ich hoffentlich darlegen, warum diese Aversion (zumindest bei der von mir vorgestellten Definition von Metagaming) unangebracht ist, ja sogar kontraproduktiv, Wie in meinem anderen Essay nehme ich auch hier fremde Beiträge als Einstieg ins Thema, die ich aber gar nicht per se angehen möchte, sondern das Thema nur illustrieren:

Zitat von: "Arldwulf"
@Raven: Ich sehe dort 2 Probleme:

1. Irrwege werden deutlich seltener. Die Chars handeln mit dem SL die Erfolge ihrer taten aus - bietet der SL keine Erfolge an, so werden sie die Taten entweder gar nicht tun, oder weniger motiviert. Das Spiel verliert an Spannung, gewinnt aber nichts hinzu. Du sagst man kann besser ausspielen warum etwas Erfolg oder nicht hat.

(...)

Aber wie löst man dann z.B. das Problem dass der Spieler weiss von einer Falle erwischt werden zu können? Wie sorgt man dafür dass die Spieler auch Aktionen starten welche nicht direkt zum Ziel beitragen?

Wenn ich ihm eine Falle als potentielle Fehlschlagsmöglichkeit aufzähle wird er danach wohl auch suchen. Wenn ich ihm 2 magische Gegenstände als zu findendes Ziel ausweise und er hat sie gefunden so wird er aufhören zu suchen. Sage ich ihm aber nichts konkretes (so ala: Bei Fehlschlag passiert irgendwas negatives, bei Erfolg was positives) dann umgehe ich dieses Konfliktbasierte System doch nur.

(...)

Mhh....also weniger ausgearbeitete Abenteuer mit weniger detailliertem Hintergrund und weniger Überraschungen in Form auf eben diesem Hintergrund basierenden Storywendungen. Und mehr OOC Wissen für die Spieler, und weniger Dinge zu entdecken.


Zitat von: "Wormys_Queue"

So wie Du es ausdrückst nichts, aber so wie ich Ardwulf verstehe, kann es als erzählerisches Mittel ein sehr spannungsförderndes Element sein.

(...)

Wenn nicht, wird er aber nicht wirklich überrascht, er kannte die Konsequenz seines Handelns schon zuvor. Je nach Stärke des Charakters nimmt er das mit einem Achselzucken hin, sagt: "huch; ich bin ja so überrascht",  macht den Wachmann fertig und sich mit seiner Beute von dannen.


Ich entnehme diesen Beiträgen 3 Kritikpunkte an dem durch die Konfliktlösung entstehenden Metawissen bzw. Metagaming: Es schadet der Spannung, es fehlt der Überraschungseffekt, und die Spieler treffen weniger suboptimale/falsche/nicht zielgerichtete Entscheidungen. Ich werde auf diese drei Punkte zurückkommen.

Zunächst einmal möchte ich damit beginnen, dass ich Metagaming bzw. Metawissen definiere, damit darüber Klarheit besteht.

Metagaming:
    [*]Weite Definition – Alle (Aus-, Ein-)Wirkungen von Metawissen (s.d.) auf das Spielgeschehen.
    [*]Enge Definition – Das Verwenden von Metawissen (s.d.), um das Verhalten des Charakters über dessen Kenntnisstand hinaus zu beeinflussen.[/list]

    Metawissen: Jedes Wissen, dass nicht aus der Wahrnehmung des Spielercharakters in der Spielwelt oder aus den auf dem Charakterbogen festgehaltenen Fähigkeiten stammt.

    Spoiler (Anzeigen)


    So, willkommen am Ende des Spoilers!

    Fassen wir also zusammen:
      [*]Metawissen / Metagaming i.w.S. ist wichtiges Spannungselement: Klare Fronten, ungewisser Ausgang = Spannung
      [*]Metawissen / Metagaming i.w.S. kann Überraschung stören, muss es aber nicht. Die Überraschung kann verlagert werden, erhalten bleiben oder durch Spannung ersetzt werden. Dabei ist es SL-Aufgabe, den richtigen Weg einzuschlagen (Clark Kent erst nachher verraten, den Assassinen evtl. vorher)
      [*]Metawissen / Metagaming i.w.S. kann dazu führen, dass man Metagaming i.e.S. betreibt. Dies ist jedoch kein Automatismus und Zeichen eines unreifen Spielers bzw. einer Rollenspielsozialisation, die das belohnte.
      [*]Für den Fall von Spielern, die Metagaming i.e.S. vermeiden können, kann Metagaming i.w.S. den Spielspaß, die Spannung, das Ausspielen von Charakteren verbessern.[/list]

      Daraus folgt: Metagaming (i.w.S.) ist gut fürs Rollenspiel.

      Ich habe wahrscheinlich noch Dinge übersehen, aber jetzt reichts erst Mal. Nächstes Thema (Erinnerungsstütze für mich): KKK!!!
      Bitte schickt mir keine PMs hier, sondern kontaktiert mich, wenn nötig, über meine Homepage

      Vhalor

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      Essay: Warum Metagaming gut fürs Spiel ist (lang)
      « Antwort #1 am: 05. März 2008, 19:17:27 »
      KKK???
      Bezüglich Metawissen muss ich nach wie vor sagen, dass die spannendsten Sessions die waren, wo nur der SL das Setting und die Regeln wirklich gut kannte. Sobald ich zB die Werte eines Untoten kenne kann ich mich nicht mehr so verhalten wie ich möchte, dass mein SC sich verhalten sollte.

      TheRaven

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      Essay: Warum Metagaming gut fürs Spiel ist (lang)
      « Antwort #2 am: 05. März 2008, 19:48:24 »
      Die sind doch toll. Alles Rollenspieler und LARP-Begeisterte:
      Zitat
      Zu dem „Heroischen“ des Klans gehörten auch die fantasievollen Klanstitel; so hießen die oberen Klanführer zum Beispiel Grand Dragon („Großer Drache“), Grand Cyclops („Großer Zyklop“) oder Imperial Wizard ("Imperialer Hexenmeister").
      Die Wissenschaft nötigt uns, den Glauben an einfache Kausalitäten aufzugeben.
      - Friedrich

      Windjammer

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      Essay: Warum Metagaming gut fürs Spiel ist (lang)
      « Antwort #3 am: 05. März 2008, 20:29:45 »
      Ich werde jetzt nicht erneut den Star Wars Verschnitt der Papstsegnung oder die SouthPart Episode zu Scientology verlinken. Aber dass Massenreligionen fluff-mäßig absolut unübertroffen sind, dürfte wohl jedem klar sein. Da kann sich manches setting eine Scheibe abschneiden.
      A blind man may be very pitturesque; but it takes two eyes to see the picture. - Chesterton

      Wormys_Queue

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      Re: Essay: Warum Metagaming gut fürs Spiel ist (lang)
      « Antwort #4 am: 05. März 2008, 21:18:28 »
      Zitat von: "Berandor"
      Fassen wir also zusammen:
      • Metawissen / Metagaming i.w.S. ist wichtiges Spannungselement: Klare Fronten, ungewisser Ausgang = Spannung
      • Metawissen / Metagaming i.w.S. kann Überraschung stören, muss es aber nicht. Die Überraschung kann verlagert werden, erhalten bleiben oder durch Spannung ersetzt werden. Dabei ist es SL-Aufgabe, den richtigen Weg einzuschlagen (Clark Kent erst nachher verraten, den Assassinen evtl. vorher)
      • Metawissen / Metagaming i.w.S. kann dazu führen, dass man Metagaming i.e.S. betreibt. Dies ist jedoch kein Automatismus und Zeichen eines unreifen Spielers bzw. einer Rollenspielsozialisation, die das belohnte.
      • Für den Fall von Spielern, die Metagaming i.e.S. vermeiden können, kann Metagaming i.w.S. den Spielspaß, die Spannung, das Ausspielen von Charakteren verbessern.
      Daraus folgt: Metagaming (i.w.S.) ist kann gut fürs Rollenspiel sein.


      Ich habe mir mal erlaubt, eine kleine Verbesserung an der Schlussfolgerung vorzunehmen, damit ich ihr auch folgen kann.  :)

      Ansonsten kann ich deiner Argumentation durchaus zustimmen, auch wenn ich dennoch nicht ganz auf Überraschungen verzichten möchte, die Spieler und Spielercharakter simultan unvorbereitet treffen. Um nochmal zum Anfang zurückzukehren:

      Zitat
      Ich entnehme diesen Beiträgen 3 Kritikpunkte an dem durch die Konfliktlösung entstehenden Metawissen bzw. Metagaming: Es schadet der Spannung, es fehlt der Überraschungseffekt, und die Spieler treffen weniger suboptimale/falsche/nicht zielgerichtete Entscheidungen. Ich werde auf diese drei Punkte zurückkommen.


      Lass mich zuerst sagen, dass ich mit dem von Dir zitierten Post auf Metagaming i.e.S. gemäß deiner Definition abgehoben habe, auch wenn ich es zugegebenermaßen zu vereinfacht dargestellt habe. Mein Problem wäre also weniger, dass der Spieler weiß, dass da eine Wache droht, sondern dass er dieses Metawissen verwendet, indem ihm auf einmal einfällt, dass er schon die ganze Zeit die Tür im Auge behält, ob jemand kommt (was im Falle von D&D schon mal mit dem Wegfall einer möglichen Überraschungsrunde verbunden ist). Dazu kommt, dass er verleitet wird, seine Entscheidung nicht an der Realität des Spiels, sondern an der Einschätzung der wertebedingten Stärke seines Charakters auszurichten. Ein faires Konfliktresolutionssystem vorausgesetzt, ist ja in diesem Beispiel die Frage nicht die, welche Entscheidung falsch oder suboptimal ist, sondern, welches Risiko der Spieler einzugehen bereit ist. In dem Falle, dass der Spieler (wegen seines hochstufigen Charakters) sicher sein kann, dass der Wachmann kein Risiko mehr für ihn darstellt, fällt das Risiko aber weitestgehend weg. Und damit auch jegliche Spannung.

      Tatsächlich ist meine Hauptsorge also die, dass die wenigsten Spielteilnehmer (mit diesem Begriff möchte ich ausdrücklich auch den evtl. Spielleiter umfassen) in der Lage sind, komplett auf Metagaming i.e.S. zu verzichten. Manchmal hemmt sogar alleine schon das vermeintliche Wissen ihre Handlungen aus lauter Sorge, Metagaming i.e.S zu begehen.

      Beispiel: In meiner aktuellen Onlinerunde habe ich die Information über eine mögliche Verbindung zwischen zwei NSC so verpackt, dass einer der SC einen Teil der Information erhielt, der Rest der Gruppe den zweiten Teil. Natürlich habe ich erwartet, dass die Spieler 2 und 2 zusammenzählen und daher ingame nach einem  Weg suchen, wie sie ihren Informationsstand synchronisieren können, was in der gegebenen Situation auch ohne den kleinsten Glaubwürdigkeitsverlust umzusetzen gewesen wäre.

      Womit ich nicht rechnete, waren die besorgten Rückfragen der Spieler, die auf einmal wie gelähmt waren, weil sie plötzlich jede mögliche Aktion unter dem Aspekt der Trennung von Spieler- und Charakterwissen sahen.

      Du wirst nun (womöglich zu Recht) sagen, dass dieses Verhalten eben aus der typischen Sozialisation eines Rollenspielers herrührt, der gelernt hat, dass Metagaming etwas ganz schlimmes ist. Und sicherlich könnte man mit Einverständnis der Spieler das auch in der Form klarstellen, dass sie solches Wissen i.w.S. eben verwenden dürfen. Ironischerweise wird aber teilweise auch der Wunsch spürbar, dieses Wissen gar nicht erst zu sehen, damit man nicht in Versuchung kommt. Diese Spieler misstrauen sich also sogar selber.

      Ich bin daher sehr froh darüber, dass Du das Spiel mit Metawissen (i.w.S) mit der Einschränkung verknüpfst, dass man dazu die entsprechenden Spielteilnehmer benötigt. Nur dass ich nicht glaube, dass diese Spielweise notwendigerweise für jeden das richtige sein muss (deswegen auch meine "Verbesserung" deiner Schlussfolgerung).
      Think the rulebook has all the answers? Then let's see that rulebook run a campaign! - Mike Mearls
      Wormy's Worlds

      Berandor

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      Re: Essay: Warum Metagaming gut fürs Spiel ist (lang)
      « Antwort #5 am: 06. März 2008, 10:35:50 »
      Zitat von: "Wormys_Queue"

      Ich habe mir mal erlaubt, eine kleine Verbesserung an der Schlussfolgerung vorzunehmen, damit ich ihr auch folgen kann.  :)

      Ansonsten kann ich deiner Argumentation durchaus zustimmen, auch wenn ich dennoch nicht ganz auf Überraschungen verzichten möchte, die Spieler und Spielercharakter simultan unvorbereitet treffen.

      Änderung geht natürlich voll in Ordnung, und auf die Überraschung verzichten würde ich auch nicht. Muss man aber auch nicht. Wenns oben noch nicht steht, steht es jetzt hier.
      Bitte schickt mir keine PMs hier, sondern kontaktiert mich, wenn nötig, über meine Homepage

      Berandor

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      Re: Essay: Warum Metagaming gut fürs Spiel ist (lang)
      « Antwort #6 am: 06. März 2008, 10:59:20 »
      Zitat von: "Wormys_Queue"

      Lass mich zuerst sagen, dass ich mit dem von Dir zitierten Post auf Metagaming i.e.S. gemäß deiner Definition abgehoben habe, auch wenn ich es zugegebenermaßen zu vereinfacht dargestellt habe.

      Na ja, ich habe die beiden Beiträge oben ja auch "missbraucht", um sie i.S. des Essays auszulegen.
      Zitat
      Mein Problem wäre also weniger, dass der Spieler weiß, dass da eine Wache droht, sondern dass er dieses Metawissen verwendet, indem ihm auf einmal einfällt, dass er schon die ganze Zeit die Tür im Auge behält, ob jemand kommt (was im Falle von D&D schon mal mit dem Wegfall einer möglichen Überraschungsrunde verbunden ist).

      Die Frage ist natürlich, in welcher Situation das stattfindet. In einem Konfliktbasierten Spiel wäre das egal, weil die Konsequenz ja durch den Wurf bestimmt wird.

      Bei D&D sähe das wohl so aus:
      SC: Ich knacke den Tresor.
      SL: Würfel mal auf Schlösser öffnen, und ich schaue, ob vielleicht zufällig ne Wache vorbeikommt.
      SC: Äh... ich halte natürlich die Tür im Auge.

      Dann kann der SL entweder abnicken oder "Ja, klar. Steck dir das mal in die Tasche" sagen.

      Zitat
      Dazu kommt, dass er verleitet wird, seine Entscheidung nicht an der Realität des Spiels, sondern an der Einschätzung der wertebedingten Stärke seines Charakters auszurichten. Ein faires Konfliktresolutionssystem vorausgesetzt, ist ja in diesem Beispiel die Frage nicht die, welche Entscheidung falsch oder suboptimal ist, sondern, welches Risiko der Spieler einzugehen bereit ist. In dem Falle, dass der Spieler (wegen seines hochstufigen Charakters) sicher sein kann, dass der Wachmann kein Risiko mehr für ihn darstellt, fällt das Risiko aber weitestgehend weg. Und damit auch jegliche Spannung.

      Aber wodurch fällt die Spannung weg? Durch das Wissen oder die doofe Wache. So viel Gespür muss ich dem SL schon zutrauen, dass er die Konsequenz als Komplikation für den jeweiligen Charakter bzw. die jeweilige Gruppe anpasst. Ob das dann der Hauptmann der Wache ist, die geliebte Prinzessin, die den Schurken beim Klauen erwischt, oder was auch immer.

      Außerdem bitte nicht an einzelnen Beispielen aufhängen. zumal nicht an diesen Tresorbeispiel. Aber selbst, wenn man eine Wache auftauchen lassen will, kann man sagen: "Wenn du versagst, wirst du überrascht."

      Aber es stimmt: Damit nimmst du Abwägbarkeit aus dem Spiel. Im ersten Fall kann der Spieler sich ein sehr gutes Bild von den Konsequenzen machen, im zweiten ist Ungewissheit stärker. In diesem Fall aber besteht auch die Gefahr, dass Risikoaversion stärker zum Tragen kommt: wenn der Spieler nicht genau weiß, was ihn überrascht, ist er eventuell weniger geneigt, das Risiko einzugehen. Aber auch das ist eine Frage der Formulierung, der Situation, des Systems und des Spielstils.

      Zitat
      Tatsächlich ist meine Hauptsorge also die, dass die wenigsten Spielteilnehmer (mit diesem Begriff möchte ich ausdrücklich auch den evtl. Spielleiter umfassen) in der Lage sind, komplett auf Metagaming i.e.S. zu verzichten. Manchmal hemmt sogar alleine schon das vermeintliche Wissen ihre Handlungen aus lauter Sorge, Metagaming i.e.S zu begehen.

      Das kann tatsächlich ein Problem sein. Das wird m.E. aber durch das Tabu des Metagamings generell noch verstärkt. Da überhaupt kein Gedanke aufkommen darf, man habe vielleicht externes Wissen und nutze es, trifft man bewusst die falsche Entscheidung.

      Mit einem etwas liberaleren Ansatz wird es den Spielteilnehmern dann vielleicht möglich, nicht so zu entscheiden, wie es die Mathematik oder die vermeintliche Fairness gebietet, sondern der Spielspaß.

      Zitat

      Du wirst nun (womöglich zu Recht) sagen, dass dieses Verhalten eben aus der typischen Sozialisation eines Rollenspielers herrührt, der gelernt hat, dass Metagaming etwas ganz schlimmes ist.


      Verammt. Erst lesen, dann antworten. ^_^

      Zitat
      Ironischerweise wird aber teilweise auch der Wunsch spürbar, dieses Wissen gar nicht erst zu sehen, damit man nicht in Versuchung kommt. Diese Spieler misstrauen sich also sogar selber.


      Ich fühle mich selbst nicht immer wohl dabei und es sind ja auch für mich relativ neue Schlüsse, die ich hier beschreibe. Es kostet auf jeden Fall Überwindung, sich darauf einzulassen. Man ist das eben nicht gewohnt, und es ist auch holprig zu Beginn. Aber wenn man sich mal überwindet, kann das wirklich zu viel Spaß führen, weil man sich am Tisch Metainformationen geben kann und einmal das Spiel erlebt und dann über das Spiel redet. Das gemeinsame Schaffen von spaßigen Moment wird stärker in den Vordergrund gezogen, und es wird auch etwas deutlicher, dass man eben auch spielt, um durch die Aktionen des eigenen SC den anderen am Spieltisch Spaß zu bereiten.

      Das heißt, der Gedankengang sollte nicht so aussehen:
      Spieler1: Oh, Scheiße, Rettungswurf gegen Beherrschung verhauen.
      Spieler2: Äh... ich wirke mal Verzauberung brechen auf S1. Zur Vorsicht. Man weiß ja nie.

      Aber auch nicht:
      S1: Oh, Scheiße, Rettungswurf gegen Beherrschung verhauen.
      S2: Hmm, SC1 ist ja heute komisch drauf. Na ja, wird schon nix Schlimmes sein...

      Sondern eher:
      S1: Oh, Scheiße, Rettungswurf gegen Beherrschung verhauen
      S2: Und jetzt?
      S1: Ich weiß nicht. Lass mal abwarten, wir sind ja nicht im Kampf. Mal sehen, was passiert.
      S2: Okay. Hmm, SC1 ist ja heute komisch drauf. Na ja, wird schon nix Schlimmes sein...

      Oder:
      S1: Oh, Scheiße, Rettungswurf gegen Beherrschung verhauen
      S2: Und jetzt?
      S1: Wir sind mitten im Kampf, Mann. Was ist denn das für eine Frage?
      S2: Klar. Irgendwas hat der Vampir grade gemacht. ich wirke mal Verzauberung brechen auf S1. Zur Vorsicht. Man weiß ja nie.

      (Womit keinesfalls die richtige Verhaltensweise für bestimmte Situationen beschrieben werden soll, sondern nur gezeigt werden soll, wie man sich über so etwas verständigen könnte. Das schließt auch nicht aus, dass man z.B. das Verhalten im letzten Beispiel als Metagaming i.e.S. auffasst, oder dass man einen Zauberkunde-Wurf o.ä. voraussetzt, damit S2 seinen Charakter entsprechend handeln lassen kann.)

      Und nein: Wer anders spielt, hat wrongbadfun.
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      Nye

      • Mitglied
      Essay: Warum Metagaming gut fürs Spiel ist (lang)
      « Antwort #7 am: 06. März 2008, 11:45:23 »
      Ich hab noch nicht alles gelesen, das kommt aber noch.

      Jeder Spieler denkt immer auch in einer Metaebene - das geht einfach nicht anders - und der Spielleiter sowieso. Es gibt natürlich auch Momente in denen man nicht über das Spiel hinaus denkt, die sind aber dünn gesäht und davor und/oder danach kommt/folgt wieder "normales" Spiel mit einem gesunden Anteil Metagaming.

      Ohne Metagame geht's einfach nicht, deshalb sollte man es sich zu Nutzen machen um mehr Spaß zu haben.

      Bei uns ist es mittlerweile ganz normal dass der Spielleiter vorher Andeutungen macht in welche Richtung die nächste Kampagne gehen wird und Spielern hilft, ihre Charaktere passend zu erschaffen. Umgekehrt richtet sich auch der Spielleiter danach was die Spieler wollen.

      Den Spielern dagegen vorher nichts von der Kampagne zu sagen und sie einfach ins kalte Wasser zu werfen ist auch eine Metagame-Entscheidung, vom Spielleiter der die Geschichte präsentiert und auch von den Spielern die sich darauf einlassen. Und das macht natürlich auch Spaß. Aber jedem sollte dann natürlich klar sein dass er später vermutlich nicht sein Wunsch-Schwert und die Hand der Prinzessin haben wird.
      Though my soul may set in darkness, it will rise in perfect light / I have loved the stars too fondly to be fearful of the night.

      Berandor

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      Essay: Warum Metagaming gut fürs Spiel ist (lang)
      « Antwort #8 am: 06. März 2008, 12:01:14 »
      Zitat von: "Nye"
      I
      Ohne Metagame geht's einfach nicht, deshalb sollte man es sich zu Nutzen machen um mehr Spaß zu haben.

      Wow. Danke. Da hätte ich mir den ganzen Schmuh oben sparen können.

      Und auch weitere gute Punkte.

      My work here is done. You did it for me.
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      Arldwulf

      • Mitglied
      Essay: Warum Metagaming gut fürs Spiel ist (lang)
      « Antwort #9 am: 06. März 2008, 12:08:38 »
      Weil ich ja oben zitiert werde möchte ich mich auch noch einmal äussern. Ich denke du hast meinen Ansatz dort falsch verstanden, hab es dir ja auch in dem anderem Thread schon gesagt.

      Zitat
      es gibt ja kein "noch mal versuchen, bis ich die Falle finde", sondern nur einen Wurf mit Erfolg oder Fehlschlag. (Ich habe dies unterstrichen, weil ich nicht sicher bin, ob Ardwulf das bewusst war, als er seine Kritik äußerte).


      Es geht mir nicht um diese Fälle:

      Zitat
      *SL gibt den Spielern vor dass sie eine Falle in dem Raum finden könnten, oder aber hereintreten*
      *Spieler findet die Falle nicht, und ruft: "ich suche weiter!"*

      Zitat
      "Der SL hat als mögliche negative Konsequenz keine Falle genannt. Also ist dort keine, also such ich nicht.


      Dort stimme ich dir vollkommen zu - es ist ein Spieler und kein Systemproblem wenn Metawissen und IG-Wissen nicht getrennt werden.

      Es ging mir eher um etwas anderes, und zwar um die Beschreibung des ganzen. Diese kann als Wechselspiel funktionieren. Der SL gibt eine initiale Beschreibung, die Spieler fragen nach, der SL beschreibt weiter (möglicherweise Details die er vorher gar nicht bedacht hatte, die Spieler bringt das auf Ideen an die vorher niemand gedacht hatte und die führen wieder zu Dingen die der SL neu beschreiben kann bis etwas entstanden ist das vorher vollkommen unbeachtet blieb - dennoch aber stimmig in den Kontext der Geschichte passt.)

      Was bedeutet dies bezüglich Metawissen? Metawissen ist dann gut wenn es die Spieler inspiriert und auf Ideen bringt, wenn es sie an die Story fesselt.

      Ist es gut den Spielern zu sagen dass die Bücher im Wandschrank alles nur langweilige Handelsregister sind? Nein, denn dann schauen sie nicht rein. Das ist aber schade, denn vielleicht wäre einem der Spieler aufgefallen dass besonders oft Wein aus jener fernen Region im Süden zum Fürstenhof geliefert wurde, von einem Händler namens XYZ, und diesem eingefallen dass es ein toller Weg wäre sich in die Burg einzuschleichen die direkt neben dem Händler liegt dessen Bücher man gerade zufällig durchwühlt weil man eigentlich Hinweise darauf gesucht hat ob der Händler ein Vampier ist.

      Das geht halt wesentlich schwieriger wenn ich den Spielern nur sage: "Bei Erfolg findet ihr den geheimgang unterm Teppich, bei Misserfolg stosst ihr eine Vase um und müsst fliehen". Sie werden dann die Bücher nicht durchsuchen - und auch nicht auf andere eigene Ideen kommen.
      1st Edition Nekromantentöter
      --------
      Ich hab nichts gegen niedrige Wahlbeteiligung. Irgendwann regier ich den Laden eben alleine. ;-)

      Darastin

      • Mitglied
      Essay: Warum Metagaming gut fürs Spiel ist (lang)
      « Antwort #10 am: 06. März 2008, 12:09:21 »
      Zitat von: "Nye"
      Ohne Metagame geht's einfach nicht, deshalb sollte man es sich zu Nutzen machen um mehr Spaß zu haben.

      In der Tat. Wichtig ist doch letztendlich nicht, ob es eine Metagame-Entscheidung ist, sonden ob es das Spiel stört oder voranbringt. Metagaming kann beides, aber das gilt auch fur Charakterspiel.

      Bis bald;
      Darastin
      Darastins Grundregeln des Rollenspiels:
      1. Sei kein Arschloch!  2. Spiele nicht mit Idioten!  3. Redet miteinander!