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Autor Thema: [Burning Wheel] Raising the Stakes - Regelüberlegung  (Gelesen 23942 mal)

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Tyrion the Imp

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[Burning Wheel] Raising the Stakes - Regelüberlegung
« Antwort #90 am: 23. Februar 2010, 16:14:56 »
Hat diese Schlussfolgerung jemand gezogen?

Das wurde zumindest in diesem Thread schon impliziert (von wem genau, müsste ich jetzt nachschauen, zuviele T-Nicks beteiligt^^)
Möglicherweise eine Fehldeutung des von mir Geschriebenen, da ich ja behaupte, Charaktertreue gebe es erst gar nicht, also brauche man auch nicht so zu tun.[/quote]

Zitat
Zitat
Ich interpretiere das jetzt so, dass "Mein Charakter macht das aber nicht" gleichbedeutend ist mit "Ich will das aber nicht".

Das trifft es halt nicht genau. Wenn ich etwas nicht will, dann brauche ich dafür keine Ausrede, sondern kann das einfach so formulieren. Es ist eher so, dass ich versuche, mich so stark in den Charakter hineinzuversetzen, dass der irgendwann quasi ein Eigenleben annimmt und unabhängig von meinem Willen funktioniert. Im Idealfall werde ich dadurch vom Akteur zum Beobachter, der durch die Augen seines Charakters in die Welt hineinschaut.

Eben, genau das meine ich. :)

Zitat
Interessiert mich nicht, wenn ich bei einer Zaubervorführung zuschaue, frag ich mich auch nicht: "Wie hat er das jetzt gemacht." sondern genieße einfach die Magie des Augenblicks.

Ich frage mich selbstverständlich, wie der Zauberer das macht, und genieße das Staunen, wenn ich es nicht herausbekomme, und auch das Staunen, wenn ich weiß, wies geht, es aber gut gemacht ist. Ich tue nicht so, als könne da wirklich jemand zaubern. Interessant, dass sich diese Sichtweise vielleicht relativ linear aufs Rollenspiel übertragen lässt.
Gewinner des WM-Tippspiels 2010
»For it is the chief characteristic of the religion of science that it works«

Coldwyn

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    • http://www.dnd-gate.de
[Burning Wheel] Raising the Stakes - Regelüberlegung
« Antwort #91 am: 23. Februar 2010, 16:24:46 »
Wunderbarer Beitrag, Tyrion. Die zitierten Passagen über Teamwork und passing the ball decken sich recht stark mit meiner Denkweise der letzten Zeit.
Inhalltsstoffe dieses Beitrags: 50% reine Polemik, 40% subjektive Meinung, 10% ungenau recherchierte Fakten.

Thargor

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[Burning Wheel] Raising the Stakes - Regelüberlegung
« Antwort #92 am: 23. Februar 2010, 17:53:31 »
Sag mal Tyrion, wo bekommst du eigentlich diese ganzen Beiträge, Blogs, Foreneinträge usw her? Hast du dir ein riesiges Archiv angelegt, du tippst nur noch X ein und heraussprudeln die Quellen oder suchst du dann immer ganz konkret in der aktuellen Situation?

Tyrion the Imp

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[Burning Wheel] Raising the Stakes - Regelüberlegung
« Antwort #93 am: 23. Februar 2010, 19:02:48 »
Unterschiedlich. Ich treibe mich ja schon länger in den BW-Foren rum, da habe ich dann so einiges aufgeschnappt, und in Situationen wie dieser denke ich dann: "Da war doch was" und starte die Forensuche. Oder ich wusste eben, dass Thor mal diesen Beitrag hatte, also hab ich "Thor Burning Wheel" gesucht – und der erste Beitrag auf seinem Blog wars dann sogar.

Vorher hatte ich "Immersion RPG" gegoogelt, und dann speziell im BW-Forum auch noch mal nach "Immersion" gesucht. Ich habe aber keine wirkliche Liste mit interessanten Beiträgen, weshalb ich jetzt schon fast überlegt habe, meine Spieler auf diese Diskussion hinzuweisen, nur wegen der Links *g*

---

Mir ist soeben was eingefallen, was ich Wormy (oder Windjammer) gerne fragen würde. Angenommen, ein Spieler in der Runde spielt einen Paladin, der Sklaverei hasst und alle Sklaven befreien will, und Wormy spielt den goblinhassenden Waldläufer. Jetzt treffen sie auf den Magier mit seinen drei Goblinkriegern, die er mental versklavt hat.

Ich will nicht wissen, wie sie entscheiden, was getan wird. Mich interessiert mehr: In dieser Situation erscheint es mir unausweichlich, dass ein Charakter inkonsistent handeln muss – weil er eben dem anderen Charakter den Vortritt lässt (ob nun nach Diskussion oder Würfeln oder was auch immer). Entweder kann der Paladin die Goblins nicht befreien, oder der Waldläufer sie nicht massakrieren. Angenommen (was ich ja bezweifle, aber trotzdem), Charaktertreue existiert, muss dann hier nicht ein Charakter untreu werden? Wie geht man mit dieser Situation um?

---

Und vielleicht versuchen wir, noch mal auf Windjammers ursprüngliches Problem einzugehen. Wenn es wirklich das Metadenken ist, was ihn stört, dann gibt es bei BW zwangsläufig Probleme, weil man als Spieler generell gezwungen ist, auf der Meta-Ebene Richtungen vorzugeben. Beliefs funktionieren erst dann richtig, wenn sie die Spielerwünsche integrieren, und der SL geht zwangsläufig auf diese Flaggen ein.

Allerdings kann man versuchen, diese Metaebene zu reduzieren; z.B. indem man Intents aus dem Charakter heraus formuliert und die Konsequenzen geheim hält (ich würde das gerade zu Beginn der BW-Karriere für mich selbst ausschließen, aber es ist eine Möglichkeit), indem man die Verwendung von Traits auf der Spielebene beschreibt, indem der SL versucht, Metagedanken im Spiel zu vermitteln.

Burning Wheel geht ja trotzdem noch davon aus, dass man von Szene zu Szene springt und nur da verweilt, wo es für die Story wichtig ist, wo Beliefs auf dem Spiel stehen, und ich weiß nicht, wie sehr dieses Szenenspringen der Illusion des gelebten Lebens widersprechen, aber auch hier kann man zumindest versuchen, folgenlose "Rollenspielszenen" einzustreuen.

Letzten Endes ist es aber natürlich mit z.B. D&D einfacher, das Metadenken zu vermeiden – gerade, weil der Kampf bei D&D ohnehin als Teilspiel oder gar ganz anderes Spiel wahrgenommen und präsentiert wird, sodass es einfacher fällt, bei Erscheinen der Battlemap dann den Charakter zurückzufahren und die Metaebene zu aktivieren.
Gewinner des WM-Tippspiels 2010
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Tyrion the Imp

  • Mitglied
[Burning Wheel] Raising the Stakes - Regelüberlegung
« Antwort #94 am: 23. Februar 2010, 19:10:38 »
Das trifft es halt nicht genau. Wenn ich etwas nicht will, dann brauche ich dafür keine Ausrede, sondern kann das einfach so formulieren. Es ist eher so, dass ich versuche, mich so stark in den Charakter hineinzuversetzen, dass der irgendwann quasi ein Eigenleben annimmt und unabhängig von meinem Willen funktioniert. Im Idealfall werde ich dadurch vom Akteur zum Beobachter, der durch die Augen seines Charakters in die Welt hineinschaut.

Das kann durchaus dazuführen, dass der Charakter sich in eine auch für mich völig unerwartete Richtung entwickelt, aber gerade das macht für mich die Spannung aus.
Ja, hab ich schon zitiert. Ich wollte nur sagen, dass ich das teilweise genauso sehe, aber mir dieses Erlebnis viel stärker wirkt, wenn es mechanisch gestützt ist. Wenn ich einen Charakter erstelle, der Goblins hasst, und dann diesen Hass auf die Probe gestellt sehe, dann wird der für mich lebendig, weil ich erlebe, wie weit der Charakter in seinem Hass zu gehen bereit ist. Und vor allem, wenn es ein Dilemma gibt zwischen zwei gleichwertigen Zielen.

Und gerade durch Tests und die Konfrontation mit dem System (points of contact?) wird für mich die Entdeckungsreise gestartet. Wow, anscheinend greift mein Waldläufer doch zuerst den Magier an, da muss ich mein Bild von ihm jetzt revidieren – das hätte ich vorher nie gedacht. Durch die Übertragung von Kontrolle an das System entsteht für mich der Eindruck des Eigenlebens, weil die Steuerung eben nicht mehr nur durch mich erfolgt.

Ein Beispiel aus meiner aktuellen Runde: ich habe einen Charakter (Patrizio) als "Graue Eminenz" definiert, als den Typen, der hinter dem Bösen steckt, aber sich selbst nicht outet, sondern andere vorschickt. Nun sprach einer der SC mit ihm vor dem versammelten Rat und dem wahrscheinlichen neuen König – und der SC versuchte, ihn mit Beleidigungen zu einer unbedachten Äußerung zu verleiten. In diesem Falle hat der SC den Test knapp nicht geschafft, aber hätte er es geschafft, wäre das für mich hochinteressant gewesen – gerade, weil ich Patrizio niemals für jemanden gehalten hätte, der sich bei Hofe verplappert, er aber dann anscheinend doch jemand gewesen wäre, der sich zu einem Verplappern verleiten lässt. Ich hätte nie vermutet, dass er so jähzornig sein könnte. :)
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Wormys_Queue

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[Burning Wheel] Raising the Stakes - Regelüberlegung
« Antwort #95 am: 23. Februar 2010, 19:51:34 »
Ich behaupte einfach mal, dass jede Entscheidung, wenn man denn will, aufgrund der Spielsituation oder des Charakterhintergrundes erklärbar wäre.

Dem widerspreche ich gar nicht direkt, erklären kann ich alles mögliche. Allerdings sind diese Entscheidungen nicht alle gleich wahrscheinlich, sondern besitzen, beeinflusst durch den Charakter, seine bisherige Entwiclung, den bisherigen Storyverlauf  und die aktuelle Situation (um die Hauptfaktoren zu nennen) verschiedene Probabilitäten. Damit es nun Sinn macht, eine Entscheidung mit geringerer Probabiltät zu treffen, braucht der Charakter (nicht ich als Spieler) einen Grund. Dazu komm ich aber gleich noch mal.

Zitat
Insofern ist es für mich nicht problematisch, wenn man diesen Weg gehen wollte – Ablehnung von sozialen Konfliktsystemen geht für mich zwar nicht unbedingt damit einher, aber darüber reden wir hier ja nicht.

Um das nochmal vom Kopf auf die Füße zu stellen: Ich lehne solche Systeme gar nicht prinzipiell ab. Ich stelle lediglich fest, dass ich in den letzten Jahren hervorragend ohne ausgekommen bin, die Existenz dieser Systeme für mich als keinen Anreiz zum Wechsel des Systems darstellt. Vor allem, da es 100%ig Teile des Systems gibt, an denen ich wieder rumbasteln müsste, um sie für mich passend zu machen.

Das ist übrigens als Spielleiter gesprochen (was ja meine Hauptbeschäftigung darstellt) und bedeutet nicht, dass ich mich als Spieler einer Partie BW verweigern würde. Und dass das unter den geeigneten Randbedingungen sogar dazu führen könnte, dass ich im späteren Verlauf auch als Spielleiter den Systemwechsel vollziehe, will ich gar nicht ausschließen. So bin ich ja auch von DSA zu D&D gekommen.

So, und jetzt kommen die drei Beispiele, auf die ich gerne noch mal eingehen würde:

1.
Zitat
Ich persönlich glaube, dass sich durch punktuelle Verdeutlichung dessen, was auf dem Spiel steht, die Situation auch verstärken lässt – wenn ich weiß, dass von der folgenden Rede meines Charakters abhängt, ob er als General akzeptiert wird, kann ich mich viel besser in diese Stresssituation einfühlen, als wenn ich nur eine Rede halte, die sich dann im Nachhinein als wichtig erweist. Und mich würde das Vorhandensein von hilfreichen NSC, die das "im Spiel" verpacken, eher stören ("Denkt dran, Oberst, diese Rede entscheidet über Eure Berufung"), weil ich das als öde Exposition sehe und meine Vorstellung von dem Geschehen mitunter arg strapazieren würde – Windjammers Beispiel mit Pinocchio, dem die Grille das dann alles sagt, ist ein tolles Beispiel. Ich denke mir da: "Was will die Grille hier? Warum sagt sie das?" Aber das ist eine Spielstilfrage.

2.
Zitat
Luke, Alexander and I each have characters that are interested in protecting our people from the Tsaivar threat and the crushing tribute they exact from us, but have no interest in getting to know these people or travel to their lands. And yet, Dro’s character is all about that.

Recognizing this, we made a concerted effort to help Dro achieve this arc of his character’s story.

3.
Zitat
Luke’s character, from the same game, is a coward. But Luke has clearly been aiming for an arc in which his character becomes a fearsome warrior and leader of men. And yet, my character is the one who is taking that role at present. (...) Almost immediately, my character was stabbed and badly wounded. (...) I had a number of options, but knowing Luke’s character was behind mine, I decided to throw the ball to Luke by running and screaming. Now Luke had a choice: He could either have his cowardly character run after me, or he could step up to an incredibly dangerous situation and attempt to save my character’s life.

Bei allen drei Beispielen stellt sich mir automatisch die Frage: Weiß mein Charakter das? Wenn ja, ist es nämlich mehr als möglich, dass ich genauso handeln würde, wie Tyrion das von einem guten Spieler erwarten würde. Gleichzeitig stellt das aber auch die Bedingung dar, unter der diese Möglichkeit erst entsteht. Zur Erläuterung:

1. Hat mein Charakter überhaupt das Ziel, General zu werden. Und weiß er um die Wichtigkeit dieser Rede? Sprich, ist im das im Spiel auf irgendeine Weise klargeworden? Dann brauche ich als Spieler keinen weiteren Anreiz, um mich in die Situation einfühlen zu können. Weiß er das aber nicht, und hält die Rede vielleicht aus einem ganz anderen Grund, dann würde ich einen entsprechenden, außerhalb der Spielebene gegebenen Hinweis vom Spielleiter schlicht und ergreifend ignorieren und nicht in die Redeführung des Charakters einfließen lassen.

2. Weiß mein Charakter um Dros Wissenswunsch? Und tut es ihm irgendwie Abruch, ihm diesen Wunsch zu erfüllen? Wenn ich die erste Frage mit Ja und die zweite mit Nein beantworten kann, gibt es für meinen Charakter keinen Grund, ihm die Erfüllung des Wunsches zu verwehren (und in diesem Fall würde ich es durchaus als schlechtes Spiel betrachten, wenn ich das trotzdem täte). Weiß er das allerdings nicht, wird er auch nicht so handeln, als wüsste er es. (Wenns ihm Abbruch tut, haben wir einen Konflikt, das werd ich noch nachreichen).

3. Weiß mein Charakter, das Luke ein Feigling ist, aber eigentlich keiner sein möchte? Dann hat er sogar einen ziemlich guten Anreiz, Luke dabei zu helfen, die Feigheit zu überwinden. Denkt er aber, dass Luke ein hoffnungsloser Fall ist, weil es keinen Hinweis darauf gibt, dass luke daran etwas ändern möchte, wird er ganz sicher keine waghalsigen Aktionen in der Hoffnung unternehmen, dass Luke ausgerechnet in diesem Moment vernünftig wird.


Womit wir bei der Preisfrage wären: Wie schaffen es meine Mitspieler, das Handeln meines Charakters so zu beeinflussen, dass er in ihrem Sinne agiert? Die Antwort hab ich gerade gegeben: In dem sie das Spiel ihres Charakters so gestalten, dass meiner entsprechend agieren kann.

Und das ist auch die Minimalanforderung, die ich an einen Rollenspieler stelle, der mit mir zusammenspielen möchte: Das er mir nicht einfach nur sagt, was er gerne haben möchte (oder noch schlimmer, mich das raten lässt), sondern dass er gefälligst seinen Charakter auch entsprechend ausspielt. Geschieht das, bin ich mehr als kooperationsbereit (bzw. ist es mein Charakter, asoziale Sabotagedeppen zu spielen, entspricht nicht meiner Vorstellung von Rollenspiel.


Zitat
Schließlich habe ich den Eindruck, dass eine solche Spielweise sehr stark nur auf den eigenen Spielspaß rekurriert

Ich hoffe mal, damit auch diesen Eindruck ein wenig korrigieren zu können. Mir gehts nicht einfach nur darum, mein eigenes Ding durchzuziehen. Ich habe allerdings eine gewisse Grunderwartung an meine Mitspieler, ihren Teil dazu beizutragen, dass wir gemeinsam Spass haben können. Sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein, ist es aber leider nicht, weswegen meine Bereitschaft, da einfach mal so in Vorlage zu treten, in den letzten Jahren durchaus gesunken ist. Auf der anderen Seite denke ich aber nicht, dass ich da zuviel verlange, soviel Charakterspiel sollte man von den Mitspielern durchaus erwarten dürfen.

Zitat
Oder aber er stimmt dem Gesagten nicht zu, und dann ist das nicht nur nicht mein Spielstil, sondern dann glaube ich, dass mit einer Berücksichtigung dieser Elemente

Ich hoffe mal, es ist dabei klargeworden, dass ich dem Gesagten durchaus zustimme, allerdings unter oben genannter Einschränkung. Wenn ich die Mitspieler aber tatsächlich erst außerhalb der Spielhandlung fragen muss, dann ist schon ein für mich entscheidend wichtiger Punkt schiefgelaufen. Dann hab ichs nämlich geschafft, mit Leuten zusammenzuspielen, die ihre Charaktere nicht so ausspielen können oder wollen, dass mir die Frage erspart bliebe. Und darauf hab ich keine Lust.
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Wormy's Worlds

Wormys_Queue

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[Burning Wheel] Raising the Stakes - Regelüberlegung
« Antwort #96 am: 23. Februar 2010, 20:18:48 »
Mir ist soeben was eingefallen, was ich Wormy (oder Windjammer) gerne fragen würde. Angenommen, ein Spieler in der Runde spielt einen Paladin, der Sklaverei hasst und alle Sklaven befreien will, und Wormy spielt den goblinhassenden Waldläufer. Jetzt treffen sie auf den Magier mit seinen drei Goblinkriegern, die er mental versklavt hat.

Ich will nicht wissen, wie sie entscheiden, was getan wird. Mich interessiert mehr: In dieser Situation erscheint es mir unausweichlich, dass ein Charakter inkonsistent handeln muss – weil er eben dem anderen Charakter den Vortritt lässt (ob nun nach Diskussion oder Würfeln oder was auch immer). Entweder kann der Paladin die Goblins nicht befreien, oder der Waldläufer sie nicht massakrieren. Angenommen (was ich ja bezweifle, aber trotzdem), Charaktertreue existiert, muss dann hier nicht ein Charakter untreu werden? Wie geht man mit dieser Situation um?

zunächst mal muss der Waldläufer natürlich das Ziel des Paladins kennen UND von der Versklavung der Goblins wissen, um sich zu dem Konflikt überhaupt irgendwie verhalten zu können. Ist eines von beiden nicht der Fall, handelt er so, als wenn es diesen Konflikt gar nicht gäbe (und beschwört ihn dadurch vielleicht erst herauf, was ich gar nicht als schlimm ansehe).

Desweiteren stellt sich die Frage, ob der Paladin im Vorfeld der Begegnung schon auf den Waldläufer einwirken konnte bzw, wie das Verhältnis der beiden zueinander ist. Da sind dann wiederum Situationen vorstellbar, in denen der Paladin einfach zu spät dran ist, um den Waldläufer an irgendwas zu hindern.

Es ist aber ebenso gut möglich, dass der Paladin die Möglichkeit hat, an dieser Stelle auf den Waldläufer so einzuwirken, dass er sich in der gegebenen Situation am Riemen reißt. Nur muss ers dann eben auch tun. Dabei stelle ich keine Anforderungen an die Art und Weise (oder erwarte gar "gutes" Ausspielen), es geht nur darum, dass der Paladin die Möglichkeit auch wahrnimmt.

Tatsächlich wäre es sogar gut möglich, dass mich die Ausgangssituation dazu inspiriert, den entstehenden Konflikt auszuspielen und dem Paladin dabei die Gelegenheit zu geben, meinen Charakter von seinem Hass zu heilen und vielleicht sogar zu seiner Sicht der Dinge zu bekehren. Was sich für mich nach einer win-win-Situation anhört.

Unabhängig vom Ausgang sehe ich aber nicht, wo ich hier meinem Charakter untreu werden müsste, da ja in den für den Paladin günstigen Fällen jeweils ein Grund da ist, damit mein Charakter seine Haltung ändert oder wenigstens die Wünsche des Paladins respektiert.

Und natürlich würde ich vom Paladin nicht erwarten, dass der einfach die Füße stillhält und wegschaut, damit ich die Goblins killen könnte. Ganz im Gegenteil würde ich hoffen, dass er die Situation entsprechend seines Charakters ausspielt, denn dadurch entsteht ja erst die Interaktion, die ich mir wünsche.
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Wormy's Worlds

Sol

  • Globaler Moderator
[Burning Wheel] Raising the Stakes - Regelüberlegung
« Antwort #97 am: 23. Februar 2010, 20:37:39 »
Desweiteren stellt sich die Frage, ob der Paladin im Vorfeld der Begegnung schon auf den Waldläufer einwirken konnte bzw, wie das Verhältnis der beiden zueinander ist. Da sind dann wiederum Situationen vorstellbar, in denen der Paladin einfach zu spät dran ist, um den Waldläufer an irgendwas zu hindern.

Was für Konsequenzen hätte es eigentlich, wenn der Paladin-Spieler zu spät dran wäre und die Goblins aus irgendwelchen Gründen schon tot wären?

Vielleicht noch mal etwas genauer nachgefragt:
Was für Konsequenzen würden sich dann aus der Beziehung von Waldläufer und Paladin innerhalb der Gruppe wohl ergeben?
"I am Grey. I stand between the candle and the star. We are Grey. We stand between the darkness and the light." (B5)

Talwyn

  • Mitglied
[Burning Wheel] Raising the Stakes - Regelüberlegung
« Antwort #98 am: 23. Februar 2010, 21:05:57 »
Da ist man mal ein verlängertes Wochenende nicht da, und dann sowas :D Könnte kurz jemand in einem Satz zusammenfassen, zu welchem Konsens man hier gekommen ist, ich will mich jetzt nicht durch sieben Seite fräsen ("Kein Konsens" reicht mir auch).

Wormys_Queue

  • Mitglied
[Burning Wheel] Raising the Stakes - Regelüberlegung
« Antwort #99 am: 23. Februar 2010, 21:09:08 »
Was für Konsequenzen würden sich dann aus der Beziehung von Waldläufer und Paladin innerhalb der Gruppe wohl ergeben?

Ist natürlich schwer zu pauschalisieren. Dieser Ausgang setzt aus meiner Sicht ja voraus, dass der Waldläufer entweder keine Ahnung hat, wie der Paladin über Sklaverei denkt, dass er nicht weiss, das die Goblins Sklaven sind, oder wenigstens, dass er sich nicht vorstellen kann, dass die Haltung des Paladins auch für Goblin-Abschaum gilt, wo doch jeder weiss, das nur ein toter Goblin ein guter Goblin ist.

Er wäre sich also gar keiner Schuld bewusst und würde aus allen Wolken fallen, wenn der Paladin ihm dafür plötzlich Vorhaltungen macht. Wenn ich der Paladin wäre, wäre das für mich wahrscheinlich der Anstoß, den Waldläufer von diesem verderblichen Hass heilen und zur richtigen Sicht der Dinge bekehren zu wollen. Als Waldläufer würde ich den Paladin wahrscheinlich für den übereifrigen, fanatischen Spinner halten, für den ich ihn schon vor diesem Ereignis gehalten hätte  :D (im Ernst: das hängt natürlich arg davon ab, was der Paladin als Reaktion auf das Ereignis bringt, aber im Idealfall geschieht das, was Tyrion in seinen Zitaten vorhin angesprochen hat; wir fangen an, miteinander Ball zu spielen).

@Talwyn: Im Moment hab ich das Gefühl, wir befinden uns in einer Phase vorsichtiger Annäherung, aber Konsens würde ich das noch nicht nennen. :D
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Wormy's Worlds

Windjammer

  • Mitglied
[Burning Wheel] Raising the Stakes - Regelüberlegung
« Antwort #100 am: 23. Februar 2010, 21:16:02 »
Könnte kurz jemand in einem Satz zusammenfassen, zu welchem Konsens man hier gekommen ist

Gerne.

Zitat von: Talwyn
Rollenspiel ist Trash, Trash übelster Sorte, und das ist verdammt noch mal gut so.

Außerdem:

« Letzte Änderung: 23. Februar 2010, 21:30:28 von Windjammer »
A blind man may be very pitturesque; but it takes two eyes to see the picture. - Chesterton

Sol

  • Globaler Moderator
[Burning Wheel] Raising the Stakes - Regelüberlegung
« Antwort #101 am: 23. Februar 2010, 21:21:33 »
Aber nehmen wir doch mal an- und zumindest in D&D kann das ja ganz leicht mal vorkommen- dass der Waldläufer einem Goblin zum Schluss hin, kurz bevor der Kampf vorbei ist, in seinem Hass und seiner Raserei dem Goblin noch "zur Sicherheit" einen Coup de Grace verpasst. (Beim restlichen Geschehen gehe ich davon aus, dass spätestens jetzt der Paladin freilich wieder eingreifen kann.)

Wovon hängt denn eigentlich der Grad der Konsequenzen für den Paladin ab?

Solch ein spezieller Fall wird ja sicherlich auch nicht genauso in der Hintergrundgeschichte vorkommen und dort schon längst abgehandelt worden sein.

Das sind jetzt zwei Alternativen von insgesamt X Alternativen, das gebe ich schon zu, aber es gäbe doch u.a. auch solche zwei Möglichkeiten:

1. Der Paladin trennt sich vom Waldläufer und will diesen "Verrat" und diese große Enttäuschung hinter sich lassen und geht meinetwegen z.B. zu seinem Orden zurück. Denn Ingame klebt ja über dem Waldläufer kein "SC-Schild".

2. Die andere Alternative wäre, dass der Paladin versucht den Waldläufer zu beruhigen und seinen fanatischen Hass zu mäßigen. Ihn quasi umzuerziehen.

Beides wären doch prinzipiell mal keine gar so unplausiblen Konsequenzen Ingame, oder nicht?

Ich wiederhole jetzt noch mal die Frage zu Anfang:
Wovon hängt denn nun eigentlich der "Grad" dieser Konsequenz ab beim Rollenspiel?
"I am Grey. I stand between the candle and the star. We are Grey. We stand between the darkness and the light." (B5)

Tyrion the Imp

  • Mitglied
[Burning Wheel] Raising the Stakes - Regelüberlegung
« Antwort #102 am: 23. Februar 2010, 21:23:12 »
Talwyn:
Und vielleicht versuchen wir, noch mal auf Windjammers ursprüngliches Problem einzugehen. Wenn es wirklich das Metadenken ist, was ihn stört, dann gibt es bei BW zwangsläufig Probleme, weil man als Spieler generell gezwungen ist, auf der Meta-Ebene Richtungen vorzugeben. Beliefs funktionieren erst dann richtig, wenn sie die Spielerwünsche integrieren, und der SL geht zwangsläufig auf diese Flaggen ein.

Allerdings kann man versuchen, diese Metaebene zu reduzieren; z.B. indem man Intents aus dem Charakter heraus formuliert und die Konsequenzen geheim hält (ich würde das gerade zu Beginn der BW-Karriere für mich selbst ausschließen, aber es ist eine Möglichkeit), indem man die Verwendung von Traits auf der Spielebene beschreibt, indem der SL versucht, Metagedanken im Spiel zu vermitteln.

Burning Wheel geht ja trotzdem noch davon aus, dass man von Szene zu Szene springt und nur da verweilt, wo es für die Story wichtig ist, wo Beliefs auf dem Spiel stehen, und ich weiß nicht, wie sehr dieses Szenenspringen der Illusion des gelebten Lebens widersprechen, aber auch hier kann man zumindest versuchen, folgenlose "Rollenspielszenen" einzustreuen.

Letzten Endes ist es aber natürlich mit z.B. D&D einfacher, das Metadenken zu vermeiden – gerade, weil der Kampf bei D&D ohnehin als Teilspiel oder gar ganz anderes Spiel wahrgenommen und präsentiert wird, sodass es einfacher fällt, bei Erscheinen der Battlemap dann den Charakter zurückzufahren und die Metaebene zu aktivieren.

:)
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Thargor

  • Mitglied
[Burning Wheel] Raising the Stakes - Regelüberlegung
« Antwort #103 am: 23. Februar 2010, 21:29:02 »
Da ist man mal ein verlängertes Wochenende nicht da, und dann sowas :D Könnte kurz jemand in einem Satz zusammenfassen, zu welchem Konsens man hier gekommen ist, ich will mich jetzt nicht durch sieben Seite fräsen ("Kein Konsens" reicht mir auch).

Ich würde sagen die zwei verschiedenen Lager sind gerade dabei ihre Sichtweisen zu erläutern :-)

Ich persönlich glaube verstanden zu haben, dass Wormy versucht die Metaebene so gut wie nur irgendwie zu vermeiden.
« Letzte Änderung: 23. Februar 2010, 21:31:14 von Thargor »

Tyrion the Imp

  • Mitglied
[Burning Wheel] Raising the Stakes - Regelüberlegung
« Antwort #104 am: 23. Februar 2010, 21:34:00 »
zunächst mal muss der Waldläufer natürlich das Ziel des Paladins kennen UND von der Versklavung der Goblins wissen, um sich zu dem Konflikt überhaupt irgendwie verhalten zu können. Ist eines von beiden nicht der Fall, handelt er so, als wenn es diesen Konflikt gar nicht gäbe (und beschwört ihn dadurch vielleicht erst herauf, was ich gar nicht als schlimm ansehe).

Nur zur Sicherheit: Wenn der Spielleiter bspw. beim Pizzaessen erzählt, dass er diese Prestigeklasse für Magier toll findet, die dem kommenden Bösewicht erlaubt, permanent Goblinsklaven zu seinem Schutz zu haben, dann gilt das für dich nicht, oder? Ebenso, wenn der Paladinspieler, als Initiative gewürfelt wird, in die Runde sagt: "Das ist eine gute Gelegenheit für Sir Leichtherz, endlich mal ein paar Sklaven zu befreien"

Es MUSS im Spiel gesagt werden bzw. vorkommen. Ist das korrekt?
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