Man kann hier theoretisch (und praktisch) unhöflich, herabwertend, persönlich, provozierend und beleidigend sein, solange man die äußere Form des Postings wahrt und sich darauf beschränkt, all diese Dinge indirekt zu verpacken, gezielt anzudeuten oder dezent in elaborate Rhetorik zu verpacken. Springt jemand darauf an, dreht man es gegen ihn um. Und es gibt hier immer wieder Fälle, wo diese Option genutzt wird. Manche nutzen sie öfters, manche seltener, manche systematisch (und klinken sich dazu auch in Diskussionen ein, zu denen sie nicht viel beizutragen haben).
Ganz von allem anderen ab, stimme ich dir hier zu, aber vielleicht anders, als du denkst
Einerseits ist die Problematik klar; die gewollte Wirkung von Sätzen lässt sich nur unzureichend interpretieren, wenn sie von der eindeutigen Form abweicht. Wenn ich in Jeans zu einer Soiree erscheine, dann merkt das jeder – aber wenn ich mir nur die Finger nicht wasche und dann das ganze Buffet anpatsche, ist das nicht so offensichtlich und schon gar nicht eindeutig, ob ich da bewusst handele oder nicht. Außerdem ist es sehr viel schwieriger, das "Vergehen" zu beziffern – insofern sind manche der Beiträge, die einem aufstoßen, vielleicht eher der generellen Diskussionsart zu schulden als weniger einem konkreten Verstoß, und jetzt an einem Beitrag festzumachen, was einen an einem anderen User stört, ist dann nicht einfach.
Der Ton spielt also natürlich die Musik, und es ist auch immer eine Frage, wie etwas verstanden wird, nicht unbedingt, wie es gemeint war. Da bin ich Konsequentialist. Aber ich bin selbst jemand, der seine Meinung sehr offensiv darlegt (offensiver, als ich sie eigentlich habe) und damit durchaus Diskussionen provozieren will. Wohlgemerkt Diskussionen, nicht unbedingt Streit. Damit ecke ich auch bei einigen an. Wenn man allerdings exzessiv gegen alle denkbaren Beleidigungen vorgeht, kommt es m.E. eher zum Erliegen der Diskussionskultur. Das liegt daran, dass sich jemand mit passiv-aggressivem Schreibstil eben leicht dahinter verstecken kann, er/sie "habe ja nicht beleidigt". Und weil so eine Auffassung auch sehr persönlich ist, kann es auch schnell dazu kommen, dass da tatsächlich jemand etwas in den falschen Hals bekommen hat. Um auf Nummer Sicher zu gehen, wird man dann m.E. schnell übereifrig.
Ich finde auch bspw. Wormys verlinktes Zitat von Darigaaz völlig problemlos. Als jemand, der Anime weder liebt noch verabscheut (also als Außenstehender
) signalisiert mir dieser Satz nicht, dass Darigaaz hier zu einer Diskussion einlädt, und wenn ich mich schon dadurch verletzt fühle, dass andere etwas nicht mögen, das ich mag, na dann ist es eh zu spät. Das ist doch genau der Unterschied zwischen "Burning Wheel ist scheiße" und "Wer Burning Wheel mag, ist ein Idiot." Während ich finde, dass man beides hinnehmen können muss, ohne 4e-Bücher zu verbrennen, kann ich bei zweitem noch verstehen, wenn man sich angegriffen fühlt – schließlich wird man da evtl. persönlich angegriffen. Bei ersterem aber nicht.
Und da kommt es eben wieder zu der Sache mit dem Ton. Mir ist es lieber, wenn Darigaaz "Animescheiß" schreibt als "Diese komischen Tentakeltrickfilme aus Japan" als bewusste Provokation, die aber etwas netter verpackt ist.
Letzten Endes kann man eigentlich nur drei Dinge tun: Es so lassen – was anscheinend problematisch ist –, die Praxis lockern – ich würde das befürworten, aber das ist offiziell nicht gewünscht –, oder die Kontrolle verschärfen. Dazu wäre es beispielsweise gut, einen Button bei jedem Beitrag zu haben, mit dem man die Redaktion davon in Kenntnis setzen kann, dass der Beitrag stört. Zumindest sehe ich keinen solchen im Raven-Ghost-Format des Forums. Wenn mich also etwas stört, kann ich darüber einen neuen Thread aufmachen, oder ich kann mich durchs Forum klicken, bis ich endlich einen Moderator gefunden habe und dem dann eine PM schreiben, oder rotzig antworten, aber nicht mal eben "fire and forget" um Hilfe rufen. Und es müssten aktivere Moderatoren benannt werden, die eben tatsächlich frühzeitig eingreifen (weil sie gerufen wurden?) und nicht so viel durchgehen lassen. Eine strengere und aktivere Moderation ist aber m.W. auch nicht gewollt. Und Ignore-Listen ja auch nicht. Insofern bleibt wohl nur, es so zu lassen.
Ich finde allerdings immer noch, dass man idealerweise (und ich halte mich selbst ganz sicher nicht immer daran) einfach nur zwei Richtlinien folgen muss, um Forenfrieden zu gewährleisten:
1. Sei kein Arschloch. Ergo nicht trollen, nicht flamen, nicht spammen...
2. Versuche Beiträge möglichst so zu lesen, dass sie keine gewollte Provokation darstellen. Ergo dem anderen gutwilligen Zweifel angedeihen lassen, oder wie immer "benefit of the doubt" auch übersetzt wird. Das kann bedeuten, Smilies dazu zu denken, oder "der weiß es halt nicht besser" oder "das meint er gar nicht so" oder eben auch "der kann mich, da reagier ich nicht drauf".
Das bedeutet natürlich auch, Distanz zu wahren, und wenn man in manche Diskussion gezogen wird, kann diese Distanz schon mal verloren gehen, wie ich aus eigener Erfahrung weiß. Aber auch darum bin ich hier ja nicht mehr – und zwar wirklich nicht (na ja, ich bin noch nebenan), anders als Raven meint, denn heute hat mich nur eine Mail von Osric noch mal ins Forum gelockt.
(großzüger Edit im Mittelteil: 02:00)