Nee, eben nicht
Don't trust Luke – trust the rulebook.
Und wieder geht es nicht darum, dass SL-Vertrauen
immer schlecht ist. Gute SLs kommen damit klar. Aber schlechte SLs – und ich habe in meiner nicht übermäßig diversen Erfahrung einige getroffen – nutzen diese Freiheit eben auch, nur dann zu Ungunsten der Spieler. So wie störende Spieler ihre Freiheiten ebenfalls missbrauchen können.
Fast würde mich interessieren, wie neoliberal Wormy und Windjammer sind
Das kommt mir sehr vor wie eine Diskussion zwischen Institutionen- und Individualethikern. Als Individualethiker propagieren die Ws (
), dass sich die Spieler und der SL eben
von sich aus gut und richtig verhalten sollen und können, was die Schuld auf diejenigen schiebt, die das nicht oder noch nicht oder nicht immer hinkriegen. Als Institutionenethiker sage ich: nein, die Spielregeln müssen das erwünschte Verhalten derart stützen und belohnen, dass auch Personen, die nicht die nötige ethische Reife haben, von sich aus eher das erwünschte Verhalten zeigen. Gelingt das nicht, ist das
Spiel schuld.
Ansonsten empfehle ich Windjammer, mal einen Beitrag auf den BW-Foren zu schreiben, in denen er Hausregeln verteidigt...
Mir war klar, dass Tyrion (noch ausführlicher) auf den Unterschied von fiktiven Charakteren in Büchern und Rollenspielrunden hinweisen wird. Dem möchte ich zweierlei Bedenken entgegenhalten.
1. Es gibt eine ganze Reihe von Charakteren in D&D-Romanen, die auf Charakteren in tatsächlichen Spielrunden zurückgehen.
Habe ich fast gewusst, dass das kommt
Dazu kann man natürlich die ganzen Diskussionen anführen, die toben, weil nach den Spielwerten diese Charaktere gar nicht das tun könnten, was sie in den Büchern tun; Diskussionen, die mit jeder neuen Edition aufs Neue aufkommen.
2. Ich frage mich auch, wie Tyrion das Grundphänomen von "get into a character" (weiters, "talk in character voice" und "acting out a character") versteht. Ich möchte hierzu ein Youtube-Video verlinken, wo D&D-Spieler ihre Erfahrung damit schildern. Ich schicke vorweg, keiner bei uns am Spieltisch schwingt solche hochtrabende Reden.
Siehste Mal, so was kann bei uns schon vorkommen. Mein liebstes Zitat ist ziemlich genau bei 9:05:
"If we got too into the characters, then we would lose sight of the actual game."
Immersion bedeutet eben für mich, in den Charakter einzutauchen, und das Spiel aus den Augen zu verlieren – "das Spiel" eben als Meta-Instanz der gemeinsamen Ziele.
Dass das funktioniert, liegt meines Erachtens daran, das das ganz normales menschliches Verhalten ist. Die Neurowissenschaften kommen ja immer stärker zur Erkenntnis, wie stark wir eigentlich von unseren Instinkten, unserem Unterbewusstsein gesteuert ist, und dass das, was wir als rationales Denken betrachten, eigentlich nur eine nachgeschobene Erklärung ist, damit der Rest des Körpers sich gut fühlt (ich überspitze und vereinfache hier natürlich).
Aber letztlich ist es wahrscheinlich das, was wir tun, wenn wir dem Charakter "die Kontrolle übergeben". Macht aber nen Höllenspaß, man muss sich aber mindestens genausosehr drauf einlassen, wie auf BW.
Hehe, jetzt kommt der Wortklauber
Denn wir erleben ja auch, dass wir ständig "falsche" Entscheidungen treffen, oder uns nachher fragen: "Wie konnten wir so was tun?" – diese Tendenz zu voreiligem Handeln wird dann durch fehlende Meta-Schranken im Rollenspiel nicht begrenzt; noch mehr aber zeigen die Neurowissenschaften ja, dass wir uns erst im Nachhinein eine Begründung für unser Tun überlegen. Das kann man ja auch auf Charaktere übertragen – ich handele jetzt erst einmal im Gruppeninteresse, eine charaktertreue Begründung kann ich immer noch finden. Und bin total neurowissenschaftlich *g*
Mal so als Ansatz: Ich habe ich letzter Zeit selten einen Thread gelesen bei dem so viele Äpfel mit Birnen verglichen wurden wie hier. Konfus wird es dadurch dass ihr alle die gleichen Termini benutzt, was es für einen Dritten auch nicht leichter macht.
Ich versuche mich erst mal an eienr kurzen Zusammenfassung:
- Wormy nimmt als Ansatz eine Simulation
- Windjammer nimmt als Ansatz Immersion
- Tyrion und Tzelzix nehmen als Ansatz eine Gruppenerzählstruktur
Korregiert mich bitte wenn ich mich in meiner Zusammenfassung irre, aber diese Eindrücke sind für mich in den letzten 11 Seiten entstanden.
Anyways, ich empfinde es als etwas seltsam die grundsätzlich passiven Ansätze der W-Fraktion mit den aktiven Ansätzen der T-Fraktion vergleichen zu wollen.
Etwas ähnliches lag mir auch mehrfach schon auf den Fingern. Auch wenn ich jetzt den Gedanken von Individual- und Institutionenethik sehr reizvoll finde
Interessant finde ich die Beschreibung der Ansätze als "passiv" oder "aktiv", weil ich denke, dass das eine gute Beschreibung ist. Gänzlich von Spielzielen unabhängig propagiere ich zumindest, dass eine aktive (und explizite) Verfolgung dieser Ziele besser ist als eine passive Haltung, die diese Ziele vielleicht – aber vielleicht auch nicht – eintreten lässt. Das bedeutet auch, dass ich als Spieler am Spieltisch Arbeit investiere und nicht nur Konsument bin... und das ich als SL einen Teil meiner Arbeit auf die Spieler abwälze bzw. auf diese Arbeit verzichte.
Es ist für mich z.B. eine derartige Erleichterung, dass ich mich auf BW-Spielleitung so ganz anders vorbereiten kann als auf D&D, dass ich es kaum in Worte fassen kann. Ich kann jetzt Dinge tun, die mich interessieren und zu denen ich Zeit habe, und den Großteil des konkreten Spielverlaufs in die Hände der Spieler legen – ich habe selbst z.T. eine reaktive Rolle. Dafür kann ich, wenn dann ein Spieler sagt, er hätte gerne lebendigere Stadtbeschreibungen, gezielt dort Zeit investieren und mir etwas ausdenken, und vor allem verbringe ich nicht siebentausend Jahre mit den NSCs-Werten.