Autor Thema: Pull / Push  (Gelesen 1722 mal)

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Tzelzix

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Pull / Push
« am: 10. Mai 2009, 22:33:10 »
Bin gerade über diese Diskussion gestolpert und muss sagen, dass mir die Ausführungen und besonders die darauf folgende Diskussion sehr zusagt. Möglicherweise nichts neues für den ein oder anderen, aber so "formalisiert" ist mir das noch nie über den Weg gelaufen. Erinnert mich sehr an die BW One-Shots, in denen zwar die Beliefs und Instincts schon Konflikte vorgeben, das Spiel aber eigentlich nur dann richtig gut funktioniert, wenn die Spieler zum Teil auch andere Spieler in einen Konflikt "triggern" oder eben der GM den Advocatus Diaboli spielt, damit das Spiel in Bewegung bleibt.

Darauf gestoßen bin ich übrigens hierdurch.
Never attribute to malice that which can be adequately explained by stupidity.

Berandor

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Re: Pull / Push
« Antwort #1 am: 11. Mai 2009, 08:04:48 »
Hm... ist dann Fanmail aus Primetime Adventures nicht auch eine Pull-Mechanik?

Um die Sache zu verwuscheln, hier mal ein Beitrag zu Teamwork von Thor, der rechten Hand des Burning-Wheel-Machers Luke Crane:
http://urdwell.blogspot.com/2007/04/technique-its-all-about-teamwork.html

Ob ich die Teilung Push/Pull aufrecht erhalten würde, weiß ich nicht. Aber wenn, bestünde der Job des SL wohl aus Push und der Job der Spieler untereinander aus Pulls. Bei SL-losen Spielen wie Breaking the Ice fällt dann der Push weg, wenn er nicht explizit eingebaut ist.

Aber ich weiß nicht mal, ob ich das aufrecht erhalten würde. Denn selbst der Push besteht doch nicht nur in einfachen Konflikten, sondern solchen, die dem Spieler Spaß machen und ihm Raum geben, sich einzubringen. Auch im Push versucht man doch, den Gegenüber bzw. den Spieltisch zusammenzubringen und sie lächeln zu lassen.
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TheRaven

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Re: Pull / Push
« Antwort #2 am: 11. Mai 2009, 10:49:26 »
Der Beitrag ist von 2006. Seither ist in der Indie-Szene viel passiert. Kann man diese Trennung überhaupt noch aufrecht erhalten? Mein Problem mit Pull sind ganz klar sozialer Natur. Das Prinzip soll ja aussagen, dass man mittels Narration die anderen Spieler bzw. den Spielleiter erfreuen soll, worauf diese einem Vorteile oder Belohnungen zusprechen. Es ist einfach zu sehen, wie schnell hier Ungerechtigkeit, ob nun echt oder gefühlt, aufkommt, da Sympathie und Antipathie eine treibende Kraft darstellen. Es wird zu einem kreativen Wettkampf, was ja durchaus zu genialen Resultaten führen kann aber andererseits die Sache doch sehr feindlich gestallten kann für Leute, die eventuell kreativ weniger begabt sind als ihre Mitspieler.

Ich bin der Meinung, dass die Investition von Zeit die primäre Währung eines Spieles sein sollte. Wenn also eine Gruppe von fünf Leuten jede Woche zusammen an den Tisch sitzt mit dem Willen ein gutes Spiel zu führen, dann halte ich es für fragwürdig die Bewertung des kreativen Outputs eines jeden Beteiligten zur primären Spielmechanik zu erheben. Ich finde die Belohnung von Kreativität ist äusserst wichtig aber sollte eben nicht der Kern eines solchen Spieles sein.

Soll heissen, dass ich ein Spiel, dass rein nur auf "Pull" setzt für inhärent unfair halte, wenn es keine Kompensation für weniger kreative Teilnehmer vorsieht.
Die Wissenschaft nötigt uns, den Glauben an einfache Kausalitäten aufzugeben.
- Friedrich

Berandor

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Re: Pull / Push
« Antwort #3 am: 11. Mai 2009, 10:52:59 »
Das hängt für mich entschieden vom Spiel ab. Breaking the Ice wäre für mich ein Spiel, bei dem das möglich ist, da man dort ja nur 2 Leute hat, die sich die ganze Zeit miteinander beschäftigen. Da sehe ich die Probleme nicht wirklich.
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TheRaven

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Re: Pull / Push
« Antwort #4 am: 11. Mai 2009, 11:18:26 »
Naja, kommt drauf an. Wenn zuerst Spieler A mit Spielerin B eine Szene hat und für seine kitschig-süssliche Narration grosszügig belohnt wird und dann Spieler C mit Spielerin B eine Szene hat und dessen glaubwürdige, geerdete Narration schiefe Blicke erntet (um es mal zu übertreiben), dann sehe ich hier schon einen Konflikt und zwar keinen guten im Spiel, sondern ausserhalb. Ja, das kommt wohl bei jedem System vor aber wenn man den Erzählstil in den Mittelpunkt von Belohnungsmechanismen stellt, dann fordert man sowas ja direkt heraus.
Die Wissenschaft nötigt uns, den Glauben an einfache Kausalitäten aufzugeben.
- Friedrich

Berandor

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Re: Pull / Push
« Antwort #5 am: 11. Mai 2009, 11:23:22 »
Aber spielt man Breaking the Ice nicht nur zu zweit?
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TheRaven

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Re: Pull / Push
« Antwort #6 am: 11. Mai 2009, 11:40:24 »
Komm mir nicht mit "Breaking the Ice", ich meine das generell in Hinsicht auf Pull-Mechaniken.
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- Friedrich

Tzelzix

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Re: Pull / Push
« Antwort #7 am: 11. Mai 2009, 15:44:58 »
Ist natürlich schon etwas älter, aber dennoch finde ich die Beschreibung sehr interessant und würde das gar nicht so eng wie du interpretieren. Pull kann ja auch in einem kooperativen Spiel auftreten, indem man Öffnungen schafft, die andere nutzen können. Das war eigentlich auch das, worauf ich mit meiner Anmerkung zu BW hinaus wollte.  Ist Pull wirklich nur das "erfreuen" der anderen, damit diese "belohnen" können? Ich würde das tatsächlich weiter auslegen, so dass in meinem Verständnis das eine ohne das andere eigentlich nicht funktioniert, jedenfalls nicht gut. Ein Beispiel aus dem Text ist natürlich, dass man dem anderen Spieler gefällt und deswegen einen Reroll als Belohnung bekommt, aber man könnte das auch so sehen, dass prinzipiell eine Öffnung, eine Lücke, in die jemand vorstoßen kann, auch eine Art Pull ist, wodurch das Spiel in Bewegung gehalten wird. Viele der Indie-Spiele selbst haben ja auch bereits ein paar Jahre auf dem Buckel, von daher und einfach nur aus Spaß an der Sache würde ich das Alter der Idee jetzt nicht zu sehr beachten.

Lustigerweise wird so etwas wie PtA ja scheinbar als "Push dominiert" angesehen, so jedenfalls die nachfolgende Diskussion, was daran liegen mag, dass man als Spieler dort normalerweise Szenen anfragt und damit immer auf etwas hinaus will und die höchste Karte dann dem Konflikt ihren Stempel aufdrücken kann. Fanmail fände ich allerdings auch recht "pullig". Jedenfalls eine lustige Kategorisierung, der ich aber gerade in der Auslegung auch nicht immer zustimmen kann.
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Berandor

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Re: Pull / Push
« Antwort #8 am: 11. Mai 2009, 16:06:09 »
Raven: Dachte, das bezöge sich konkret auf meinen Beitrag wg. System.

Na ja, aus dem Blogeintrag, den ich verlinkt habe:
Zitat
It’s using your contributions to send the action of the game hurtling in the direction that a fellow player desires, allowing him or her to pick up the scene and run with it. It’s recognizing the potential for a conflict that a fellow player has clearly been aiming toward, using your contributions to push for that conflict, and then stepping back to let your fellow player take the leading role. It’s also recognizing when a fellow player is setting things up for you, and then stepping up to the action without fear. It’s recognizing when another player has been idling in the background and helping to shift the spotlight to that player’s character.

Obwohl da "push" benutzt wird – ist das nicht auch ein Pull? So zu agieren, dass der andere Spieler das kriegt, was er will, und reinrutschen kann?
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1of3

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Re: Pull / Push
« Antwort #9 am: 14. Mai 2009, 09:39:34 »
Daran sieht man schon, dass, wenn man diese Unterscheidung aufrecht erhalten will, sie sich nicht auf ganze Rollenspiele beziehen kann, sondern einzelne Handlungen der Teilnehmer bezeichnet.

Man stellt dann fest, dass in jedem Rollenspiel abwechselnd gedrückt und gezogen wird. Es ist auch nicht so, dass die Spieler "in klassischen Rollenspielen" untereinander nur ziehen, während der Spielleiter drückt. Einer der vielleicht meist gebrauchten Sätze für Spielleiter ist sogar ein Ziehen in Reinstform, nämlich: "Was habt ihr vor?"

Ein Spiel wird also im Gegenteil genau dann richtig dynamisch wirken, wenn jeder Teilnehmer gelegentlich beides tut.
1of3's - Der deutsche Blog zum Thema Rollenspieldesign und -theorie: http://1of3.blogspot.com