Gut, fangen wir bei den Parteiprogrammen, bzw. im Falle der Linken dem Entwurf eines solchen an:
Vorbemerkung/GrundgedankenWir werden unterschiedliche Traditionen, Erfahrungen und Kompetenzen jener Kräfte bewahren und erschließen, die gemeinsam unsere neue Partei bilden.
Klartext: Wir gucken nicht über den Tellerrand und bleiben unter uns. Unsere Ideen sind die besten.
Wir Nationaldemokraten stehen mit aller Konsequenz gegen die verstaubten Ideologien vergangener Jahrhunderte, gegen Aufklärungsutopien und gegen multi-ethnische Exzesse, denen derzeitig das deutsche Volk ausgesetzt ist.
Klartext: Wir grenzen uns ab und verurteilen die Geschichte als eine Verkettung unglücklicher Ereignisse. Wir werden es besser machen. Vielleicht. Auf jeden Fall anders.
Punkt I der beiden ProgrammeTitel: I. Gemeinsam für eine andere Politik
Titel: 1. Grundlage des Staates ist das Volk
Beide Parteien setzen hier auf Gemeinsamkeit, gemäß ihren 'Gesinnungen' sagt die LINKE 'gemeinsam', die NPD 'Volk' die Wählerkreise werden sich angesprochen fühlen.
Beide Parteien führen jetzt erstmal nix aus, was mit dem Titel zu tun hätte, sondern labern über ihr Weltbild. Das sieht dann so aus:
Die Vielfalt individueller Lebensentwürfe und das Aufbrechen traditioneller Rollen der Geschlechter begreifen wir als eine Chance für Individualitätsentfaltung, deren Basis es durch materielle und soziale Sicherheit kollektiv zu sichern gilt. Wir wenden uns gegen eine Politik des "Forderns und Förderns", die Arbeitslosigkeit zum individuellen Problem erklärt. Stattdessen wirken wir für gesellschaftliche Rahmenbedingungen, die Arbeit und Persönlichkeitsentwicklung für alle Menschen ermöglichen.
Die Völker sind die Träger der Kulturen. Völker unterscheiden sich durch Sprache, Herkunft, geschichtliche Erfahrung, Religion, Wertvorstellungen und ihr Bewußtsein. Ihrer kulturellen Eigenart werden sich die Völker besonders dann und dort bewußt, wo diese gefährdet ist. Die Erhaltung der Völker dient der Erhaltung der Kultur. Bloße Gesellschaften entwickeln keine Kultur, sondern bestenfalls eine Zivilisation, deren höchster Wert materiell ist. "Multikulturelle" Gesellschaften sind in Wirklichkeit kulturlose Gesellschaften. Die Vielfalt der Völker muß erhalten bleiben. Die politische Organisationsform eines Volkes ist der Nationalstaat, in dem ein Volk seine Werte pflegt, seine Sicherheit gewährleistet, seine Zukunft sichert und die materiellen Voraussetzungen seines Lebens garantiert. Deutschland ist das Land der Deutschen und somit die Heimstatt unseres Volkes. Die Erhaltung unseres Volkes und der Schutz für alle seine Teile sind die höchsten Ziele deutscher Politik.
Die NPD braucht etwas länger um etwas halbwegs verständlich zu formulieren, man sehe mir also nach, dass die Zitate ihres Programmes umfangreicher sind.
In Ermangelung von ausreichend Kaffee um mir beide Parteiprogramme jetzt noch einmal vollständig durch zu lesen, spicken wir uns einen Punkt heraus: Bildung.
Die Ergebnisse der Wissenschaften und die Revolution der Informations- und Kommunikationstechnologien haben die Chancen für die freie Entwicklung der Einzelnen erhöht. Doch der Zugang zu Wissenschaft, Bildung, Kultur und Information ist gerade in Deutschland nicht allen in gleicher Weise möglich. Neoliberale Strategien ordnen diese Potenziale der Standortkonkurrenz und dem Zwang zur Selbstvermarktung unter. Statt auf umfassende Bildung wird auf kurzfristig verwertbares Wissen gesetzt. Die Möglichkeiten des Bildungserwerbs werden unter diesem Blickwinkel eingeschränkt.
[...]
Mit unseren politischen Alternativen wollen wir die Teilhabe jedes Menschen am gesamten Reichtum von Wissenschaft, Bildung, Kultur und Information ermöglichen, die kreativen Potenziale wecken und die Beteiligung an gesellschaftlicher Veränderung stärken. Das Recht auf unentgeltliche Bildung gehört ins Grundgesetz. Wir fordern die Verwirklichung dieses Grundrechts für alle, unabhängig von ihrer Nationalität, sozialen Lage, von Geschlecht und besonderer körperlicher und geistiger Verfasstheit. Bildungserwerb, kultureller Austausch und Medienkompetenz sollen ein eigenständiges und freies Leben ermöglichen. Wissenschaft und Kultur sind ein demokratisches Gut und der Allgemeinheit verpflichtet.
Auf der Grundlage des Dogmas der angeblichen "Gleichheit aller Menschen" wurde durch unsinnige Reformen unser Schul- und Hochschulwesen in den heutigen desolaten Zustand versetzt. Hinter diesen gesellschaftsverändernden Reformen steht die überholte Vorstellung, man könne durch gesellschaftspolitisch ausgeklügelte Reformprogramme eine neue Gesellschaft mit Menschen gleicher Fähigkeiten und gleicher Leistungen schaffen.
Wie die Erfahrung zeigt und die Wissenschaft überzeugend nachgewiesen hat, sind die Menschen hinsichtlich ihrer Begabungen und ihres Leistungsvermögens ungleich. Wer trotz dieser Erkenntnisse ein kollektivistisches Schul- und Hochschulsystem aufbaut bzw. beibehält, trägt die Verantwortung für alle Folgeerscheinungen , die von kindlichen Verhaltensstörungen bis zu Suchterkrankungen und Jugendkriminalität reichen. Fehlende Wissensbreite und fehlende Eliten sind ein weiteres Merkmal dieser falschen Politik.
Begabtenförderung und Zweiter Bildungsweg sind auszubauen.
Wir Nationaldemokraten bekennen uns zur Vielfalt des Lebens und seiner Erscheinungen in Natur und Kultur und deshalb zur Anerkennung und Achtung der natürlichen Ungleichheit der Menschen. Gleich sind die Menschen vor dem Gesetz und in der Unantastbarkeit ihrer Würde.
In beiden Ausschnitten sind vorwiegend schwammige Formulierungen enthalten, die LINKE wagt es nicht, sich vorzustellen, dass Otto Yildirim auf Grund von (genetischer Veranlagung/Erziehung/sozialem Umfeld/trage deine liebste Erklärung ein) vielleicht gar kein Interesse daran hat, Medienkompetenz zu entwickeln, im Gegensatz zu Achmed Müller, der auf Grund von (siehe weiter vorn) ein hochgradiges Interesse daran hat, die NPD sagt, na wenn's dem Otto wurscht ist, fördern wir doch lieber den Achmed und passen auf, dass Otto nicht überfordert wird. Beide Parteien berufen sich auf die ominöse "Wissenschaft" und lassen Konkretes lieber außen vor.
Gut, lassen wir die Parteiprogramme gut sein und gucken wir mal auf die Logo-Gestaltung:
Wir sehen: schwarz-weiß-rot ist 'in'. Kursives 'nach rechts neigen' ebenfalls, bei der NPD etwas stärker.
Die LINKE lässt ihr Logo ungerahmt, suggeriert so Offenheit, der rote i-Punkt der in die linke Richtung zeigt, weist wortwörtlich die Richtung.
Die NPD rahmt lieber, das suggeriert Einheit und Geschlossenheit.
Die Linke nimmt dafür den Punkt, der sagt: Wir haben fertig. Ihr Logo soll zugleich in zwei Worten den gesamten Inhalt der Partei wiederspiegeln.
Die NPD nimmt dafür den 'Untertitel': "Die Nationalen" - mehr gibt's dann auch nicht zu sagen.
Aber solche Grafikinterpretationen sind immer grob fahrlässig. Vermutlich haben sich beide Parteien einfach nur gedacht: 'Sieht ja ganz hübsch aus, so...'
Parteivorsitz:
LINKE: Bisky und Lafontaine, beide in der ersten Hälfte der 40er Jahre geboren, B Kulturwissenschaftler, L Physiker.
NPD: Voigt, geboren in der ersten Hälfte der 50er, Politikwissenschaftler.
Parteivorstand:
LINKE: 8 Leute, davon 3 weiblich, fünf männlich
NPD: 18 Leute, alle männlich
Sowohl Lafontaine als auch Voigt sind schlechte Redner, von Bisky habe ich gerade keine Rede im Kopf.
Während Lafontaine immer rumhampelt (ähm, sich gediegen, aber häufig, bewegt) und genau zwei Gesten kennt (die Hände, Flächen zueinander in Körperbreite gerichtet und dann entweder Kreisbewegungen [bei 'großen' und 'wichtigen' Dingen] oder nach unten schlagend, dann kann er noch die Faust), seine Logik ist unberechenbar und wohl nur für ihn und Parteigenossen nachzuvollziehen (siehe zB hier:
http://www.youtube.com/watch?v=CJ_CNWdLpU8).
Voigt ist ähnlich schlecht, versucht immer sehr ruhig zu sein und gelassen, aber energisch aufzutreten, spricht langsamer und deutlicher, die Logik ist die gleiche wie bei Lafontaine.
Illustre Stimmungs- und Meinungsmache
Die LINKE erklärt mir die Briefwahl und zwar so, dass ich weiß: die LINKE hält mich für stinkfaul – und findet das nicht einmal schlecht. Den Spot kann sich jeder auf der Seite der LINKEn ansehen.
Die NPD verbreitet auf Schulhöfen tolle (Achtung: Ironie) CDs und auch einen heiteren Comic (sehr amüsant:
http://medien.npd.de/dateiablage/jn_entengegenhuehner.pdf ). Die LINKE ruft zu Demonstrationen auf, auf welchen wir dann lustige Transparente mit Schriftzügen wie „Wir zahlen nicht für Eure Krise“ bewundern dürfen. Denn so weit reicht die Gemeinsamkeit dann doch nicht.
In ihrem Wahlwerbespot für Sachsen klärt mich die NPD völlig ohne Zusammenhang mit irgendetwas über Einwohnerschwund und Ausländerquote auf, die LINKE hingegen lässt Mitglieder und Wähler zu Wort kommen, die Dinge sagen wie [Achtung: lautsprachlich transkribiert] „Damit dasch in diesEm AfghanischtAhn nicht so wirt wie in WiEtnahm.“
Das sind unter anderem Gründe weshalb für mich beide Parteien auf einer Stufe stehen. Nicht, weil sie von den Inhalten vergleichbar sind, sondern weil sie beide das gleiche machen: sie marschieren in ihre Randgruppe ein, setzen sich mit Parolen und Phrasen in deren Köpfen fest und bewegen so zur Wahl. Der tatsächliche Inhalt beider Parteien geht gegen null, aber das ist ja in der Politik nicht unüblich. Keine der beiden Parteien dürfte ernsthaft damit rechnen, Regierungspartei zu werden – und das merkt man. Ihre Art der Präsentation, ihre 'Inhalte' und ihr Bestreben sind nicht auf Regierung, sondern auf Opposition ausgelegt. Zum Regieren würde ihnen auch das Zeug fehlen.