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Autor Thema: Schülerniveau und Traumberuf Lehrer  (Gelesen 23833 mal)

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Negrim

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Schülerniveau und Traumberuf Lehrer
« Antwort #105 am: 26. Februar 2010, 09:01:21 »
Muss mich auch mal zu Wort melden,

habe gerade meine Ausbildung zum tech. Zeichner an einem Berufsbildungszentrum abgeschlossen, bin bzw, war Mitleidender desweiteren hab ich in meinem Elternhaus eine Lehrerin sitzen.

Bei uns in der Berufsschule war Unterricht nah zu nicht möglich, wenn bei 42!! in einer Klasse das Ganze im Chaos versinkt.
Bei Nachfragen bei dem "Vertrauenslehrer" wurden wir korrekter Weise an die Schulleitung verwiesen, die uns jedoch mit den Worten es werden nicht mehr Lehrer bezahlt, mehr oder weniger ab wimmelte. Klar, weiß ich auch, dass Lehrer vom Bundesland eingestellt werden und es so eine Rechnung à la alle x Schüler eine volle Lehrerstelle gibt, aber muss man als Schule so was es einer Klasse zumuten, wenn man auf der anderen Seite Sonderkurse in Fächern anbietet, die Dank mangelnder Nachfrage, nur mit 6 später mit 4 "Schülern" besucht sind?

Der Lehrer kann da wenig dran ändern, einige resignieren da, setzten sich mit der Bild vorne hin und warten aufs nächste Klingeln. Was ich anderen aber hoch anrechne, ist dass sie trotzdem versucht haben, mit den Interessierten von uns so was wie Unterricht zu Stande zubringen. Ich weiß mittlerweile wie es ist, vor einer Gruppe Leuten zu stehen und den was vermitteln zu müssen auch wenn die jetzt über  all lieber währen als hier in deinem "Unterricht". Naja, bei mir hat es geklappt, hab die Prüfung vorgezogen und konnte so dem ganzen Chaos entfliehen.

Wo ich die Hauptproblematik in dem ganzen Bildungschaos sehe sind:

1. Richtlinien und Vorlagen werden von Leuten gemacht, die weit weg von den Schülern irgendwo ungestört in ihrem Büro sitzen
2. Bildung darf nicht viel Kosten
3. Lehrer sind auch nur Menschen (bitte nicht abwertend verstehen), das Problem das ich sehe ist, dass es Lehrer gibt, die ihren Unterricht jeden Tag (in ihrer Freizeit) aufs neue Vorbereiten und dann welche gibt, die sogar zu faul sind, das 1970er Datum auf den Kopien raus zulöschen... Mein Ausbilder und ich waren auf der gleichen Schule, zwischen uns liegen rund 10 Jahre, wir hatten den gleichen Lehrer, mit exakt den gleichen Kopien, Übungen,...

TheRaven

  • Mitglied
Schülerniveau und Traumberuf Lehrer
« Antwort #106 am: 26. Februar 2010, 10:08:33 »
Ich weiss nur, dass die Bildungsmethoden der Grundschule und der Berufsschule angestaubt, altmodisch und fehlerhaft sind. In den höheren Schulen und in der Erwachsenenbildung kann man das nicht generell bewerten, da es je nach Bildungszweig, Region und sogar Bildungsanstalt erhebliche Unterschiede geben kann.

Wieso die Bildung nach wie vor auf dem Prinzip des Lernens beruht und nicht auf dem Prinzip des Verstehens ist mir unverständlich. Auf diesem Wege wissen die Leute zwar so einiges aber verstehen die Hintergründe und Zusammenhänge nicht, was sie unflexibel und unvorbereitet für neue Herausforderungen macht.

Gerade in der heutigen Zeit ist das Wissen in den Ländern, wie den unseren dank der digitalen Revolution keine seltene Ware mehr. Ich finde jede Antwort auf praktisch jede Frage in Minuten. Ob ich mit den so erlangten Informationen umgehen und sie interpretieren kann ist jedoch eine ganz andere Frage. Diese Kompetenz fehlt den meisten Leuten, was nicht verwundert, da man sie nirgends gelehrt bekommt.

Ich denke seit der Jahrtausendwende ist es wichtiger zu lernen wie man mit Information umgeht bzw. sie akquiriert, analysiert und interpretiert als sie einfach direkt zu besitzen. Und ich denke die Lehrer sind mit schuld daran, dass sich nichts ändert, da sie ansonsten ihr Handwerk neu lernen müssten.
Die Wissenschaft nötigt uns, den Glauben an einfache Kausalitäten aufzugeben.
- Friedrich

Paladina

  • Mitglied
Schülerniveau und Traumberuf Lehrer
« Antwort #107 am: 26. Februar 2010, 11:46:54 »
Gerade in der heutigen Zeit ist das Wissen in den Ländern, wie den unseren dank der digitalen Revolution keine seltene Ware mehr. Ich finde jede Antwort auf praktisch jede Frage in Minuten. Ob ich mit den so erlangten Informationen umgehen und sie interpretieren kann ist jedoch eine ganz andere Frage. Diese Kompetenz fehlt den meisten Leuten, was nicht verwundert, da man sie nirgends gelehrt bekommt.

Ich denke seit der Jahrtausendwende ist es wichtiger zu lernen wie man mit Information umgeht bzw. sie akquiriert, analysiert und interpretiert als sie einfach direkt zu besitzen. Und ich denke die Lehrer sind mit schuld daran, dass sich nichts ändert, da sie ansonsten ihr Handwerk neu lernen müssten.

Ja, das ist ein anstrengendes Problem. Wir werden derzeit mit Massen von [manchmal echt unnützen und überflüssigen] Informationen überhäuft. Interessant ist, dass grade diejenigen in unserer Klasse, die häufig das Internet nutzen, aus diesem Berg an Lernmaterial [da ist er wieder, der Begriff...LERNmaterial...nicht VERSTEHmaterial...;)] noch am ehesten die wichtigen Informationen filtern können. Die anderen sitzen dann einfach nur erschlagen davor und brauchen Stunden...da sieht man, das Internet trainiert den menschlichen Informationsfilter ;) Ist meine persönliche Beobachtung + Theorie, muss also nicht jeder glauben & nachvollziehen.
Aber back to Topic: Mal abgesehen davon, dass wir Schüler eh nur das Nötigste lernen, sprich: Das überflüssige Material beiseite legen und schnellstmöglichst vergessen,  würde es echt besser sein, wenn die Lehrer einfach mal konstruktives Material hinlegen würden...ich mein, Serviceblätter, die der Schüler selbst für seinen Vortrag anfertigt, befinden sich oft genau auf dem erträglichen Maß an Informationen und diese Informationen sind meist auch alle richtig [und vorallem für Schüler verständlich erklärt]. Das könnte der Lehrer doch auch machen...aber dann nimmt er uns ja die Arbeit ab. "Lernt, Informationen zu filtern" - super, und verstehen, bzw. Zusammenhänge knüpfen, um das neue Wissen auch anzuwenden? Ne. Dazu kommt man gar nicht mehr...
...ich mache den Lehrern keinen Vorwurf, das ist ein eingefahrenes System und es ist wahrscheinlich schwer, da raus zu kommen, aber man muss doch merken: Wenn 90% der Klasse die Aufgaben, bei denen das Wissen zum derzeitigen Thema angewandt & kombiniert werden muss, um zu einer Lösung zu kommen, verhauen...dann sollte man vielleicht was ändern.

Informationen filtern PLUS Informationen einprägen PLUS Informationen anwenden lautet hier die Devise...der Anforderungsbereich 3 kommt eigentlich in jeder Arbeit vor, aber keine Sau kriegts wirklich hin, weils nicht mal ansatzweise behandelt wird. Das wäre aber vielleicht ganz gut...
"If you are to truly understand, then you will need the contrast, not adherence to a single ideal." - Kreia

Vistella

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Schülerniveau und Traumberuf Lehrer
« Antwort #108 am: 26. Februar 2010, 12:06:10 »
Wenn ich das hier so lese (so unterhaltsam es auch sein mag^^), bin ich immer wieder froh, wies an der Uni zugeht.
Da wird Eigeninitiative gefördert, solange du deine Klausur bestehst, isses egal ob du in den Vorlesungen warst oder woher du dein wissen hast.  Hauptsache du hast es.

Wormys_Queue

  • Mitglied
Schülerniveau und Traumberuf Lehrer
« Antwort #109 am: 26. Februar 2010, 13:10:28 »
Wenn ich das hier so lese (so unterhaltsam es auch sein mag^^), bin ich immer wieder froh, wies an der Uni zugeht.
Da wird Eigeninitiative gefördert, solange du deine Klausur bestehst, isses egal ob du in den Vorlesungen warst oder woher du dein wissen hast.  Hauptsache du hast es.

Naja, gefördert würde ich es nicht grade nennen, das läuft ja vielerorts schon eher nach dem Motto: Schau halt zu, dass du klar kommst, wie und ob, ist uns doch egal.
Think the rulebook has all the answers? Then let's see that rulebook run a campaign! - Mike Mearls
Wormy's Worlds

TheRaven

  • Mitglied
Schülerniveau und Traumberuf Lehrer
« Antwort #110 am: 26. Februar 2010, 13:25:45 »
Da wird Eigeninitiative gefördert, solange du deine Klausur bestehst, isses egal ob du in den Vorlesungen warst oder woher du dein wissen hast.  Hauptsache du hast es.
Das ist für "freiwillige" Schulen auch richtig so, denn da wird Eigenmotivation vorausgesetzt. Bei Grundbildung und zu einem gewissen Teil in der Berufsbildung sieht das aber anders aus, denn dort ist die Schule nicht das Ziel, sondern eine Pflicht und oft eine unfreiwillige. Eigeninitiative setzt aber nicht nur Motivation sondern auch eine gewisse Kompetenz in genau den Disziplinen voraus, welche eben gerade in das Basisbildung vernachlässigt werden.

Mir könnte das eigentlich egal sein, denn Leute wie ich profitieren von einem solchen Bildungssystem und all den Idioten, die dort geformt werden.
« Letzte Änderung: 26. Februar 2010, 13:34:00 von TheRaven »
Die Wissenschaft nötigt uns, den Glauben an einfache Kausalitäten aufzugeben.
- Friedrich

Archoangel

  • Mitglied
Schülerniveau und Traumberuf Lehrer
« Antwort #111 am: 26. Februar 2010, 16:00:00 »
Ich zumindest rede hier von Bildung und nicht von Wissen. Aber ich arbeite ja auch in einem Bundesland mit Bildungsplan (statt Lehrplan), dass ein Outputorientiertes Bildungssystem hat.

@Bezahlung nach Leistung: Au ja, Bitte! (auf Gehaltserhöhung freu)
In diesem Thread gibt es wunderbare Beispiele, dass Schulpflicht und Dummheit sich nicht ausschließen. (Tempus Fugit)

4E Archoangel - Love me or leave me!

Lethreon

  • Mitglied
Schülerniveau und Traumberuf Lehrer
« Antwort #112 am: 26. Februar 2010, 16:03:25 »
@Bezahlung nach Leistung: Au ja, Bitte! (auf Gehaltserhöhung freu)

Nix da. Dein Gehalt bleibt höchstens gleich. Die anderen bekommen dann weniger.
Please, step away from the meat.

Speren

  • Lektor
Schülerniveau und Traumberuf Lehrer
« Antwort #113 am: 26. Februar 2010, 16:46:20 »
Ich grinse gerade im Kreis. Informationen selbstständig raussuchen? Eigenständig arbeiten? Mit (Obacht!) handlungsorientierten Problemfällen konfrontiert werden und selber lösen?

Ja, das ist wirklich das, was Schüler wollen.

Frage mich, wie das zur meist gestellten Schülerfrage aller Zeiten passt:
Können Sie das nicht einfach kopieren, ich lerne es dann auswendig!

Ein Teil meiner Schüler kann Google nicht benutzen und ohne Wikipedia würden sie nie an Informationen kommen. Die Gruppenarbeit mit Eigenbeschaffung von Informationen unter der Auflage, nicht Wikipedia zu nutzen, hat einige vor unlösbare Probleme gestellt. Manchmal wundert es mich, wie einige es über StudiVz hinaus auf andere Seiten schaffen.

Filtern von Informationen aus langen Texten ist eine der Hauptschwierigkeiten in der heutigen Zeit. NIcht wegen der verwendeten Worte, sondern einfach nur wegen der Länge des Textes. Keine Ahnung, irgendwie hat man mir schon ziemlich früh den Unterschied zwischen Nacherzählung und Zusammenfassung beigebracht. Mag vielleicht auch daran liegen, dass Zusammenfassungen zu den beliebtesten Hausaufgaben in der Oberstufe gehörten...und da ich die immer morgends vor dem Frühstück gemacht habe, lernte ich sehr schnell, wie man das wichtigste auf eine Seite bringt.

Und um bei Paladinas Beispiel zu bleiben:
90% kriegen es nicht hin...kommt mir bekannt vor. Sind die 10% dann die Genies oder eher die, die einfach die Erwartungen erfüllen?

Was bin ich froh, dass es keinen Ein-Drittel-Erlass mehr gibt. :)
No one touches the faerie!

TheRaven

  • Mitglied
Schülerniveau und Traumberuf Lehrer
« Antwort #114 am: 26. Februar 2010, 17:07:11 »
Genau das sage ich ja. Heutige Bildungsstätten haben den falschen Fokus. Informationsmanagement, Kombinatorik und Analyse sollten im Vordergrund stehen, zusammen mit der Anforderung Informationen verstehen zu lernen und nicht nur sie zu besitzen. Ich könnte jetzt auch mit dem Sprichwort bezüglich Fisch haben und fischen lernen bringen, das wäre aber abgedroschen. :wink:

Zusammenfassungen gehen übrigens in diese Richtung, da man hier die vorliegenden Informationen nicht einfach lernen und unreflektiert wiedergeben muss, sondern man muss den Kern eruieren und dazu muss man die Informationen verstehen, vereinfachen und in eigener Artikulation neu formulieren. Jedenfalls wenn es eine gute Zusammenfassung werden soll. Ich habe übrigens noch nie eine Zusammenfassung im Rahmen einer Ausbildung machen müssen.
« Letzte Änderung: 26. Februar 2010, 17:14:04 von TheRaven »
Die Wissenschaft nötigt uns, den Glauben an einfache Kausalitäten aufzugeben.
- Friedrich

Sol

  • Globaler Moderator
Schülerniveau und Traumberuf Lehrer
« Antwort #115 am: 26. Februar 2010, 17:17:12 »
Gerade in der heutigen Zeit ist das Wissen in den Ländern, wie den unseren dank der digitalen Revolution keine seltene Ware mehr. Ich finde jede Antwort auf praktisch jede Frage in Minuten. Ob ich mit den so erlangten Informationen umgehen und sie interpretieren kann ist jedoch eine ganz andere Frage. Diese Kompetenz fehlt den meisten Leuten, was nicht verwundert, da man sie nirgends gelehrt bekommt.

Ich denke seit der Jahrtausendwende ist es wichtiger zu lernen wie man mit Information umgeht bzw. sie akquiriert, analysiert und interpretiert als sie einfach direkt zu besitzen. Und ich denke die Lehrer sind mit schuld daran, dass sich nichts ändert, da sie ansonsten ihr Handwerk neu lernen müssten.

Ja, das ist ein anstrengendes Problem. Wir werden derzeit mit Massen von [manchmal echt unnützen und überflüssigen] Informationen überhäuft. Interessant ist, dass grade diejenigen in unserer Klasse, die häufig das Internet nutzen, aus diesem Berg an Lernmaterial [da ist er wieder, der Begriff...LERNmaterial...nicht VERSTEHmaterial...;)] noch am ehesten die wichtigen Informationen filtern können. Die anderen sitzen dann einfach nur erschlagen davor und brauchen Stunden...da sieht man, das Internet trainiert den menschlichen Informationsfilter ;) Ist meine persönliche Beobachtung + Theorie, muss also nicht jeder glauben & nachvollziehen.
Aber back to Topic: Mal abgesehen davon, dass wir Schüler eh nur das Nötigste lernen, sprich: Das überflüssige Material beiseite legen und schnellstmöglichst vergessen,  würde es echt besser sein, wenn die Lehrer einfach mal konstruktives Material hinlegen würden...ich mein, Serviceblätter, die der Schüler selbst für seinen Vortrag anfertigt, befinden sich oft genau auf dem erträglichen Maß an Informationen und diese Informationen sind meist auch alle richtig [und vorallem für Schüler verständlich erklärt]. Das könnte der Lehrer doch auch machen...aber dann nimmt er uns ja die Arbeit ab. "Lernt, Informationen zu filtern" - super, und verstehen, bzw. Zusammenhänge knüpfen, um das neue Wissen auch anzuwenden? Ne. Dazu kommt man gar nicht mehr...
...ich mache den Lehrern keinen Vorwurf, das ist ein eingefahrenes System und es ist wahrscheinlich schwer, da raus zu kommen, aber man muss doch merken: Wenn 90% der Klasse die Aufgaben, bei denen das Wissen zum derzeitigen Thema angewandt & kombiniert werden muss, um zu einer Lösung zu kommen, verhauen...dann sollte man vielleicht was ändern.

Informationen filtern PLUS Informationen einprägen PLUS Informationen anwenden lautet hier die Devise...der Anforderungsbereich 3 kommt eigentlich in jeder Arbeit vor, aber keine Sau kriegts wirklich hin, weils nicht mal ansatzweise behandelt wird. Das wäre aber vielleicht ganz gut...

Na ja ich muss gestehen, dass ich erst im Studium recht effizient zu "lernen gelernt habe" (tolle Formulierung, nicht wahr? ;) ) :

Denn wenn man mal in einer großen Bibliothek ist und ein ganz bestimmtes Problem vorgesetzt bekommt, das man selbstständig lösen muss, dann lernt man daraus schon einiges. Man lernt einfach besser andere Dinge zu suchen und durch das Lesen dieser Materie und das herausfiltern von Informationen kann man sich einiges selbst beibringen.

Aber man studiert halt auch ein Fach, dass einem Spaß macht. Man verbringt also meist viel Zeit in der Bibliothek und das was man liest, macht einem durchaus Spaß. Erst durch das Schreiben von Hausarbeiten und das Selbererarbeiten von bestimmten Dingen, wird auch das Lernen besser. Mein logisches Denken wurde gerade durchs Studium mMn ziemlich verbessert. Ich habe es echt geschafft aus einer Reihe von Büchern für das Lernen von Prüfungen das Wichtigste herauszufiltern. Die "Freiheit" im Studium ist auch etwas sehr interessantes. Für manche ist sie toll, aber für manche kann sie auch der "Absturz" sein, wenn man so will.

So ein "ins kalte Wasser springen" vom Studium her, fand ich eigentlich im Nachhinein nicht das allerschlechteste. Schade ist nur, dass mir in all meiner Zeit am Gymnasium niemand so wirklich effizientes Lernen beibringen konnte. Klar könnte man sagen: "Na ja, bei sich selbst müsste man vielleicht auch die Schuld suchen und heute bist du ja vielleicht auch 'älter und reifer'."

Aber mein Gefühl sagt mir selbst heute immer noch, dass es nicht alleine an mir selber lag und auch mit dem Schulsystem als solchem zu tun haben könnte.
"I am Grey. I stand between the candle and the star. We are Grey. We stand between the darkness and the light." (B5)

Deus Figendi

  • Administrator
    • http://forum.dnd-gate.de/viewtopic.php?p=133284#133284
Schülerniveau und Traumberuf Lehrer
« Antwort #116 am: 26. Februar 2010, 17:55:08 »
Da wird Eigeninitiative gefördert, solange du deine Klausur bestehst, isses egal ob du in den Vorlesungen warst oder woher du dein wissen hast.  Hauptsache du hast es.
Das ist für "freiwillige" Schulen auch richtig so, denn da wird Eigenmotivation vorausgesetzt. Bei Grundbildung und zu einem gewissen Teil in der Berufsbildung sieht das aber anders aus, denn dort ist die Schule nicht das Ziel, sondern eine Pflicht und oft eine unfreiwillige.
Vielleicht ist auch das der Denkfehler (der möglicherweise daher rührt, dass früher Azubis mit 15 oder 16 Jahren anfingen und heute zumindest in meiner Klasse eher mit 17 oder 20), wie Speren schon richtig anmerkte bin ich freiwillig dort und das trifft auf 50-70% der Klasse zu, die allesamt nicht schulpflichtig sind. Das scheint aber "im System" noch nicht angekommen und das merke ich an allen möglichen Ecken, nicht nur im Unterricht, sondern auch in Verwaltungsangelegenheiten etc.

Vielleicht bin ich da auch hier und da einfach "falsch" (nämlich anders) sozialisiert worden, der in der Sekundarstufe 2 (alias "Oberstufe") durfte und musste ich viel selbst tun, erarbeiten da hieß es in Mathe eben "letztes Quartal haben wir gelernt wie man einen Beweis führt, nun beweisen Sie XYZ" heute heißt es eher "Letzte Woche habt ihr gelernt wie man eine Formel umstellt, löst bitte folgende Übungsaufgaben, ich möchte sehen ob Ihr eure Taschenrechner bedienen könnt." (leicht paraphrasiert). In Geistes- und Gesellschaftwissenschaften gab es oft die von Speren genannten Zusammenfassungen, in Deutsch Interpretationen (oder in Sek1 Argumentationen).
Und um noch ein ein wenig selbstständigeres Beispiel zu bringen durften wir in Geistes- wie Naturwissenschaften zuweilen auch mal Sachverhalte selbst ermitteln (daheim mit allen Mitteln, in der Schule mit Büchern oder Versuchen).
Nachtrag aufgrund von Sols Beitrag (der eben noch nicht da war): Ja, aber ich behaupte, dass mir das zumindest teilweise beigebracht wurde. Ich fürchte nun fast dass das mein Problem ist :blink:

Der letzte Satz bringt mich auf noch einen Umstand: Die Schule die ich besuche hat keine Biblothek noch einen Lern- oder Aufenthaltsraum. Zwei Dinge die für mich früher zur Schule gehörten wie Treppensteigen und anklopfen bevor man 'rein geht.
In den gleichen Kontext gehört auch, dass ich in der Schule nicht mehr kopieren kann. Auf meiner allgemeinbildenden Schule konnte man einen Kopier-Chip für 50 Mark (+50 Pfand) erwerben und mit dem dann insgesamt 5000 Kopien machen ich kam mit 1x aufladen über 1,5 Schuljahre.
Auf der Schule, die ich jetzt besuche habe ich das System nichtmal ganz verstanden (ich glaube man bekommt eine Zugangs-Karte zum Kopierraum oder so ähnlich), aber mir wurde klar gemacht, dass Schüler nicht kopieren können (also dass das einfach nicht möglich ist) und ich möge mich an Lehrkräfte wenden, wenn ich etwas kopiert benötige.
Das hab ich neulich auch gemacht (ich wollte Teile des Klassenbuchs kopieren) und wurde mir verwehrt... naja war ja auch nicht der Lehrer, der mir das empfohlen hatte -_-
Zitat
Eigeninitiative setzt aber nicht nur Motivation sondern auch eine gewisse Kompetenz in genau den Disziplinen voraus, welche eben gerade in das Basisbildung vernachlässigt werden.
Wie gesagt halte ich Motivation im Prinzip nicht für das Problem (keine Schulpflicht für die meisten). Die Kompetenzen müsste man dann ggf. lehren. Dazu hat die Schule derzeit 16 Schulstunden (á 45 Minuten) Zeit, aber ich bleibe auch gerne 10 oder 12 am Tag (dann aber bitte mit Mittagspause).
 Wie weit die benannten Kompetenzen bei mir ausgeprägt sind wage ich mangels Vergleich nicht zu beurteilen, aber ich kann ohne Wikipedia (obwohl es meistens der Startpunkt einer Recherche ist).

Vielleicht wäre es auch eine nette Idee die Klasse einfach zu teilen in Selbstrecherchierende und Frontalgelehrte, alles was man bräuchte wäre ein Raum (und Bücher oder Computer darin). Das Ganze im Wechselspiel, denn ich will ehrlich gesagt beides und vieles wäre imho besser:
Selbstständiges Lernen, kleinere Klasse etc. pp.
Ich werde das mal vorschlagen.

Aber ich betone nochmal: Die meisten Probleme entspringen dem System, nicht dem Lehrkörper.

Und nun noch ein paar übereinstimmende Meinungen mit Speren:
Zitat
Ich rede darüber gar nicht mehr. Am Anfang eines Schuljahres weise ich auf die Konsequenzen hin, danach wird nur noch gehandelt. Eintragen, Spruch von der Seite, Anruf im Betrieb, Hinweis am Ausbildersprechtag. Fertig.
Sehr gut! Das fördert nämlich ggf. die angesprochene Selbstständigkeit (hier: Verantwortlichkeit)
Zitat
Frage mich, wie das zur meist gestellten Schülerfrage aller Zeiten passt:
Können Sie das nicht einfach kopieren, ich lerne es dann auswendig!
Ich bevorzuge Kopien vor Abschreiben oder Diktaten (obwohl der Lerneffekt bekanntermaßen bei letzteren besser ist). Noch mehr bevorzuge ich den Dialog zu dem ich meine schriftlichen Unterlagen selbst nach eigenem Ermessen erstelle. Auswendig lernen ist nicht so mein Ding :)
Will sagen: Ja ich stimme mit dir überein, Schüler (ich) fordern Kopien vor anderen (ggf. sinnvolleren) Methoden. Faulheit ist eindeutig der Grund dafür (außerdem geht's schneller).
Zitat
Was bin ich froh, dass es keinen Ein-Drittel-Erlass mehr gibt.
Vollkommene Zustimmung, das führte nur dazu dass die Anforderungen noch niedriger wurden. Gabs das in Berufsbildenden Schulen auch? *schauder*
Im Prinzip keine schlechte Idee wie ich finde, aber nicht praxistauglich.
@Bezahlung nach Leistung: Das wünsche ich keinem Arbeitnehmer. Davon ab hat es viel zu großes negatives Potential, von Lehrern die den Stoff massiv kürzen, weil sie selber bestimmen dürfen was "bestanden" bedeutet bishin zu Lehrern, die 80h-Wochen kloppen, weil sie neben der Unterrichtsvorbereitung, Klausurkorrektur, Konferenzen, freiwilligen Tätigkeiten und hastenichtgesehen nun auch noch ihren eigenen Schülern Nachhilfe geben.
Wenn man die Leistung anders misst als an "% bestanden" können wir drüber reden :)
« Letzte Änderung: 26. Februar 2010, 18:00:47 von Deus Figendi »
DnD-Gate Cons 2007, 2008, 2009, Gate-Parkplatztreffen ICH war dabei!
SocialMedia: Status.net Diaspora BookCrossing

Archoangel

  • Mitglied
Schülerniveau und Traumberuf Lehrer
« Antwort #117 am: 26. Februar 2010, 18:21:58 »
In diesem Thread gibt es wunderbare Beispiele, dass Schulpflicht und Dummheit sich nicht ausschließen. (Tempus Fugit)

4E Archoangel - Love me or leave me!

Speren

  • Lektor
Schülerniveau und Traumberuf Lehrer
« Antwort #118 am: 26. Februar 2010, 18:28:32 »
Genau das sage ich ja. Heutige Bildungsstätten haben den falschen Fokus. Informationsmanagement, Kombinatorik und Analyse sollten im Vordergrund stehen, zusammen mit der Anforderung Informationen verstehen zu lernen und nicht nur sie zu besitzen. Ich könnte jetzt auch mit dem Sprichwort bezüglich Fisch haben und fischen lernen bringen, das wäre aber abgedroschen. :wink:

Zusammenfassungen gehen übrigens in diese Richtung, da man hier die vorliegenden Informationen nicht einfach lernen und unreflektiert wiedergeben muss, sondern man muss den Kern eruieren und dazu muss man die Informationen verstehen, vereinfachen und in eigener Artikulation neu formulieren. Jedenfalls wenn es eine gute Zusammenfassung werden soll. Ich habe übrigens noch nie eine Zusammenfassung im Rahmen einer Ausbildung machen müssen.
Der moderne UNterricht ist handlungsorientiert.
Was das exakt bedeutet, musst Du selbst mal suchen.

Problem:
Ältere Lehrer wollen sich selten darauf einstellen. Und Schüler wollen es häufig auch nicht (Berieselung vs. Eigenarbeit).

@ Deus:
Das Wiederholen von schon gelernten Inhalten ist eine der Möglichkeiten für das Gehirn, erlernte Dinge auch wirklich zu behalten.
No one touches the faerie!

Schülerniveau und Traumberuf Lehrer
« Antwort #119 am: 26. Februar 2010, 20:27:22 »
Erst durch das Schreiben von Hausarbeiten und das Selbererarbeiten von bestimmten Dingen, wird auch das Lernen besser. Mein logisches Denken wurde gerade durchs Studium mMn ziemlich verbessert. Ich habe es echt geschafft aus einer Reihe von Büchern für das Lernen von Prüfungen das Wichtigste herauszufiltern. Die "Freiheit" im Studium ist auch etwas sehr interessantes. Für manche ist sie toll, aber für manche kann sie auch der "Absturz" sein, wenn man so will.  

Dann studiere ich etwas falsches. Ich studiere auf Psychologie-Bachelor und ich schreibe in den drei Jahren keine Hausarbeit, keine mündliche Prüfung, halte ein benotetes Referat und meine Bachelor-Arbeit wird eine beaufsichtigte Studie sein. Also kurz: keine Transferleistung. Dafür schreibe ich aber jedes Semester 3-7 Klausuren. Diese Klausuren zielen darauf ab, auswendig gelerntes abzufragen. Manche nennen das "Bulimie-Lernen" . Denken stört da nur.
Ich kenne keinen, der die Primärliteratur liest, wenige die ausführlich mit der Sekundärliteratur lernen und viele, die schlicht Power-Point-Folien des Dozenten auswendiglernen.

Und Freiheit ist auch eher Essig, in unseren Seminaren wird die Anwesenheit kontrolliert. Unterrichtet wird aber auch nicht. Kommilitonen fassen vorgegebene Studien zusammen und man klopft sich kollektiv auf die Schultern ("Also ich fand das Referat zunächst richtig gut, besonders die Bilder am Anfang fand ich richtig toll"). Da fühlt man sich etwas wie Deus.

@topic:
Ich habe große Achtung vor Lehrern, umso mehr, wenn sie engagiert sind. Und ich sehe ebenfalls, dass die Rahmenbedingungen einschnürend eng sind und die heißen Bemühungen oft frustriert werden.

Ich halte allerdings wenig von dem Vergleich von Lehrern als Verkäufer und Schüler als Kunden. Für mich impliziert das, dass der Lehrer nur am Absatz seines Produktes interessiert ist und der Schüler das Produkt dann hat oder nicht. Zu "Lehrer" sagt Wikipedia: "Lehrer sind Personen, deren Aufgabe es ist, andere dabei zu unterstützen, sich Bildung bzw. Ausbildung anzueignen und ihre Persönlichkeit weiterzuentwickeln.". Wenn ein Schüler nicht will, dann muss man hinterfragen, warum er nicht will. Wenn er Angst hat zu versagen oder keine Perspektive sieht, muss man ihm zeigen wie wirksam er ist. Wenn er etwas nicht beherrscht, dann muss man ihn in kleineren Schritten heranführen.

Ich finde es tatsächlich schade, zu sagen, die Schüler wären unwillig oder unfähig. Idealistisch würde ich es wichtiger finden, dass man sich Jahre später trifft und der ehemalige Schüler sagt, wie ihm fachlich/persönlich der Unterricht genützt hat.

Dummerweise laufen alle Diskussionen auf Noten oder enge Rahmenbedingungen hinaus.

-mino
« Letzte Änderung: 27. Februar 2010, 19:21:52 von Minotaur Warrior »
Das ist philosophisch noch ungeklärt.

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