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Autor Thema: [Burning Wheel] Raising the Stakes - Regelüberlegung  (Gelesen 23808 mal)

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Wormys_Queue

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[Burning Wheel] Raising the Stakes - Regelüberlegung
« Antwort #165 am: 25. Februar 2010, 14:12:33 »
Nicht, dass ich das nicht glaube – luke ist luke –, aber will ich auch lesen.

http://www.burningwheel.org/forum/showthread.php?8686-Drifting-D-D-to-Be-Like-Burning-Wheel

speziell sein zweiter Post.


Naja, das ist jetzt aber auch irgendwie eine alberne Aussage, weil du damit auf einem Designer rumtrampelst, der in ganz klares Ziel hat.

Ja, und? Immerhin gehts da um den Versuch, Spielern die Konzepte von Burning Wheels schmackhaft zu machen, die sich davor scheuen, einfach so den Sprung ins kalte Wasser zu wagen.  Hat ja keiner von ihm velangt Burning Wheels so zu verändern, dass der Einstieg für D&Dler leichter wird.  Designer, die so engstirnig sind, dass sie solche Gedanken nicht mal als Denkexperiment zulassen wollen (und in der Extension gilt das auch für die Spieler), verlieren damit ihre Glaubwürdigkeit, wenn sie dasselbe anderen abverlangen. Und ja, immerhin gibts in dem Thread auch den ein oder anderen, der das Ansinnen des OP nicht per se für Gotteslästerung hält.
Think the rulebook has all the answers? Then let's see that rulebook run a campaign! - Mike Mearls
Wormy's Worlds

Tyrion the Imp

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[Burning Wheel] Raising the Stakes - Regelüberlegung
« Antwort #166 am: 25. Februar 2010, 15:15:51 »
Ich denke, du missverstehst das. Luke Crane ist jemand, der Hausregeln aller Art eher ablehnt. Für ihn gilt tatsächlich "System Matters" – wenn auch nicht mit dem theoretischen Unterton –, und jedes System versucht eben, etwas bestimmtes zu erreichen. Für ihn gilt auch, dass man entweder das Spiel so spielt, wie es in den Regeln steht, oder eben ein anderes Spiel spielt, das einem eher zusagt. Und für ihn gilt, dass er Fairness im Spiel dadurch erreichen kann, dass alle nicht nur implizit, sondern explizit auf dem selben Fundament stehen – eben den Regeln, wie sie im Buch stehen, und keiner irgendwie gearteten Spieltradition.

Würde Wormy z.B. mit charaktertreuem Spiel bei D&D kommen, würde Luke fragen: wo steht das in den Regelbüchern? Kann ich jemanden darauf festnageln, dass er so spielen soll? Wird das vom System aktiv unterstützt?

Darum lehnt er das ab. Weil er eben davon ausgeht, dass ein solcher Versuch niemandem dienlich ist. Erstens bringt man durch derartige Hausregeln Willkür ins Spiel – und er will keine Willkür, denn der SL kann nur dann richtig Kontra geben, wenn er ebenfalls von Regeln eingeschränkt wird. Zweitens unterstützt das System D&D die Philosophie Burning Wheel nicht, und damit wird man weder dem System noch der Philosophie gerecht. Wenn man D&D spielt, sollte man auch der Spielphilosophie folgen – oder man will BW testen, aber dann auch mit dem System Burning Wheel.

Ich sehe nicht, wo er da etwas von jemandem verlangt, was er selbst nicht bereit zu tun ist. Es ist ja nicht so, als spiele Luke nur BW (wenn er das auch hauptsächlich tut, bzw. BW und seine anderen Produkte). Oder als verlange er, D&D gehöre eingestampft. Oder sonst etwas. Er sagt nur: "Spiel das Spiel so, wie es vorgesehen ist."
Gewinner des WM-Tippspiels 2010
»For it is the chief characteristic of the religion of science that it works«

Windjammer

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[Burning Wheel] Raising the Stakes - Regelüberlegung
« Antwort #167 am: 25. Februar 2010, 15:27:58 »
Nicht, dass ich das nicht glaube – luke ist luke –, aber will ich auch lesen.

http://www.burningwheel.org/forum/showthread.php?8686-Drifting-D-D-to-Be-Like-Burning-Wheel

speziell sein zweiter Post.

Ich zitiere das mal:

Zitat von: Luke Crane
Anyway, back to the off-topic: If there's no reward system supporting the behaviors, then you're back to a familiar land -- a traditional RPG house-ruled to suit a group's playstyle.

If you're hacking on major philosophical changes to a game without explicit buy-in from the group -- if you're hacking philosophy to change the way the group plays -- you're in familiar territory again: the train wreck yard. It's only a matter of time before someone cites a rule and demands its application and you say, "but we don't play that way." Well how the hell do we play this game then if we don't follow the rules?

Das nennt man Hausregeln, Luke. Üblicherweise werden sie vor einer Kampagne aufgestellt, damit die Spieler wissen worauf sie sich einlassen, und Nörgler gleich im Vorfeld das Feld räumen können - und, wenn sie wollen, ihre eigene Runde, ganz ohne Hausregeln, aufmachen können.

Zitat von: Luke Crane
Oh, right! It's all about the GM and his vision. We should trust him completely with our fun. We'll just sit back and let him tell us what the rules are and when they apply. He'll be just and fair. He'll tell us a good story.

And then where are we? We're right back to where we fucking started.

Dazu fallen mir zwei Dinge ein.

1. "Show me on this little doll where the Bad DM touched you."

2. Angesichts von Tyrions Posting oben: "Oh, right! It's all about the Luke and his vision. We should trust him completely with our fun."
« Letzte Änderung: 25. Februar 2010, 15:31:21 von Windjammer »
A blind man may be very pitturesque; but it takes two eyes to see the picture. - Chesterton

Tyrion the Imp

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[Burning Wheel] Raising the Stakes - Regelüberlegung
« Antwort #168 am: 25. Februar 2010, 16:10:50 »
Nee, eben nicht :) Don't trust Luke – trust the rulebook.

Und wieder geht es nicht darum, dass SL-Vertrauen immer schlecht ist. Gute SLs kommen damit klar. Aber schlechte SLs – und ich habe in meiner nicht übermäßig diversen Erfahrung einige getroffen – nutzen diese Freiheit eben auch, nur dann zu Ungunsten der Spieler. So wie störende Spieler ihre Freiheiten ebenfalls missbrauchen können.

Fast würde mich interessieren, wie neoliberal Wormy und Windjammer sind :) Das kommt mir sehr vor wie eine Diskussion zwischen Institutionen- und Individualethikern. Als Individualethiker propagieren die Ws (;)), dass sich die Spieler und der SL eben von sich aus gut und richtig verhalten sollen und können, was die Schuld auf diejenigen schiebt, die das nicht oder noch nicht oder nicht immer hinkriegen. Als Institutionenethiker sage ich: nein, die Spielregeln müssen das erwünschte Verhalten derart stützen und belohnen, dass auch Personen, die nicht die nötige ethische Reife haben, von sich aus eher das erwünschte Verhalten zeigen. Gelingt das nicht, ist das Spiel schuld.

Ansonsten empfehle ich Windjammer, mal einen Beitrag auf den BW-Foren zu schreiben, in denen er Hausregeln verteidigt... :)

Mir war klar, dass Tyrion (noch ausführlicher) auf den Unterschied von fiktiven Charakteren in Büchern und Rollenspielrunden hinweisen wird. Dem möchte ich zweierlei Bedenken entgegenhalten.

1. Es gibt eine ganze Reihe von Charakteren in D&D-Romanen, die auf Charakteren in tatsächlichen Spielrunden zurückgehen.

Habe ich fast gewusst, dass das kommt :) Dazu kann man natürlich die ganzen Diskussionen anführen, die toben, weil nach den Spielwerten diese Charaktere gar nicht das tun könnten, was sie in den Büchern tun; Diskussionen, die mit jeder neuen Edition aufs Neue aufkommen.

Zitat
2. Ich frage mich auch, wie Tyrion das Grundphänomen von "get into a character" (weiters, "talk in character voice" und "acting out a character") versteht. Ich möchte hierzu ein Youtube-Video verlinken, wo D&D-Spieler ihre Erfahrung damit schildern. Ich schicke vorweg, keiner bei uns am Spieltisch schwingt solche hochtrabende Reden.

Siehste Mal, so was kann bei uns schon vorkommen. Mein liebstes Zitat ist ziemlich genau bei 9:05:

"If we got too into the characters, then we would lose sight of the actual game."

Immersion bedeutet eben für mich, in den Charakter einzutauchen, und das Spiel aus den Augen zu verlieren – "das Spiel" eben als Meta-Instanz der gemeinsamen Ziele.

Dass das funktioniert, liegt meines Erachtens daran, das das ganz normales menschliches Verhalten ist. Die Neurowissenschaften kommen ja immer stärker zur Erkenntnis, wie stark wir eigentlich von unseren Instinkten, unserem Unterbewusstsein gesteuert ist, und dass das, was wir als rationales Denken betrachten, eigentlich nur eine nachgeschobene Erklärung ist, damit der Rest des Körpers sich gut fühlt (ich überspitze und vereinfache hier natürlich).

Aber letztlich ist es wahrscheinlich das, was wir tun, wenn wir dem Charakter "die Kontrolle übergeben". Macht aber nen Höllenspaß, man muss sich aber mindestens genausosehr drauf einlassen, wie auf BW.

Hehe, jetzt kommt der Wortklauber :)

Denn wir erleben ja auch, dass wir ständig "falsche" Entscheidungen treffen, oder uns nachher fragen: "Wie konnten wir so was tun?" – diese Tendenz zu voreiligem Handeln wird dann durch fehlende Meta-Schranken im Rollenspiel nicht begrenzt; noch mehr aber zeigen die Neurowissenschaften ja, dass wir uns erst im Nachhinein eine Begründung für unser Tun überlegen. Das kann man ja auch auf Charaktere übertragen – ich handele jetzt erst einmal im Gruppeninteresse, eine charaktertreue Begründung kann ich immer noch finden. Und bin total neurowissenschaftlich *g*

Mal so als Ansatz: Ich habe ich letzter Zeit selten einen Thread gelesen bei dem so viele Äpfel mit Birnen verglichen wurden wie hier. Konfus wird es dadurch dass ihr alle die gleichen Termini benutzt, was es für einen Dritten auch nicht leichter macht.

Ich versuche mich erst mal an eienr kurzen Zusammenfassung:

  • Wormy nimmt als Ansatz eine Simulation
  • Windjammer nimmt als Ansatz Immersion
  • Tyrion und Tzelzix nehmen als Ansatz eine Gruppenerzählstruktur
Korregiert mich bitte wenn ich mich in meiner Zusammenfassung irre, aber diese Eindrücke sind für mich in den letzten 11 Seiten entstanden.

Anyways, ich empfinde es als etwas seltsam die grundsätzlich passiven Ansätze der W-Fraktion mit den aktiven Ansätzen der T-Fraktion vergleichen zu wollen.

Etwas ähnliches lag mir auch mehrfach schon auf den Fingern. Auch wenn ich jetzt den Gedanken von Individual- und Institutionenethik sehr reizvoll finde :)

Interessant finde ich die Beschreibung der Ansätze als "passiv" oder "aktiv", weil ich denke, dass das eine gute Beschreibung ist. Gänzlich von Spielzielen unabhängig propagiere ich zumindest, dass eine aktive (und explizite) Verfolgung dieser Ziele besser ist als eine passive Haltung, die diese Ziele vielleicht – aber vielleicht auch nicht – eintreten lässt. Das bedeutet auch, dass ich als Spieler am Spieltisch Arbeit investiere und nicht nur Konsument bin... und das ich als SL einen Teil meiner Arbeit auf die Spieler abwälze bzw. auf diese Arbeit verzichte.

Es ist für mich z.B. eine derartige Erleichterung, dass ich mich auf BW-Spielleitung so ganz anders vorbereiten kann als auf D&D, dass ich es kaum in Worte fassen kann. Ich kann jetzt Dinge tun, die mich interessieren und zu denen ich Zeit habe, und den Großteil des konkreten Spielverlaufs in die Hände der Spieler legen – ich habe selbst z.T. eine reaktive Rolle. Dafür kann ich, wenn dann ein Spieler sagt, er hätte gerne lebendigere Stadtbeschreibungen, gezielt dort Zeit investieren und mir etwas ausdenken, und vor allem verbringe ich nicht siebentausend Jahre mit den NSCs-Werten.
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Windjammer

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[Burning Wheel] Raising the Stakes - Regelüberlegung
« Antwort #169 am: 25. Februar 2010, 16:26:18 »
Ansonsten empfehle ich Windjammer, mal einen Beitrag auf den BW-Foren zu schreiben, in denen er Hausregeln verteidigt... :)

Danke, mir ist auch hier schon warm genug.  :P



PS. Und das mit dem passiv/aktiv trifft es nicht wirklich. Ich wäre eher dafür, die Ts als die Pumuckl-Fraktion und Wormy und mich als die Meister-Eder-Fraktion zu begreifen.
« Letzte Änderung: 25. Februar 2010, 16:38:30 von Windjammer »
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Tyrion the Imp

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[Burning Wheel] Raising the Stakes - Regelüberlegung
« Antwort #170 am: 25. Februar 2010, 16:32:08 »
Ansonsten empfehle ich Windjammer, mal einen Beitrag auf den BW-Foren zu schreiben, in denen er Hausregeln verteidigt... :)

Danke, mir ist auch hier schon warm genug.  :P



DAS INNERE EINES SKATE-RINGS. Frauen auf Rollschuhen sausen über die Bahn. In der Mitte steht ein bebrillter hagerer Mann mit Hut. Plötzlich hält er inne.
LUKE CRANE: Mein Kopf... ich spüre es... ein BW-Spieler spricht von... Hausregeln! (dreht sich zu seinem Partner – ebenfalls mit Hut) Thor! Ins Lukemobil!
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Coldwyn

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[Burning Wheel] Raising the Stakes - Regelüberlegung
« Antwort #171 am: 25. Februar 2010, 17:10:04 »
Ansonsten empfehle ich Windjammer, mal einen Beitrag auf den BW-Foren zu schreiben, in denen er Hausregeln verteidigt... :)

Danke, mir ist auch hier schon warm genug.  :P



PS. Und das mit dem passiv/aktiv trifft es nicht wirklich. Ich wäre eher dafür, die Ts als die Pumuckl-Fraktion und Wormy und mich als die Meister-Eder-Fraktion zu begreifen.

Naja, doch, schon. Damit Immersion funktioniert, sollte/darf man nicht an der Meta-Ebene beteiligt sein. "Überraschen" hat es Wormy so schön genannt, d.h. man muss sich komplett auf den SL und die Story einlassen und kann nur über das Medium des Spiels Inhallte einbringen, was ein passiver Zustand ist.
Inhalltsstoffe dieses Beitrags: 50% reine Polemik, 40% subjektive Meinung, 10% ungenau recherchierte Fakten.

Wormys_Queue

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[Burning Wheel] Raising the Stakes - Regelüberlegung
« Antwort #172 am: 25. Februar 2010, 20:12:03 »
Denn wir erleben ja auch, dass wir ständig "falsche" Entscheidungen treffen, oder uns nachher fragen: "Wie konnten wir so was tun?"

Wie jetzt, ich dachte, falsche Entscheidungen gibt es nicht?  :P

Zitat
Das kann man ja auch auf Charaktere übertragen – ich handele jetzt erst einmal im Gruppeninteresse, eine charaktertreue Begründung kann ich immer noch finden. Und bin total neurowissenschaftlich *g*

Well played, Sir, well played!^^

Zitat
Interessant finde ich die Beschreibung der Ansätze als "passiv" oder "aktiv", weil ich denke, dass das eine gute Beschreibung ist. Gänzlich von Spielzielen unabhängig propagiere ich zumindest, dass eine aktive (und explizite) Verfolgung dieser Ziele besser ist als eine passive Haltung, die diese Ziele vielleicht – aber vielleicht auch nicht – eintreten lässt. Das bedeutet auch, dass ich als Spieler am Spieltisch Arbeit investiere und nicht nur Konsument bin... und das ich als SL einen Teil meiner Arbeit auf die Spieler abwälze bzw. auf diese Arbeit verzichte.

Will ich gar nicht zu sehr widersprechen, aber - und das sehe ich persönlich tatsächlich als Vorteil - mit D&D geht eben beides. man darf ja nicht vergessen, dass es nicht nur faule Spieler gibt, sondern auch neue, die sich vielleicht erst mal rantasten mögen. Da kann ich als SL natürlich ganz gezielt steuern,  und wie das auch in Windjammers (oder dem Folge-) Video ausgedrückt wurde: Wenn man als SL die Spieler erst mal dazu gebracht hat, aktiv sein zu wollen, hat man seine Arbeit gemacht. Aber ich muss dem Spieler eben nicht sagen: Also entweder funktionierst du, oder das Spiel funktioniert nicht richtig.
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Wormy's Worlds

Tzelzix

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[Burning Wheel] Raising the Stakes - Regelüberlegung
« Antwort #173 am: 26. Februar 2010, 23:00:35 »
Ich bin beruhigt, dass jetzt nicht weiter auf der Person Luke Crane herum geritten wird. Die ersten Postings auf dieser Seite hatten mich schon fast abgeschreckt, überhaupt noch weiter zu lesen.

Coldwyn hat natürlich recht mit seiner Einschätzung, allein schon das Vokabular ist schwierig zu vereinheitlichen, weswegen wir uns ständig gegenseitig fragen müssen, ob etwas richtig interpretiert wurde und ich mich zumindest bemüht habe, die gleichen Aussagen auch in verschiedenen Arten zu transportieren. Das ist häufig eine der Hürden bei so subjektiven Dingen wie "Immersion" und der eigene Wahrnehmung von Rollenspiel.

Dein letzter Absatz, Wormy, ist wieder einmal (zumindest lese ich das so) ein Interpretation in die Richtung, dass du mit D&D mehr Flexibilität in einer Sache hast, die in einem System wie BW unterstützende Regeln hat. Scheinbar sind weder Tyrion noch ich bisher in dieser Sache durchgedrungen. Es ist kein Hindernis, Regeln für Aspekte des Spiels zu haben, die sonst völlig allein gelassen werden, sondern ein Hilfsmittel. Das, was du sonst schreibst, ist ja nicht auf Systeme beschränkt, die sich einen Dreck um so etwas kümmern, sondern gilt ganz allgemein.
Never attribute to malice that which can be adequately explained by stupidity.

Wormys_Queue

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[Burning Wheel] Raising the Stakes - Regelüberlegung
« Antwort #174 am: 26. Februar 2010, 23:53:50 »
Dein letzter Absatz, Wormy, ist wieder einmal (zumindest lese ich das so) ein Interpretation in die Richtung, dass du mit D&D mehr Flexibilität in einer Sache hast, die in einem System wie BW unterstützende Regeln hat. Scheinbar sind weder Tyrion noch ich bisher in dieser Sache durchgedrungen. Es ist kein Hindernis, Regeln für Aspekte des Spiels zu haben, die sonst völlig allein gelassen werden, sondern ein Hilfsmittel. Das, was du sonst schreibst, ist ja nicht auf Systeme beschränkt, die sich einen Dreck um so etwas kümmern, sondern gilt ganz allgemein.

Das war eigentlich nicht, was ich meinte. Korrigier mich, wenn ich jetzt was falsches sage:  BW scheint von der ganzen Anlage her auf aktive Spieler angewiesen zu sein. Spieler, die sich zurücklehnen und einfach nur die Show genießen wollen, Spieler, die gerne mal anderen die Initiative überlassen, oder auch einfach nur Spieler (z.B. Neulinge), die sich nicht trauen, haben nicht nur mit dem System selbst ein Problem (dass ihnen ja ein aktives Verhalten abverlangt), sondern werden damit auch zum Problem für die Gruppe, die ja nur dann richtig funktioniert, wenn alle beim Ballspiel mitmachen.

D&D macht da weder Vorschriften in die eine oder andere Richtung, fördert dafür aber auch nichts. Insoweit ist D&D nicht darauf angewiesen, dass die Spieler eine bestimmte Spielart an den Tag legen, um richtig zu funktionieren, sondern funktioniert davon nahezu völlig unabhängig.

Beides hat Vor- wie Nachteile und ich ziehe halt nach wie vor den breiteren D&D-Ansatz vor. Dass ich dafür auf die unterstützenden Regeln verzichten muss, stört mich nicht sonderlich, da ich im Gegensatz zu Luke Crane Hausregeln für etwas absolut normales und in jedem System sinnvolles halte.

Apropos Luke Crane: Du hattest irgendwann von Personenkult gesprochen. Ist eigentlich der falsche Begriff. Es geht nicht darum, Personen in den Himmel zu heben (oder vom Podest zu stoßen). Es geht darum, die Autoren  und Ideengeber von Produkten zu identifizieren, mit denen man besonders viel anfangen kann, weil das die Wahrscheinlichkeit erhöht, keinen Fehlkauf zu machen, wenn man sich das nächste Produkt vom selben Autor zulegt.

Oder anders gesagt: Es gibt eine gewisse Korrelation zwischen meiner Haltung zu der Meinung und den Ideen eines Autors und dem Gefallen, den ich an seinen Produkten finde. Das hat nichts mit Sympathie zu tun (ich mag Mike Mearls z.b. als Person ganz gerne, während ich bei Erik Mona nicht immer ganz sicher bin, wie gut ich mit dem privat hinkäme).

Deswegen kann ich auch mit Tyrions Satz : "Don't trust luke - trust the rulebook." nix anfangen, da sich das gegenseitig bedingt. Wenn ich mit der Designphilosophie einer Person nix anfangen kann , ist es ja auch kein wunder, wenn dass dann auch mit dem Ergebnis des Designs so ist. Gilt natürlich auch umgekehrt.
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Wormy's Worlds

Tyrion the Imp

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[Burning Wheel] Raising the Stakes - Regelüberlegung
« Antwort #175 am: 27. Februar 2010, 01:54:54 »
Deswegen kann ich auch mit Tyrions Satz : "Don't trust luke - trust the rulebook." nix anfangen, da sich das gegenseitig bedingt. Wenn ich mit der Designphilosophie einer Person nix anfangen kann , ist es ja auch kein wunder, wenn dass dann auch mit dem Ergebnis des Designs so ist. Gilt natürlich auch umgekehrt.
Nun, der Satz bedeutet, was Luke im Endeffekt meistens ja auch vorlebt: es ist pfurzegal, was Luke über das Spiel sagt – was wirklich zählt, ist das Buch. Man kann natürlich unklare Stellen so interpretieren, wie Luke das beabsichtigt hat, oder in Spielsituationen sagen: "Luke Crane handhabt das so, das mache ich jetzt auch, weil der ja wohl was davon versteht."

Aber ein schönes Beispiel ist eigentlich die Frage, ob man die Konsequenzen eines Tests vor dem Wurf ankündigen soll. Luke schreibt, er täte das selbst nur selten – und sagt dann: "Mach es so, wie es in den Regeln steht." Darum "trust the rulebook". Das Regelbuch ist letzte Instanz, kein Beitrag auf den noch so hilfreichen Foren.
Zitat
Das war eigentlich nicht, was ich meinte. Korrigier mich, wenn ich jetzt was falsches sage:  BW scheint von der ganzen Anlage her auf aktive Spieler angewiesen zu sein. Spieler, die sich zurücklehnen und einfach nur die Show genießen wollen, Spieler, die gerne mal anderen die Initiative überlassen, oder auch einfach nur Spieler (z.B. Neulinge), die sich nicht trauen, haben nicht nur mit dem System selbst ein Problem (dass ihnen ja ein aktives Verhalten abverlangt), sondern werden damit auch zum Problem für die Gruppe, die ja nur dann richtig funktioniert, wenn alle beim Ballspiel mitmachen.

D&D macht da weder Vorschriften in die eine oder andere Richtung, fördert dafür aber auch nichts. Insoweit ist D&D nicht darauf angewiesen, dass die Spieler eine bestimmte Spielart an den Tag legen, um richtig zu funktionieren, sondern funktioniert davon nahezu völlig unabhängig.

Ich sehe das etwas anders, und ich denke, wir sind hier bei dem Vergleich zwischen Individualsteuerung und Institutionensteuerung. Wieder. Du hast insofern Recht, dass BW keine Spieler will, die sich zurücklehnen, sondern proaktive Spieler. Was nicht bedeutet, nicht mal anderen den Vortritt zu lassen – siehe den Blogbeitrag zu Teamwork oben. Burning Wheel sagt aber auch, dass proaktive Spieler nicht auf den Bäumen wachsen, also schaffen wir Anreize für proaktives Spiel.

Ich meine, was willst du mit dem schüchternen Spieler machen? Ein halbes Jahr warten, das der von alleine aus sich heraus geht? Oder ihm Brotkrumen vor den Bau streuen, damit er früher und lieber ins Freie kommt? Und ein schüchterner Spieler kann ja trotzdem noch wie in jedem anderen Rollenspiel entweder lang und breit ausspielen oder als Erzähler aus der dritten Person kurz zusammenfassen: "Roland versucht, den Wirt zu bestehlen."

Aber ja, das zurücklehnen und vom Spielleiter bedienen bzw. bespielen lassen, das will BW nicht.
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Wormys_Queue

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[Burning Wheel] Raising the Stakes - Regelüberlegung
« Antwort #176 am: 27. Februar 2010, 08:43:18 »
Ich meine, was willst du mit dem schüchternen Spieler machen? Ein halbes Jahr warten, das der von alleine aus sich heraus geht? Oder ihm Brotkrumen vor den Bau streuen, damit er früher und lieber ins Freie kommt?

Genau das. Sofern du Brotkrumen als Anreize übersetzt. Denn daraum gehts ja letztlich ich das bei D&D übernehme, weil es eben  - nders als bei BW - keine unterstützenden Regeln dafür gibt.

Zitat
Nun, der Satz bedeutet, was Luke im Endeffekt meistens ja auch vorlebt: es ist pfurzegal, was Luke über das Spiel sagt – was wirklich zählt, ist das Buch.

Du möchtest mir jetzt aber nicht erzählen, dass er da komplett zu trennen imstande ist und das Regelwerk nicht das reflektiert, was er selbst gut findet, oder?

Nachtrag zum ersten Zitat: Beim drüber Nachdenken scheint mir dort übrigens der Kern unserer Meinungsverschiedenheiten und Auseinandersetzungen zu liegen. Du klingst, als würdest du es für etwas negatives halten, Spielern ihr eigenes Tempo zu gestatten und Anreize zu setzen. Speziell letzteres ist ein wenig merkwürdig, da es dich ja offenbar nicht stört, wenn solche Förderung vom System ausgeht.

Für mich dagegen ist das vollkommen normales Handeln. Das mach ich als Lehrer, als Fußballtrainer und nicht zuletzt auch als Vater, auf die Idee, das beim Rollenspiel auszuschalten und von den Spielern plötzlich zu erwarten, dass sie auch ohne von mir gesetzte Anreize klarkommen, bin ich noch gar nicht gekommen.

Möglicherweise liegts also daran, dass ich keinen großen Wert drauf lege, dass das System das für mich übernimmt. Zum einen, weils mein Spiel nicht direkt bereichert (schließlich ist diese Förderung ja schon Bestandteil meines Spiels) und zum anderen, weil es mir da eine Arbeit abnimmt, die ich offenbar ganz gerne mache.
« Letzte Änderung: 27. Februar 2010, 09:24:40 von Wormys_Queue »
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Tyrion the Imp

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[Burning Wheel] Raising the Stakes - Regelüberlegung
« Antwort #177 am: 27. Februar 2010, 13:09:45 »
Zitat
Nun, der Satz bedeutet, was Luke im Endeffekt meistens ja auch vorlebt: es ist pfurzegal, was Luke über das Spiel sagt – was wirklich zählt, ist das Buch.

Du möchtest mir jetzt aber nicht erzählen, dass er da komplett zu trennen imstande ist und das Regelwerk nicht das reflektiert, was er selbst gut findet, oder?

Ich bin mir nicht sicher, worauf du hinauswillst. Nach Burning Wheel ist ja auch Burning Empires erschienen, und Mouse Guard, die alle leicht oder weniger leicht unterschiedliche Ansätze für dasselbe Spielziel haben. Dadurch passt Luke sich vielleicht an, das Regelwerk ja aber nicht. Und playtesting hat ja auch Auswirkungen auf die Regeln, das ist ja nicht einfach runtergeschrieben und in Druck gegeben.

Natürlich reflektiert BW Lukes Designansätze und Spielvorlieben, auch wenn die nicht identisch sind. Aber darum ist Luke trotzdem nur der Designer und das Regelbuch ist entscheidend. Und zur Wiederholung: ich bin mir wirklich nicht sicher, was du hier überhaupt sagen willst.

Zitat
Nachtrag zum ersten Zitat: Beim drüber Nachdenken scheint mir dort übrigens der Kern unserer Meinungsverschiedenheiten und Auseinandersetzungen zu liegen. Du klingst, als würdest du es für etwas negatives halten, Spielern ihr eigenes Tempo zu gestatten und Anreize zu setzen. Speziell letzteres ist ein wenig merkwürdig, da es dich ja offenbar nicht stört, wenn solche Förderung vom System ausgeht.

Dann hast du falsch nachgedacht :)

Wie du selbst feststellst, wäre es doch sehr komisch, wenn ich gegen Anreize wäre, diese aber im System suche. Ich suche vielmehr ein System, das mich darin unterstützt, was ich gerne haben will und was ich womöglich auch tue. Es ist ja keine Entscheidung zwischen: "Entweder setzt das System Anreize, oder der SL". Traditionelle Rollenspiele setzen vielmehr Ansätze, die meinem Spielinteresse zuwiderlaufen, und wenn es nur dadurch ist, dass in den mir wichtigen Bereichen eben keine oder weniger Ansätze gesetzt werden. Das muss ich dann als SL kompensieren und kann es trotzdem nur teilweise. So bietet bei D&D z.B. gerade in der 4. Edition die Anreize für ein Spiel mit der Battlemap – ich kann trotzdem ohne spielen, wenn ich wirklich will... aber dann spiele ich lieber ein Spiel, das diese Anreize gar nicht erst setzt.

Und wenn bei 3.5 grundsätzlich die Anreize eben primär im Kampf gesetzt werden (Erfahrungspunkte, Charakterfähigkeiten, Regeloptionen usw.), kann ich dem auch entgegen steuern (z.B. EP [nur] für Abenteuerabschnitte und Story-Erfolge geben) oder eigene Anreize in anderen Bereichen schaffen – aber ich kann auch ein System spielen, das nicht derart in eine andere Richtung lenkt.

Mechanische Förderung unterstützt mich eben nur. Mit der U-Bahn bin ich schneller in der Stadt als zu Fuß.

Mit dem Tempo ist fast noch komischer. Einerseits sorgen Anreize ja dafür, dass Spieler auf etwas verzichten, wenn sie nicht proaktiv sind, insofern muss das dann jeder selbst wissen – andererseits ist es aber natürlich so, dass jeder einen bevorzugten Spielstil hat, und wie du selektierst, so machen das andere natürlich auch. Wenn die geballte Anreizwand von SL, Mitspielern und System nicht dafür sorgt, dass ein Spieler nach Eingewöhnungszeit aus sich herauskommt, kann sich das eben negativ auf das Gruppenerlebnis auswirken, und wenn es das tut, dann eignet sich die Spielweise desjenigen eben nicht für die Gruppe bzw. das System. Spieler, die grundsätzlich nur zum Spiel kommen wollen und dann "mal sehen, was passiert", werden bei BW selbst weniger Freude haben und vielleicht sogar die Gruppe beeinträchtigen.
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Wormys_Queue

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[Burning Wheel] Raising the Stakes - Regelüberlegung
« Antwort #178 am: 27. Februar 2010, 14:15:45 »
Und zur Wiederholung: ich bin mir wirklich nicht sicher, was du hier überhaupt sagen willst.

Ist eigentlich ganz einfach: Wenn ich das Grundregelwerk eines Rollenspielsystems lese, weiss ich hinterher sehr genau, inwieweit die Vorlieben und Ideen des Autors/Designers mit den meinen übereinstimmen. Das funktioniert aber auch in die andere Richtung. Ich mach das natürlich jetzt nicht an einem Satz fest, aber wenn ich mehrere Äußerungen eines Autors/Designers zum Thema Rollenspiel gehört/gelesen habe, weiss ich auch ziemlich genau, ob seine Werke etwas für mich sind: Trefferquote übrigens 100%.

Und deswegen ist das, was Tzelzix als Personenkult abgetan hat, also die Beschäftigung mit den Personen hinter dem System, für mich ein wichtiger Indikator dafür, ob ich mit dem System überhaupt etwas anfangen können werde. (Ähnlich halte ich es auch mit Schriftstellern, Regisseuren und Musikern).

Zitat
Wenn die geballte Anreizwand von SL, Mitspielern und System nicht dafür sorgt, dass ein Spieler nach Eingewöhnungszeit aus sich herauskommt,

Siehts und das ist der Unterschied. Ich sage nämlich: Wenn die geballte Anreizwand von SL und Mitspielern nicht dafür sorgt, dass ein Spieler nach Eingewöhnungszeit aus sich herauskommt, dann nützt das System auch nichts. Also reichen die ersten beiden völlig aus.

So, und an der Stelle bin ich dafür, dass wirs einfach darauf beruhen lassen. Ich bin mit meinem Spiel (also D&D) im Prinzip vollauf zufrieden,  und da wo ich es nicht bin, hilft mir BW auch nicht weiter. Als Spieler würd ichs unter Umständen mal ausprobieren, aber als Spielleiter halte ich es im Moment für Zeitverschwendung, mich damit großartig auseinanderzusetzen. Auf einen gemeinsamen Nenner werden wir beide auch nicht mehr kommen, also lassen wirs doch einfach. Ich hab jedenfalls nichts mehr weiter zu dem Thema zu sagen.
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Tyrion the Imp

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[Burning Wheel] Raising the Stakes - Regelüberlegung
« Antwort #179 am: 27. Februar 2010, 16:53:53 »
Siehts und das ist der Unterschied. Ich sage nämlich: Wenn die geballte Anreizwand von SL und Mitspielern nicht dafür sorgt, dass ein Spieler nach Eingewöhnungszeit aus sich herauskommt, dann nützt das System auch nichts. Also reichen die ersten beiden völlig aus.

Siehst, und mir klingt das so wie: "Wenn ich mit einem Bier und einem Weint nicht auf 2 Promille komme, brauche ich auch nicht noch einen Schnaps zu trinken, dann klappt das eh nicht."

Aber beruhen lassen ist ok
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