Da ich gestern eine kleine Runde PTA gespielt habe, dachte ich mir, dass ich unseren Indie-Interessierten vielleicht mal kurz meinen Eindruck schildere, da ich zumindest nach dem Lesen des Buches keine besondere Motivation hatte, das ganze mal aus zu probieren. Glücklicherweise haben sich im Raum Bremen aber jetzt ein paar Leute gefunden, die Indies spielen wollen und so wie ich das sehe, haben wir für das nächste Jahr genug OneShot-Potential. Im Januar ist dann erst einmal Dogs in the Vineyards dran.
Also dann zu PTA:
Nach dem ersten Lesen habe ich mir gedacht: "Naja, ganz nett, aber so einfach und so sehr aufs Metaspiel konzentriert, dass man eigentlich gar kein Büchlein bräuchte." Bei PTA geht es darum, dass die Spieler und der Producer (Spielleiter) zusammen eine Serie entwerfen, die sie spielen wollen. Dabei wird natürlich erst das allgemeine Thema erarbeitet, dann folgen Charaktere, die aber nicht unbedingt auf die Spieler gemünzt sind und wenn man eine volle Serie spielen will, muss man auch noch grob die Anzahl der Folgen und die Wichtigkeit der einzelnen Charaktere in diesen Folgen planen (nennt sich Screen Presence). Bis dann alles steht, ist das ganze im Prinzip nur kreatives Ideenschmieden, wobei der Producer ein wenig Moderator spielen sollte.
In unserem Fall haben wir für den OneShot am Abend uns nur auf Charakterszenen und eine Folge konzentriert, um das ganze möglichst zu einem Abschluss bringen zu können, normalerweise würden dann auch noch Plotszenen eingestreut. Eine Szene läuft für gewöhnlich so ab, dass reihum die Erzählverantwortung wandert und derjenige, der gerade dran ist, die Hauptverantwortung für die Gestaltung einer Szene trägt. "Worum soll es als zentralen Konflikt in der Szene gehen?", kann eine der Fragen sein, die man dabei zunächst klärt. Wenn das Setup der Sezene steht, können die Spieler in die Rollen der Anwesenden schlüpfen, sollte eine feste Zuordnung existieren, wird natürlich diese umgesetzt und man spielt das ganze etwas aus bis zu dem Punkt, an dem der vorher formulierte Konflikt klar heraus tritt. Danach wird inne gehalten und in der Gruppe verhandelt, was auf dem Spiel steht. Konkret also ein möglicher positiver Ausgang und ein negativer der Szene. Erst jetzt kommen überhaupt "Regeln" ins Spiel, nämlich in der Form, als dass der Charakter/Spieler, um dessen Konflikt es geht, so viele Spielkarten bekommt wie er Screen Presence hat. Der Producer übernimmt die Gegenseite des Konflikts und bekommt eine freie Spielkarte. Jetzt können Ressourcen, die zunächst einmal nur der Producer besitzt, ausgegeben werden, um Karten dazu zu kaufen. Beim aufdecken zählen nur rote Karte und wer die meisten hat, der hat den Konflikt für seine Seite (Spieler -> gut, Producer -> schlecht) entschieden. Im Groben geht es dann reihum so weiter, bis die Geschichte den zentralen Aspekte der gespielten Folge erledigt hat.
Unsere Runde hat sich aus "Irgendetwas wie Scrups", "Lasst uns Pizza-Taxi-Fahrer spielen" und "Die Mafia" eine Serie über eine kleine Truppe von Leuten, die bei Todeskandidaten in Krankenhäusern Organklau betreiben, konstruiert. Titel "Hartrunners - Solange dein Herz schlägt".
Das Setup der Charaktere war ein ziemlich großer Spaß und ging vom kaltherzigen, aber anerkennungsbedürftigen Sohn (das Schwein) eines Chefarztes, der sein Studium abgebrochen hat und den Organklau organisiert, über den jungen, schwulen Artz in Ausbildung, der dringend das Geld braucht (vom Schwein), um seiner Mutter das Leben mit den teuren Medikamenten, die sie braucht, erträglich zu machen, bis hin zur Schwester des Schweins, welche nur mitmacht, weil ihr Bruder sie erpresst.
Die Gestaltung der Szene war dann zunächst noch ein bisschen holprig, da zumindest zwei von uns sich erst in diese Art des Spiels einfinden mussten, aber durch das konkrete Spiel der Szenen bis zur eigentlichen Eskalation des Konflikts, war das Spiel weit weniger auf der Metaebene angesiedelt, als dass ich das by the book befürchtet hätte. Nach ungefährt 2-3 Stunden hatten wir den Plot dann so weit abgeschlossen, dass das "Problem" (Issue genannt in PTA) des Hauptcharakters (der junge Arzt), unweigerlich beendet war und damit eigentlich keine weitere Entwicklung der Geschichte in der Hinsicht zu erwarten war. Folge abgeschlossen sozusagen.
Alles in allem ein bisschen ungewöhnlich aus der Perspektive des klassichen Rollenspiels, dem ich sonst stets nachgegangen bin, aber durchaus ein sehr interessanter Einblick und etwas, das ich dann wohl auch auf dem nächsten GateCon anbieten würde und gern auch mal einfach so zwischendurch einschieben könnte, wenn man gerade weniger Zeit hat und einfach mal etwas anderes spielen möchte.