Teil 20: CrabzillaDurak stürmte vor. Wie er es liebte, das pulsierende Adrenalin zu Beginn des Kampfes. Er brauchte keine Drogen. Dieses Gefühl konnte durch nichts imitiert werden. Der Blick wurde langsam eingeengt und der Erdgenasi fixierte sich komplett auf sein Ziel: die sich immer schneller nähernde Riesenkrabbe.
Das zufriedene, erwartungsfreudige, kampfeslustige Grinsen, das die Lippen des vorwärtsstürmendes Erdgenasis umspielte zerfloss plötzlich wie Schnee im Frühling: die Krabbe hatte ihn anscheinend bemerkt und schlug im Zeitlupentempo mit einer baumgroßen Schere nach dem Störenfried. Durak versuchte sich noch unter dem Schlag wegzuducken, doch es war zu spät...
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Dorgan sah den Kreuzfahrer vorstürmen. Er wollte eben folgen, als er sich dachte, Garl Glitzergolds Segen würde diesen Kampf unaufällig erleichtern!
Er ging zügig mehrere Schritte vor, wissend, dass die Menge nur seinen Rücken sehen konnte. Dann fasste er sich an sein göttliches Symbol.
"Möge Garls Licht unsere Sinne erhellen!" rief er laut hörbar mit seiner hellen Stimme
.
Augenblicklich spürte er, wie sein Körper innerlich warm wurde, und Zuversicht ihn zu durchströmen schien. Ein leichtes, freundliches Lächeln umspielte die Lippen des Gnoms.
Dann sah er wieder auf zur Krabbe. Durak war allerdings weg!
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Phirius rannte auf den ersten Stand zu, und begann ihn nach brennbaren Utensilien zu durchforsten.
Plötzlich spürte er eine innere Wärme und Zuversicht. Einen Augenblick lang war er verwirrt, bis er merkte, dass das Dorgans Werk sein musste. Der Calishit schmunzelte. Dann fand er, was er suchte: mehrere Rumflaschen. Nun musste er grinsen.
Es verging ihm, als er aufschaute und sah, wie der Erdgenasi mehrere Meter durch die Luft flog, und mit seinem Aufprall einen Fischstand dem Erdboden gleichmachte.
"Beim Abyss!"
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Faerl war bis eben noch damit beschäftigt gewesen, seine Armbrust nachzuladen, als er einen lauten Schrei hörte. Als er aufsah, war der Kreuzfahrer aus seinem Blick verschwunden. Ebenso wie der Fischkarren, der bis vor wenigen Augenblicken noch etwa fünf oder sechs Meter vom Riesenkrabbentier weg war.
"Bei Garls glitzerndem Bart!" entfuhr des dem erschrockenen Gnom.
Nun sah er, wie die zwei kleinen Krabben sich ebenfalls langsam auf den zerstörten Karren zubewegten.
"Verdammte Axt!"
Faerl musterte den Kampfplatz und wusste, dass er handeln musste. Er begann die arkanen Muster zu weben - Heimlichkeit war jetzt nicht mehr das oberste Gebot!
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Duraks Welt drehte sich noch. Seine Flugbahn und die Bruchlandung waren noch annehmbar, aber dass es überall nach Fisch stinken musste war inakzeptabel. Und es sah aus wie nach nem Katapultbombardement...nur dass er die Munition war.
Schnell schüttelte der Söldner die Benommenheit aus seinem Kopf und stand auf. Zu seiner Erleichertung sah er, dass die Krabbe noch nicht hatte nachsetzen können, da sie in einem von Faerls Spinnennetzen verheddert war. Ebenso wie die beiden kleineren Krabben.
Der Erdgenasi ließ seine Wirbel knacken, lockerte seine Schultern und ging ein paar Meter vom Stand weg, um seinen großen Gegner auf freier Fläche zu erwarten. Dieser würde nämlich nicht mehr lang brauchen: er hatte sich schon halb aus dem Netz freigekämpft.
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Phirius hatte die Szene kurz atemlos beobachtet.
"Hast also die Geheimhaltung aufgehoben, Kurzer." stellte der Hexer fest.
Dann schaute er wieder auf den Stand um ein paar Fackeln zu sehen. Beiläufig hob er den linken Arm und zeigte gelangweilt auf die Riesenkrabbe.
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Dorgan rannte nun zu Durak und wartete mehrere Meter neben ihn darauf, dass sich die Krabbe freigekämpft hatte. Währenddessen schlugen zwei von Phirius grün-weissen Energiestrahlen in den Kopf des Meerestieres.
Dann war es soweit. Das riesige Schalentier bewegte sich auf die beiden Kämpfer zu.
Nach einem kurzen, aber sehr heftigen Schlagabtausch, der den beiden Gefährten geprellte Rippen und verbeulte Rüstungen einbrachte, brach das Tier tot zusammen.
"Phirius. Erledige die beiden Winzlinge mal aus sicherer Entfernung! Wir sehen uns das hier mal genauer an!" brüllte Durak seinem Gefährten zu, und schlug zur Sicherheit noch mal mit seiner Stachelkette ein tiefes, klaffendes Loch in den Rücken.
"Wofür habe ich eigentlich den ganzen Rum gesammelt?" empörte sich der Calishit.
"Zum Trinken natürlich." brummte Durak stoisch.
Faerl war in der Zwischenzeit als Naturkundler ebenfalls dazugekommen, und sah sich den Kadaver aus der Nähe an.
Ein kleiner Krebs - wie Faerl ihn aus den Suppen aus dem Angeschwemmten Leichnam kannte - kämpfte sich unter dem Leib des Ungetüms hervor und krabbelte schnurstrags auf den Kleriker zu.
Der hob erstaunt eine Augenbraue und schnipste das Tier mit seinem rechten Stiefel zurück ins Meer.
Dorgan wollte sich gerade wieder dem restlichen Panzer widmen, als er einen beissenden Schmerz in seinem linken Knöchel spürte. Er schaute hin und sah, dass zwei weitere, kleine Krabben ihn gerade da bearbeiteten.
"AUA!"
Wütend trat der Gnom nun beide Krabben tot, nur um zu sehen, dass sich mehrere weitere ihm näherten. Erschrocken taumelte er zurück und sein Blick fiel auf die offnen Wunden der toten Riesenkrabbe - aus der sich mit jedem Augenblick mehr kleine Krabben ergossen, und auf die Gefährten zubewegten.
"Krabbenschwarm! LAUFT!" schrie der Kleriker, und machte mehrere Sprünge von der Krabbe weg.
Sofort entfernten sich die Gefährten zügig von der Krabbe und sahen atemlos, wie sich ein regelrechter Schwarm aus Krabben aus dem riesigen Tier zu ergießen begann und langsam auf die Gefährten zubewegte.
"Phirius! Komm her! Anzünden!" rief Durak.
"Entscheidet euch...!" raunzte der Calishit leicht gereizt, eilte aber zügig zu seinen Gefährten und warf noch im Lauf eine der Rumflaschen mitten in den Entstehenden Schwarm.
Dann verteilte er die Flaschen an seine Freunde...
"Brennt!"
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"Die Krabbe war WIE groß?" jappste Rhin erschrocken, als die Gefährten zum zweiten Mal in zwei Tagen bei ihm eintrafen und ihm vom Zwischenfall berichteten.
"Ungefähr so groß wie dieser Raum. Hafenmeister! So etwas ist nicht natürlich! Wisst ihr nichts genaueres?" fragte Phirius zum dritten Mal und schenkte sich großzügig aus der Whiskey-flasche vom Hafenmeister nach.
"Nein..."
"Wie siehts denn mit einer Belohnung aus? Wir hatten dieses Mal großen Aufwand!" brummte Durak.
"Da habt ihr wohl Recht...ich werde Euch entlohnen - allerdings unter zwei Bedingungen. Und die müsst ihr mir erfüllen, ich bitte Euch darum!"
Etwas in der Stimme des Hafenmeisters klang ziemlich jämmerlich und niedergeschlagen, aber auch ängstlich. Faerl nickte seinen Freunden zu.
Phirius nickte.
"Einverstanden! Was wollt ihr?"
"Mein Sohn Perrin...er macht mir momentan solche Sorgen. Seit meine geliebte Frau vor einigen Jahren starb ist er sehr ruhig geworden, und spricht nicht mehr viel - auch nicht mit mir. Und es ist doch so viel zu tun, sodass auch nicht mehr viel Zeit für ihn bleibt, selbst wenn er reden würde. Er hat momentan irgendwelche Sorgen - ständig treibt er sich rum. Auch Nachts. Und ich weiss nichts und er will mir nichts erzählen! Bitte schaut was ihr tun könnt...aber tut ihm nicht weh!"
"Gut." verkündete Faerl.
"Und das zweite: die Belohnungen...die Höhe muss unter uns bleiben!"
"Meinetwegen." brummte Durak.
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Die Gefährten verließen das Haus des Hafenmeisters wieder.
Ein gewaltiger, schlichter, aber sehr gut gearbeiteter Zweihänder war auf Duraks Rücken geschnallt. Und angesichts der zufrieden blickenden Augen war der Erdgenasi gerade nicht nur wegen der Waffe im siebten Himmel - auch die Geldbörse war beträchtlich gefüllt.
Langsam schlenderten sie wieder Richtung Markt.
Dort ging es nun weiter, wenn auch deutlich angespannter. Das Treiben war nervös.
Faerl sah sich um und ahnte - irgendetwas hing in der Luft. Er blickte hin und her. Zu den Ständen. Zu den Schiffen. Raus zu den Fischerbooten. Zu den Fischern, die mit Netzen durch das Wasser wateten. Und über den Strand.
"Da war doch etwas!" hörte er Dorgan irritiert murmeln.
Der Illusionist blickte zum Kleriker und wusste, dass sein Bauch Recht hatte: etwas lag im Argen...
Der Priester Garls schaute auf ein mal abrupt zu den Fischern im Wasser. Seine Augenbrauen zogen sich zusammen.
"Da draußen! Ein Hai! Los! Zu den Fischern mit den Netzen!"
Edit:
Spoiler (Anzeigen)PS: wir sind kürzlich auf Pathfinder umgestiegen. Da sich einiges geändert hat (wie zB. Stachelkette, ist der Spieler von Durak nun vorerst auf nen Zweihänder umgestiegen. Die Lösung mit dem Zweihänder ist nur, um es geschichtlich besser&logischer darzustellen