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Autor Thema: [Burning Wheel] Raising the Stakes - Regelüberlegung  (Gelesen 24053 mal)

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Tyrion the Imp

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[Burning Wheel] Raising the Stakes - Regelüberlegung
« Antwort #150 am: 24. Februar 2010, 20:35:14 »
So, jetzt habe ich ein bisschen Zeit, um endlich was Substantielles aufzugreifen.

Mache ich im Prinzip genauso, ich unterscheide da auch zwischen meiner Herangehensweise als Spieler und als Spielleiter. Da ich aber hauptsächlich leite (und dabei ja zwangsweise eine Menge Arbeit außerhalb der reinen Spielebene leiste), genieße ich es, mich als Spieler quasi zurücklehnen und mich mal nicht mit dem ganze Regelzeugs beschäftigen zu müssen (über das absolut notwendige Maß hinaus). Ein Spiel wie BW, dass die Metaebene so explizit miteinbezieht, wie das hier von seinen Proponenten transportiert wurde, scheint mir das nicht das für mich passende zu sein. ^^
Nein, das ist es m.E. auch nicht. BW verlangt von allen Beteiligten, dass sie die Regeln parat haben und lernen – es ist definitiv kein Bier-und-Brezel-Spiel.

Zitat
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theoretisch: Zum anderen ergeben sich die für mich persönlich relevantesten Kriterien für funktionierendes Rollenspiel immer nur aus dem konkreten sozialen Kontext der eigenen Gruppe. Die Reglementierungswut dieses Kontexts durch nebulöse Ideologien halte ich hier für einen völlig verfehlten Ansatz, weil sie für das Sozialverhalten von Spielern als Gruppe weder hinreichend noch notwendig sind. Schlimmer noch, jede Rollenspielgruppe fällt spätestens dann auseinander, wo einzelne Personen den Wert dieses Ideologien höher einstufen als diese Grundsozialkomponente.

Ja, da rührt auch meine Skepsis gegenüber der Rollenspieltheorie ganz allgemein her.
Das ist ja das alte Problem: eine gut funktionierende Gruppe funktioniert immer gut, egal in welchem System. Aber nicht jeder wird als gut funktionierender Rollenspieler geboren, und die Idee solcher Reglementierungen ist es, eine funktionierende Gruppe auch dann zu ermöglichen, wenn die Gruppe aus irgendeinem Grund (noch) nicht gut funktioniert, und außerdem das, was ein System einer Gruppe abverlangt, zu standardisieren, damit man weiß, auf was man sich einlässt, wenn man dieses System spielt. Es geht dabei natürlich auch in die Richtung, dass das System das soziale Gefüge in einer Weise prägen will, die der Autor des Systems bevorzugt. Dieser Systemeinfluss ist es dann auch, der bewirkt, dass es oft vorkommt, dass Spieler Burning Wheel wieder aufgeben, weil er in eine von ihnen nicht gewollte Richtung geht. Bei D&D ist es zugegeben einfacher, das alles zu ignorieren... trotzdem würde ich dann lieber ein System spielen, das meine gewünschte Interaktion gezielt unterstützt.

Um mal eine Analogie zu ziehen, auch wenn ich weiß, dass die im Gate hier meistens fehl schlagen: Fußballschuhe sind ziemlich gut dafür geeignet, Fußball zu spielen. Dafür ist es in ihnen nicht so einfach, zu tanzen. In normalen Straßenschuhen kann ich beides; trotzdem würde ich lieber Fußballschuhe anziehen, wenn ich Fußball spielen will, und Tanzschuhe, wenn ich tanzen will.

Wormy würde wahrscheinlich lieber gar nicht spielen als mit Leuten zu spielen, die nicht von sich aus so spielen, wie er es erwartet. More Power to him. Ich spiele lieber, und das ist kein Argument gegen ein derart unterstützendes System.

Und wo wir gerade bei Theorie sind:
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Ich kann diesen "Immersionsgedanken" nachwievor nicht nachvollziehen und verstehe auch die Motivation dazu nicht, aber das mag wohl an vielen Dingen hängen wie das "Zaubererbeispiel" andeutet. Möglicherweise ist meine Sichtweise auch mittlerweile so stark von den Ideen aus der Indy-Commuity gefärbt, dass ich es nicht mehr verstehen kann, weil ich einfach nicht sehe wie man "harten" Entscheidungen dabei nicht beständig aus dem Weg geht.

Das ist allerdings ein Eindruck, den ich durchaus teile. Wobei ich sicher auch kräftig mithilfe, weil ich mich weigere, die Definitionshoheit der Rollenspieltheorie allgemein und der Indy-Gemeinde im speziellen anzuerkennen. Wenn dann alles, was ich sage, auseinandergenommen wird, weil ich einen Begriff auf eine ganz normale Weise verwende und der aber zufällig von der Theorie irgendwie anders besetzt wurde, dann kann das schon mal gleich gar nichts geben.

Okay, wo in dieser Diskussion wird mit Rollenspieltheorie um sich geworfen? Soweit ich das sehe, werden hier zwei Begriffe benutzt (Flaggen und Immersion), und der zweite Begriff wurde mehrfach unterschiedlich definiert. Es wird nicht auf Theorie rekurriert, sondern es werden Begriffe definiert, um die Kommunikation zu erleichtern oder zu ermöglichen. Es ist wunderbar, die "Deutungshoheit" der Theorie abzulehnen, aber wenn wir über unterschiedliche Dinge reden, diese aber gleich bezeichnen, können wir auch gleich aufhören. Insofern frage ich jetzt mal, ob die von mir weit oben zitierten Definitionen von Immersion (eine – oh je – aus dem Text von Ron Edwards und die andere von RPG irgendwas) weit entfernt sind von dem, was du darunter verstehst, und wenn ja, ob du vielleicht eine alternative Arbeitsdefinition aufstellen willst. Aber wenn ich über Immersion geschrieben habe, habe ich natürlich darüber geschrieben, was ich darunter verstehe, weswegen ich das jeweils dazu geschrieben habe.

Zitat
Was letztlich bedeutet, dass die Spieler in BW genau das tun, was mir hier die ganze Zeit vorgeworfen wird, nämlich ganz willkürlich  zu entscheiden, was sie wollen, ohne den anderen einen echte Einflussmöglichkeit zu gewähren (siehe Tyrion: wenn er einen Konflikt nicht will, lässt er sich einfach nicht drauf ein, d.h. die anderen dürfen gerade soviel Einfluss auf seinen Charakter nehmen, wie es ihm angenehm ist. Abgesehen von der theoretischen Ummantelung unterscheidet sich das von dem, was D&D-Spieler machen, wie? Gar nicht. Er (ich klaue hier Tzelzix's Formulierung) gaukelt sich nur was vor, wenn er anderes behauptet.

Interessanter Punkt, der hat mich etwas stutzen lassen, aber letzten Endes glaube ich nicht, dass das zutrifft, aus den folgenden Gründen:
- Erstens wird evtl vorab eindeutig und auf der Meta-Ebene geklärt, wenn eine bestimmte Richtung überhaupt nicht okay ist. Dass sich andere daran halten, ist dann eher eine Frage des Sozialverhaltens als der Regeln :) In diesen "Tabu"-Fällen geht es eher darum, die Interessen der Spieler klar auszutarieren, und nicht um Selbstbehauptung.
- Zweitens ist in Spielsituationen dieser Rückzug immer von Nachteil: wenn ich meinen Charakter nicht "riskiere", dann kann ich auch nichts erreichen. Der Konflikt geht verloren, mein Charakter hat kein Recht, sich darin einzumischen. Mein Paladin kann nicht versuchen, den Waldläufer umzustimmen, wenn er nicht riskieren will, selbst umgestimmt zu werden. Er kann sich nur in sein Schneckenhaus zurückziehen.
– Drittens ist es dennoch nicht völlig von der Hand zu weisen, was Wormy sagt.

Zitat
Nur dass ich den entsprechenden Satz gar nicht auf meinen Charakter bezogen hatte, sondern ganz allgemein auf die Gesamtheit des Spiels. Tyrion hat es ja selbst so formuliert, dass im Prinzip dieses ganze System aus Goals, Beliefs und Flags (und was weiss ich was noch allem), dazu dient, sicherzustellen, dass nur Sachen auf den Tisch kommen, die man auch interessant findet. Was automatisch impliziert, dass es auch Sachen gibt, die man nicht interessant findet.

Mein Geheimnis (und das anscheinend einer Menge anderer D&D-Spieler, sonst hätte ich mehr Probleme, Mitspieler zu finden) ist, dass es so gut wie nichts gibt, was ich/wir uninteressant finden. Daher brauche ich (brauchen wir) auch nicht im Vorfeld zu selektieren, was ich/wir haben möchten. Statt dessen reicht es, wenn wir uns vor dem Spiel darauf verständigen, was wir nicht haben wollen. Geht genausoschnell und schränkt das Spielerlebnis weniger stark ein.

Nun, wie du selbst schon mal beschrieben hast, findest du es z.B. interessant, wenn sich die Welt nicht um deinen Charakter dreht. Solche Entscheidungen, aber noch viel stärker temporäre Vorlieben sind damit gemeint: ”Mann, ich wollte schon immer mal XXX spielen“ – bedeutet nicht, dass man den Rest des Alphabets uninteressant findet, sondern nur, dass man gerade jetzt ein besonderes Interesse an XXX hat. Und damit meine ich keine Pornos.

Zitat
Der Paladin soll überhaupt keine Handhabe gegen den Waldläufer haben. Du hast ja auch keine Handhabe gegen mich, mich in dieser Diskussion zu deiner Sicht der Dinge zu bekehren. Genau wie du kann der Paladin es nur versuchen (und ungleich dir hätte er sogar die Möglichkeit, dazu körperliche Gewalt anzuwenden, falls der Waldläufer nicht freiwillig spurt).

Zitat
Ich habe noch nicht einen Rollenspieler erlebt, der in der Lage wäre in einer Stresssituation, die seinen Charakter betrifft, eine "logische" Entscheidung durchzuführen.

Ich habe noch keinen Menschen erlebt, der in der Lage wäre, eine logische Entscheidung durchzuführen. Dennoch schaffen es die Menschen immer wieder, Gemeinschaften zu gründen, in denen sie erfolgreich ein gemeinsames Ziel verfolgen. Ich sehe daher überhaupt keinen Grund, von meinem Charakter eine so unrealistische Verhaltensweise zu verlangen.

Hier stören mich die Analogien zum wirklichen Leben und komme wieder auf die Lagerfeuergeschichte zurück. Im Endeffekt braucht man für Charakterdarstellung keine Regeln, man kann das alles auch (hoffentlich) im menschlichen Miteinander klären und gemeinsam erzählen. Rollenspiel ist jedoch ein Spiel, was ein Punkt ist, der bereits von mir formuliert wurde, aber vielleicht unterging. Im wirklichen Leben könnten wir auch so bestimmen, hatte ich gesagt, wer die Schlossallee bei Monopoly bebauen darf, trotzdem diskutieren wir das nicht aus. Und im wirklichen Leben schaffen es Leute auch, sich nicht umzubringen, trotzdem benutze ich bei Ballerspielen die Waffe, die mein Charakter hat, oder bekämpfe im Rollenspiel die Schurken. Das wahre Leben ist ein höchst unzureichender Vergleich.

Spiel bedeutet, dass ich einen Teil meiner Entscheidungen bzw. die Erfolgsermittlung Regeln überlasse. Ich kann die Schlossallee nicht kaufen, wenn die Würfel mich immer daran vorbei schicken. Normalerweise würde mir der Vermieter des Hotels auf der Schlossallee vielleicht Zahlungsaufschub gewähren, aber im Spiel eben nicht. Normalerweise könnte ich lange mit dem Spieler des Paladins diskutieren, bis wir eine gemeinsame (Kompromiss)lösung finden. Im Rollenspiel auf Regeln zurückzugreifen bedeutet nicht, es nicht ohne zu können, sondern es mit zu wollen.

Und jetzt...

Nein, die richtige Analogie ist die hier:

"Ich habe noch nie Erfahrung XY gemacht. Ergo glaub ich Dir auch nicht, dass DU sie gemacht hast."

Es ist alles relativ watscheneinfach. Es gibt Leute, die können mit Immersion nichts anfangen, weil sie dafür nicht zugänglich sind. Ich kenne sogar konkret Leute, die das von sich persönlich behaupten.

Aber dieser Thread hier, der toppt ja alles. Nur weil man etwas selber nicht auf die Reihe bekommt, den Erfahrungswert anderer in Frage zu stellen, ist ja wohl die Spitze. Jeder Depp, der sich irgendwann mal wirklich in einen Charakter hineinversetzt hat, weiß, dass dieser Charakter ein Eigenleben entwickeln kann. Diese Aussage ist nicht synonym mit der Aussage, dass ein fiktiver Charakter eine reale Person ist bzw. werden kann.  Wenn Du Dich für die tatsächliche Semantik von Sätzen mit Bezügen auf fiktive Personen interessierst, gibt es da hervorragende Literatur von tatsächlich versierten Logikern wie Saul Kripke. Darin wird u.a. auch erklärt, wie solche Sätze auf ihren Wahrheitswert überprüft werden können, ohne dass dieser Wahrheitswert vom Erfinder der Fiktion willkürlich vergeben wird. Aber darum geht es ja nicht. Also um tatsächlich kompetente Diskussion der Semantik solcher Sätze.

Nein, es geht um was viel viel einfacheres. Dass Du Dich auf die obige Behauptung der Synonymität versteifst, zeigt nur eines: dass Du mit dem unmittelbaren Aussagewert der Ursprungsaussage, wonach fiktive Charaktere für ihre Erfinder ein Eigenleben entwickeln, aus persönlicher Erfahrung nichts anfangen kannst. Da. Tyrion kann nicht Immersions-Rollenspielen. Ende.

Und ja, die letzten Deppen können das sehr wohl. Wormy, ich, und der letzte Trash-Schriftsteller.



Den letzten Satz findest Du auch in Saul Kripke, Naming and Necessity. Du findest Ihn aber auch zigmal in Wormys Postings in diesem Thread veranschaulicht.

Over und out.

Ich verwehre mich der Deutungshoheit von Saul Kripke und dem letzten Trash-Schriftsteller.

Aber ernsthaft: Ich weiß nicht, ob es daran liegt, das diese Diskussion als (erbetener) Rant begann, an meinen Formulierungen, oder an der Tatsache, dass einzelne Beiträge ohne Berücksichtigung des vorhergehenden gelesen wurden, jedenfalls geht diese Kritik ziemlich an dem vorbei, was ich geschrieben habe. Und ja, ich habe geschrieben, Charaktere haben niemals ein Eigenleben. Aber ich ziehe das lieber so kurz und verständlich, wie ich es kann, noch einmal auf, bevor ich auf den Beitrag selbst eingehe.

Es gibt für diese Diskussion zwei relevante Betrachtungsweisen:
A – Rollenspielcharaktere können echt werden
B – Rollenspielcharaktere können sich echt anfühlen

Ich verwehre mich gegen A. Ich bin mir auch relativ sicher, dass Salvatore, wenn man ihn festnagelt, sagen wird, dass sich seine Buchfiguren echt anfühlen und nicht echt sind. Mich würde auch interessieren, wie er reagiert, wenn man ihn auf eine Situation in seinen Büchern anspricht und sagt, so hätte diese Figur niemals reagiert, das sei unrealistisch. Fragt er bei dem Charakter nach? Argumentiert er aus nicht in Büchern beschriebenen Erfahrungen der Figur heraus? Oder mit Story-Notwendigkeiten? Ich kann mir allenfalls die letzten beiden Möglichkeiten vorstellen.

Das ist aber nur der erste Schritt. Wormy und Windjammer mögen jetzt sagen, dass Charaktere natürlich nicht wirklich völlig real sind, also mache ich damit ja einen Strohmann auf, weil das niemand behauptet. Vielleicht sagen sie das auch nicht? Wer weiß. Mir ging es in meinem Geschimpfe jedenfalls darum, dass die Begründung, man habe charaktertreu gehandelt, keinen Eigenwert hat. Da der Charakter nicht wirklich existiert und auch keine eigenen wirklichen Ziele hat, ist diese Begründung für eine Aktion nur solange in Ordnung, wie ihr keine andere irgendwie wertvolle Begründung entgegen steht, und dann braucht man im Endeffekt auch keine Begründung für eine Aktion. Man kann sie also weglassen.

Dagegen kann man gerne wettern, aber das ist nicht dasselbe, wie dass ich behaupte, es gebe das Echtheitsgefühl nicht, oder das dieses Echtheitsgefühl keinen Wert haben kann. Nur hat das Eigenleben des Charakters keinen Begründungswert.

So, und jetzt zu Windjammers Beitrag selbst. Es ist in diesem Thema mehrfach gesagt worden, als Immersionsspieler solle man doch ein Buch lesen (oder schreiben). Das hat einen Grund: Buchfiguren sind keine Rollenspielcharaktere. Ein Unterschied steht sogar bei Salvatore:
Zitat
For that to happen, each must act consistently within the framework of his or her experiences, whether those events appear in the book or not

Der Autor hat als einzige Meta-Instanz die Möglichkeit, auch nicht im Buch stattfindende Ereignisse in die Figuren einfließen zu lassen. Wie wir aber bereits eruiert haben, können andere Spieler bzw. deren Charaktere keinen Bezug auf Ereignisse nehmen, die nicht explizit bespielt wurden – es sei denn, man macht dies über Meta-Informationen, und die sind ja gerade nicht gewollt. M.a.W. kann Salvatore einfach festlegen, dass Drizzt Bruenor bestimmt mal von seiner Flucht erzählt hat, und dass Bruenor deswegen auch mit diesem Wissen agieren kann, weil es sich richtig anfühlt, dass Drizzt das erzählt hätte, auch wenn das nirgends im Buch steht.

Und es gibt einen zweiten entscheidenden Punkt: eine Buchfigur hat nahezu völlige Freiheit. Zwar gibt es andere Figuren in der Geschichte, aber diese haben ebensowenig echte Gefühle wie die Figur selbst. Beim Rollenspiel allerdings kommen mehrere Spieler mit ihren eigenen Interessen zusammen, und jeder Spieler riskiert nun, den anderen Spielern das Spiel zu verhageln, nur weil er eine gefühlt charaktertreue Entscheidung trifft. Wie Wormy ja bestätigte, geht es ihm auch primär um seinen eigenen Spaß, der Spaß der anderen entsteht dann dadurch, dass sie halt an Wormys Spaß Anteil haben (weil sie auch auf Charaktertreue stehen).

Darum also die vorhergehenden Anmerkungen, für das Immersionsgefühl solle man doch Bücher lesen oder schreiben. Da kann man es genießen, ohne Schaden zu befürchten.

Was nichts daran ändert, dass dieses Gefühl eben nur ein Gefühl ist und sich letzten Endes, wenn man die Kontrolle über die Erfahrungen einer Figur hat, jede beliebige Entscheidung als konsistent im Rahmen ihrer Erfahrungen verargumentieren lässt... und erst Recht, wenn man dabei auch unveröffentlichte Ereignisse einbezieht, wie es Salvatore tut. Und gerade, weil das so ist, weil sich immer eine Begründung finden lässt, hat die Aussage, "Aber mein Charakter würde das tun" keinen Eigenwert... und das ohne die Inkonsistenz und Unlogik des Verhaltens realer Menschen mit einzubeziehen (Zitat Wormy: "Ich habe noch keinen Menschen erlebt, der in der Lage wäre, eine logische Entscheidung durchzuführen."), oder Rollenspiel Entdeckungsreise zu formulieren, was beides auch noch möglich wäre.
Gewinner des WM-Tippspiels 2010
»For it is the chief characteristic of the religion of science that it works«

Tyrion the Imp

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[Burning Wheel] Raising the Stakes - Regelüberlegung
« Antwort #151 am: 24. Februar 2010, 20:41:19 »
Mittlerweile haben wir uns aber eh recht weit von BW an sich entfernt und sind in eine allgemeinere Diskussion abgedriftet.
Ich versuche eigentlich die ganze Zeit, eben keine Systemdiskussion zu machen, und auch keine Diskussion pro/kontra Konfliktmechaniken, auch wenn es eben immer wieder Berührungspunkte gibt. Aber das soll hier keineswegs eine "so ist Burning Wheel"-Diskussion sein, dazu geht es auch zu sehr durcheinander (höchstens, wo konkret auf Windjammers Anfangsproblem rekurriert wird).
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Windjammer

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[Burning Wheel] Raising the Stakes - Regelüberlegung
« Antwort #152 am: 24. Februar 2010, 21:01:11 »
Danke an Tzelzix und Tyrion für diese (in Summe) drei sehr nachdenklich und sorgfältig formulierten Postings. :)

Mir war klar, dass Tyrion (noch ausführlicher) auf den Unterschied von fiktiven Charakteren in Büchern und Rollenspielrunden hinweisen wird. Dem möchte ich zweierlei Bedenken entgegenhalten.

1. Es gibt eine ganze Reihe von Charakteren in D&D-Romanen, die auf Charakteren in tatsächlichen Spielrunden zurückgehen. Der Raistlin der Drachenlanze-Chronik ist wohl das berühmteste Beispiel. Raistlin war allein die Erfindung des Spielers in Margret Weis' Runde. Sie hat ihn dann nur mehr in einem Buch übernommen. Weis hat sicher die eine oder andere Redensart und Einzelentscheidung hinzugefügt, aber ihr Vorbild war immer der Raistlin, dem sie am heimischen Spieltisch begegnet ist. Die Grenze von einer fiktiv konsistenten und schlüssigen Figur in einem Buch(-mehrteiler) und ebenselber in einer langen D&D-Kampagne halte ich demnach für fließender, als Tyrion das eingesteht.

2. Ich frage mich auch, wie Tyrion das Grundphänomen von "get into a character" (weiters, "talk in character voice" und "acting out a character") versteht. Ich möchte hierzu ein Youtube-Video verlinken, wo D&D-Spieler ihre Erfahrung damit schildern. Ich schicke vorweg, keiner bei uns am Spieltisch schwingt solche hochtrabende Reden. Aber das Grundprinzip scheint mir dasselbe zu sein. Ich bin mir angesichts des Threads über den Stellenwert dieses "Grundphänomens" im unklaren, ich dachte, das sei das Stinknormalste beim Rollenspiel. Besonderes Augenmerk möchte ich auf die Aussage (im Video) von Bob Bird legen. "The ones that really get into character... now that's scary" - offensichtlich gibt es hier ein Spektrum an Immersionsgraden, dessen oberster Grenzwert die Verschmelzung von realer und fiktiver Person ist. Die Existenz dieses Grenzwertes denke ich bringt einen Aufschluß, worum es bei Immersion überhaupt geht. Lustigerweise hatten die Eltern meiner ersten Rollenspielrunde, als wir so 13 waren, uns DSA verboten, weil die irgendwann meinten, wir wären zu tief in unsere Charaktere hineingetaucht. Pubertierende Jungs und Charaktertiefe! Das ich nicht lache. Aber das nur als autobiografisches Detail am Rande. ;)
« Letzte Änderung: 24. Februar 2010, 21:05:31 von Windjammer »
A blind man may be very pitturesque; but it takes two eyes to see the picture. - Chesterton

Tyrion the Imp

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[Burning Wheel] Raising the Stakes - Regelüberlegung
« Antwort #153 am: 24. Februar 2010, 21:24:49 »
Nur als Zwischensatz: gibt es nicht vielleicht noch einen User mit W, damit Wormy und Windjammer nicht zu zweit gegen Thargor, Tyrion und Tzelzix schreiben?

Ist mir gerade nur so aufgefallen...
Gewinner des WM-Tippspiels 2010
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Tzelzix

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[Burning Wheel] Raising the Stakes - Regelüberlegung
« Antwort #154 am: 24. Februar 2010, 21:37:43 »
Mittlerweile haben wir uns aber eh recht weit von BW an sich entfernt und sind in eine allgemeinere Diskussion abgedriftet.
Ich versuche eigentlich die ganze Zeit, eben keine Systemdiskussion zu machen, und auch keine Diskussion pro/kontra Konfliktmechaniken, auch wenn es eben immer wieder Berührungspunkte gibt. Aber das soll hier keineswegs eine "so ist Burning Wheel"-Diskussion sein, dazu geht es auch zu sehr durcheinander (höchstens, wo konkret auf Windjammers Anfangsproblem rekurriert wird).

Ja, darum ging es mir gerade, weil nur die ursprüngliche Frage von Windjammer ja sehr konkret auf BW bezogen war, das jetzt diskutierte damit aber wirklich nur noch sehr peripher etwas zu tun hat.
Never attribute to malice that which can be adequately explained by stupidity.

Windjammer

  • Mitglied
[Burning Wheel] Raising the Stakes - Regelüberlegung
« Antwort #155 am: 24. Februar 2010, 21:41:12 »
Nur als Zwischensatz: gibt es nicht vielleicht noch einen User mit W, damit Wormy und Windjammer nicht zu zweit gegen Thargor, Tyrion und Tzelzix und Talwyn schreiben?

Ist mir gerade nur so aufgefallen...

 :lol:  - und: Name ergänzt
A blind man may be very pitturesque; but it takes two eyes to see the picture. - Chesterton

Thargor

  • Mitglied
[Burning Wheel] Raising the Stakes - Regelüberlegung
« Antwort #156 am: 24. Februar 2010, 22:11:42 »
Bin gerade leider ein wenig müde die "neuen" Beiträge zu lesen. Ich hole das selbstverständlich nach :-)

Nur als Zwischensatz: gibt es nicht vielleicht noch einen User mit W, damit Wormy und Windjammer nicht zu zweit gegen Thargor, Tyrion und Tzelzix schreiben?
Ist mir gerade nur so aufgefallen...

Ich weiss, das ist nicht so ernst gemeint, aber ich wollte hier keine Fronten aufmachen. Ich für mich glaube nun Wormy besser verstehen zu können. Wir haben einfach andere Vorstellungen und das ist vollkommen in Ordnung so. Meine Vorstellungen decken sich aber auch nicht in allen Punkten mit Tyrion. Von daher nehme ich mich aus irgendwelchen Lagern raus :-)

Abgesehen davon ... vielleicht finden wir ja noch ein paar andere Buchstaben als T und W :-)

Wormys_Queue

  • Mitglied
[Burning Wheel] Raising the Stakes - Regelüberlegung
« Antwort #157 am: 24. Februar 2010, 22:34:10 »
Ich fürchte, das hast du missverstanden, denn ich bezog mich im allgemeinen auf deine Aussage der höheren Überraschung (mehrfach gefallen) und hab das "flaggenlos" mehr als Aufhänger zur Erinnerung gemeint. Ich finde auch viele Dinge interessant, aber wenn ich eine Idee davon habe, was mich in einer konkreten Runde Rollenspiel gerade total interessiert, dann kann ich das auch meinen Mitspielern mitteilen und mich von deren Reaktionen überraschen lassen. Das kommt sozusagen oben drauf auf das, was du als Überraschung angeführt hast. Natürlich gilt das in gewissem Maße auch, wenn ich einfach nur spiele, weil ich dann ja auch nicht weiß, was der andere tut, obwohl wir beide vorher nichts dazu gesagt haben. In meinen Augen gehört das aber zum normalen Spielfluss und das "Externe" kommt dann oben drauf.

Ich schätze mal, mit dem in diesem Absatz enthaltenen Zugeständnis kann ich mich zufrieden geben. Bleibt noch anzumerken, dass ich meinen Mitspielern ja ebenfalls konkret mitteile, was mich in einer Runde gerade total interessiert. Nur eben über meinen Charakter als Medium. Das mag man für umständlich halten und sicherlich ist es in der Theorie auch leichter, diese Art der Informationsübermittlung misszuverstehen,  in der Praxis klappt das aber ganz hervorragend. Und da wo es nicht klappt, sorgen eben die Missverständnisse für Überraschungen, die man nun wirklich nicht voraussehen konnte.

An der Stelle sehe ich den Hauptunterschied daher in der Umsetzung des Systems bzw. im Fall von D&D der eigenen Vorlieben, dass das Ergebnis des einen dem anderen zwingend überlegen wäre, kann ich aber nach wie vor nicht erkennen.

Da muss ich dir leider widersprechen. In der Tat machst du viele Dinge eben nicht explizit und einiges auch ganz anders.

Das erste stimmt definitiv, das zweite sicherlich auch. Aber ich sprach ja auch von den Grundlagen her, insbesondere, um in der BW-Terminologie zu bleiben von den BITs.

Die Instincts schaffen wir mal gleich vom Acker, die gibt es in der Form eher nicht. Wobei natürlich kein Spieler davon abzuhalten wäre, seinen Character über solche Instincts zu definieren, nur wäre damit bei uns keine Überschreibung der Spielmechanik verbunden (gerade das Beispiel mit dem "Ich zieh beim leisesten Anzeichen von Ärger mein Schwert" reicht ja, um die Unterschiede zwischen BW und D&D da deutlich zu machen. Wäre also bei uns nur möglich, solange es nicht mit den Regeln kollidiert.

Traits sind ebenfalls einfach. Die gibt es ja in Form der Feats (und seit Pathfinder der auch so genannten Traits) in gewissem Sinne bereits, man muss sie nur zum Leben erwecken. Mit den Pathfinder Traits ist das sicher einfacher, weil die ja ausdrücklich die Aufgabe haben, das Ausspielen des Charakters zu fördern (was bei den Feats nur in kleinen Ansätzen sichtbar ist und von D&D-Spielern normalerweise komplett ignoriert wird. Natürlich wird bei uns auch nicht gevotet und verlieren kann man auch nichts mehr. Ist also davon abhängig, dass die Spieler die Sachen freiwillig ausspielen. Und sicherlich ist bei den Die traits die Ähnlichkeit am größten.

Bleiben die Beliefs. Die gibt es bei uns in einer sehr indirekten Form, nämlich über die Beschreibung des Charakters, zu der auch die Formulierung persönlicher Philosophien und Ziele gehört. Und - das meinte ich eigentlich vor allem, als ich von den Ähnlichkeiten sprach - natürlich werden die auch im Spiel angespielt, also getestet und herausgefordert. Je mehr Input  ich als SL da von den Spielern erhalte - ob nun zu Beginn oder während des Spiels - um so stärker personalisiere ich das Spiel auf ihre Charaktere. Ach ja, und die Belohnungen sind eben andere, Artha hab ich ja nicht.

Dass das nur einen Ausschnitt von BW darstellt, und sich das Spiel in seiner Gesamtheit deutlich von meinem Spiel unterscheidet/unterscheiden kann, kann ich mir mehr als gut vorstellen, aber in dem hier vorher angesprochenen Abschnitt sehe ich den grundlegenden Unterschied tatsächlich vor allem darin, dass es bei BW explizit gemacht und bei uns internalisiert wird.


Zitat
Was ich aber interessant finde, ist deine Aussage, dass du eher gar nicht selektierst. Das ergibt kombiniert mit meinen Erfahrungen irgendwie das, was ich immer zu gesagt habe, nämlich das Finden des kleinsten vertretbaren Nenners. Implizit sagst du das ja auch selbst. An der Stelle erwarten wir offenbar sehr unterschiedliche Dinge von Rollenspielen und den Rollenspielgruppen. Meine Anforderungen sehe ich jedenfalls schwer erfüllbar an ohne ein gewisses Reglement darum.

Ich will da jetzt keine semantischen Spitzfindigkeiten betreiben, das kann man also sicher als Finden des kleinsten gemeinsamen Nenners betrachten. Wobei ich mich ja zunächst mal auf die Spielerfindung bezog. Und da ist es  - ich spiel ja vor allem hier im gate - eher so, dass ich als SL einfach das Thema vorschlage und dann Wortmeldungen von Spielern bekomme, die daran interessiert sind. Im Endergebnis ist der Nenner dann gar nicht so klein, wie man das vielleicht vermuten könnte.

weswegen eine Konfliktregelung auch kein "Störenfried" ist, sondern ein Hilfsmittel.

Hab ich meines Wissens so auch nicht behauptet. Meine Aussage war, das wir bisher für die Regelung von Konflikten keine Hilfsmittel benötigten. Dieser Teil von BW stellt daher keinen Anreiz für mich da, es mit dem System zu versuchen. Störend ist für mich vor allem der explizite Wechsel  auf die Metaebene, da kann ich allerdings schlecht einschätzen, inwieweit das schlimmer ist, als wenn ich bei D&D zum Würfel greife . Da mags natürlich durchaus zutreffen, dass durch die Darstellung hier im Thread ein verzerrter Eindruck bei mir entstanden ist.

Zitat
Realismus ist ein ganz schlechter Maßstab, wenn es um Spiele im allgemeinen und Rollenspielen im besonderen geht. Ich zielte ja besonders auf die Fähigkeit ab, ein Konzept zu spielen also "Schauspieler" zu sein (auch wenn man sich das Skript selbst erzeugt). Völlig anderer Kontext, der überhaupt nichts mit dem zu tun hat, was du hinein interpretiert hast.

Jein. ich spiele keine Konzepte, sondern Charaktere, und die einzigen Vorbilder, die ich dafür habe, sind nun mal wir Menschen der Realität.

Aber eigentlich wollte ich mit dem Zitat, dass du hier aufgreifst auf etwas ganz anderes hinaus: Du hattest im Vorfeld von interner Logik und "logischen" Entscheidungen gesprochen. Meine Art des Spiels hat aber mit Logik gar nicht viel zu tun. Vielleicht können wir diesen Ansatz aber nutzen, um das Immersionsthema zu töten. Anstelle zu sagen: "Nicht ich entscheide, sondern mein Charakter." könnte ich auch sagen: "Ich entscheide nicht mit dem Kopf, sondern mit dem Bauch".

Oder anders ausgedrückt: Immersion ist für mich immer auch damit verbunden, mich selbst, also quasi meinen bewusst arbeitenden Verstand, auszuschalten und ganz auf meine Instinkte zu vertrauen, die sich dann in der Handlung des Charakters manifestieren. Da steckt dann auch das Überraschungsmoment drin, da ich eben vorher nicht bewusst drüber nachgedacht habe.

Dass das funktioniert, liegt meines Erachtens daran, das das ganz normales menschliches Verhalten ist. Die Neurowissenschaften kommen ja immer stärker zur Erkenntnis, wie stark wir eigentlich von unseren Instinkten, unserem Unterbewusstsein gesteuert ist, und dass das, was wir als rationales Denken betrachten, eigentlich nur eine nachgeschobene Erklärung ist, damit der Rest des Körpers sich gut fühlt (ich überspitze und vereinfache hier natürlich).

Aber letztlich ist es wahrscheinlich das, was wir tun, wenn wir dem Charakter "die Kontrolle übergeben". Macht aber nen Höllenspaß, man muss sich aber mindestens genausosehr drauf einlassen, wie auf BW.
Think the rulebook has all the answers? Then let's see that rulebook run a campaign! - Mike Mearls
Wormy's Worlds

Coldwyn

  • Mitglied
    • http://www.dnd-gate.de
[Burning Wheel] Raising the Stakes - Regelüberlegung
« Antwort #158 am: 24. Februar 2010, 22:41:30 »
Bin gerade leider ein wenig müde die "neuen" Beiträge zu lesen. Ich hole das selbstverständlich nach :-)

Nur als Zwischensatz: gibt es nicht vielleicht noch einen User mit W, damit Wormy und Windjammer nicht zu zweit gegen Thargor, Tyrion und Tzelzix schreiben?
Ist mir gerade nur so aufgefallen...

Ich weiss, das ist nicht so ernst gemeint, aber ich wollte hier keine Fronten aufmachen. Ich für mich glaube nun Wormy besser verstehen zu können. Wir haben einfach andere Vorstellungen und das ist vollkommen in Ordnung so. Meine Vorstellungen decken sich aber auch nicht in allen Punkten mit Tyrion. Von daher nehme ich mich aus irgendwelchen Lagern raus :-)

Abgesehen davon ... vielleicht finden wir ja noch ein paar andere Buchstaben als T und W :-)


Ich fühle mich ignoriert =(

Spaß beiseite, ich werde morgen mal ausführlich posten, wenn ich nicht mehr ganz so blau bin =/
Inhalltsstoffe dieses Beitrags: 50% reine Polemik, 40% subjektive Meinung, 10% ungenau recherchierte Fakten.

Wormys_Queue

  • Mitglied
[Burning Wheel] Raising the Stakes - Regelüberlegung
« Antwort #159 am: 24. Februar 2010, 22:53:38 »
Stimmt, den hab ich ganz vergessen, Woldcyn passt hervorragend ins Team Windjammer.
Think the rulebook has all the answers? Then let's see that rulebook run a campaign! - Mike Mearls
Wormy's Worlds

Coldwyn

  • Mitglied
    • http://www.dnd-gate.de
[Burning Wheel] Raising the Stakes - Regelüberlegung
« Antwort #160 am: 24. Februar 2010, 22:55:49 »
Mal so als Ansatz: Ich habe ich letzter Zeit selten einen Thread gelesen bei dem so viele Äpfel mit Birnen verglichen wurden wie hier. Konfus wird es dadurch dass ihr alle die gleichen Termini benutzt, was es für einen Dritten auch nicht leichter macht.

Ich versuche mich erst mal an eienr kurzen Zusammenfassung:

  • Wormy nimmt als Ansatz eine Simulation
  • Windjammer nimmt als Ansatz Immersion
  • Tyrion und Tzelzix nehmen als Ansatz eine Gruppenerzählstruktur
Korregiert mich bitte wenn ich mich in meiner Zusammenfassung irre, aber diese Eindrücke sind für mich in den letzten 11 Seiten entstanden.

Anyways, ich empfinde es als etwas seltsam die grundsätzlich passiven Ansätze der W-Fraktion mit den aktiven Ansätzen der T-Fraktion vergleichen zu wollen.
« Letzte Änderung: 25. Februar 2010, 10:33:43 von Coldwyn »
Inhalltsstoffe dieses Beitrags: 50% reine Polemik, 40% subjektive Meinung, 10% ungenau recherchierte Fakten.

Tzelzix

  • Administrator
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[Burning Wheel] Raising the Stakes - Regelüberlegung
« Antwort #161 am: 25. Februar 2010, 10:32:44 »
Ich schätze mal, mit dem in diesem Absatz enthaltenen Zugeständnis kann ich mich zufrieden geben. Bleibt noch anzumerken, dass ich meinen Mitspielern ja ebenfalls konkret mitteile, was mich in einer Runde gerade total interessiert. Nur eben über meinen Charakter als Medium. Das mag man für umständlich halten und sicherlich ist es in der Theorie auch leichter, diese Art der Informationsübermittlung misszuverstehen,  in der Praxis klappt das aber ganz hervorragend. Und da wo es nicht klappt, sorgen eben die Missverständnisse für Überraschungen, die man nun wirklich nicht voraussehen konnte.

An der Stelle sehe ich den Hauptunterschied daher in der Umsetzung des Systems bzw. im Fall von D&D der eigenen Vorlieben, dass das Ergebnis des einen dem anderen zwingend überlegen wäre, kann ich aber nach wie vor nicht erkennen.

Eine Überlegenheit des resultierenden Spiels kann man auch schwerlich postulieren, weil die Absicht hinter dem System ja eigentlich nur ist, das zu fördern, was du in vielen Fällen als "selbstverständlich" annimmst. Ob an dieser Stelle nicht auch noch das ein oder andere auf dich warten könnte, wenn du dich doch mal experimentell mit BW oder einem anderen Indy-RPG auseinander setzt, würde ich nicht ausschließen. Ich vermute es sogar sehr stark, weil sich nicht alle Aspekte des Spiels in so einer Diskussion transportieren zu lassen.

Eine Überlegenheit von BW gegenüber D&D würde ich allerdings sehen, weil der Fokus der beiden Systeme ein anderer ist und BW viel mehr Aspekte abdeckt, die in einem Rollenspiel in der Regel am Tisch auftreten. Gerade bei D&D ist das allerdings auch nicht wirklich schwer, weil das Spiel ja nun einmal überhaupt keine Anstalten macht, mehr als den Kampf zu detaillieren.

Dass das nur einen Ausschnitt von BW darstellt, und sich das Spiel in seiner Gesamtheit deutlich von meinem Spiel unterscheidet/unterscheiden kann, kann ich mir mehr als gut vorstellen, aber in dem hier vorher angesprochenen Abschnitt sehe ich den grundlegenden Unterschied tatsächlich vor allem darin, dass es bei BW explizit gemacht und bei uns internalisiert wird.

Bei einigen Details würde ich widersprechen, weil es eben gerade keine spielmechanische Einbindung gibt. Im großen und ganzen kann man das aber so sagen.

Ich will da jetzt keine semantischen Spitzfindigkeiten betreiben, das kann man also sicher als Finden des kleinsten gemeinsamen Nenners betrachten. Wobei ich mich ja zunächst mal auf die Spielerfindung bezog. Und da ist es  - ich spiel ja vor allem hier im gate - eher so, dass ich als SL einfach das Thema vorschlage und dann Wortmeldungen von Spielern bekomme, die daran interessiert sind. Im Endergebnis ist der Nenner dann gar nicht so klein, wie man das vielleicht vermuten könnte.

Schwer zu sagen und sicherlich vom Einzelfall abhängig. Ich würde allerdings auch noch stark zwischen Spiel am Tisch und Spiel in einem Forum unterscheiden, weil letzteres erheblichen interaktiven Einschränkungen unterliegt, die häufig eh schon dazu zwingen, ganz anders an das Spiel heran zu gehen. Wie wir selbst gemerkt haben, sind Mechaniken jedweder Art bei solchen Runden eigentlich immer im Weg und dann ist es natürlich hilfreich, wenn man nur für Kämpfe den "Labermodus" ändern muss.

Hab ich meines Wissens so auch nicht behauptet. Meine Aussage war, das wir bisher für die Regelung von Konflikten keine Hilfsmittel benötigten. Dieser Teil von BW stellt daher keinen Anreiz für mich da, es mit dem System zu versuchen. Störend ist für mich vor allem der explizite Wechsel  auf die Metaebene, da kann ich allerdings schlecht einschätzen, inwieweit das schlimmer ist, als wenn ich bei D&D zum Würfel greife . Da mags natürlich durchaus zutreffen, dass durch die Darstellung hier im Thread ein verzerrter Eindruck bei mir entstanden ist.

Nein, das kam eher von Windjammer, war es mir aber wert, erwähnt zu werden. Ich vermute, dass du nach ein bisschen Einlauf den Wechsel gar nicht mehr merken würdest, viel weniger als das z.B. bei Kämpfen generell der Fall ist (wobei das ja auch ein schlechter Maßstab ist).

Jein. ich spiele keine Konzepte, sondern Charaktere, und die einzigen Vorbilder, die ich dafür habe, sind nun mal wir Menschen der Realität.

Aber eigentlich wollte ich mit dem Zitat, dass du hier aufgreifst auf etwas ganz anderes hinaus: Du hattest im Vorfeld von interner Logik und "logischen" Entscheidungen gesprochen. Meine Art des Spiels hat aber mit Logik gar nicht viel zu tun. Vielleicht können wir diesen Ansatz aber nutzen, um das Immersionsthema zu töten. Anstelle zu sagen: "Nicht ich entscheide, sondern mein Charakter." könnte ich auch sagen: "Ich entscheide nicht mit dem Kopf, sondern mit dem Bauch".

Oder anders ausgedrückt: Immersion ist für mich immer auch damit verbunden, mich selbst, also quasi meinen bewusst arbeitenden Verstand, auszuschalten und ganz auf meine Instinkte zu vertrauen, die sich dann in der Handlung des Charakters manifestieren. Da steckt dann auch das Überraschungsmoment drin, da ich eben vorher nicht bewusst drüber nachgedacht habe.

Das würde ich zum Teil wieder als Semantikproblem bezeichnen, weil dir das Wort "Konzept" nicht in den Kram passt. Ich hatte ja auch explizit Anführungszeichen an die "Logik" angefügt, weil es mir um konsistente und nachvollziehbare Darstellung ging. Gerade, wenn man persönlich unter Stress steht, wird man sich unweigerlich eher wie man selbst verhalten und weniger wie das Charakterkonstrukt, dass man darstellt (ob nun aus dem Bauch oder Kopf). Ob man das merkt, ist die eine Sache, gerade bei "Streit" wird das aber meistens dazu führen, dass es persönlich wird. Bei Forenspiel allerdings ist der Abstand eh schon bedeutend größer.
 
Dass das funktioniert, liegt meines Erachtens daran, das das ganz normales menschliches Verhalten ist. Die Neurowissenschaften kommen ja immer stärker zur Erkenntnis, wie stark wir eigentlich von unseren Instinkten, unserem Unterbewusstsein gesteuert ist, und dass das, was wir als rationales Denken betrachten, eigentlich nur eine nachgeschobene Erklärung ist, damit der Rest des Körpers sich gut fühlt (ich überspitze und vereinfache hier natürlich).

Aber letztlich ist es wahrscheinlich das, was wir tun, wenn wir dem Charakter "die Kontrolle übergeben". Macht aber nen Höllenspaß, man muss sich aber mindestens genausosehr drauf einlassen, wie auf BW.

Deine vereinfachte Aussage finde ich persönlich viel zu plakativ und auf den Zweck deiner Aussage zugeschnitten, wir müssen jetzt aber wirklich nicht über die menschlichen Entscheidungsprozesse diskutieren, von daher das nur als Randnote. Ich würde außerdem den letzten Satz ein wenig anders formulieren, da mir das so ein wenig zu sehr danach klingt, als wären Ansätze wie die von BW und das was du machst irgendwie getrennt voneinander oder gegensätzlich.
Never attribute to malice that which can be adequately explained by stupidity.

Wormys_Queue

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« Antwort #162 am: 25. Februar 2010, 11:22:17 »
Ich würde außerdem den letzten Satz ein wenig anders formulieren, da mir das so ein wenig zu sehr danach klingt, als wären Ansätze wie die von BW und das was du machst irgendwie getrennt voneinander oder gegensätzlich.

Insoweit,wie BW einen anderen Spielstil als meinen fördert, ist das auch sicher so. Aber davon ab trifft der Satz natürlich wohl auf alle Formen des Rollenspiels und auf alles Systeme zu. Drauf einlassen muss man sich immer.

Ich finds in dem Zusammenhang nur sehr ironisch, wenn ich dann im Burning Wheels-Forum einen Thread finde, in dem die Frage gestellt wird, ob man nich die Spielerfahrungen von D&D und BW aneinander annähern könne, in dem man typische BW-Elemente nach D&D integriert, und gleich die zweite Antwort von Luke Crane selber eindeutigst klarmacht, dass er nicht die Absicht hat, sich auf diese Idee auch nur als Gedankenexperiment einzulassen.  Da gilt die Forderung wohl dann doch immer nur für die anderen :)
Think the rulebook has all the answers? Then let's see that rulebook run a campaign! - Mike Mearls
Wormy's Worlds

Tyrion the Imp

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« Antwort #163 am: 25. Februar 2010, 11:33:42 »
Link?

Nicht, dass ich das nicht glaube – luke ist luke –, aber will ich auch lesen.
Gewinner des WM-Tippspiels 2010
»For it is the chief characteristic of the religion of science that it works«

Tzelzix

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[Burning Wheel] Raising the Stakes - Regelüberlegung
« Antwort #164 am: 25. Februar 2010, 11:35:38 »
Naja, das ist jetzt aber auch irgendwie eine alberne Aussage, weil du damit auf einem Designer rumtrampelst, der in ganz klares Ziel hat. Dass Luke Crane dieses Gedankenexperiment nicht attraktiv findet, ist für mich jetzt irgendwie keine wertvolle Aussage, es sei denn man wolle sich an Personen festklammern. Personenkulte jeder Art sind mir sehr zuwider, das hat mich schon immer bei D&D-Diskussionen gestört. Die Jungs vom BWHQ sind extrem hilfreich, aber auch sehr bestimmt in ihren Ansichten dazu wie ein gutes Rollenspiel auszusehen hat. Ob einem das gefällt oder nicht, ist völlig unabhängig von dieser Diskussion und nur ein nutzloser Seitenkommentar.

Deine Aussage ist irgendwie immer noch ein Missverständnis. BW versucht, genau den Spielstil zu fördern, den du gern hättest. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Die Mechaniken darum sind Hilfsmittel wie das immer der Fall ist. Ich bin zwar der Meinung, dass das System einen Einfluss hat, es kann also sehr wohl in seiner Umsetzung dem entgegen stehen, was du gern magst (eben z.B. keine expliziten Regeln für bestimmte Dinge oder das Fehlen solcher), der Spielstil, jedenfalls so wie ich ihn verstehe, liegt dann aber doch in der Hand der Gruppe, die spielt.
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