4. Persönliche Erlebnisse vor dem Zusammentreffen
Jeder Charakter hat von mir eine Art unmittelbare Vorgeschichte bekommen, damit die Spieler einen kleinen Aufhänger haben und auch in etwa eine Vorstellung, was sie eigentlich direkt vor den Ereignissen, die noch stattfinden werden, so getrieben haben. Einige Spieler haben selbst noch Hintergründe geschrieben, aber dieses Mal war von mit nichts gefordert.
4.1 Alacia
Vor wenigen Zehntagen erst hatte Alacia auf einem Schiff angeheuert, um sich ein wenig Geld zu verdienen und Erfahrung zu sammeln. Der Begriff „Pirat“ traf es nicht ganz, aber auch dieses Schiff hatte seinen Kiel bereits in illegale Geschäfte getaucht. Ob nun Schmuggel oder nicht, Alacia war das egal, sie wollte nur auf See sein und ihrem Ziel einen Schritt näher kommen. Bisher hatte sich wenig ereignet, der Kapitän hatte seine Mannschaft gut im Griff und es dauerte nich lange bis Alacia in die Mannschaft hineingewachsen war. Sie war nicht die einzige Frau an Board, im Gegenteil gab es sogar einige Seefahrerinnen, die sie nach anfänglicher Skepsis bald gern in ihre Reihen aufnahmen. Die Arbeit an Board war anstrengend, aber befriedigend, doch bald würde die Spannung steigen. Die Fracht sollte in Aglarond nah einer etwas versteckten Bucht übergeben werden, ein Ruderboot sollte dort warten. Der Kapitän war offensichtlich etwas beunruhigt, auch wenn er das nie zugegeben hätte. Aglarond verurteilte allte Akte der Piraterie, nun sie waren keine Piraten im eigentlichen Sinne, aber man wußte nie....
Am nächsten Tag sollten sie das Ziel erreicht haben, die Winde standen derzeit günstig, ein gutes Zeichen. Das Wetter war um diese Jahreszeit noch sehr unvorhersehbar, aber mit geschultem Blick und dem richtigen Gespür ließ sich meist erahnen, wenn sich etwas zusammenbraute. Dieses eine Mal schien jedoch niemand etwas geahnt zu haben, denn als sich die Wolken über ihnen zusammenbrauten, brach sehr hektisches Treiben an Deck los, wo zuvor noch alles friedlich und ruhig vor sich ging. Der Sturm erwischte sie unvorbereitet und schon wenige Minuten nach dem ersten Windstoß kämpften die Seefahrer darum, das Segel zu reffen. Verdächtig laut knartschte das Schiff bei jeder neuen Böhe und schließlich knickte der Mast mit lautem Krachen ein. Sie hatten es nicht geschafft, die Segel rechtzeitig einzuholen und nun kam das Verhängnis über sie wie auch über so viele andere. Eine große Welle rollte über das Schiff und zog alles mit sich, was nicht anständig festgezurrt worden war. Alacia kämpfte mit den anderen darum, zu retten, was zu retten war, doch ein kleines Faß traf sie mit voller Wut, schleuderte sie über Board, raubte ihr das Bewußtsein.
Als Alacia schließlich wieder ihre Augen aufschlug, mußte sich unwillkürlich Husten und Wasser quoll aus ihrem Mund. Ihre Kleidung war durchnäßt, sanft umspielten die Wellen ihre Knöchel. Nur mit Mühe raffte sie ausreichend Kraft zusammen, um sich zu erheben. Das Meer lag wieder still vor ihr, kein Zeichen von einem Sturm und sie fragte sich, was passiert war. Blitzartig kamen die Erinnerungen wieder und mit schreckgeweiteten Augen erlebte sie erneut, was sich abgespielt hatte. Ein tiefer Seufzer drang aus ihrer Brust, doch schließlich raffte sie sich auf und betrachtete ihre Umgebung. Überall lagen Trümmerteile, also mußte das Schiff im Sturm zerstört worden sein. Langsam wandelte Alacia über den Strand, die Trümmer betrachtend, auf der Suche nach einem Erkennungszeichen. Schließlich fand sie eine Truhe, halb aufgesprungen, die sie einst in der Kapitänskajüte gesehen hatte. Vorsichtig öffnete sie die Truhe und fand einige Kleidung, Schmuckstücke und ein wundervoll verziertes Rapier. Mit diesen neuen Besitztümern macht sie sich auf die Suche nach einem Dorf in der Nähe oder ein Stadt, um einmal mehr ihre Reise auf See fortzusetzen.
Escalant, eine aglarondsche Hafenstadt, stellte sich als recht nah heraus und so trieb es Alacia schließlich zusammen mit einigen anderen Gestrandeten, die sich in einem kleinen Dorf gesammelt hatten, dorthin auf der Suche nach einem neuen Schiff, auf dem sie anheuern konnte. Letzendlich jedoch schnappte sie einige interessante Gerüchte über Freeport auf, genug, um die Versuchung zu fühlen, diese berüchtigte Freibeuterstadt einmal zu besuchen, vielleicht war dies der Ort, an dem sie ihre Zukunft finden konnte.
4.2 Jun
Wie schon einige Male zuvor, war Jun in Escalants Schankhäusern unterwegs, um ein wenig Ablenkung zu finden und sein Geld für die Freuden des Lebens auszugeben. Sein letzter Job hatte ihm deutlich gemacht, daß sein Leben so nicht weiter gehen konnte. Die Seefahrt machte ihm Freude, aber das Leben an Bord war einfach zu langweilig, solange niemand kam, um das Schiff zu kapern. Selbst in den Häfen, in denen er das Abladen der Ware zu bewachen hatte, boten wenig Aufregung. Kaum jemand wagte es, Ware zu stehlen, während zahlreiche Wachen dabei standen und schon gar nicht griff jemand einen Händler an, der schon angelegt hatte. Seinen Humpen vor sich, brütete Jun also über die Zukunft. Ohne, daß er davon Notiz genommen hätte, entwickelte sich in einem Teil des Schankraumes gerade eine handfeste Prügelei. Erst, als der erste Betrunkene auf seinen Tisch knallte, nahm Jun wieder Notiz von seiner Umgebung. Fast augenblicklich war er aufgesprungen und hatte sich in Geschehen gestürzt. Ein wenig Ablenkung tat gerade ganz gut.
Später am Abend, einige blaue Flecke und eine kleine Risswunde zeugten noch von der Schlägerei, suchte sich Jun ein Bett für die Nacht. Natürlich hatte er nicht vor, in irgendeinem Gasthaus zu schlafen, aber alle Versuche, eine der Schankmagden für den Abend zu gewinnen, waren gescheitert. Mißmutig entschloß sich Jun also ein anständiges Freudenhaus zu suchen und dort seinen Spaß zu haben. In Escalant gab es genug Möglichkeiten für einen jungen Seefahrer sein Geld zu verlieren und Jun machte da keine Ausnahme. Am nächsten Morgen hatte er nur noch genug Silber in der Tasche, um sich etwas zu Essen zu leisten und dann gen Hafen zu stapfen. Endlich hatte er einen Entschluß gefasst, er mußte dieses dreckige Loch verlassen. Jung hatte die Nase voll von den mißtrauischen Leuten, dem langweiligen Leben und dieser Stadt. Stattdessen schien ihm Freeport ein lohnendes Ziel, jetzt galt es nur noch ein Schiff zu finden, auf dem er anheuern konnte, um dorthin zu kommen.
4.3 Throrynn
Throrynn war schon eine Weile auf Reisen, um die weite Welt kennen zu lernen und hatte sich schließlich in Escalant wiedergefunden, mißtrauisch beäugt in jedem Dorf, in dem sie zuvor eingekehrt war. Die Leute hatten etwas beklemmendes an sich, auch wenn es Throrynn nicht wesentlich störte, wenn man sie anstarrte. Unterwegs hatte sie einige interessante Bekanntschaften gemacht, aber die Gastfreundlichkeit schien hier anders auszufallen als in ihrem heimaltichen Wald. Niemand hätte den Menschen hier nachsagen können, sie wären nicht ihren Pflichten nachgekommen, aber viel mehr durfte man auch nicht erwarten.
In Escalant angekommen, offenbarte diese Hafenstadt einen neuen Aspekt für Throrynn. Sie war zuvor bereits in anderen Städten gewesen, doch dies war die erste Hafenstadt, die sie zu Gesicht bekam. Auf eine unterschwellige Weise war diese anders. Der fast schon feindselige Argwohn der Aglaronder mischte sich mit der Offenheit und der Lebendigkeit einer typischen Hafenstadt. Handel in viele verschiedene Länder wurde hier betrieben, man konnte kaum jeden davonjagen, der hier seine wundervollen Waren aus der Ferne verkaufen wollte. Zwar machte das die Menschen hier nicht unbedingt offen, aber dennoch war deutlich zu spüren, daß Throrynn hier wesentlich weniger auffiel als an allen anderen Orten, die sie bisher besucht hatte. Erleichtert wanderte sich eine Weile durch die Gegend, um zu erkunden, was sich ihr alles an diesem Ort bot. Ein Gasthaus zu finden, war eigentlich eine Kleinigkeit, ausreichend viele gab es allemal, aber gerade das richtige zu finden, ein Gasthaus, in dem nicht nur betrunkene Seefahrer um die Wette tranken oder ortsansässige Händler und Handwerker jeden Fremden hinausstarrten, stellte sich doch als schwieriger heraus. Schließlich fand sie jedoch ein kleines Haus, nicht zu fern vom treiben des Hafens, daß scheinbar viele Reisende wie sie beherbergte. Am nächsten Morgen wollte sie sich nach einer Überfahrt erkundigen, Freeport schien ein lohnendes Ziel und ein guter Ausgangspunkt, um andere Orte zu bereisen.
4.4 Meroche
In Thay aufzuwachsen war eine Sache, dazu jedoch ein wildes Talent für Magie zu entwickeln, eine ganz andere. Die Roten Magier waren voreingenommen und gnadenlos und Meroches Eltern wußten eines ganz genau, nachdem ein befreundeter Magier heimlich das junge Mädchen getestet hatte. Sie würde keine Rote Magierin werden können und damit würden ihre Schwierigkeiten beginnen. Bevor zu viel Aufmerksamkeit auf das Kind fallen konnte, entschlossen sich Meroches Eltern, sie an einen anderen Ort zu bringen, damit sie dort aufwachsen konnte. Nun hatte ihre Familie nur wenig Habe und schon gar kein Geld für eine teure Reise, das Mädchen konnte aber unmöglich alleine fortgehen. Letztendlich erklärte sich ein Schiffkapitän bereit, sie unter seine Fittiche zu nehmen, dafür mußte sie aber eine Weile Dienst auf dem Schiff tun. Meroche lernte schnell wie sie sich auf Schiffen nützlich machen konnte und bald zeigte sich auch, daß ihre Dienste durchaus gefragt waren, wenn lieber ein wenig Magie statt reine Kanonenkraft gefragt war. Als sie schließlich zu ausreichender Eigenständigkeit herangewachsen war, verließ sie das Schiff, auf dem sie schon einige Zeit gesegelt war und begann hier und da anzuheuern. Ihr letzter Job war allerdings katastrophal in die Hose gegangen. Sie hatte nichts ausrichten können, weil die Piratenbastarde es irgendwie geschafft hatten, ihre Zauber zu neutralisieren als sie ihr Schiff angriffen. Letztendlich waren also doch Kanonen das entscheidende Argument und der Kapitän des Schiffes gab ihr freundlich zu verstehen, daß seine Aufgabe erfüllt sein. Ein wenig Gold in der Tasche wanderte sie nun schon ein paar Tage durch Escalant, immer auf der Suche nach etwas Ablenkung. Nicht, daß viel nötig war, um sie abzulenken, was vielleicht auch eines der fundamentalen Probleme war, denen sie sich irgendwann einmal stellen mußte. Ihr nächstes Ziel stand ihr noch nicht klar vor Augen, aber eines hatte sie sich vorgenommen. Freeport sollte ein Ort sein, an dem sich immer Arbeit für jemanden wie sie fand und so sollte ihre Reise bald dorthin weiterführen.
4.5 Seedo
Wenn es eines gibt, das Seefahrer genauso lieben wie Rum und ein dralles Weib, dann wohl eine gute Geschichte und deftige Lieder. Und wer wäre besser geeignet, Unterhaltung für rauhes Volk zu bieten als ein Gnom. An Board von vielen Schiffen sind Barden und Geschichtenerzähler gern gesehen, weil sie die Mannschaft bei Laune halten und auch bei größter Flaute den Tag nicht langweilig werden lassen. Obwohl er in Mulhorand auf dem Festland aufgewachsen ist, hat Seedo schon bald seine Zuneigung zur See entdeckt. Düstere Piratengeschichten, heroische Kämpfe gegen die Mächte der See und zünftige Trinklieder begeisterten ihn als jungen Gnom, nicht immer zum Vergnügen seiner Familie. Schließlich zog es ihn dorthin, wo all die grandiosen Geschichten stattgefunden haben sollen, die er immer wieder gern hörte, aber auch erzählte, auf See. An Bord eine Schiffes zu sein, war ein neues Gefühl und bald wollte er gar nicht mehr missen, mit einem Haufen rauher Seeleute über die See zu reisen und ihnen Geschichten zu erzählen, schmutzige Lieder in die Nacht zu brüllen und dabei ein wenigan Bord mit anzupacken. Letztendlich hatte er natürlich wie jeder, der die Meere bereist, von Freeport gehört, welches vom Handel mit dem Festland lebte, aber auch Piraten beherbergte, die sonst nirgends einen Hafen anlaufen durften, wenn sie nicht aufgebracht werden wollten.
So kam es dann, daß es Seedo nach Escalant verschlug, eine erfolgreiche, wenn auch sehr rauhe Reise hinter sich. Der Sturm, welcher vor wenigen Tagen auf See gewütet hatte, hätte ihr Schiff beinahe überrascht, aber dank einer glücklichen Eingabe hatten sie Vorbereitungen getroffen. Gerade rechtzeitig genug, um dem Sturm trotzen zu können und nur mit ein paar Beschädigungen im Hafen einzulaufen. Die Mannschaft, aberglaubischer Haufen der sie nunmal war, behauptete natürlich fest, daß allein die fröhlichen Lieder an Bord die bösen Geister eingeschüchtert hätten, die den Sturm verursacht hätten. Seedo grinste fröhlich vor sich hin als er daran dachte wie sehr ihn die Mannschaft gebeten hatte, doch zu bleiben. Sein Wanderseele jedoch wollte weiterziehen, neue Lieder erschaffen und Geschichten hören und welch bessere Gelegenheit konnte man haben als in einen neuen Hafen einzulaufen. So ging er also durch die Schankwirtschaften Escalants, lebte eine Weile von seiner Kunst und lernte neue Sagen und Geschichten, nicht zu vergessen natürlich die schmutzigen Lieder. Schlußendlich hatte er genug von diesem Ort, ein neues Ziel vor Augen, nämlich Freeport.
4.6 Jona
Viele Priester Valkurs haben schon durch ihre Familie eine starke Beziehung zur See und der Seefahrt und so verwundert es nicht, daß auch Jona in Valkurs Arme kam, weil sein Vater, ein fleißiger Seemann, eines Tages nicht mehr Heim kehrte. Seit diesen Tagen hat er sich dem Dienste im Namen Valkurs verschrieben, um den Seeleuten zu helfen, ihnen Mut zu geben und selbst zur See fahren zu können. Seine letzte Reise hat ihn nach Escalant geführt, nur kurz bevor ein fürchterlicher Sturm auf dem Meer vor der Küste zu wüten begann, war sein Schiff in den Hafen eingelaufen. Ein gut stehender Wind hatte eine schnelle Reise möglich gemacht und natürlich war dies allein Valkurs Gunst zuzuschreiben. Den Sturm vor Augen, waren die Seefahrer nur zu glücklich, einen Priester an Bord gehabt zu haben, der ihnen durch Gebete und Segnungen ein schlimmes Schicksal erspart hatte.
Jona konnte zufrieden sein, aber es zog ihn wieder hinaus aufs Meer, eine neue Reise an einen neuen Ort. In all der Zeit, die er schon zur See fuhr, hatte er viel über Freeport gehört, welches ja sogar die übelsten Piraten in seinen Hafen ließe, so die Gerüchte. Nachdem er sich also eine Unterkunft in der Stadt besorgt hatte, ein angenehmer Ort, an dem viele Reisende zu rasten schienen, wollte er sich am nächsten Morgen nach einer Überfahrt in die Stadt der Freibeuter umschauen.