Workshop > Story Hour
Die Piraten der Schwertküste (mit Spielleiter-Kommentaren)
Gorilla:
Vielen lieben Dank für die Mühe.
Ihr scheint DND so zu spielen, wie es meiner bescheidenen Meinung nach gespielt werden soll.
Freu mich darauf, mehr zu lesen.
Amurayi:
Danke für die Blumen. Ja, wir lassen uns nicht von WotCs Konzepten, wie sie in ihren gedruckten Abenteuern vorkommen, einschränken. D&D 4E hat mir das Spielleitern wesentlich vereinfacht. Und die Spieler geben sich viel Mühe oft über den Tellerrand ihrer Powers hinauszuschauen und sie mit viel Rollenspiel mit Leben zu erfüllen.
Wir haben viel Spaß damit - und das ist das einzige was zählt. Ich denke das kann man aus den Zeilen der Abenteuerprotokolle herauslesen.
Gorilla:
Genau den Anschein hat euer Bericht erweckt. Wenn ihr nur ungefähr so spielt, wie es niedergeschrieben ist, scheint das wirklich Rollenspiel mit viel Rollen und weniger Spiel zu sein. :thumbup:
Und deine Einschätzung, dass 4E das Spielleiten wesentlich vereinfacht, teile ich. Mir geht die 4E auch deutlich besser von der Hand und ich fühle mich auch als Spieler deutlich "freier".
Das Lesen euere Kampagne macht jedenfalls Laune und motiviert mich wieder für meine nächste Runde. Danke nochmal für die Inspiration und grüße an deine Spieler.
Amurayi:
DM Kommentar (Anzeigen)_______________________________________________________________
Es folgt einer kleiner Zwischeneintrag des Spielers von Little Jack, um die Zeit bis zum nächsten Spielsession zu verkürzen.
_______________________________________________________________
Der Duft des Meeres
Es war noch sehr früh am Morgen, als ich als einer der ersten im Mannschaftsraum erwachte.
Unsere Hängematten hingen auf zwei verschiedenen Höhen, um Platz zu sparen. Ich hatte mich in der höher hängenden einquartiert. Vor Monaten hatte ich etwas Gold in eine magische Schlafmatte investiert, so dass meine Hängematte so bequem war wie ein teures Federbett. An die Geräusche und den Geruch des Schiffes war ich längst gewöhnt - ja wenn wir woanders übernachteten fehlten sie mir. Nicht nur, dass ich von meiner Natur her ein Kind des Wassers war, ich hatte zudem mein ganzes bewusstes Leben auf Schiffen verbracht. Zuerst auf der Vortex, dem gefürchtetsten Piratenschiff der Schwertküste (zumindest in meiner Vorstellung) und nun auf der Galgenkrähe. Das leichte Schaukeln der Matte, das langsame Ächzen des Holzes, der ständige Geruch nach Salzwasser und auch anderen Leuten - dies alles war die Umgebung in der ich Ruhe fand.
Noch etwas verschlafen blinzelte ich durch das Zwielicht hier im Mannschaftsschlafraum. Gegenüber, auf der anderen Seite des Schiffes und auf gleicher Höhe wie meine, hing Kalliopes Hängematte. Ich hatte früher erwartet, dass Gestaltwandler im Schlaf ihre Gestalt verlieren würden. Aber wie ich nun wusste war das nicht der Fall. Niemand wusste wie Kalliope wirklich aussah oder was auch immer "wirklich" in diesem Fall bedeuten mochte. Jeder von uns nahm wohl irgendwie die unwirklich schöne Menschenfrau, als die sie meistens auftrat, als "echte" Kalliope wahr, aber eigentlich war das ein Trugschluss. Die Bardin selbst schlief noch friedlich, ihre Augen waren geschlossen und ich sah, dass sich ihre Decke über ihrem Brustkorb gleichmäßig hob und senkte.
Mein Blick wanderte über die anderen Matten. Direkt unter mir hing Wonkins und ich blickte genau in seinen offenen Mund, aus dem die für einen Zahnrazt sehr schlecht erhaltenen Zahnstummel ragten, wie die Ruinen eines Hauses. Etwas angeekelt schaute ich weg und blickte die Reihe herunter. Einige von des Seglern hatten ihre Matten ebenfalls in der oberen Reihe. An den meisten Matten hingen Beutel oder Kleidungsstücke, Dinge die jeder für sich hatte und die niemand sonst anrührte, die im gleichmässigen Wanken des Schiffes sachte hin und her pendelten.
Auf so engem Raum spielen diese Kleinigkeiten eine große Rolle: Es war ein ungeschriebenes Gesetz an Bord, dass niemand an die Habseligkeiten oder die Matte eines anderen ging. So etwas hätte Mr. Smite auch schnell und hart bestraft. Weiter wanderte mein Blick: Mysingurs Matte war leer. Vielleicht war er zur Deckwache eingeteilt. Weiter hinten im Raum, passenderweise in der dunkelsten Ecke, konnte ich Isarius weiße Haare im Halbschatten sehen. Der Rest des Drow wurde von der Dunkelheit verschluckt. Nur die weiße Fellrüstung, die er an seine Matte gehängt hatte, schaukelte sachte.
Leise Schritte lenkten meinen Blick zur Eingang des Raumes. Varis, unser elfischer Seiler, kam gerade herunter. Er trug einen Wasserkrug und kam wohl aus dem Ausguck, denn er hate auch seinen Bogen dabei, den er nun abstellte. Als seine aufmerksamen Augen sahen, dass ich wach war, winkte er freundlich und begann dann sich auszuziehen.
Da ich nun sowieso wach war, schlüpfte ich leise aus der Matte und glitt über die Querverstrebungungen des Pfostens, an dem meine Hängematte hing, hinunter auf den Boden. Es war warm genug, so dass ich barfuß und nur mit meiner alten Leinenhose bekleidet zwischen den Hängematten hindurchtappte. Mein Schritt hatte sich ganz automatisch der Rollbewegung des Schiffes angepasst, es war nicht nötig mich an der Wand abzustützen. Als ich die Treppe erreichte, sah ich von oben das fahle Licht der beginnenden Dämmerung hereinfallen und stieg die schmale Stiege hinauf.
Die Luft im Schiffsbauch war - wie immer - etwas muffig und an Deck zu kommen war ein so schöner Moment, dass er für das Aufstehen entschädigte. Ich sog die frische Brise durch die Nase ein, als meine Füße die Planken betraten und schaute zum Horizont. Über dem dunkelblaue Meer war bereits die Stelle auszumachen an der die Sonne aufgehen würde, ein helles Schimmern glitzerte bereits auf dem Wasser. Ich ging zur Reling und legte gedankenverloren meine Hände auf das glattpolierte Geländer, spürte die abgeschliffene Struktur des Materials unter meinen Fingern: Als Schiffszimmermann hatte ich ein gutes Gespür für Holz entwickelt. Ich mochte Holz. Es war stark und doch formbar, tragfähig und leicht genug um zu schwimmen.
Oben am Steuer sah ich unseren Hilfssteuermann stehen, der etwas gelangweilt am Steuerrad lehnte und nach vorne sah, wo sich das weite Meer ausbreitete. Hier draußen kam zu den Geräuschen des Schiffes nun noch das sanfte Plätschern der Wellen hinzu, das stetige Schwappen des Wassers, welches mir so vertraut war wie anderen das Singen der Vögel.
Meine Augen suchten das Erkennungszeichen unseres Schiffes: In der Morgendämmerung warf der Galgen mit der Krähenfigur scharfe Schatten. Wir hatten den Galgen bisher nie benutzt, aber er machte sicherlich Eindruck. "Wenn der Galgen einläuft", so sagten die Leute wenn unser Schiff in den Hafen kam. Und es machte mich ein bißchen stolz, dass wir einen Namen hatten, der mancherorts nur geflüstert wurde, weil man Angst hatte das Unglück herbeizurufen.
Ich blickte wieder zum Horizont, auf die schier endlose Größe des Ozeans. Absolute Freiheit! Dies war der Kern, das Wesen der Göttin Umberlee, auch wenn viele dies nicht verstanden. Was andere als wankelmütig bezeichneten war die absolute uneingeschränkte Freiheit des Meeres die sie verkörperte.
Ich lächelte. Konnte es ein schöneres Leben geben als dieses hier?
Amurayi:
An Bord der "Sonnenstrahl"
Ach, es geht doch nichts über eine erfrischende Rauferei mit den Anderen! Irgendwie waren wir wohl alle chon als das Würfelspiel anfing auf Krawall gebürstet. Durch die letzten Beutezüge hatte die Mannschaft die Taschen mit mehr Gold gefüllt als gut für sie war und da man es hier auf offener See schlecht ausgeben konnte, spielten sie darum. Ganz vorne dabei war Kalliope, die sich einen Spaß daraus machte ihre Kameraden durch ihre Gestaltwandlerischen Fähigkeiten zu irritieren und die zudem ein besseres Pokerface hatte als eine Galeonsfigur.
Zudem gehörten viele meiner Kameraden nicht zu den allerhellsten. Ich fühlte mich darum moralisch verpflichtet ihnen ein bißchen Geld beim Glücksspiel abzuknöpfen: schließlich hätten sie es sowieso nur für Suff und Weiber ausgegeben, während es in meinen Händen den Ruhm Umberlees mehren konnte! Da Mysingur von Mr. Smite ins Krähennest verbannt worden war, fühlten sich alle ein bißchen mutiger als sonst. Und als Kalliope dann (versehentlich versteht sich) der Würfel zum dritten Mal in den Ausschnitt fiel, bemerkte einer der Matrosen, dass sie in der Zeit, in der sie den einen Würfel umständlich barg, den anderen mit der Hand zurecht drehte.
Augenblicke später war eine wüste Prügelei im Gange, während der man mich der Komplizenschaft mit Kalliope beschuldigte. Und da Isarius zufälligerweise auch gerade an Deck war, bekam er gleich auch noch eine drauf. Das hatte er aber eigentlich sowieso mal verdient, schließlich drückte er sich dauernd vor jeglicher Arbeit.
Wortführer gegen uns war der dicke Dytmar, ein Spezi von Mysingur. Dytmar war ein Riese von einem Mann: er war ziemlich stark, aber auch sehr dick und konnte ordentlich zulangen. Glücklicherweise war er aber recht langsam, so dass wir uns einen Spaß daraus machten, um ihn herumzutanzen und ihn immer da zu prügeln, wo er es gerade nicht kommen sah.
So war es eigentlich eine ganz vergnügliche Prügelei, bis Dytmar vollkommen ausrastete und seine schwere Axt zog! Brüllend vor Zorn hackte er auf Kalliope ein und um Haaresbreite hätte er ihr den Schädel eingeschlagen. Sie wich aus, er erwischte allerdings noch ihr Ohr und verunstaltete die schöne Bardin auf diese Weise sehr. Um Schlimmeres zu verhindern hörte ich nun auf mit der Spielerei und schleuderte in schneller Folge zwei Zauber über das Deck. Diese holten den Großteil der Mannschaft sofort von den Beinen, so dass sie benommen liegen blieben. Wenige Augenblicke später hatten Isarius und Kalliope auch den tobenden Dytmar bewusstlos geschlagen.
Die Gestaltwandlerin hatte sich erstaunlich gut im Griff und verzichtete darauf Dytmar zu töten. Innerlich hatte ich mich schon darauf eingerichtet den tumben Schläger irgendwie vor ihr schützen zu müssen. Eigentlich war es aber Mr. Smites Aufgabe und Privileg die Mannschaft zu disziplinieren.
DM Kommentar (Anzeigen)_______________________________________________________________
Die Prügelei war ein Ad-Hoc Kampf, um die neuen D&D Fortune Cards, die wir erstmalig am Tisch hatten auszuprobieren. Am Anfang gab's schon Naserümpfen und Zweifel. Aber am Ende des Kampfes waren eigentlich alle durch die Bank recht zufrieden damit. Es wurden neue Manöver probiert, die man wohl ohne Fortune Cards nicht gemacht hätte. Und kein Spieler empfand sie als störend oder overpowered.
Wir behalten sie erstmal bei.
_______________________________________________________________
Mr. Smite wollte auch gerade tätig werden, als Mysingur von oben herbrief, dass wir uns der Küste näherten. Tatsächlich hatten wir jene Bucht erreicht, die auf der Karte der Cryic-Kultisten aus dem Umberleetempelkeller eingetragen war. Wir konnten jedoch bereits von unserer Position aus Rauchsäulen erspähen, die wie dünne Fäden in den Himmel stiegen. Hinter den Felsen, die die Zufahrt zur Bucht schützten, war auch der Mast eines Schiffes auszumachen: Die Flagge des "Kreuzzugs des Lichts" war gehisst!
Um nicht aufzufallen, schickte Kapitän Goldwind Isarius, Kalliope und mich in einem Ruderboot zur Erkundung vorraus. Es war zwar recht mühsam durch die Brandung in die Bucht zu fahren, aber Isarius und Kalliope mühten sich redlich, so dass es mit vereinten Kräften gelang. Wir hielten uns im Schatten der Felsen und konnten nun sehen was hier vor sich ging: Das kleine Dorf in der Bucht brannte an mehreren Stellen, während die Einwohner, alles Männer und Frauen in den Roben des Kults des Flüsteres im Dunkeln, gerade zusammengetrieben wurden. Die Angreifer gehörten zu dem Schiff, auf welches wir nun gute Sicht hatten: die "Sonnenstrahl", ein Dreimaster des "Kreuzzugs des Lichtes".
An Bord des prächtigen Kriegsschiffes sahen wir auch zwei Geschütze, die brennendes Öl verschleudern konnten. Hier in der Bucht hätten wir mit der Galgenkrähe alt ausgesehen gegen solche Waffen. Man hatte uns noch nicht entdeckt. Das Schiff lag zudem mit dem Heck seewärts vor Anker. Auch standen die Fenster der Kapitänskajüte offen und wir konnten der Versuchung nicht widerstehen dort einzusteigen ...
Da die Kreuzfahrer damit beschäftigt waren die Kultisten zu verhaften, achtete niemand auf die Bucht. Schnell hatten wir mit dem Beiboot am Ruder der "Sonnenstrahl" angelegt und erklommen leise die Bordwand. Tatsächlich war niemand in der Kajüte und mit glänzenden Augen schauten wir uns um. Hier hingen prächtige Potraits in Öl gemalt: Diese stellten die Gründer des Kreuzzugs dar, einen gewissen Sir Hector und sein Halbbruder Sir Paris. Auch eine eisenbeschlagene Truhe und ein fein gearbeitetes Fernrohr befanden sich hier, dazu aktuelle Seekarten der Schwertküste und der Mondscheininseln, von kundigen Kartographen aus Amn gemacht.
Mir fiel ein Brief in die Hände, den ich höchst interessant fand. Er war vor einiger Zeit an Sir Hector adressiert worden und stammt von einem Konatkt aus Kerzenburg, der großen Bibliothek der Schwertküste:
"Sehr geehrter Sir Hector,
ich hoffe eure Untersuchungen auf den Mondscheininsel gehen voran. Im Zusammenhang mit den Schlüsseln konnte ich aus der Bibliothek von Kerzenburg die Symbolik entschlüsseln, die Umberlee in ihren Zeichen an Ihre Jünger in den letzten Jahren vermehrt eingesetzt hat. Wie Ihr vorausgesagt habt, fanden sich genau 3x3… also 9 dominante Symbole:
* Das Wasserelementar
* Der Delphin
* Der Hai
* Die Welle (steht wahrscheinlich für Strömungen)
* Die Möwe
* Die Krake
* Der Tornando (Windhose? Hurrikan?)
* Die Wolke / Wolkengesicht (Symbol für Winde?)
* Das Nichts / Das Wort Umberlees (wird nicht als grafisches Symbol dargestellt)
Ich bleibe weiterhin hier, solange mich die Bibliothekare lassen. Schickt ungewöhnliche Bücher, die Ihr findet, damit ihr auch weiterhin in Kerzenburg willkommen bin. Ich hoffe euch in diesem Zusammenhang weitergeholfen zu haben.
Francua Watonis"
Kalliope setzte sofort Federkiel und Tinte an um wichtige künstlerische Ergänzungen an den Heldenpotraits vorzunehmen, während Isarius und ich die Truhe ausräumten. Darin befand sich die Heuer der Mannschaft, viele Batzen Gold die wir freudestrahlen in unsere Taschen luden. Die Bardin hatte unterdessen aus Sir Hector einen Piraten mit Augenklappe, Zahnlücken und Bart gemacht - es sah gar nicht so schlecht aus, wie ich fand. Mit den Taschen voller Beute hangelten wir uns sodann wieder zum Fenster hinaus, denn draußen vor der Kajüte waren stets Stimmen und Schritte zu hören - wir wollten ja nicht, dass uns jemand erwischte.
Höchst zufrieden ruderten wir abschließend wieder im Sichtschatten zur Bucht hinaus, auf die Galgenkrähe, wo uns Käpt'n Goldwind bereits mit vor Vorfreude geröteter Nase empfing: "Ich rieche Gold!" rief seine kräftige Zwergenstimme, als wir die Strickleider hochkletterten und unter beifälligem Gejohle der Mannschaft schütteten wir die Goldbatzen auf das Deck. Und der Kapitän freute sich auch über das noble Fernrohr, welches wir ihm überreichten. Stolz stellte er sich an die Reling und schaute sich die Küste damit an: "Arr! So schaut es sich doch gleich viel besser!".
Ja, so war das mit uns Piraten: Pack schlägt sich, Pack verträgt sich!
Navigation
[0] Themen-Index
[#] Nächste Seite
[*] Vorherige Sete
Zur normalen Ansicht wechseln