Das interessante an Religionsdiskussionen ist, dass man dabei sehr gut erkennen kann, wem bei dem Thema sofort (in welche Richtung auch immer) die Sicherungen durchbrennen.
In diesem Sinne herzlichen Dank an Curundil, Eleonoora und Talwyn, aber auch an Berandor und TheRaven für das Bewahren klarer (wenn auch beim Raben gewohnt provokativer) Köpfe.
Kurzbio:
aufgewachsen in christlichem Elternhaus (die wollten ursprünglich mal Missionare in Südamerika werden, ich bin gar nicht sicher, ob ich mich freuen oder es bedauern soll, dass nichts draus wurde) in einer der erzkatholischsten Gegenden Deutschlands (Bistum Trier), Kinderstunde, KiGo, das ganze Pipapo. Getauft mit 13 (jawohl ich durfte mich frei entscheiden). Religionslehrer waren alles Pfarrer, liebe Menschen, die weniger daran interessiert waren, uns das Christentum mit dem Holzhammer einzuimpfen, als daran, uns mit den grundsätzlichen Inhalten und Aussagen dieser Religion vertraut zu machen. Natürlich haben sie ihre Religion nicht künstlich schlecht geredet, aber das taten sie mit den anderen Religionen auch nicht. Stattdessen haben sie versucht, uns auf Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen den großen Weltreligionen hinzuweisen.
Und so kam es, dass ich meine erste negative Erfahrung im Umfeld des Religionsunterrichtes in der zehnten Klasse machte, als wir einen neuen Lehrer bekamen, einen vollkommen rational denkenden, völlig intoleranten Idioten, dessen einziges Ziel es zu sein schien, das positive Bild von Religion in den Köpfen der Schüler auszulöschen. Nicht dass er versucht hätte, das ganze mit anderen, aus seiner Sicht positiveren Inhalten zu füllen. Falls es so was wie fanatische Nihilisten gibt, war er wohl einer. Ach ja, der Idiot gab nebenher auch noch Ethikunterricht und dort verhielt er sich nicht viel besser.
Ich bin ganz sicher, dass andere genau die umgekehrte Erfahrung gemacht haben. Das Problem ist also nicht das Etikett, dass auf dem Unterrichtsfach klebt, sondern der Lehrer, der es mit Inhalten ausfüllen muss. Persönlich , und das geb ich offen zu, traue ich Lehrern, die im Fach Theologie studiert haben, mehr Kompetenz zu, sachlich über das Thema Religion zu reden, als jedem anderen sonst. Ähnlich wie Talwyn halte ich unsere Kultur für zu verankert in der christlichen Kultur, als dass man das Thema ausklammern dürfte. Und für viel zu wichtig, als dass man die Vermittelung einem Atheisten überlassen dürfte, der theistischer Religion schon von vorneherein feindlich gesinnt ist und sie mit Krankheiten, psychischen Störungen und ähnlichem gleichsetzt.
Talwyn hat bereits darauf hingewiesen. Rationalismus als einziges Lebensprinzip ist deswegen zum Scheitern verurteilt, weil es
a) genügend Bereiche gibt, in denen man mit rationalen Erklärungsversuchen nicht weit kommt
und
b) weil der Mensch kein rationales Lebewesen ist (die moderne Hirnforschung legt nahe, dass vieles von dem, was Menschen allgemeinhin als das Ergebnis rationaler Entscheidungsprozesse ansehen, in Wirklichkeit sehr stark von unterbewusst ablaufenden Gedankenprozessen beeinflusst wird).
Und ums ganz praktisch zu sagen: Mir ist es lieber, wenn die Schüler einen ordentlichen Religionsunterricht an Schulen haben, bei dem der Staat seine Überwachungsfunktion wahrnehmen kann, als wenn sie (wie im Islam üblich, aber z.B in den USA durchaus auch in christlichen Konfessionen erkennbar) an privaten Bibel-/Koran- oder was auch immer für Schulen ohne diese Kontrolle irgendwelchen fundamentalistisch-fanatischen Einsichten ausgesetzt wird. Und ich empfinde es als persönlich höchst unfair, wenn der Religionsunterricht in Deutschland mit U.S.-amerikanischen Vehältnissen gleichgesetzt wird.