Hallo Eleonora,
mit der kooperativen Entwicklung eines eigenen Settings habt ihr euch ein ziemlich großes Ziel gewählt - ich spreche aus Erfahrung, denn ich selbst war lange Zeit hier im Gate am GCP (Gate Campaign Project) beteiligt und kann deswegen ein wenig aus Erfahrung sprechen. Anfangs war es leicht, andere für die Idee zu begeistern, was allerdings auch schon die Wurzel des Problems war. Dadurch, dass eine Menge Leute mitgemacht haben, war es nicht immer leicht zu einem Konsens zu kommen, was grundlegende Fragen anging - zum Beispiel zum Grundton der Welt. Da wollte natürlich jeder irgendwie die eigenen Vorlieben umgesetzt sehen, was aber nicht funktioniert, wenn man eine Welt mit einem thematischen Fokus entwickeln will. Die Tatsache, dass dann im Endeffekt nicht jeder das bekommt, was er gerne hätte, verliert so ein Projekt dann für die Betroffenen schnell seinen Reiz - immerhin wollte man ja eine eigene Welt erschaffen, um die eigenen Ideen umzusetzen.
Für mich besteht der Reiz einer eigenen Welt auch gerade darin, dass ich sie vollständig nach meinen eigenen Vorstellungen gestalten kann - was schon nicht mehr gegeben ist, wenn ich nicht mehr die absolute "Deutungshoheit" habe. Euer Ansatz, die Welt im Spiel wachsen zu lassen, ist übrigens auch der von mir bevorzugte, so gibt es nämlich für die Spieler immer wirklich etwas neues zu entdecken und man ist nicht an irgendwelche verbindlichen Informationen aus Quellenbuch XY gefesselt sondern kann die Welt ad hoc gemäß dem Verlauf der Geschichte entwickeln. Dass das so entstandene Setting eher flüchtig ist und nie in der Form dokumentiert wird, wie das bei kommerziellen Welten der Fall ist. Das macht aber auch nichts, da man ja nach einer Kampagne wieder bei Null anfangen und eine neue Welt erschaffen kann.
Fazit: Eine eigene Welt ist meiner Meinung nach nur sinnvoll, wenn es auch wirklich die eigene Welt ist. Das eigene Setting kann noch so brilliant sein, man wird kaum einen Außenstehenden dazu bringen, es zu bespielen. Wir haben z.B. auch eine eigene "Welt", momentan bestehend aus dem Königreich Karador, ein sehr düsteres, monotheistisches Land, inspiriert vom westeuropäischen Mittelalter, monotheistisch und intolerant geprägt, sehr "erdig" und eher arm an Magie. Macht uns enorm viel Spaß und fühlt sich für mich einfach erwachsener und atmosphärisch dichter an als die Mehrzahl publizierter Settings. Gleichzeitig hat es einen klaren Fokus und versucht nicht etwa wie die FR ein Dutzend Subgenres abzudecken. Entstanden ist dieses Setting so wie eures, nämlich dadurch dass wir mit unseren SC Abenteuer dort erlebt haben - und genau das macht den Reiz der eigenen Welt für mich aus: Die Geschichten die wir erzählen machen den ganzen Metaplot aus, es ist unsere Welt und unsere Geschichte, und außerhalb unserer Gruppe hat da niemand mitzureden.
Das alles ist natürlich nur meine Meinung und ich will dir hier bestimmt nicht den Wind aus den Segeln nehmen. Im Gegenteil, ich wünsche dir natürlich viel Erfolg mit diesem Projekt, vielleicht hilft dir mein Beitrag ja auch, ein paar Fehler zu vermeiden, die wir damals beim GCP gemacht haben.
Schöne Grüße,
Talwyn