Autor Thema: Blutregen  (Gelesen 3128 mal)

Beschreibung: Erstes Abenteuer unserer Ravenloftgruppe

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Nightmoon

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Blutregen
« am: 14. Dezember 2009, 16:59:03 »
Inzwischen hab ich auch angefangen unser erstes Abenteuer auf Ravenloft aufzuschreiben. Werde mit der Zeit immer mal wieder was reinstellen :)




Prolog

Nebel – damit fing alles an. Es fängt immer damit an. Doch jetzt ist es anders. Wie kochendes Blut steigt er mir in die Nase. Dies scheint das Ende zu sein. Der Armee von Toten haben wir nichts entgegenzusetzen.
Schreie von Schmerzen und Angst erfüllen die Gassen. Ich wage nicht hinauszuschauen. Auch an meine Tür schlagen sie ihre verwesenden Fäuste. Bald werden sie hier sein. Drei, vielleicht Vier werde ich vorher niederstrecken können, doch dann werden sie mich holen.
Die Vistani scheint recht zu behalten. Der blutige Regen ist unser Verderben. Oder werden die Helden uns doch noch retten?
Hoffnung – damit wird es wohl enden. Es endet immer damit…

Constable Richard
« Letzte Änderung: 14. Dezember 2009, 17:03:44 von Nightmoon »

Nightmoon

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Blutregen
« Antwort #1 am: 14. Dezember 2009, 16:59:47 »
Nebel

…Seine Gegner übertreffen ihn an Menge. Vier an der Zahl. Doch der Krieger lächelt nur in sich hinein, während er konzentriert auf den ersten Schlag wartet. Der Angreifer brüllt laut auf, bevor er zuschlägt. Sein Einschüchterungsversuch ist nicht mehr als eine überflüssige Warnung für den Helden und sein Angriff ungeübt. Die Parade wirft ihn zu Füßen des nächsten Angreifers. Er stolpert, stürzt, spürt den schweren Druck des Panzerstiefels auf seinem Rücken. Noch ehe die beiden Anderen angreifen können, holt der Krieger aus. Seine Waffe trifft den ersten hart, macht eine Schleife und erwischt den zweiten seitlich am Kiefer. Der Krieger wendet seinen Blick ab, dreht sich um. Er schmeißt seinen Stock in das Lagerfeuer. Der Held weiß jeden Kampf zu würdigen, doch das hier war keiner, sondern nur eine kleine Lektion für ein paar Frischlinge, bewaffnet mit Holzstöcken, welche sich nun ihre Blessuren reiben.
Weit war die Strecke die er hinter sich gelassen hatte, doch für seinen Geschmack konnte sie nie weit genug sein. Wie eine Zecke saß die Vergangenheit ihm im Nacken.
„Ich glaube immer mehr, dass es eine gute Idee war euch mitzunehmen. Andererseits brauche ich die da auch auf unsrer Reise. Ihr müsst Durst haben, Faust! Kommt her! Ein Krug Bier wird einem von eurem Schlag doch sicher nicht umhauen, oder?“
Sofort gewann er sein selbstsicheres Grinsen zurück. „Da müsstet ihr mir schon das ganze Fass anbieten, Zabo!“
„Ha, dann lasst es euch schmecken!“ Der alte Händler setzte sich neben den Krieger nieder und reichte ihm den Krug. „Es liegt nicht mehr viel vor uns. Hoffen wir, dass der Rest der Straße weiterhin so sicher bleibt.“
„Ich habe noch keine Straße betreten, die mir zu unsicher wäre.“ Mit einem Zug löschte ein Schwall billigen aber kühlen Bieres Fausts Durst.
„Ihr seid wirklich ein seltsamer Vogel, Faust. Allein euer Name. Ich habe mich gefragt, ob ihr euch jemals Gedanken über eure Zukunft gemacht habt. Versteht mich nicht falsch, aber ihr zieht von Ort zu Ort, als wärt ihr auf der Flucht. Und dennoch versucht ihr so viel Aufmerksamkeit zu erregen wie möglich und beleidigt in jeder Taverne jeden der einigermaßen wie ein Kämpfer aussieht um euch mit ihm zu duellieren – so ein Leben ist meist nicht von langer Dauer.“ Die Miene des Händlers wurde ernster.
„Das Leben der Menschen ist nie von Dauer. Sagt mir, wie schnell sind die letzten vierzig Jahre an euch vorbeigezogen?“
„Wie im Flug. Doch habe ich viel erreicht und ich habe in unserem Zielort ein Heim und eine Familie, die auf mich wartet. Wie schnell die Zeit auch verfliegen mag, so kann ich doch immer von den Erinnerungen zehren die ich habe. Manchmal gab es schlechte Zeiten, doch auch daran möchte ich mich stets erinnern. Und vor allem an die Menschen, die mir begegnet sind.“
Das ungleiche Augenpaar des gebräunten Kriegers schaute in die Augen des Händlers, mit einem Ausdruck, der das Streben seiner Jugend widerspiegelte.
„Und das ist es auch was von uns bleibt. Staub ist das Schicksal unserer Körper und auch ob unsere Seelen erlischen oder weiterleben ist fraglich. Doch die Erinnerung an uns, die bleibt. Doch ich will mehr als das! Ich will die Unsterblichkeit!“
Zabo spürte beinahe die Energie, die nun durch den gestählten Körper dieses jungen Mannes schoss.
„Ihr seid kein Elf und auch kein Drache. Ihr seid ein Mensch, Faust. Wenn ihr eure Art zu leben ändert, dann werdet ihr in vielen Jahren so aussehen wie ich. Ich stelle euch ein! Ihr bekommt sogar ein festes Gehalt. Ansonsten werde ich euch wohl noch überleben. Das ist nun einmal das Schicksal der Menschen. Viele Helden unseres Volkes haben großes erreicht und viel Macht erlangt, doch sie alle sind gestorben.“ Beinahe schon väterlich klang nun die Stimme des Händlers.
Faust sog langsam die Abendluft durch seine Nase ein.
„Doch ihre Namen sterben nie. Wenn sich Geschichte und Legende erst vermischt haben, dann bleibt der Name des Helden ewig. Und die Menschen schauen auf zu diesen Helden. Jeder von ihnen möchte einer dieser Helden sein, als Kind und auch danach, wenn auch nur jedes Mal für einen kurzen Augenblick, doch dann gehen sie wieder ihrem Handwerk nach.“ Wie ein König aus seinem Thron erhob sich Faust, in der Hand das seltsame Schwert seines Vaters, das er nun auf den Alten zeigte, als wolle er über ihn richten und die Augen dem Sternenhimmel zugewandt. „Ich werde nie als Handwerker in Erinnerung bleiben. Eines Tages werden Elfen davon erzählen, dass sie zu meiner Zeit gelebt haben und dass sie gesehen haben, wie ein so kurzatmiges Wesen, ein Mensch, Heldentaten vollbrachte, die eine ganze Generation von Elfenkriegern in den Schatten stellt. Und die Menschenkinder werden sich wünschen, sie seien wie er – der Faust.“
Jetzt erst, als er erneut in das zum Teil von dunklen Haaren verdeckte Gesicht des Kriegers sah, verstand Zabo, dass der junge Mann bereits verloren war und jemand wie er ihn nicht mehr von seinem Wahn hätte befreien können.

In einem Wald, viele Meilen entfernt beschloss zur gleichen Zeit eine Gruppe von Elfen Rast zu machen. Das Flüstern ihrer sanften und wohlklingenden Sprache fügte sich nahtlos in die abendliche Geräuschkulisse des Waldes.
„Noch zwei Tagesmärsche, dann werden wir sie eingeholt haben. Dann bekommen wir unsere Rache! Luna, ich möchte dass wir uns alle im Kreis versammeln. Wirst du Sehanine um ihren Segen bitten?“
Die junge Elfe war gerade dabei ihre Rüstung auszuziehen und schaute nun auf die weiße Scheibe, die sich langsam über den dunkler werdenden Himmel schob.
„Das werde ich, doch für unser Vorhaben scheint mir der Hass Shevarash´s eher von Vorteil zu sein. Die Herrin des Mondes wird über uns wachen, aber erst die Wut des schwarzen Bogens wird das Verderben über diese Brut von Vampiren bringen. Und natürlich müssen wir Corellon, unseren Erschaffer um Stärke bitten. Denn nicht die Götter, sondern wir schlagen diese Schlacht.“
Der Heerführer musterte sie.
„Habt ihr über unser Angebot nachgedacht? Werdet ihr uns helfen gegen die Menschen in den Krieg zu ziehen, nachdem die Blutsauger vernichtet und verbrannt sind?“
Lunas Blick wandte sich der Erde zu, so dass ein paar ihrer langen, blonden Strähnen in ihr Gesicht fielen. „Ich muss noch länger darüber nachdenken und den Herren Avandors um Rat bitten, ob ich diesen Pfad wirklich einschlagen soll. Gewährt mir diese Bedenkzeit, denn wenn dies nicht der Wille Corellons ist, so werde ich das Schwert in der Scheide ruhen lassen.“
„Ich will euch nicht drängen, doch wir könnten euer Schwert und eure Magie gut gebrauchen. Ich weiß, dass sich euer Hass vor allem gegen die lebenden Toten richtet, aber fragt euch selbst: Haben wir, die Elfen, die Erstgeborenen, nicht etwas Besseres verdient, als in Knechtschaft dieser bärtigen und groben Unholde zu leben? Ohne uns wären sie noch immer wie wilde Tiere. Wir haben dieser Laune der Götter unsere Kultur näher gebracht, weil wir Mitleid hatten und nun errichten sie ihre kurzlebigen Königreiche in all unseren Landen. Versteht mich nicht falsch, ich will sie ja nicht alle ausrotten, aber es sind einfach zu viele. Wenn wir sie so weitermachen lassen, dann wird bald kein Platz mehr in Faerun für unsere Rasse sein und wir werden die Sein, die ausgerottet wurden.“
Der Heerführer hatte sich in Rage geredet.
„Ihr braucht mir nicht erzählen, wie erbärmlich die Menschen sind. Ich musste selbst erfahren, dass das Mitleid, das auch ich Anfangs mit ihnen hatte, missbraucht wurde und sie wie eine Krankheit diese Welt überfluten. Die Frage ist nur, ob wir uns nicht schon mit dieser Krankheit infiziert haben, wenn wir es ihnen gleich tun und sie aus unseren Landen vertreiben, so wie sie es mit uns getan haben. Wie groß würde Corellons Enttäuschung sein, wenn er feststellen müsste, dass wir, sein erwähltes Volk, zu dem geworden sind, was wir selbst so hassen. Sind die Menschen Tiere, die man jagen muss, da sie sich sonst zu schnell vermehren und der Natur Schaden zufügen, oder sind sie nicht bloß eine Laune der Götter, sondern haben ein Schicksal zu erfüllen? Ich wage nicht diese Entscheidung zu treffen, denn nur Corellon besitzt die Weitsicht um diese Frage zu beantworten.“ Lunas Augen funkelten wie Edelsteine im Licht des Mondes.
Dieser Argumentation hatte der Hauptmann nichts mehr entgegenzusetzen. Doch er kannte bereits Lunas verwundbaren Punkt.
„Meint ihr, Corellon würde wollen, dass ihr so leidet, dass wir alle so leiden? Denkt einmal nach. Es war kein Zufall, dass der Vampir, der eure Familie so brutal vernichtet hat, zuvor ein Mensch war. Es sind so viele und sie eignen sich so gut als Wirte für das Böse. Ein elfischer Vampir hätte euch das sicher nicht angetan. Vor zwei Tagen erst ist Tyrael aufgebrochen um den Mörder seines Onkels zu finden. Einen Menschen, den der Alte zu einem Mann heranwachsen sah und wie seinen eigenen Neffen behandelte. Die Menschen geben sich gutmütig, doch ihr Hass und ihr Neid auf unsere Rasse ist zwar subtiler, aber genau so groß und andauernd wie der Hass und der Neid der Orks. Vergesst das nicht in euren Überlegungen. Doch nun sollten wir alle schlafen. Der Morgen bedeutet Arbeit für uns.“ So wandte sich der Führer wieder dem Rest des Lagers zu und ließ Luna in ihren Zweifeln allein.
Sie legte sich hin, nachdem das Gebet beendet war, wickelte sich in ihre Decke und dachte noch etwas über die Worte des Führers nach. Bald wurden ihre Augenlider schwerer. Sie sah noch wie langsam Nebel aufzog, doch die Anwesenheit der Wachposten und das wärmende Feuer versetzten sie bald in ihre Traum-ähnliche Meditation, die den Elfen ihre innere Ruhe gibt.

Am anderen Ende des Kontinents, während der Regen gegen die Fenster prallte, schlossen zwei düstere Gestalten ein Geschäft ab.
„Ich mag die Art wie ihr Aufträge annehmt, Darias. Keine bohrenden Fragen, keine Angst erwischt zu werden. Keine Skrupel. Sagt mir, wann habt ihr eure Seele dem Teufel verkauft und was war euer Gewinn dabei?“
Darias zwirbelte entspannt an seinem Schnurrbart. Er hatte schon lange keinen mehr getragen und musste sich erst an das Gefühl gewöhnen, dieses haarige Etwas im Gesicht zu tragen. „Nun, ich denke diesen Vertrag habe ich bereits im Leib meiner Mutter unterschrieben – oder aber sie hatte ihn bereits für mich unterschrieben. Das ist jedoch lange her. Ihr zahlt gut. Der Mann muss euch sehr verärgert haben. Wollt ihr darüber sprechen was er getan hat?“
„Nein. Schließlich will ich euch nicht noch zusätzlich für euer Schweigen bezahlen. Wenn ich reden will, dann gehe ich zu einem Priester. Den werde ich ohnehin aufsuchen, damit er mich von dieser Sünde freispricht. Soll ich euch gleich mit anmelden?“
Die dunklen Augen des Meuchelmörders schlossen sich zu einem Spalt.
„Nein, das ist nichts für mich. Und auch nichts für den Priester, denn so viel Zeit und Geduld hat er sicher nicht.“
Der Auftraggeber schüttelte den Kopf.
„Habt ihr denn gar keine Angst bestraft zu werden? Die Hölle wartet auf Menschen wie euch. Keinerlei bedenken?“
Darias verschränkte die Hände hinter seinem Kopf und stellte dabei fest, dass ihm Locken nicht gefielen.
„Die Hölle – nun, ich bin wirklich gespannt wie es dort ist. Doch noch bin ich hier und ich denke hier bleibe ich noch eine ganze Weile. Die Welt und ihre Bewohner waren nie gerecht zu mir. Ihr wollt nicht wissen was man mir alles angetan hat. Wenn ich nun der Welt zurückgebe, was sie mir gegeben hat, dann ist das nur eine Art Ausgleich. Und nun haben wir genug geredet!“ Er erhob sich. Der lange, schwere Mantel gefiel ihm. Er würde ihn wohl anbehalten. „Ich werde nun zur Tat schreiten. Geht ihr nur und trefft euch mit eurem Priester.“
Daraufhin verließ Darias das Gebäude. Sein Weg führte ihn in die dunkelsten Gassen der Stadt, dort hin wo man das Verbrechen förmlich riechen konnte. Eine gebückte Gestalt öffnete ihre Taschen um Ware feilzubieten. Doch heute wollte sich der Mann in dem Mantel nicht dem Rausch des Opiums hingeben. Stattdessen suchte er einen Giftmischer auf.
„Und es tötet absolut lautlos?“
„Ja. Das Opfer schläft ein und wacht nicht mehr auf.“
„Dennoch sind 30 Goldmünzen zu viel für diese Menge. Ich gebe euch die Hälfte.“
Der Händler schien beleidigt.
„Dann geht und mischt es euch doch selber! Allein die Materialien und Chemikalien haben mich 13 gekostet. 28, das ist mein letztes Wort.“
„Ich gebe euch 25 und werde euch empfehlen. Ihr wisst, welchen Wert das für euer Geschäft hat, wenn jemand wie ich euch empfiehlt.“ 
Darias sammelte 25 Goldstücke zusammen und gab sie dem Giftmischer. Er hätte ihn noch weiter runterhandeln können, doch 25 Goldstücke waren ein guter Preis für diese Menge und außerdem ertrug er den fauligen Atem des Mannes nicht mehr.
„Schön dass wir in´s Geschäft gekommen sind. Und denkt dran: Das ist nur um eurem kranken Pferd das Leid zu ersparen!“
Der Mann drehte sich um und biss noch einmal zum Test mit seinen grün angelaufenen, verbliebenen Zähnen auf eine Münze um deren Echtheit zu prüfen. Darias zog weiter und erreichte schließlich das Haus in dem sein Opfer wohl gerade friedlich schlief.

Es war bereits Nacht und Faust wachte am Lagerfeuer mit ein paar Halbstarken, als die ersten Nebelwolken aufkamen. Der Krieger hatte ihnen ein paar einfachere Übungen mit dem Schwert gezeigt, als einer plötzlich etwas bemerkte.
„Habt ihr den Schatten dort gerade gesehen?“
„Ich sehe nur Nebel.“
„Nein wirklich, da war irgendetwas!“
Faust schaute sich eine Weile skeptisch um. Dann sah auch er im Augenwinkel eine Bewegung.
„Nehmt eure Waffen, bildet einen Kreis und bleibt hinter mir! Du da!“ Er zeigte auf den Jüngsten der vier glattgesichtigen Jungs. „geh und wecke Zabo! Alle sollen sich einschließen oder unter den Wagen verstecken!“
Sofort rannte der Junge los. Doch Faust wurde immer unruhiger. Hatte er eben noch einen Schatten gesehen, wuchs nun seine Verunsicherung wegen des immer dichter werdenden Nebels. Schon bald konnte er die am Rande des Lagers stehenden Wagen nicht mehr sehen und er spürte die stille Angst der Jungs hinter ihm. Als Sabo kam, versteckte dieser sich sofort unter dem Wagen.
„Bleibt dort bis alles vorbei ist! Das muss ein Trick sein, vielleicht sogar ein fauler Zauber oder eine Illusion. Bleibt alle dicht am Wagen!“
Immer stiller wurde es um Faust und der Nebel wurde immer dichter, bis sein Sichtfeld schließlich komplett von Nebel verhüllt war und er nur noch ganz schwach das Feuer vor ihm sah. Als er sich erneut umdrehte um seinen Mitstreitern befehle zu geben, musste er mit entsetzen feststellen, dass sie weg waren. Auch auf seine Rufe folgten keine Antworten. Der Blick nach vorne war noch gespenstischer, denn nun schien auch das Feuer weg zu sein. Er lief umher, durch eine graue Masse, doch lief er nur ins Leere.
Dann plötzlich, als er einen weiteren Schritt nach vorne machte, trat sein Stiefel bis zum Knöchel in Wasser mit schlammigem Grund. Auch der nächste Schritt trat in den Sumpf und alle die folgten. Nun war er sich sicher. Dies musste eine Illusion sein. Er hatte von solchen Zaubern gelesen. Er begann sich zu konzentrieren, so wie er es etliche Male in der Meditation geübt hatte um seinen Geist frei zu machen. Doch die Scheinwelt blieb. Allein der Nebel schwand langsam.
Verzweifelt rief Faust nach den anderen und drohte seinen unsichtbaren Feinden, stets bereit sich verteidigen zu müssen. Doch nur der Nebel schien sich beeindruckt zu fühlen und verschwand nun so schnell wie er gekommen war. Und dann stand die Verzweiflung dem jungen Krieger vollends ins Gesicht geschrieben.
Er war nicht mehr dort wo die Wagen standen. Hier stand überhaupt nichts mehr, außer seinem Rucksack, der zuvor an den Wagen gelehnt lag. Und auch die Umgebung war eine andere. So weit sein Auge blicke war nur Sumpf zu sehen und nun fiel ihm auch der Klang der Umgebung auf. Frösche und andere, seltsame Stimmen der Nacht erfüllten das Moor mit leben. Wo, bei den neun Höllen, war er hier nur gelandet?

Darias schaute sich um und lauschte. Der Regen hatte etwas nachgelassen. Niemand war hier, der ihn hätte sehen können.
Er bückte sich und sein Rücken verkrampfte. Zwei scharfe Sporne schlitzten die Schultern seines Mantels auf und ein Paar gewaltiger Fledermausflügel entsprang seinem Rücken und entfaltete sich. Sofort hoben ihn die pechschwarzen Schwingen empor und er erreichte das Fenster seines Opfers.
Ein kurzer Blick und sein scharfes Gehör verrieten ihm, dass der Mann tief und fest schlief. Dieser Trottel war die 100 Goldmünzen Belohnung, die er bekommen würde, allemal wert. Lautlos öffnete er das Dachfenster einen Spalt. Perfekt! Die Luke befand sich genau über dem Kopf des Schlafenden. Er wollte einen Faden durch das Fenster hineinlassen, bis zum Mund des Opfers, und dann das Gift den Faden hinab in dessen Mund tröpfeln lassen. Doch nun drehte dieser Wurm sich auf den Bauch. Es nutzte nichts, er würde hineinklettern müssen, was er nun auch tat. Die Frau des Mannes, die neben ihm schlief, war recht ansehnlich für eine Menschenfrau. Vielleicht zu gut aussehend? Womöglich war sie der Grund, weshalb er den armen Dicken töten sollte. Egal.
Wie eine Katze kam das Halbblut auf dem Boden auf. Schnell und lautlos hatte er ein Fünftel seines wertvollen Giftes in die Weinflasche, die neben dem Bett stand, gefüllt, nachdem er den Korken entfernt hatte.
Auf der Flasche waren noch die klobigen Abdrücke seiner Hände zu sehen und sein Atem roch nach dem Wein. Sie hingegen schien sich nichts aus dem säuerlich riechenden Gesöff zu machen, weshalb er sich die Flasche zu nutzen machen konnte. Auf dem Teppich waren auch einige ältere Flecken, die ihm verrieten, dass der Dicke wohl jeden Abend ein paar Züge Wein trank um zu schlafen.
Er schloss die Flasche wieder und ging zur Tür. Er lauschte, schnüffelte, doch der Flur schien absolut Menschenleer zu sein. Er wollte es riskieren, noch ein paar Wertvolle Gegenstände aus dem Haus mitzunehmen. Er öffnete die Tür.
Zu seiner Überraschung kam ihm Nebel entgegen, der den ganzen Boden bedeckte. Verflucht! Dachte er, er hätte vorher nachsehen sollen, ob sich eine Falle an der Tür befand. Doch scheinbar gab es keinen Alarm. Alles blieb still. Nur der Nebel wurde immer dichter, rasend schnell. Er trat einen Schritt nach vorne. Der Boden des Flurs war nass – und weich! Er wollte zurück in das Zimmer, doch es war nicht mehr da! Sie mussten ihn entdeckt haben. Er hielt die Luft an, aus Angst vergiftet zu werden. Er sah nichts mehr.
Endlich verzog sich der Nebel und er atmete wieder ein, erschrak jedoch, als er sogleich das Quaken von Fröschen und anderem Getier vernahm und in eine Sumpflandschaft blickte. Sollte er die Hölle doch früher zu Gesicht bekommen als er dachte?

Nightmoon

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Blutregen
« Antwort #2 am: 14. Dezember 2009, 17:00:27 »
Sumpf

Phoebe atmete noch einmal tief durch. Sie hatte schon oft von armen Reisenden gehört, die bei dem Versuch in eine andere Domäne zu springen, in einem niemals endenden Alptraum aufgewacht sind. So etwas passierte halt manchmal, aber sie selbst wollte nun nicht unbedingt zu jenen Unglücklichen gehören. Jedoch gab es hier nichts mehr zu holen. Den ganzen Winter lang hatte sie den Kindern des Adels beigebracht wie man gut herrscht und was sie über das Leben in ihrem Land wissen mussten. Nun musste sie weiterziehen, wenn sie neue Schüler finden wollte – und das ging nur durch eine Reise durch die Nebel.
Barovia, ihr angestrebtes Ziel und ihre Geburtsebene, war zumindest im Sommer ein fruchtbares Land, das größtenteils von Bauern bewohnt war. Hier gab es mehr als eine Burg, auch wenn sie manche schon immer gemieden hatte. Schließlich zog sie ihren Hut ins Gesicht, als könne sie damit einen Schrecken abwenden wenn sie ihn nicht sehe, und trat in die Wand aus Nebel.
Sie ging eine Weile. Nächtliche Geräusche von Tieren wurden deutlich. Sumpfboden an ihren Füßen – das war kein gutes Zeichen. Der Nebel verzog sich mehr und mehr. Dann war es klar: Die fremden Stimmen unbekannter Tierarten und das Bild der gesamten Landschaft war nicht das was sie in Barovia erwartet hätte. Hier gab es weit und breit, soweit das Mondlicht es zuließ, nur Sumpf zu sehen. Dazwischen vereinzelte Bäume und Hügel. Nichts woran ihr Auge sich festhalten konnte. Doch dort, auf einem Hügel brannte ein kleines Licht, etwa zwei Meilen von hier.
„Naja, es hätte auch schlimmer sein können…“ murmelte Phoebe und stapfte auf das Licht zu. Sie überlegte kurz, selbst einen Zauber zu wirken um Licht zu machen, doch da sie nicht wusste wer oder was dort oben auf sie warten würde blieb sie lieber im Dunkel der Nacht verborgen. Auch wenn sie schon viel herumgekommen war, konnte sie diese Gegend keiner Domäne zuordnen.
Das Licht kam langsam näher. Es schien sich um ein Lagerfeuer zu handeln. Jemand musste lange nach Feuerholz gesucht haben um hier ein Feuer zu machen. Der Boden wurde fester, je mehr sie den Hügel herauf ging. Nun konnte sie bereits zwei Stimmen wahrnehmen die scheinbar stritten. Es war die Sprache der Ausländer, eine männliche und eine weibliche, wobei die Frau einen seltsamen Akzent hatte. Als sie noch näher heran kam konnte sie die beiden deutlicher erkennen und hatte nun auch einen Verdacht warum die beiden stritten. Wie auch immer, sie würden bestimmt einen Übersetzer brauchen und da war eine Lehrerin wie Phoebe genau die Richtige…

Nichts als Sumpf. Und ein Feuer, das ein paar hundert Meter von ihm entfernt auf einem Hügel brannte. Mehr konnte Faust nicht sehen. Mit gezogenem Schwert und bereit jemandem eine Lektion zu erteilen packte er seinen Rucksack und schritt voran. Vor dem Feuer lag ein Schlafsack. Er ging näher heran. Unter dem blonden Haar verbargen sich die spitzen Ohren einer Elfe. Sie schien nicht wirklich zu schlafen, denn ihre Augenlider vibrierten seltsam. Dann fiel ihm jedoch wieder ein, dass Elfen nicht schlafen, sondern nur in eine Art Trance verfallen. War das hier eine Falle? Er schaute sich um. Doch von diesem Hügel aus konnte man alles gut überblicken. Er musste auf Nummer Sicher gehen.
Er trat leicht gegen den Schlafsack der Elfe. Sofort machte diese die Augen auf und erschrak, sprang aus dem Schlafsack und zückte ein Schwert.
„Wer bist du? Wo sind die anderen, was hast du mit ihnen gemacht? Steckt dein Schwert… wo sind wir hier?“ Die Katzenaugen der Elfe funkelten im Schein des Feuers wie auch die Klinge ihres Schwertes. Faust sah die Angst und Ratlosigkeit des grazilen Geschöpfes, doch wusste er nicht, ob sie nur alles vorspielte.
„Das Selbe könnte ich dich fragen! Was war das für ein Zauber mit dem Nebel?“ Er tat einen Schritt nach vorne.
„Bleib wo du bist Mensch, oder ich schlitze dich auf wie eine Ratte! Von was für einem Nebel sprichst du?“ Nur ungern sprach sie die Handelssprache, doch kaum einer dieser ignoranten Menschen machte sich die Mühe elfisch zu lernen. Sie beherrschte die Gemeinsprache, doch ihr Akzent verriet, dass sie nicht gerade geübt darin war.
„Ich war mit einer Karawane unterwegs, dann kam Nebel auf und alle waren weg und dann war ich plötzlich hier. Wenn ihr mich überfallen wollt, dann schlagt endlich zu, aber ich werde so viele von euch mitnehmen wie ich kann!“ Der Krieger redete sich in Rage, stets bereit Angreifer von hinten oder von den Seiten abzuwehren.
„Wovon redest du, du Trottel? Hast du schon mal darüber nachgedacht, dass wir beide reingelegt wurden? Ich habe keine Ahnung wo ich bin, du hast mich doch geweckt! Also verschwinde gefälligst!“
„Nun beruhigt euch doch erstmal!“ Von der Seite kam eine dritte Person hinzu, ebenfalls mit einem Akzent, welcher jedoch sehr viel härter klang. Es war eine menschliche Frau, in wettergegerbter Kleidung und mit einem Hut auf dem Kopf und einem Stab in der Hand. „Mein Name ist Poebe Olgorowizs. Ihr seid sicher sehr verwirrt, aber so ist das immer am Anfang.“ Ihr Blick glitt zu der Elfe, die dort stand wie angewurzelt und nicht mehr wusste wen sie nun mit ihrem Schwert bedrohen sollte. Dann schaute sie wieder den jungen und großen Kämpfer an. „Hat sie euch bestohlen?“
„Bestohlen? Ihn? Er sieht doch aus wie ein Plünderer, dieser grobe Kerl! Und wer bist du überhaupt?“ Die Elfe schien empört. Scheinbar lag Phoebe mit ihrer ersten Vermutung, was den Streit anging wohl doch nicht richtig.
„Das ist eine gute Frage! Wer bist du? Bist du für den Nebel verantwortlich?“
„Oh nein, niemand weiß wer dafür verantwortlich ist! Und nichts für ungut. Bei uns sagt man nun mal Elfen haben lange Finger, ihr wisst schon was ich meine. Ihr seid also gerade erst in Rabenhorst angekommen. Leider kenne ich diese Domäne nicht, aber ich könnte euch trotzdem weiterhelfen!“
„Wovon zum Teufel sprichst du? Welcher Rabenhorst und was für Domänen? Was ist hier los?“ Faust musste bereits wieder mit seiner Wut ringen, doch eigentlich war es Verzweiflung, die in ihm herrschte.
„Also, Rabenhorst ist eine andere Welt, eine andere Plane.“
„Eine andere was?“ Durch den Akzent der Frau fiel es Luna recht schwer ihr bei diesem komplizierten Thema folgen zu können.
„Eine Plane, eine Ebene. Ihr seid nicht mehr auf eurer Welt, sondern in Rabenhorst. Und Rabenhorst besteht nun einmal aus verschiedenen Domänen.“
„Und ich dachte die Elfe sei irre. Und wie bitte soll das möglich sein?“
„Nun, die Nebel holen immer wieder Ausländer wie euch aus anderen Planes. Warum weiß keiner und wie auch nicht. Jedenfalls müsst ihr nun für immer hier bleiben. Aber es könnte schlimmer sein! Ihr hättet auch im Maul eines Monsters landen können!“
Der Krieger und die Elfe wussten nicht was sie mehr beunruhigen sollte: Die Aussage, dass sie für immer hier bleiben müssten, oder die völlig gelassene Art und Weise, mit der Phoebe sie darauf aufmerksam machte. Hier zu bleiben, an diesem Ort, mit dieser Gesellschaft, das war das Letzte was Luna wollte.
„Ich will aber nicht hier bleiben! Wenn wir hier hergelangt sind, so müssen wir doch auch wieder zurückkommen können!“
„Oh, man kann versuchen durch die Nebel zu entkommen, aber die Nebel entscheiden wo man landet. Man muss nehmen was man kriegt.“
„Wie kannst du nur mit so einer Einstellung leben?“
„Das geht gut. Wenn man sich hier jedes Mal den Kopf zerbricht wegen Probleme, dann wird man verrückt. Viele Leute sind hier verrückt. Darum ist es besser nicht alles so ernst zu nehmen. Manchmal stirbt mal jemand oder wird verflucht, so etwas kommt vor. Nun ja, wir sollten hier rasten bis Tag anbricht. Im Dunkeln ist es immer etwas gefährlich. Außerdem haben wir Feuer! Das hält wilde Tiere ab! Zuhause mussten wir im Winter immer die Tiere mit ins Haus nehmen, wenn es dunkel wurde, weil böse Tiere sich nicht nach drinnen ans Feuer trauten.“
Langsam ließ Faust seine Klinge sinken. Auch wenn diese Frau eindeutig irre war, so schien sie doch sympathisch zu sein. Außerdem wäre es wirklich besser am Tage weiter zu ziehen.
„Nun gut. Dann warten wir hier bis der Tag anbricht. Danach werden wir sehen wie wir wieder nach Hause kommen.“
„Nur weil ihr Menschen die Dunkelheit fürchtet. Wenn eure Augen nicht so verkümmert wären, dann könnten wir auch jetzt schon losziehen!“
„Tja, und wenn ihr Elfen so viel Kraft und Ausdauer wie die Menschen hättet, dann könntest du dich ja auch selbst gegen sämtliche Kreaturen hier verteidigen und alleine losziehen. Leider zerbrecht ihr aber beim kleinsten Prankenhieb. Wenn du dich umbringen willst, dann geh ruhig alleine los. Ich werde dich nicht aufhalten.“
Frustriert sank auch Luna vor dem Feuer zusammen.
„Besser weniger Ausdauer als so wenig Verstand wie ein Mensch.“
„Lauft ihr Elfen eigentlich immer so luftig rum, oder ist das da hinten deine Rüstung?“
„Komm bloß nicht auf die Idee irgendetwas zu versuchen. Ich weiß wie triebgesteuert eure Art ist. Ich werde mich nun wieder hinlegen – mit meinem Schwert an meiner Seite. Ich brauche die Zeit um morgen wieder zaubern zu können. Ich schlafe jedoch nicht. Solltet ihr eure Hände an mich legen, so werde ich sie euch abschlagen. Verstanden?“
„Keine Angst. Die Frauen die ich will kommen freiwillig zu mir. Von mir aus könnt ihr beide schlafen. Ich bleibe so oder so wach.“
Mit ein wenig Unbehagen legten sich Phoebe und Luna hin und schliefen, bzw. meditierten bald.

Abgesehen von dem Sumpf und dem Lärm der Frösche um ihn herum bemerkte Darias bald ein kleines Licht in der Ferne. Es war nur wenige Meilen entfernt. Er öffnete seine Schwingen und flog los. Selbst als er schon hoch am Himmel flog sah er nur Sumpf und weit im Süden etwas, das ein Gebirge sein könnte. Schließlich landete er leise wie eine Eule, nur einige Meter von dem Feuer entfernt. Schon von oben hatte er gesehen, dass es sich um Drei Gestalten handelte. Zwei schliefen, doch der große in der Mitte, ein Mensch, hielt Wache. Wenn er gewollt hätte, hätte er aber wohl auch diesen ausschalten können. Jedoch waren das hier vielleicht die Einzigen die ihm weiterhelfen konnten, weit und breit. Dennoch hielt er es für klüger den nächsten Tag abzuwarten und ihnen als jemand anders und im Tageslicht zu begegnen. So lange würde er auf einem Baum in der Nähe verweilen und meditieren.

Der Tag brach an und Luna musste feststellen, dass es nicht bloß ein böser Traum war. Der Sumpf der sie umgab schien noch größer zu sein als sie dachte. Wenigstens hatte der Mensch sich benommen und diese Frau auch.
„Wir sollten los. Ich werde Phoebe mal wecken, oder brauchst du Hilfe beim Umziehen?“ Es war herrlich das Gesicht der Elfe zu sehen, wenn sie ihren Abscheu gegenüber seinem Verhalten zu überspielen versuchte.
„Danke, aber das werde ich selbst schaffen. Mich wundert es, dass ein Tier wie du überhaupt Kleidung trägt.“ Auch sie schien ein gewisses Vergnügen dabei zu empfinden, wenn sie ihm darlegte wie unterlegen die Menschen den Elfen sind.
Ein leicht raues rütteln weckte Phoebe.
„Na komm, steh auf! Es gibt Spiegelei!“
„Was? Ei und Spiegel? Wozu soll das gut sein?“
„Du kennst kein Spiegelei? Du schmeißt es einfach in die Pfanne und tust Salz dabei.“
„Oh, Salz ist teuer! So etwas hatten wir früher nicht. Wir haben Ei immer aus der Schale getrunken. Aber du hast weder Salz, noch Ei. Ich habe getrocknetes Brot. Wollt ihr auch etwas?“
Weder Luna, noch Faust waren geneigt sich am trockenen Brot zu laben und so aßen und teilten sie auch ihren, etwas komfortableren Proviant miteinander. Dann jedoch vernahm Luna einen Hilfeschrei.
„Pssst! Hört ihr das auch?“
Jetzt konnten auch die anderen beiden etwas hören und sogleich auch die Quelle des Rufens ausfindig machen. Ein weiterer Mensch, männlich, gekleidet mit einem Mantel kam auf sie zu und winkte mit den Armen. So wie Faust den hageren Kerl einschätzte stellte er wohl keine Bedrohung dar, jedoch war man vor einer Falle nie sicher und so zog er Zwiespalt, die Klinge seines Vaters.
„Noch ein Ausländer! Was ist denn hier los? So viele auf einmal habe ich noch nie getroffen!“ Auch Phoebe schien keinerlei Besorgnis zu haben, sondern stand auf und ging auf den Mann zu.
„Guter Mann, kommt her, seid ihr auch gerade erst angekommen?“ So empfing sie ihn, als er nahe genug war.
„ja, genau. Könnt ihr mir sagen, was hier los ist? Da war dieser Nebel und dann war ich hier.“
Das erwähnen des Wortes Nebel sorgte dafür, dass der Krieger und die Elfe ihre Waffen senkten und wussten, dass sie nun wieder die gleiche Geschichte von Phoebe zu hören bekommen würden.
„Oh, das ist immer sehr verwirrend, ich weiß. Also, das hier ist Rabenhorst, eine andere Plane als die von der ihr kommt. Die Domäne kenne ich nicht, aber sie ist nicht all zu schlimm, was gut ist.“ Phoebe konnte nicht recht verstehen, warum diese Ausländer immer gleich reagierten, wenn sie ihnen von dieser Welt erzählte. Erst verwirrt, dann ungläubig und dann verzweifelt. Das letzte Stadium blieb bei diesen dreien aber scheinbar aus. Das war praktisch, da sie deshalb nicht Irre und somit gefährlich wurden, und sie so außerdem nun losgehen konnten.
Phoebe schlug zufällig die gleiche Richtung vor, in der Darias des Nachts den Ansatz eines Gebirges gesehen hatte. Somit folgte auch er ihr, obwohl er sich schon dachte, dass auch die Frau nicht wusste ob dies der richtige Weg sei. Er nutzte sein Talent, Menschen zum reden zu bringen, ohne selbst viel reden zu müssen.
Phoebe schien mit ihren Gedanken sowohl in der Vergangenheit zu stecken, als auch in der Zukunft, da man nie Wisse, ob man den nächsten Winter überlebe. Die gleichgültige Art, mit der sie sprach zeigte, dass so etwas hier wohl häufiger vorkam, was ihm ein wenig Sorgen machte. Jedoch hatte sie etwas an sich, das er mochte und den anderen schien es ähnlich zu gehen.
Faust war eindeutig größenwahnsinnig. Seine Überheblichkeit schien nicht wie so oft aus einem unterentwickelten Selbstwertgefühl zu kommen, sondern tatsächlich von seiner Überzeugung eines Tages in Heldensagen aufzutauchen. Zum Glück war dieser Wahn nicht wie so oft gepaart mit ritterlichen Tugenden, die in einer Welt in der es so viel Böses gab, zum scheitern verurteilt war. Dieser hier war klüger als die meisten Kämpfer, Barbaren und Paladine und daher schien auch er zu wissen, dass es kein Licht ohne Schatten gibt. Und zwielichtige Gestalten mochte er.
Die Elfe war etwas Wortkarg, was wohl an seinem menschlichen Aussehen lag. Sie schien noch hochnäsiger als der Krieger zu sein. Er hätte ihr gerne in der Gestalt eines Elfen gesagt, wie sehr er ihre Verachtung für die Menschen teilte, nur um ihr dann in seiner wahren Gestalt zu zeigen, dass auch die Hochelfen, die sich für so großartig halten, nur ein Witz sind gegen die Perfektion, die seine Rasse ausmachte. Und doch konnte er nicht verleugnen, dass womöglich das gleiche Blut in ihren Adern floss und so gab er sich schließlich als großer Freund der Elfen aus.
Als sie nachts rasteten sah alles so aus wie in der Nacht zuvor. Es war beschwerlich durch den Sumpf zu gehen, aber wenigstens schien es hier keine Monster zu geben. Und doch war es ihm, als lauerte in jedem Schatten der Nacht eine Gefahr und vielleicht war er der Einzige, der bemerkte, dass sich sämtliche primitiven Urängste an diesem Ort noch verstärkten. Womöglich waren sie wirklich in einer der neun Höllen gelandet.
Am Feuer berieten sie gerade zu viert, ob sie weiter in diese Richtung gehen sollten, als sich einige harmonische Töne mit den Stimmen des Sumpfes vermischten. Diesmal war es Darias, der als erster die fröhlich klingende Musik vernahm.
„Hört doch! Diese Musik!“
Die anderen hörten erst noch gar nichts. Erst nach und nach konnten sie es auch wahrnehmen und Phoebe rief erfreut aus: „Diese Musik! Das sind Vistani!“

Nightmoon

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Blutregen
« Antwort #3 am: 14. Dezember 2009, 17:01:04 »
Vistani

Laut rufend machte Phoebe auf sich aufmerksam.
„Wir sind friedlich! Wir brauchen eure Hilfe, mächtige Vistani!“
Faust und die anderen verstanden kein Wort.
„Sind das alte Freunde von dir? Können die uns wieder nach Hause bringen?“
„Nein, das sind Vistani! Ein weises Volk mit Zauberkräften. Aber sie scheinen Angst vor uns zu haben. Sie ziehen weiter.“
„Und du hast sie allein an der Musik erkannt?“
„Ja, das war typische Musik für Vistani. Fröhlich.“
Als die Musik nicht mehr zu hören war setzten sich alle wieder und starrten in das Feuer. Langsam lernten sie zu akzeptieren, dass sie wohl wirklich in einer fremden Welt gelandet waren. Jedoch war noch keinem von ihnen klar, welch düsteres Land sie eigentlich betreten hatten.
„Warum hatten sie Angst vor uns?“ Fragte Luna nach einer Weile zaghaft.
„Naja, viele Menschen haben etwas gegen Vistani.“
„Warum? Sehen sie aus wie Orks?“
„Was sind Orks?“
„Hässliche, muskelbepackte Kerle mit Hauern die einem Eber Konkurrenz machen.“
„Oh, so etwas haben wir auch, klingt wie Caliban.“
„Sind das nicht Menschenfresser?“ sprudelte es aus Faust heraus.
„Nein, nicht Kannibalen. Caliban. Vistani sehen aus wie Menschen. Aber Bauern und Menschen aus Stadt fürchten sich vor ihren Zauberkräften. Wenn man sie böse macht, dann können sie einen verfluchen und das ist etwas sehr schlechtes! Aber sonst sind sie nett und manche können die Zukunft vorhersagen!“
Darias, den die Musik an einen Jahrmarkt erinnert hatte, bekam eine leise Ahnung. Sollte sich Phoebe wirklich von ein paar Betrügern so beeindruckt gezeigt haben, oder waren diese Leute vielleicht doch mehr als das?
Schließlich machte sich die Müdigkeit unter der Gruppe langsam breit und als alle Wachen für die Nacht eingeteilt waren, schlief jeder zumindest ein paar Stunden.

Auch der kommende Tag brachte nicht viel Neues. Es war nicht gerade leicht, durch den Sumpf hindurch zu kommen, auch wenn hier keine Menschen- oder Monsterseele war, die ihnen den Weg noch hätte erschweren können.
Phoebe hatte begonnen, den anderen das hart klingende Ballok, die hier am weitesten verbreitete Sprache, beizubringen. Nur Lehrer und andere Gebildete beherrschten die Handelssprache der anderen Welten. Auf Rabenhorst hingegen war Ballok zu einer Art Handelssprache geworden. Die drei lernten schnell, auch wenn Luna auch hier ganz bewusst ihren Akzent in die Sprache mit einfließen ließ.
So verstrich der Tag ohne nennenswerte Ereignisse, doch gegen Abend vernahmen Darias und die Elfe wieder als erstes die fröhlich klingende Musik der Vistani. Diesmal nährte die Gruppe sich leise. So wurden sie erst recht spät bemerkt. Eine rasche Flucht wäre für die Vistani diesmal also nicht möglich gewesen.
Auf beiden Seiten herrschte also nun ein gewisses Misstrauen und auch die Musik verklang, als die vier auf die kleine Gruppe des fahrenden Volkes trafen. Die Neulinge verstanden nicht viel außer den Begriffen „Ausländer“ und „Freunde“, als Phoebe begann sich mit den drei kräftigsten und einzigen Jungs des Lagers zu unterhalten. Bald fing auch die Alte, die am Feuer saß, wieder an zu singen und auch die Tamburine erschallten im freudigen Klang.
Einer der Jungs beherrschte sogar zum Teil die Handelssprache und vor allem gab es etwas zu Essen und Alkohol, was die Stimmung noch besser machte. Nur Luna blieb wie immer etwas reserviert.
Als es bereits ziemlich Dunkel war, die Nacht jedoch noch immer jung, öffnete sich einer der Wagen. Die Musik hörte wieder auf und die Jungs sprangen sofort auf um ihre Schwester zu begrüßen. Allerdings schien die junge Frau mehr zu sein, als ein einfaches Familienmitglied. Auf einmal drehte sich alles nur noch um sie. Die Musik erklang wieder, aber Faust schien es, als spielte sie nun für die dunkelhaarige Schönheit, die sich neben ihm niederließ und ihn lange in die Augen sah, als wollte sie ihm etwas mitteilen.
Langsam gewann die allgemeine Ausgelassenheit wieder die Oberhand, doch es wurde schnell klar, dass diese Frau hier das Sagen hatte.
Mit der Zeit forderte die Müdigkeit mehr und mehr ihren Tribut. Einer nach dem anderen legte sich schlafen. Schließlich waren nur noch Faust und die Vistani wach, als sie aufstand und sich zu ihm beugte. Ihm war natürlich klar, was nun folgen würde – dachte er. Stattdessen fühlte er ihren bebenden Atem nun an seinem Ohr.
„Großes Unheil steht euch bevor. Die Toten werden wieder auf Erden wandeln und es ein Strom aus Blut wird sich vom Himmel aus vergießen und wir alle werden sterben. Doch ihr seid auserwählt das Schicksal neu zu formen und uns zu retten! Nur der Unschuldige kann dem Grauen Einhalt gebieten. Er ist der Schlüssel zu allem! Du bist auserwählt ihn zu beschützen, mit allem was nötig ist! Findet den Unschuldigen und rettet uns vor dem ewigen Untot!“
Obgleich ihm diese Botschaft eine kurze Zeit Gänsehaut bereitete, meinte er nun, die Vistani hätte wohl ein wenig zu viel von dem Wein getrunken. Sie erhob sich wieder.
„Ich werde nun auch zu Bett gehen.“
„Oh, da ist es sicher kalt, ich könnte dich begleiten!“
„Nein, euer Platz ist wo anders.“
Mit diesen Worten drehte sie sich um und verschwand im Wagen.
„Na ja, es war trotzdem ein netter Abend.“
So legte sich auch Faust in seinen Schlafsack und schlief bald ein.

Nightmoon

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Blutregen
« Antwort #4 am: 14. Dezember 2009, 17:01:35 »
Luk

Luna schlug als erste die Augen auf. Sie hatte nicht so viel getrunken wie die anderen und nach vier Stunden Trance war sie pünktlich wach, als die ersten Sonnenstrahlen über den Sumpf krochen. Doch galt ihr erster Blick nicht der Sonne. Die Wagen der Vistani waren einfach fort. Sie weckte Darias, der trotz des vielen Alkohols schnell und ohne große Kopfschmerzen wach wurde.
„Das ist seltsam. Es sind nirgendwo Wagenspuren zu sehen. Es ist, als hätten sie sich in Luft aufgelöst.“
„Bist du sicher? Vielleicht wurden sie auch von einem Monster überrascht. In solchen Gegenden werden manchmal schwarze Drachen gesichtet.“
„Und uns hat der Drache verschont? Nein, das glaube ich nicht. Es sind keinerlei Kampfspuren zu sehen. Falls du dich erinnerst: Auch wir sind einfach aus unserer Welt verschwunden, ohne Spuren zu hinterlassen. Demnach könnte wohl jeder von uns jederzeit verschwinden, ohne dass wir etwas dagegen unternehmen könnten. Und doch sind wir immer noch hier. Wer oder was auch immer diese Magie anwendet, es übersteigt jegliche sterbliche Magie von der ich je gehört habe.“
„Dann ist dies das Werk der Götter?“
„Oder Dämonen, Teufel, wer weiß. Aber ich verstehe nicht, warum sie uns hier her gebracht haben.“
„Weil es unser Schicksal ist, unsere Aufgabe!“
sagte Faust auf einmal und streckte sich dabei um den Schlaf aus seinen Gliedern zu verjagen.
„Und warum gerade dieser trostlose Ort? Hier gibt es absolut nichts! Selbst die Zigeuner sind weg, wie du siehst! Wo soll man hier sein Schicksal erfüllen?“
Die Langeweile tat Darias nicht gut. Er war ein Leben in der Stadt gewöhnt. Die Weite und Leere des Sumpfes erschien ihm mehr und mehr tatsächlich wie seine persönliche Hölle.
Faust verpasste Phoebe einen leichten Tritt in die Seite, welcher sie auffahren ließ.
„Was? Wo sind Vistani? Habt ihr sie vertrieben? Das bringt Unglück! Wenn sie uns verflucht haben, dann…“
„Verdammt, Phoebe! Beruhig dich, die sind von allein verschwunden. Und ich glaube Darias hat Recht. Wir haben eine Aufgabe zu erfüllen. Zumindest ich.“
„Natürlich, ihr Menschen habt ja immer Aufgaben zu erfüllen. Vielleicht ist es auch einfach die Magie eines Mythals. Auch diese sind mächtiger als die heutige sterbliche Magie und kann zu durchaus seltsamen Ergebnissen führen. Aber für euch muss es gleich wieder Schicksal sein.“
„Ich kenne die Macht der Mythal, ich habe lange Zeit unter Elfen gelebt. Doch als das hier passierte war ich viele Hundert Meilen von einem Mythal entfernt. Und auch der gute Faust hier war glaube ich weit von einem entfernt. Somit ist dein Einwand nicht gültig, Luna.“
Diesmal war Phoebe die verwirrte.
„Was ist das, ein Mütal?“
Sofort ergriff Luna wieder das Wort.
„Ein Mythal ist ein magischer Schutzbereich, der von mächtigen Elfenmagiern der alten Tage geschaffen wurde und von der Magie der heutigen Generation nicht beeinflusst werden kann, da er zu mächtig ist.“
„Was die kleine Elfe sagt, nur dass es in der Version die ich kenne ein uraltes Menschengeblüt war, das diese Mythal erschuf.“
Luna musste sich auf die Zunge beißen, um nicht wütend loszubrüllen über diese Beleidigung ihrer Ahnen, doch so entgegnete sie Faust nur ein abfälliges
„Ach, dummer Mensch, was weißt du schon.“
„Tja, wir sind wohl beide nicht alt genug um das sicher zu sagen, aber das ist auch egal, denn es war kein Mythal, der uns hier her brachte. Ach ja, Phoebe, ich habe eine Frage: Die Vistanis sollen ja ein paar ganz tolle Sachen können, wie diese Flüche von denen du ständig redest.“
„Da, genau!“
„Können die auch in die Zukunft sehen?“
„Manche von ihnen. Große Propheten gibt es unter den Vistani. Sie alle hatten Visionen von der Zukunft, und was sie sagten ist immer eingetroffen.“
„Das ist toll, denn dann kommt bald Ärger auf uns zu!“
„Was? Hat Vistani Weissagung gemacht?“
„Naja, die Chefin kam gestern noch zu mir, als ihr schon am schlafen ward. Die meinte jedenfalls, dass ich der Auserwählte bin, der den Unschuldigen finden muss und ihn beschützen soll.“
Phoebe stand fassungslos da. Endlich machte alles einen Sinn. Sie wusste nun, warum die Nebel sie nicht nach Barovia gebracht hatten, sondern an diesen Ort, mit diesen Leuten.
„Du bist der Auserwählte!“
„Was? Er?! Blödsinn!“
Luna machte keinen Hehl aus ihrer Empörtheit.
„Ich mag dich auch. Nein, ich bin auserwählt, den Unschuldigen, wer auch immr das sein mag zu finden und zu beschützen. Mehr nicht.“
„Vistani hat gesprochen. Wenn sie sagt, du bist auserwählt, dann bist du es. Darum sind wir alle hier! Wir müssen dem Auserwählten helfen!“
Während Faust etwas verlegen wirkte und Darias nur kopfschüttelnd grinste, steigerte Luna sich nur noch tiefer in ihre Wut. Schließlich brachen sie auf. Während des Weges durch den nicht enden wollenden Sumpf wurde zwar weiter über die Worte der Vistani diskutiert, da jedoch jeder auf seinem Standpunkt beharrte, blieben alle bei ihrer Meinung.
„Also, zum letzten Mal: Ich…“
„Wartet mal!“
Darias unterbrach den Menschen, welcher froh darüber war, nicht noch mal alles erklären zu müssen.
„Da hinten brennt Licht! Dort am See!“
Seine dämonischen Augen bemerkten als erstes diesen Schein, der die unheimliche Dunkelheit durchbrach. Auch Luna bemerkte es nun, dann Phoebe. Fausts Augen waren für den Nahkampf geschaffen und registrierten in diesem Bereich kleinste Bewegungen, aber erst nach einigen Hundert Metern sah auch er das Leuchten.
„Sieht aus wie ein Haus.“
Meinte Phoebe, als sie näher kamen.
„So etwas nennt ihr Menschen ein Haus? Selbst unsere Hundehütten sehen besser aus.“
Lunas Hochmut rief in Darias eine Mischung aus Verachtung und Überlegenheit hervor. Dieses naive und verwöhnte Elfenmädchen hatte scheinbar nie erlebt, wie es ist, sich in der Kanalisation zu verstecken. Nie hatte sie als Kind töten müssen um die Abfälle eines Adeligen für sich allein zu haben, und niemals würde sie verstehen, wie die Menschen wirklich sind. Ihr Horizont reichte nur bis zum Rand ihres Elfendorfes und das hier war einfach eine Nummer zu groß für sie.
Schließlich erreichten sie den groben Holzbau. Die Hütte war auf Pfählen aufgebaut und der Eingang befand sich somit auf etwa vier Meter Höhe. Das schwache Licht flackerte ab und zu im Abendwind und von drinnen war ein seltsames Brabbeln zu hören, das aber nicht einmal Phoebe verstand.
Faust wollte gerade zum Sprung ansetzen, als eine Hängeleiter hinunter geworfen wurde. Etwas verwundert und weil er eine Falle roch, zog er seines Vaters Klinge und kletterte als erster hinauf. Doch kein Angriff erwartete ihn dort oben. Die Hütte war voll mit Unrat und vor ihm stand ein dreckiger Teller. Seine Augen suchten nach der Lichtquelle und dann wäre er beinahe von der Leiter gestürzt.
In einer Ecke saß eine Kreatur, die wohl ein Mensch war, jedoch stark abgemagert. Eine Hand hielt eine Kerze, die andere ein Buch in dem die Gestalt zu lesen schien, doch das war ausgeschlossen. Es waren die Augen des Jungen, die in Faust einen Anflug von Mitleid und einer unerklärlich tiefen Furcht hervorriefen. Sie waren vollkommen weiß, doch es war kein unschuldiges Weiß, wie das des Schnees, sondern vielmehr erinnerte es an den Tod. Als hätten sie etwas mit ansehen müssen, das so schrecklich war, dass es die Pupillen verzehrt und nur eine weiße Masse übrig gelassen hätte. Dabei ließ das unermüdliche Plappern den Jungen noch Wahnsinniger erscheinen.
Er kletterte hinein, nach dem er den ersten Schock überwunden hatte.
„Hey du, Junge!“
Er musste so zwischen sechzehn und achtzehn Jahren alt sein, doch wirkte sein ganzer Körper verbraucht, wie bei einem Greis.
„Wie heißt du? Brauchst du Hilfe?“
Keine Reaktion. Inzwischen kletterten auch Phoebe, Darias und Luna hinauf, deren Reaktion ähnlich war, wie die des Kriegers. Schließlich kümmerte Phoebe sich um den Jungen in einer mütterlichen Art, die keiner der anderen hätte aufbringen können. Doch auch auf sie zeigte der Junge trotz aller Bemühungen keine Reaktion. Derweil durchsuchte Darias das Zimmer und fand einen Brief, den er versuchte zu lesen.
„Was steht da drin?“
Wollte Luna wissen.
„Keine Ahnung, ich kenne diese Sprache nicht.“
„Zeig mal her!“
Phoebe schnappte sich den Brief und las ihn konzentriert durch.
„Er ist vom Pfarrer eines Dorfes hier in der Nähe. Scheinbar hat dieser angeordnet den Jungen - sein Name ist übrigens Luk - hierhin bringen zu lassen, da er befürchtet, die Furcht der Einwohner vor ihm könnte dazu führen, dass sie ihn für den Schrecken verantwortlich machen…“
Faust kniff die Augen zusammen.
„Was für ein Schrecken?“
„Das steht hier nicht. Aber das Dorf heißt Soranja.“
„Nette Leute. Vielleicht sollten wir ihnen einen Besuch abstatten.“
Er war sicher alles andere als in Unschuldslamm, aber wenn es etwas gab, das der Krieger nicht leiden konnte, dann war das Ungerechtigkeit gegenüber Schwächeren. Und dieser Junge, so unheimlich er auch sein mochte, war ganz eindeutig ungerecht und unwürdig behandelt worden.
Ausnahmsweise schlossen sich alle drei seinem Vorschlag an.
„Ich bin müde und wenn ich müde, kann ich nicht zaubern. Wir sollten hier übernachten und morgen das Dorf suchen.“
Phoebe hatte Recht, doch auch wenn er friedlich vor sich hin schwieg, wollte niemand unbewacht neben dem Jungen Luk schlafen und so teilten sie für die Nacht Wachen ein.

…Es ist dunkel. Er versteht die Worte des Elfen vor ihm nicht mehr. Blinde Wut hat ihn übermannt. Töten ist das einzige Verlangen, dass er noch hat. Er schlägt zu, immer wieder. Für Konzentration ist kein Platz in seinem Kopf. Immer härter werden seine Schläge. Fast erreicht die gespaltene Klinge die Kehle seines Gegners, doch der Sonnenelf ist zu flink. Dann Schmerz. Er schaut an sich herab. Die schwarze Klinge steckt in seiner Brust, tritt am Rücken wieder heraus. Schon beginnt sie das Leben aus ihm zu saugen. Er schaut wieder auf. Der Elf schüttelt den Kopf, ist den Tränen nahe. Der Krieger sinkt auf die Knie. Seine Haut wird bleicher, sein Körper wird schwächer, sein Geist verflüchtigt sich. Er altert. Die Klinge ist nur wenige Momente in seinem Leib, doch jede Sekunde ist wie ein Jahr, das seinen Körper altern lässt und seine Erinnerungen vernichtet. Er will sein Schwert zu einem Gegenschlag heben, doch er weiß nicht mehr wie. Die Klinge wird hinausgezogen. Er stürzt nach vorne. Der Boden kommt näher. Schwärze.
Faust schlug zitternd die Augen auf. Er war wieder in der Hütte mit dem Jungen, der das Böse gesehen haben musste. Nur noch die Zukunft blieb ihm, denn Vergangenheit und Gegenwart waren bereits ein Albtraum.

Nightmoon

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Blutregen
« Antwort #5 am: 14. Dezember 2009, 17:02:18 »
Beerdigung

Am nächsten Morgen brach die Gruppe auf. Zuerst dachten sie, sie müssten Luk tragen, doch obwohl er geistig nicht anwesend zu sein schien, folgte er der Gruppe. Dabei stellte sich heraus, dass der Junge, der noch immer das Buch in der einen und eine scheinbar niemals abbrennende Kerze in der anderen Hand hielt, speziell Faust folgte. Auch wenn es dem Krieger etwas Unbehagen verschaffte und sich mit derben Witzen über den Jungen lustig machte, so änderte dies doch nix an Luk´s rätselhaftem Verhalten. Für Phoebe natürlich ein eindeutiges Zeichen dafür, welches Mitglied der Gruppe der „Auserwählte“ war. Würde es noch lange so weitergehen, würde er wohl bald selbst daran glauben.
Es war Nachmittag, als sie Rauchschwaden und bald darauf die dazu gehörigen Schornsteine des Dorfes Soranja erblickten. Dahinter, jedoch weit weg, waren dichte Wolken zu sehen, die rot zu schimmern schienen und nichts Gutes zu verheißen hatten. Das Dorf war nichts Besonderes. Es glich den meisten Dörfern, wie Phoebe fand, wäre da nicht diese gewaltige Mauer gewesen. Als sie diese durch das große Tor passierten, bemerkte Faust, dass der etwa vier Meter hohe Wall zusätzlich mit schützenden Eisen Stacheln versehen war – welche jedoch seltsamer weise nach Innen zeigten!
„Eine Beerdigung. Das ist also der Grund, warum wir im Dorf niemanden angetroffen haben.“
Darias kannte die Gewohnheit der Menschen, ihre Toten an einem bestimmten Ort anzuhäufen, so als ob die Toten ein eigenes Dorf besäßen. Diese jedoch untypisch starke Mauer ließ den Friedhof eher wie eine kleine Stadt der Toten wirken.
Luna rümpfte die Nase.
„Was für ein schrecklicher Ort um seine Toten zu ehren. Ihr seid wahrlich ein Volk von Barbaren!“
Die anderen reagierten nicht darauf, sondern standen plötzlich nur mit weit aufgerissenen Augen da. Besonders Darias schien plötzlich von einer tiefen Angst überfallen zu sein, denn er zitterte am ganzen Leib. Dann bemerkte Luna, was den anderen die Sprache verschlagen hatte und in ihr regte sich eine ungekannte Angst, noch schlimmer als bei Darias.
Es war der Sarg, welcher gerade in das Grab hinab gelassen wurde. Wäre es nur das sehr massive Holz gewesen, hätten sie wohl nichts bemerkt, aber der Sarg war umwickelt mit stählernen Ketten, stark genug um einen Troll zu fesseln und, was noch schlimmer war, etwas pochte mit großer Kraft aus dem Inneren des Sarges gegen den Deckel, so dass die Ketten jedes mal laut schepperten!
Faust war überrascht. Der Anblick war wirklich verstörend, doch in diesem Moment wunderte er sich eher darüber, dass er eine so tiefe Angst in ihm auslöste. Er hatte schon viel Schlimmes erlebt und auch jetzt half ihm die Technik „Tabula Rasa“, welche zu den ersten gehörte, die er von seinem Meister gelernt hatte, sich zu konzentrieren und die Kontrolle über sich zu behalten. Es war, als wäre es nicht nur der Sarg selbst, sondern als hätte ihm die personifizierte Angst selbst gerade an der Schulter berührt und erstarren lassen, wenn auch nur für einen kurzen Augenblick.
Doch nun fasste er sich wieder, musste jedoch feststellen, dass Phoebe schneller war und fluchend auf die Gemeinde zuging. Auch Fausts Wut siegte über seine Furcht und er folgte ihr. Zwischen Phoebe und dem Priester brach nun eine Diskussion aus, die die anderen Gruppenmitglieder jedoch nicht mitverfolgen konnten, da sie der Sprache nicht mächtig waren. Zuerst wollte Faust in die Menge springen und die Person aus dem Sarg befreien. Doch dann erinnerte er sich wieder an die Mauern, deren Zacken nach Innen zeigten, nicht um zu verhindern, dass jemand eindringt, sondern nur um zu verhindern, dass jemand oder etwas hier heraus kommen könnte!
„Er tut so, als würde sich Sargdeckel nicht bewegen! Aber ich glaube er hat Grund zu lügen, genau wie die anderen auch. Habt ihr je von Untoten gehört?“
Phoebe sprach aus, woran bereits alle dachten. Besonders Luna fühlte sich erinnert an den Moment, als der Vampir ihre Familie und damit alles was sie je geliebt hatte vernichtete. Doch ihr Hass konnte ihrer Furcht noch immer nicht Herr werden, und so stand sie weiter schweigend da. Auf Darias wirkte sie beinahe ein wenig wie Luk, der neben ihr stand und wie immer irgendetwas Sinnloses daher brabbelte.
„Ja, du meinst Zombies und andere Wesen, die tot waren und zurückgeholt wurden. Es spricht einiges dafür. Dennoch scheinen die Leute nicht erstaunt zu sein. Ich glaube nicht, dass es das erste Mal war, dass diese Menschen ein solches Wesen in die Tiefe schicken.“
Faust musste Darias Recht geben und auch Phoebe war bereits aufgefallen, wie abgestumpft die Dorfbewohner wirkten.
Nach einer Weile löste sich die Gesellschaft auf und der Priester trat zu der Gruppe, während der Totengräber begann seine Arbeit zu tun. Der Mann mit dem schütteren, grauen Haar trug ein Symbol, das Faust nicht kannte. Selbst die Götter hatten ihn wohl an diesem Ort verlassen, was aber in seinem Fall nichts schlechtes sein musste.
„Es tut mir Leid, aber ihr kamt zu einem sehr ungünstigen Augenblick in unser Dorf. Ihr seht aus wie Abenteurer und ihr habt den Jungen Luk mitgebracht. Es war meine Entscheidung ihn an diesen Ort zu bringen. Ich fürchte, einige könnten ihn für den Schrecken verantwortlich machen, der unser Dorf befallen hat.“
Der Priester sprach die Handelssprache, so dass auch die anderen ihn verstehen konnten.
„Was für ein Schrecken ist das, alter Mann?“
Auch wenn Faust nicht einverstanden mit der Vorgehensweise des Mannes war, so verstand er doch dessen Beweggründe. Doch das war nun zweitrangig. Nicht Luk war das Problem, sondern etwas völlig anderes.
„Folgt mir. Ich werde euch alles erklären, doch nicht hier, an diesem Ort. Constable Richard ermittelt seit dem ersten Vorfall in dieser Sache. Zusammen werden wir euch alles erzählen, was wir wissen.“
Als sie sich in Bewegung setzten, bemerkte Faust, dass Luna noch immer da stand. Bisher war er zu sehr mit sich selbst und dem Sarg beschäftigt gewesen, und so fiel ihm erst jetzt auf, dass die ohnehin blasse Elfe kreidebleich schien und apathisch den Totengräber beobachtete.
„Wir müssen weiter. Keine Ahnung, an was dich die ganze Sache erinnert, aber du darfst dieser Angst nicht nachgeben!“
Luna fühlte zwei starke Hände auf ihren Schultern und sah nun nicht mehr an dem Mann vorbei, der vor ihr stand. Einen Moment lang war sie einfach nur froh, dass sie wieder klar denken konnte und nicht mehr die schrecklichen Bilder vor Augen hatte. Fast wollte sie dem Krieger danken, doch dann wischte sie ihre Tränen bei Seite und löste sich aus dem Griff des Mannes.
„Angst? Ich habe keine Angst! Ich empfinde nur Hass. Diese Untote Brut, diese Seuche, die ihr Menschen über uns gebracht habt, ich werde dem ein Ende setzen! Steh nicht so herum, komm mit!“
Kopfschüttelnd sah Faust ihr hinterher und fragte sich, was aus seinem einstigen Stolz geworden war. So ging er der Elfe nachdenklich hinterher, gefolgt von seinem grotesken Begleiter.

Der Constable schaute mit ernster Miene in die Runde. Er durfte etwa Ende Dreißig sein und trug einen prachtvollen Schnurrbart, als wolle er mit diesem seine Position unterstreichen.
„Nun, ihr habt also Luk gefunden. Nehmt es mir nicht übel, aber ihr hättet ihn besser dort gelassen, das wäre sicherer für ihn gewesen.“
Fausts Miene verfinsterte sich, weshalb Richard weiter sprach.
„Nicht weil ich glaube, dass eines von Vater Pauls Schäfchen ihm etwas antun könnte, oder er gar selbst jemandem gefährlich werden könnte. Es ist viel mehr die Bestie die hier ihr Unwesen treibt.“
Nun hatte der Constable die Aufmerksamkeit, die er sich gewünscht hatte.
„Alles begann vor ein paar Wochen. Des Nachts klopfte Jean an meine Tür. Er war völlig aufgelöst. Als wir an seinem Bauernhof ankamen, fanden wir Luk, so wie ihr ihn jetzt kennt und Marc, den dritten Bruder… oder was von diesem noch übrig war. Er sah so bleich aus, sein Gesicht so angstverzerrt. Kein Blut schien mehr in ihm zu sein und an seinem Hals fand ich eine Bissspur.“
„Ein Vampir!?!“
entfuhr es Luna, die ihre schlimmsten Befürchtungen bestätigt sah.
„Wir wissen es nicht. Tatsächlich mussten wir erfahren, dass das Grab, in das wir Marc herab ließen, am nächsten Tag geöffnet worden war, jedoch nicht von Außen. Kurz darauf gab es den nächsten Todesfall und es bleib nicht bei diesem.“
„Etwa ein Dutzend unschuldiger Seelen hat diese Bestie bereits dahingerafft!“
Der Priester schien alles noch einmal zu durchleben.
„Vor einigen Tagen war es der ärmste Sohn des Constables.“
Es wurde still im Raum. Besonders Richard selbst schieb bedrückt.
„Meine Frau hat seit diesem Tag nicht mehr gesprochen. Dem Tag an dem ich den Sarg meines eigenen Kindes zugenagelt und in Ketten gewickelt habe, um sicher zu gehen, dass er seinen ewigen Frieden findet.“
Luna schaute auf. Selbst sie empfand Mitleid mit dem Menschen, doch gleichzeitig zeigte sich wieder einmal die Naivität dieser Rasse, wie sie glaubte.
„Es tut mir Leid, aber ihr hättet die Leichen pfählen müssen! Ein Holzpfahl durch das Herz. Nur so tötet man einen Vampir wirklich.“
Der Herr des Hauses rollte mit den Augen.
„Nein, dieses Schicksal konnte ich meinem Sohn ersparen, denn genau das hatten wir zuvor bei zwei anderen Leichen getan, was jedoch völlig sinnlos war, da auch sie sich aus ihren Gräbern erhoben hatten und nun ihr Unwesen treiben. Wenn ihr uns wirklich helfen wollt, dann müsst ihr euch etwas Besseres einfallen lassen. Tut was ihr tun müsst, um dieses Monster zu vernichten, aber achtet die Menschen unseres Dorfes, denn nicht sie sind es, von denen die Gefahr ausgeht.“
Mit einem Mal erhob sich Richard.
„Wenn ihr wollt könnt ihr hier übernachten, oder im Gasthaus. Es ist gleich in der Nähe und die Betten dürften bequemer sein, als der Boden vor meinem Kamin. Ich wünsche allen einen guten Abend und bete für eine ruhige Nacht. Ich muss nun wieder in mein Büro. Meldet euch, wenn ihr Neuigkeiten habt.“
So verschwand der Constable nach oben. Nach den Strapazen des Sumpfes war der Gruppe tatsächlich viel mehr der Sinn nach einem gemütlichen und weichen Bett in einem Gasthaus, weshalb sie dieses vorzogen. Wie erwartet war „der buckelnde Eber“ ziemlich unterbelegt und somit für jeden der Helden ein eigenes Zimmer frei. Dennoch beschlossen sie einen gemeinsamen Schlafsaal zu belegen, da keiner den Bewohnern des Dorfes und erst recht nicht den Mauern des Friedhofes traute, besonders weil die Zimmer im Erdgeschoss lagen.
Darias dachte nach.
„Hat einer von euch die Möglichkeit einen Alarm-Zauber zu wirken, der uns vor ungebetenen Gästen warnen könnte?“
Kopfschütteln.
Phoebe hatte schließlich eine Idee.
„Wir könnten die Tür sichern. Nimmst du Schnur und bindest das eine Ende an Türklinke und das andere“, sie ging herüber zu Luk, „binden wir an die Kerze. Wenn jemand kommt rein und öffnet die Tür, armer Luk fängt an zu schreien, weil ihm Kerze aus der Hand gerissen wurde.“
Phoebes Idee erschien den meisten ziemlich gut, auch wenn sie natürlich ziemlich pietätlos war, wie Luna zu Recht bemerkte. Doch es war besser, wenn Luk für ein paar Sekunden laut schrie, als dass sie im Schlaf von einem Zombie angefressen wurden.
Nachdem sie noch ein gutes Mahl im Schanksaal genossen hatten, schliefen bald alle nacheinander ein. Nur Luks weiße Augen glänzten im Kerzenlicht.

Niobe

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Blutregen
« Antwort #6 am: 14. Dezember 2009, 21:46:20 »
Zitat
Vor zwei Tagen erst ist Tyrael aufgebrochen um den Mörder seines Onkels zu finden. Einen Menschen, den der Alte zu einem Mann heranwachsen sah und wie seinen eigenen Neffen behandelte.
Oh. Das gibt der Begegnung von Faust und Luna ja eine ganz neue Bedeutung...

Hat Spaß gemacht, das zu lesen. Besonders bei der ersten Unterhaltung mit Phoebe musste ich grinsen.  :)

Nightmoon

  • Mitglied
    • Schicksalsstreiter
Blutregen
« Antwort #7 am: 15. Dezember 2009, 01:06:57 »
Ja, Tyrael hatte ich als Gastspieler in einem One-Shot-Abenteuer gespielt. Hab den auch noch hier, falls du oder Tom ihn Story-mäßig ausschlachten wollt ;)

Abracadaver

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Blutregen
« Antwort #8 am: 16. Dezember 2009, 00:55:26 »
Sehr spannend und schön zu lesen!  :thumbup:

Nightmoon

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    • Schicksalsstreiter
Blutregen
« Antwort #9 am: 23. Dezember 2009, 22:36:00 »
Vampir?

Eigentlich war es still. Selbst Luk hatte aufgehört sinnloses Zeug zu reden, obgleich er immer noch wach aussah. Dennoch wurde Darias mit einem unguten Gefühl wach, im Glauben draußen etwas gehört zu haben. Erst jetzt bemerkte er den Geruch von verrottendem Fleisch, der in der Luft lag. Dann verdunkelte für einen kurzen Augenblick eine dunkle Gestalt den Lichtschein, der durch die Fensterläden drang.
Er schubste Faust an. Irgendwie hatte er das größte Vertrauen zu dem Menschen gefasst, der manchmal noch zwielichtiger schien als er selbst.
„Hey, wach auf! Da war etwas!“
„Was?! Wo?“
„Vor dem Fenster. Ich glaube es ist ein Untoter!“
„Weck die anderen…“
Mit diesen Worten riss Faust das Fenster hoch und sprang hinaus

Der Krieger reißt das Fenster nach oben, dass ihn von seinem Feind trennt. Nur der Rücken einer gebückten Gestalt in einem Umhang ist zu erkennen, doch sein unheiliger Gestank verrät ihn. Zu lange hat die gespaltene Klinge nicht mehr gekämpft. Brüllend rennt der Krieger auf das unnatürliche Wesen zu, dass sich umdreht. Erst auf dem zweiten Blick wird das verfaulende Fleisch, das den ganzen Körper bedeckt deutlich. Das Monster faucht, sein knöcherner Brustkorb klappt auf und gibt den Blick frei auf ein blutiges, Pumpendes Herz in mitten verfaulender Gedärme. Angst greift nach dem Krieger, lässt seine Nackenhaare aufstellen. Doch der Zorn, und die Gewissheit, dass die anderen ihn sehen, lässt ihn weiterlaufen. Die Klinge blitzt im Mondlicht, bevor sie wie ein Komet auf den auferstanden Körper niedergeht. Knochen splittern, faules Fleisch wird durchtrennt. Das Monster sackt ein, fällt auf die Knie. Ruhm. Doch dann erhebt es sich wieder, die Klinge halb in seinem üblen Körper steckend. Seine Augen beginnen rot zu glühen und eine knochige Hand berührt den Krieger an seinem ungeschützten Arm. Kälte. Er spürt seinen Arm sterben. Seine Schulter, seine Brust, sein Gesicht… sein Herz. Dann spürt er nichts mehr.

Nur wenige Sekunden, nachdem Faust aus dem Fenster gesprungen war, hatte Darias die anderen geweckt und sie alle stürmten zum Angriff. Die dunkle Gestalt, auf die Faust wie ein Wahnsinniger zustürmte drehte sich um und bot einen schrecklichen Anblick. Phoebe beschwor einen magischen Flammenstrahl und auch Luna zückte ihre Klinge. Doch was dann geschah war zu viel für die Nerven aller beteiligten.
Es sah aus, als hätte Faust das Wesen mit einem einzigen, mächtigen Schlag zerschmettert. Doch der versehrte Leib erhob sich wieder. Der starke und stolze Faust ging nun nieder auf die Knie. Sein Arm verfaulte, hing in einem unnatürlichen Winkel herab, dann verwandelte sich auch der Rest und das Wurmzerfressene Gesicht des Kriegers bohrte seinen Blick in die Herzen seiner Kameraden. Jeden traf es anders.
Phoebe rannte davon. Sie rannte und rannte, bis ihre Lungen beinahe zerbersten wollten… dann rannte sie weiter.
Luna begann zu wimmern und versteckte sich wie ein Kind unter einem Wagen, kniff die Augen zusammen und hielt sich die Ohren zu in der Hoffnung, alles sein nur ein böser Alptraum.
Darias blieb stehen. Er war beeindruckt gewesen von der kraft, die in das Monster eingeschlagen hatte. Nun hingen die starken Muskeln der Arme des Menschen in grauen Fetzen herab… dieser Arm, das Ellenbogengelenk, wie schief es nun aussah und dann die toten Augen, die eben noch voller Zuversicht blitzten. Er hätte ihm helfen sollen. Oder sich selbst in Sicherheit bringen, wie die anderen auch… aber er konnte nicht. Und er wusste, dieses Bild würde ihn für sein Leben lang begleiten.
Nur Luk blieb still auf seinem Bett sitzen, mit einem Buch in der einen und einer Kerze mit einer Schnur in der anderen Hand.

Angst. Immer noch steckte sie Luna in den Knochen. Dennoch wollte sie einen Blick auf die Stelle riskieren, an der das grauenvolle Wesen den Menschen in einen Zombie verwandelt hatte. Dabei blieben ihre Augen haften an Darias. Auch er blickte in die Richtung, jedoch mit einer Mischung aus Entsetzen und Faszination. Der Vampir, oder was auch immer es war, war fort. Faust lag auf dem Boden. Doch hatte seine Haut wieder die alte Bräune angenommen, die sie hatte, bevor sie aufriss und zu verrotten begann. Was auch immer die Magie des Untoten bewirkt hatte, es schien als ob das starke Herz des Kriegers sich nicht hatte davon besiegen lassen.
Sie schritt an Darias vorbei, packte seine Hand und zog ihn mit sich.
„Komm mit!“
Einen Augenblick lang war es, als zöge sie Luk mit sich, doch dann fing sich der Mann wieder, der noch immer seine menschliche Hülle besaß. Faust rührte sich nicht. Auch wenn er dem Dasein als Untoter entkommen war, so schien er nun doch nur noch ein lebloser Körper zu sein. Wie lange hatte sie gewartet? Die Angst hatte sie gelähmt und sie hatte jedes Gefühl für Zeit verloren. Ihre heilenden Kräfte vermochten auch schwere Wunden zu heilen, aber sie musste schnell zum Einsatz kommen, sonst war auch der mächtigste Zauber zu spät. Die Elfe kniete vor Faust nieder, drehte den massigen Körper um, auf den Rücken. Das schlammbedeckte Gesicht hatte die Augen geschlossen. Ein Frieden lag darin, den sie so noch nie bei dem Menschen gesehen hatte.
„Bitte nicht…“
murmelte sie. Ihre Hände packten seinen Nacken, hoben ihn an und sie horchte. Kein Atemgeräusch drang in ihre spitzen Ohren.
„Verdammt!“
„Ist er… tot?“
„Ich weiß es nicht!“
„Hast du gesehen was mit ihm passiert ist? Dieser zerbrochene Brustkorb, und dann… dann war er auch ein Monster… dieser Blick… dieser leere Blick… es…“
„Sei leise!“
Sie drücke das Ohr an seine freiliegende Brust. Da war es. Ganz schwach schlug es noch. Sofort legte Luna die Hände auf die Stelle, die sie zuvor abgehört hatte und ihre Hände begannen zu glühen. Die Kraft der Elfengottheit drang in den Leib des Menschen und auf einmal schoss Luft in seine Lungen. Lunas Herz machte einen Satz. Sie hatte ihn gerettet, sie hatte es geschafft. Ja, sie war froh, dass er lebte. Natürlich nur weil sie ihn noch brauchten in dieser gefährlichen Gegend. Das redete sie sich ein, aber tief im inneren wusste sie, dass dies nicht der einzige Grund war. Sie mochte ihn. Ihn, einen Menschen. Auch Darias mochte sie, und Phoebe. Sie alle waren anders als sie, anders als die Elfen, auch wenn Darias ihre Bräuche sehr gut zu kennen schien. Und dennoch waren sie nicht die ignoranten und egoistischen Barbaren, für die sie sie immer gehalten hatte. Sollte sie froh darüber sein? Oder beging sie nicht gerade Verrat an ihrem eigenen Volk?

Kälte. Er schaut an sich hinab. Die Klinge steckt tief in seinem Leib, saugt das Leben und die Kraft aus seinem Körper. Er will sich wehren, doch der Körper erinnert sich nicht mehr an den komplizierten Schlag, der ihn hätte retten können. Das Gesicht des Elfen drückt tiefes Bedauern aus und steht in seiner Güte so stark im Kontrast zu der bösen Aura der Klinge. Er fällt nach hinten, fühlt sich alt. Zeit zu sterben. Schwärze. Es pocht noch einmal. Dann noch mal. Dann nicht mehr.
Dann schlägt es wieder. Das pochen weckt ihn aus einem unendlichen Schlaf. Die Wunde schmerzt. Er hört den Alten beten. Dieser Bastard! Er hat dich getötet! Er muss sterben! Jetzt! Er ist unvorbereitet! Tu es!
Der Krieger springt auf, voller Wut zieht er seine Klinge, schlägt auf den ungeschützten Nacken des Elfen…

„Faust, was tust du?“
Faust machte die Augen auf. Er war nicht mehr in dem dunklen Raum. Er war wieder in dem Dorf. Er lebte wieder.
„Beruhig dich und leg das Ding weg!“
Luna. Die Elfe kniete neben ihm, eine Hand auf seinem Schwert, die andere auf seiner Brust. Er entspannte den festen Griff um seine Kling wieder. Sein Körper schmerzte, aber die Berührung der Elfe war so angenehm, dass der Schmerz unbedeutend war. Jetzt erst sah er das weiße Licht, dass ihre Hand leuchten ließ. Sie hatte ihn gerettet. Die kleine Arrogante Elfengöre. Ohne sie wäre er tot geblieben, für immer.
„Danke.“
Ihre Blicke trafen sich.
„Wir brauchen dich noch. Sei das nächste mal nicht so dumm, sonst werde ich dich nicht mehr retten!“
Ihre Augen sagten etwas anderes. Dann stand sie auf und ging.

Nach etwa zwanzig Minuten hielt Phoebe an. Sofort brach sie auf der Stelle zusammen. Zuletzt hatte sie eine solche Angst als Kind erlebt. Einen Moment lang meinte sie, sie müsse sich übergeben, doch dann fing sie sich wieder und keuchte einfach nur noch nach Luft. Das Dorf war ziemlich klein geworden. Der Rückweg würde sie sicher eine Stunde kosten, denn so rennen, als ob der Teufel sie jagte, das wollte sie nicht. Als sie wieder stehen konnte ging sie los und fragte sich, ob der Auserwählte wirklich tot war…

Darias lag in seinem Bett, die Augen weit geöffnet. Nach dem Zwischenfall hatten sie nach einiger Zeit Phoebe wieder gefunden und auch Faust schien es wieder besser zu gehen. Doch Darias konnte den Anblick nicht vergessen. Wie auch? Es war schrecklich gewesen. Schrecklicher als alles, das er zuvor gesehen hatte… oder? Hatte er nicht noch viel schlimmere Dinge erlebt. Seine Mutter war ein Dämon und es bereitete ihr Freude ihn zu quälen. Und auch die Welt der Menschen schien kaum besser zu sein. Er hatte sich letztendlich nur an sie angepasst. Er war das, zu was diese Welt ihn gemacht hatte. Doch das hier war nicht die Stadt. Vielleicht war es einfach nur ungewohnt für ihn. Das Töten von Menschen war nun mal nichts Neues für ihn, auch wenn es manchmal nicht beim ersten Schlag klappte und dann manchmal qualvoll für seine Opfer wurde. Doch das hier war einfach ungewohnt für ihn. Das musste es sein! Er sprang auf und rannte hinunter in die Kneipe um endlich mal wieder mit jemandem darüber zu reden! Schlafen würde er jetzt ohnehin nicht mehr können…

Zophael

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Blutregen
« Antwort #10 am: 24. Dezember 2009, 10:06:23 »
Schick, schick! Freu mich schon auf den weiteren Verlauf  :thumbup:

Winter

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Blutregen
« Antwort #11 am: 24. Dezember 2009, 14:54:59 »
*ggg* Darias war die nächsten Stunden für nichts mehr zu gebrauchen...Diese Hände...

Niobe

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Blutregen
« Antwort #12 am: 25. Dezember 2009, 05:11:05 »
Total schön :-)

Winter

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Blutregen
« Antwort #13 am: 09. Januar 2010, 18:00:14 »
Wann gibt es mehr?