Ich finde es sehr problematisch, wenn man als "Mitglied" einer Subkultur (=Rollenspieler, Computerspieler) jegliche Kritik von ausserhalb einfach so schlechtredet.
Fakt ist, wenn man etwas sehr lange und intensiv betreibt, führt das zu Veränderungen im Gehirn. Ich würde es daher nicht grundsätzlich ausschliessen, dass es Korrelationen zwischen Verbrechen/Unfällen und den Beschäftigungen mit derartigen Dingen gibt.
Kein Mensch weist die Kritik an Rollenspielen oder Computerspielen per se zurück, nur diese Dinge als alleinige Ursache für z.B. Suizide (wie es Pat Pulling im Fall ihres Sohnes getan hat) oder den Amoklauf eines Jugendlichen hinzustellen ohne auch nur einen gedanken an mögliche andere Gründe oder vielleicht sogar eine unglückliche Kostellation aus Ursachen zu verschwenden ist fernab jeglicher realität.
Also laut der englischsprachigen Wikipedia hat ihre Organisation BADD mit ihrem Tod im Jahre 1997 praktisch aufgehört zu existieren. Wenn das nicht stimmt, was treiben die denn mittlerweile so?
Soweit ich mal gelesen habe (vor ein oder zwei Jahren) sind die mittlerweile so klein, dass sie nahezu keinen Einfluss mehr haben und setzen sich verstärkt gegen Scientology ein... müsste das jetzt aber recherchieren.
Es hat mich auch erschrocken zu lesen, dass man als ausgewiesener Laie nur durch seine Medienpräsenz als Gutachter vor einem Gericht zugelassen wird. Ist das in den USA einfach so möglich? Hätte nicht jeder einigermaßen anständige Verteidiger vor Gericht ihre Kompetenz anzweifeln müssen und sie vom Verfahren ausschließen lassen? Und was für Verfahren sollen das überhaupt gewesen sein, was wurde da verhandelt?
Damals (Anfang bis Mitte der 80er) ging es um eine Reihe von Zivilprozessen gegen TSR und sogar einige Spieldesigner. Angestrengt wurden diese Prozesse von Angehörigen (meist Eltern) Jugendlicher, die z.B. einen Verlust ihrer Kinder zu beklagen hatten, für den sie (direkt oder indirekt) D&D verantwortlich machten. Dabei ging es um Suizide, aber auch um Morde, bei denen der Täter angab, D&D-Spieler zu sein. Manche Täter gaben daher sogar vor Gericht an, dass sie durch das Spiel erst zum Gewalttäter geworden seien - vielleicht in der Hoffnung, mildernde Umstände geltend machen zu können. Es gab sogar Fälle, in denen Eltern klagten, deren Sprösslinge selbst wegen einer Gewalttat hinter Gittern einsaßen, und die sich den Nachweis einer verminderten Schuldfähigkeit ihres Kindes erhofften, wenn nur deutlich gemacht wurde, dass das Spiel in Wirklichkeit Schuld an der falschen Entwicklung ihres Kindes sei. Patricia Pulling wurde in solchen Prozessen dann gerne als Gutachterin herangezogen.
Man darf dabei aber nicht außer Acht lassen, dass es zu Anfang der 80er seriöse Studien zum Einfluss von Medien auf die Psyche sich in der Entwicklung befindlicher Jugendlicher noch nicht gab, genausowenig wie Experten zu dem Thema. Pat Pulling hatte sich durch ihre Medienpräsenz einfach einen Namen gemacht, so dass niemand ihre Motive ernsthaft hinterfragte. Sie konnte gut und (in den Augen vieler einfacher Leute, welche sich mit D&D nicht auskannten) logisch argumentieren und ihre Hypothesen "stichhaltig" vorbringen. Das hat ihr den Ruf einer "Expertin" auf dem Gebiet der jugendgefährdenden Medien eingebracht. Hinzu kam, dass ein Blick auf die mit Dämonen und halbnackten, gefesselten kurz vor der rituellen Opferung stehenden Jungfrauen bebilderten Cover der AD&D-Regelwerke für jemanden, der nicht weiß, worum es tatsächlich geht, ziemlich deutliche Fehlrückschlüsse zuließen.
Und natürlich kannst du in den USA (und auch bei uns in Deutschland) jeden als Zeugen vor ein Gericht bestellen und sagen, das sei ein Experte und du willst seine Meinung als Gutachter als Beweis einbringen. Die Frage ist halt, ob das Gericht seinem "Expertenurteil" folgt und den Beweis zulässt. Im Fall von Pat Pulling hat ihre Medienpräsenz offensichtlich dafür gesagt, dass es so gekommen ist.
Genützt hat es aber nichts, denn nicht ein einziger Prozess gegen TSR wurde von den Klägern gewonnen. Das einzige, was man erreichte, war, dass TSR tatsächlich seine Regelwerke zensierte und z.B. die Begriffe "Teufel" und "Dämon" daraus verbannte.
Außerdem sollte man nicht außer Acht lassen, dass die Organisation zwar BADD heißt/hieß, sich aber generell gegen ihrer Meinung nach jugendgefährdende Medien richtete, wie z.B. auch Heavy Metal Musik, Pornografie etc. D&D war nicht der einzige erklärte Feind.