Eine annähernd glaubwürdige Charakterentwicklung im Rahmen einer angemessenen Zeitspanne ist bei D&D ein hartes Brot für den Spielleiter, da die 13,5 (oder so) Encounter, die im Schnitt zum Aufstieg führen, recht schnell durch sind. Hier hängt es von der Art der Kampagne ab, von der Art der XP-Vergabe (volle XP, halbe XP, andere Fraktion an XP, oder völlig freie Vergabe durch den SL im Rahmen der Story), von der Art, wie der Stufenanstieg gehandhabt wird, etc.
Die von Zechi angesprochene Trainings-Variante findet bei uns Anwendung und nimmt meist einige Wochen oder auch mal einige Monate in Anspruch. Da die aktuelle Kampagne über zumindest 6 Jahre ausgelegt ist (mit storytechnisch bedingten Pausen für Stufenaufstiege, in harten Wintern, bei längeren Reisen, bei Erwerbstätigkeit, während Belagerungen, beim Einleben in eine fremde Stadt etc. ...), um die Charaktere in den Bereich irgendwo um Stufe 12-15 zu befördern, sind solche Pausen auch passend. Allerdings haben wir auch eher wenig Kämpfe, viel investigative Herausforderungen, und im späteren Kampagnenverlauf werden Belohnungen und Errungenschaften, die nichts mit dem Crunch zu tun haben, wichtiger. Andererseits ist bei 6 Jahren selbst bei Menschen nicht viel Alterung zu erwarten, lediglich die, welche recht jung gestartet sind, werden erwachsener. Viel mehr verändert sich das Auftreten und die Selbstwahrnehmung der Charaktere, und diese "Reifung" erhält mit ca. 6 Jahren "Reifezeit" einen angemessenen Rahmen.
In früheren Runden, wo ich noch Spieler war, hatten wir manchmal Kampagnen, die sich über einen längeren Zeitraum gestreckt haben, und da wir - damals wie heute - selten bis in hohe Stufenbereiche spielten (in egal welchem stufenbasierten System), war das Älterwerden und das charakterliche Reifen meist der eigentliche Faktor im Werdegang des Charakters (bei einem jungen Pagen in einer längerfristigen Kampagne war z.B. das 14. Lebensjahr, wo er Knappe wurde, und das 21. Lebensjahr, als er die Schwertleite zum Ritter erhielt, wesentlich wichtiger als irgendeine blöde Stufe). Erlittene Niederlagen, Schicksalsschläge, Verletzungen, errungene Siege und Ziele prägten die Charaktere auch in ihrer Darstellung bei den meisten meiner Mitspieler stärker als die XP-Zahl und die Werte auf dem Charakterbogen.
Mit anderen Worten: Die meisten Kampagnen umspannten bei mir einfach zu wenig gespielte Zeit und zu überschaubare Stufenbereiche, als daß hierbei ein Problem wahnehmbar geworden wäre. Eine durch verstrichene Zeit bedingte Charakterentwicklung war aber immer vorhanden.