Ha! Komisches Video
Du sagst natürlich zurecht, dass man auch im völlig freien Rollenspiel seinen Charakter mit einer Entwicklung spielen kann, ihn naiv anfangen lässt und dann später weltgewandter darstellt. Aber das ist im Freien Rollenspiel eben völlig frei, also Jacke wie Hose, und muss weder einer Entwicklung folgen noch Auswirkungen haben.
Dazu gibt es eben auch recht offene Regelmechanismen. TheRaven erwähnte PrimeTime Adventures, was das freieste Rollenspiel ist, das ich kenne, das zudem eine (halbwegs) traditionelle SL-Rolle beibehält. Eurer Gruppe könnte vielleicht auch Polaris gefallen, das ist fast reines Erzählspiel und ohne SL.
Burning Wheel ist ein System, dass sich im Gegensatz zu den Vorgenannten nicht wirklich als reines Indie-Spiel bezeichnen lässt. Auf jeden Fall beinhaltet es auch die traditionelle Charakterentwicklung i.S. von verbesserten Werten und "dazu lernen". Aber Burning Wheel benutzt auch BITs, und das ist kein Sandwich von Subway (okay, es ist ein Sandwich von Subway, aber hier nicht gemeint), sondern die Abkürung für Beliefs, Instincts, Traits.
Im Grunde genommen sind dies einfache Sätze oder sogar nur Attribute, mit denen man seinen Charakter beschreibt. Traits sind solche Attribute, beispielsweise: "egozentrisch, Wortklauber, vorlaut" – und diese Attribute können, müssen aber keine regeltechnische Auswirkung haben. Instincts sind Automatismen des Charakters: "Wenn jemand einen Beitrag mit Rechtschreibfehlern erstellt, antworte ich mit einem reinen Korrekturbeitrag", Beliefs Überzeugungen und Ziele, z.B.: "Das Gate ist ein heiliger Rückzugsort. Ich werde alle Trolle in die Flucht schlagen."
Diese Beschreibungen sind, da wirst du mir zustimmen, noch kein wirklicher Charakterbogen, aber sie ermöglichen trotzdem eine Festschreibung des Charakters und eine Entwicklung abzuzeichnen, sowie Belohnungen zu verteilen. Vielleicht lernt der Charakter, sich zurückzuhalten, und ist nicht mehr egozentrisch? Oder ein Troll taucht auf und er vertreibt ihn – das gibt eine Belohnung! Oder aber der Betreiber des Forums schreibt einen Beitrag mit Rechtschreibfehlern – wird der Charakter ihn berichtigen? Und wenn er ständig berichtigt, bekommt er vielleicht das Attribut "Besserwisser"? Oder er muss, um das Gate zu reinigen, alle Trolle loswerden, und sein Belief ist dann: "Ich werde das Gate reinigen; zuerst vertreibe ich Talamar" usw.
Auch so lässt sich eine Charakterentwicklung ausmachen, die sich vielleicht in "Schicksalspunkten", in einem Ruf oder sonstwie niederschlagen, ohne direkt zählbar sein zu müssen – und es ist trotzdem nicht wie in einem völlig freien Rollenspiel "egal" oder reine "Willkür".
Ich hoffe, jetzt auch Raven halbwegs zufrieden gestellt zu haben. Es ist nämlich spät