Autor Thema: Spannungsbogen?  (Gelesen 3484 mal)

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Heretic

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Spannungsbogen?
« am: 07. Juli 2009, 12:19:22 »
Servus.
Ich bräuchte eine Auffrischung darüber, wie ein klassischer Spannungsbogen aussieht, wie ich ihn bestmöglich erreiche, und was so die Fallstricke sind, die ich umschiffen sollte.
Der Wikipedia-Artikel zu "Spannungsbogen" bringt mich zu dem Artikel über "Suspense", den ich dem Verfasser am liebsten...  *grummel*
Kurz und bündig: Ich suche eine kurze und knackige Zusammenfassung und keinen Artikel mit grob 1500 Wörtern, der schlicht unbrauchbar ist.

MFG

Drumlin

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Spannungsbogen?
« Antwort #1 am: 07. Juli 2009, 12:25:57 »
Ich kann dir jetzt höchstens die klassische Einteilung eines Dramas anbieten:

1.Akt: Einführung und Vorstellung der Personen
2.Akt: Steigerung
3.Akt: Höhepunkt
4.Akt: Verzögerung
5.Akt: Auflösung/Katastrophe
"Bluten ist eine freie Aktion."

Der Tod

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Spannungsbogen?
« Antwort #2 am: 08. Juli 2009, 16:47:32 »
In Spirit of the Century wird folgendes Konzept beschrieben:

1. Einstiegs-Bedrohung um den Ball ins Rollen zu bringen
2. Enthüllung der wahren Bedrohung
3. Problem das zuvor überwunden werden muss
4. Situation des schier unausweichlichen Todes
5. Letzter Twist und Hinleitung zum
6. Showdown
optional: 7. Halsbrecherische Flucht

Das ist natürlich für Pulp-Abenteuer gedacht (und bevor eine Railroading-Lawine losgetreten wird: NICHT als starres Spielkonzept gedacht), aber vielleicht hilft es ja. :)

Bruder Grimm

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  • DnD-Gate-SL-Contest-Gewinner 2008
Spannungsbogen?
« Antwort #3 am: 08. Juli 2009, 18:06:55 »
Was sich weitgehend mit der "Heldenreise" nach Joseph Campbell deckt.
Vielleicht hilft dir der Wikipedia-Artikel dazu und die darin enthaltenen Links weiter.
Wer im Glashaus sitzt, der werfe den ersten Stein.

Fanatiker

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Spannungsbogen?
« Antwort #4 am: 09. Juli 2009, 11:49:17 »
Wirst es sicherlich schon gefunden habe, aber ist eigentlich eine gute Zusammenfassung (vor allem mit Beispielen) wie Spannungsbögen entstehen.

Zu dont's habe ich jetzt nichts gefunden. Aber die sind im Prinzip klar, wenn man die do's kennt  :wink:

Achso. Hier der Link
ALEA IACTA EST

Lich

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Spannungsbogen?
« Antwort #5 am: 09. Juli 2009, 12:01:31 »

Das Thema mal aus einer anderen Betrachtungsweise: ich bin gegen konstruierte Spannungsbögen.
Warum? Ganz einfach: sie schaffen eine künstliche Geschichte mit eingeschränkter Interaktion und wenig Zufallsmomenten.

Ich mag es hingegen, wenn den Spielern eine realistische Welt mit uneingeschränkten Interaktionsmöglichkeiten
präsentiert wird, ohne das vorher genau feststeht, wie die Sache auszugehen hat.
Liches are cold, scheming creatures that hunger for ever
greater power, long-forgotten knowledge, and the most terrible of arcane secrets. (MM 4Ed)
-4E is D&D for people who don't like D&D /A4L-Member

Dao

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Spannungsbogen?
« Antwort #6 am: 09. Juli 2009, 12:40:50 »
Das schöne ist ja das sich so ein Spannungbogen mit einer freien Welt nicht beißt. Das grundkonstrukt steht fest aber der Weg ist ungewiss.
Was Zwerge hassen, kann man nicht essen!

Lich

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Spannungsbogen?
« Antwort #7 am: 09. Juli 2009, 12:57:12 »
Das grundkonstrukt steht fest aber der Weg ist ungewiss.
Aber der Weg ist doch nach den oben angegebenen Prinzipien genau definiert.
z.B: mit "Situation des schier unausweichlichen Todes", "Steigerung" "Höhepunkt" etc.

Liches are cold, scheming creatures that hunger for ever
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Fanatiker

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Spannungsbogen?
« Antwort #8 am: 09. Juli 2009, 13:20:26 »
Aber ein Spannungsbogen arbeitet doch mit dem Prinzip der unvorhergesehenen Wendung?

Zwar ist die dadurch entstehende Spannung konstruiert, doch entsteht doch gerade durch diese Konstruktion nicht das Gefühl in einer künstlichen Geschichte zu stecken, sondern selbst entscheiden zu können.

Letzen Endes sind alle Abenteuer (selbst Improvisationsabenteuer) in irgendeiner Weise vorkonstruiert und wenn es alleine durch das "Vordenken" des Spielleiters geschieht.

Die Kunst ist es eben diese Konstruiertheit (gibt es das Wort überhaupt ^^) bicht auffallen zu lassen. Dazu dienen letztlich auch die Spannungsbögen.
ALEA IACTA EST

Lich

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Spannungsbogen?
« Antwort #9 am: 09. Juli 2009, 13:55:35 »
Zwar ist die dadurch entstehende Spannung konstruiert, doch entsteht doch gerade durch diese Konstruktion nicht das Gefühl in einer künstlichen Geschichte zu stecken, sondern selbst entscheiden zu können.
Das widerspricht sich doch mit der Spannungsabfolge. Spannung entsteht nicht wie beim Film oder Computerspiel durch gescriptete oder vorgeschriebene Ereignisse, sondern erst durch die Wahl des Weges durch die Spieler.

Zitat
Letzen Endes sind alle Abenteuer (selbst Improvisationsabenteuer) in irgendeiner Weise vorkonstruiert und wenn es alleine durch das "Vordenken" des Spielleiters geschieht.
Das sehe ich anders. Ein Spieler sollte jederzeit die Möglichkeit haben, im Abenteuer andere Wege zu gehen oder sogar das Abenteuer komplett zu verlassen, d.h. z.B. den Oberbösewicht ignorieren. Ich kann keine "Steigerung" oder einen "Höhepunkte" einbauen, wenn die Charaktere gerade beim Shoppen in einer Hafenstadt sind, fernab vom Dungeon.

Die besten und spannendensten  Momente, die ich beim Rollenspielen als Spieler und Spielleiter hatte, waren im Grunde absolute Zufallsmomente.

Beispiel: Der mächtigste Protagonist und Helfer der PCs, epischer Held stirbt durch einen absoluten Zufallstreffer in einem kritischen Moment (critical hit, Rettungswurf versiebt). Das hatte zur Folge, dass das komplette "Abenteuer" zu neuen Wegen führte.  Das ist es doch, was Rollenspiel ausmacht. Nicht irgendwelche konstruierten Spannungsmomente, sondern Geschichten, wie sie das echte Leben auch schreibt. Sonst kann ich mir auch gleich einen Film ansehen oder nachspielen.
Liches are cold, scheming creatures that hunger for ever
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-4E is D&D for people who don't like D&D /A4L-Member

Xiam

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  • Mörder der 4E
Spannungsbogen?
« Antwort #10 am: 09. Juli 2009, 14:12:29 »
Zitat
Letzen Endes sind alle Abenteuer (selbst Improvisationsabenteuer) in irgendeiner Weise vorkonstruiert und wenn es alleine durch das "Vordenken" des Spielleiters geschieht.
Das sehe ich anders. Ein Spieler sollte jederzeit die Möglichkeit haben, im Abenteuer andere Wege zu gehen oder sogar das Abenteuer komplett zu verlassen, d.h. z.B. den Oberbösewicht ignorieren. Ich kann keine "Steigerung" oder einen "Höhepunkte" einbauen, wenn die Charaktere gerade beim Shoppen in einer Hafenstadt sind, fernab vom Dungeon.
Sowas absolut freies kann kein Mensch leiten und das wollen auch die wenigstens Spielen, weil dabei am Ende immer völlige Banalitäten rauskommen und man irgendwann in Stereotype und Klischees verfällt, weil man ja alles immerzu improvisieren muss.

Ich will sowas als Spieler nicht, das ist eine vollkommen übertriebene Freiheit.
1984 was not supposed to be an instruction manual.

TheRaven

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Spannungsbogen?
« Antwort #11 am: 09. Juli 2009, 14:47:34 »
Das widerspricht sich doch mit der Spannungsabfolge. Spannung entsteht nicht wie beim Film oder Computerspiel durch gescriptete oder vorgeschriebene Ereignisse, sondern erst durch die Wahl des Weges durch die Spieler.
Kommt drauf an, wie funktionieren deiner Meinung nach denn die Kaufabenteuer? Eben. Am Ende kommt es auf den Spielstil drauf an. Es gibt nicht nur eine Möglichkeit Spannung zu generieren. Und ich Xiam nur beipflichten, absolute Freiheit im Rollenspielabenteuer kann kurzfristig funktionieren aber wenn sich nicht alle höllisch anstrengen und das immer und immer wieder, dann verfällt man zwangsläufig in die immergleichen Abläufe und Klischees.

Gutes Rollenspiel ist die glaubwürdige Illusion der Freiheit, eingenäht in ein schön besticktes, locker sitzendes Kleid der Handlung. Poetisch, nicht wahr?
« Letzte Änderung: 09. Juli 2009, 14:50:46 von TheRaven »
Die Wissenschaft nötigt uns, den Glauben an einfache Kausalitäten aufzugeben.
- Friedrich

Der Tod

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Spannungsbogen?
« Antwort #12 am: 09. Juli 2009, 16:14:38 »
Fantastisch.
Ich sehe das so: Absolute Freiheit für die Spieler ist schön. Aber wonach richtet du als SL dich? Was geschieht von Seiten der Spielwelt? Reagiert die immer nur auf das was die Spieler tun und klappt da immer schön alles? Oder wirfst du auch von dir aus Impulse ein?
Und genau dazu kann man sich an so einem Spannungsbogen orientieren. Als Anregung, was man als SL nun mit der Szene anfangen könnte.
Und außerdem bin ich beinahe sicher, dass auch viele selbstgemachte Geschichten mehr oder minder diesem Bogen folgen, da es sich um ein recht typisches Modell handelt, wie sich ein Konflikt entwickelt.

Wormys_Queue

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Spannungsbogen?
« Antwort #13 am: 09. Juli 2009, 20:07:12 »
Ich weiss auch nicht, warum man nicht alles auf einmal haben kann.

Siehe Age of Worms, erstes Abenteuer. Das Abenteuer an sich ist recht linear gestrickt. Man geht in einen Dungeon, trifft einen Questgeber, erledigt für den einen Auftrag, geht wieder zurück, der öffnet einem eine bis dahin verschlossene Tür und man gelangt zum Finale. Auf den ersten Blick eine kleine Eisenbahnfahrt.

Dazu gibts aber einen wunderschönen Artikel über die Startstadt mit vielen interessanten Örtlichkeiten, NSC, Nebenplots, kleinen Ideen für weitere Abenteuer undundund. Jetzt sucht man sich schon eine schöne Kampagnenwelt, baut dort alles ein, sucht sich ein paar Spieler und lässt die einfach auf das Setting los. Sie bestimmen im Prinzip, was sie machen wollen, als Spielleiter hat man aber alle Informationen, um die Umwelt dynamisch reagieren zu lassen, und falls mal tote Hose ist, hat man noch den eigentlichen Abenteuerplot, an dem man sich orientieren kann. Inklusive Spannungsbogen und allem Pipapo.
Think the rulebook has all the answers? Then let's see that rulebook run a campaign! - Mike Mearls
Wormy's Worlds

DU#1229

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Spannungsbogen?
« Antwort #14 am: 09. Juli 2009, 20:22:13 »
Jupp, die besten Kampagnen wachsen. Und zwar dynamisch. Allen Regeln zum Trotz, halte ich die Vorgehensweise für falsch, erst einen Spannungsbogen zu konstruieren und dann das Abenteuer drumherum. Denn dieser Mechanismus ist so tief in uns verwurzelt, dass man ihn als abschreckendes Beispiel nehmen sollte. Schön durchbrechen und neue Grenzen austesten... mhh... ich bekomme gerade böse Ideen... muss das jetzt mal formulieren...

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