Autor Thema: Dread RPG  (Gelesen 1638 mal)

Beschreibung: Indie-Horror mit Jenga-Turm statt Würfeln

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Talwyn

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Dread RPG
« am: 30. März 2010, 09:28:33 »
Im Was-denkt-ihr-Thread hatten ein paar User Interesse am Dread RPG gezeigt. Das Spiel ist ein sehr stark auf Storytelling ausgelegtes Horrorrollenspiel, bei dem es keine Würfel gibt. Stattdessen wird in der Mitte des Tisches ein Jenga-Turm aufgebaut, und jedesmal, wenn einer der Charaktere eine wichtige Aktion unternimmt (nicht: mit dem Händler über den Preis feilschen; es sei denn, es geht dabei um Leben und Tod). Wirft ein Spieler den Turm um, so ist sein Charakter aus dem Spiel - wobei wir bei unserer ersten Proberunde diese Regel nicht umgesetzt haben, sondern stattdessen ernste Konsequenzen für den Charakter als ebenso probat angesehen haben.

Im Spoiler findet ihr einen kleinen englischen Spielbericht.

Spoiler (Anzeigen)

Fazit: Großartiges System für Horror-One-Shots, für längere Kampagnen ist es wohl eher ungeeignet auf Grund der hohen Charaktersterblichkeit. Alles in allem aber ein phänomenales Beispiel dafür, mit wie wenig Regeln man auskommen kann.

Tyrion the Imp

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Dread RPG
« Antwort #1 am: 30. März 2010, 12:06:25 »
Es gibt übrigens so ziemlich alles, was man für das Spiel braucht, auf der Website

Ein paar Sachen fehlen, aber in den kostenlosen downloads sind regeltechnisch alle Infos und sogar ein paar Szenarien zum Ausprobieren.
Gewinner des WM-Tippspiels 2010
»For it is the chief characteristic of the religion of science that it works«

pariah

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Dread RPG
« Antwort #2 am: 30. März 2010, 15:15:47 »
Toller Bericht, macht Lust auf mehr. Was mir allerdings noch unklar ist: da die ersten Steine bei Jenga immer einfach zu ziehen sind, nimmt dies nicht die Luft aus einer Szene, wenn ein Charakter ausgeschieden und der Turm neu aufgebaut ist (abgesehen von der dabei drauf gehenden Zeit)? Der Turm wird zwar mit 3 Steinen weniger aufgebaut, aber dennoch dürften die nächsten Steine wieder recht einfach zu ziehen sein.

Um in deinem Beispiel zu bleiben: die Gruppe flieht vor Zombies durch die Stadt. Einen aus der Gruppe erwischt es. Anschließend kann der Rest sicher entkommen? Oder wirkt sich der Mechanismus im Spiel gar nicht so stark oder störend aus (der Neuaufbau des Turms und die danach einfacheren Proben könnten ja auch als verdiente Verschnaufpause wahrgenommen werden)?

Zudem befürchte ich, dass man als SL Jenga zuvor testen muss, um zu ermitteln, wie viele Steine durchschnittlich gezogen werden können, bevor der Turm kollabiert, um dadurch ein Gefühl dafür zu bekommen, wie viele Proben bis zum gedachten Showdown möglich sein könnten.

Ich fand das Aufrechterhalten der Spannung jedenfalls bei Don't Rest your Head, das ja auch über einen ungewöhnlichen Regelmechanismus verfügt, nicht einfach und fürchte hier ähnliches. Dennoch bin ich neugierig auf das System und werde es sicher beizeiten mal testen.

Tyrion the Imp

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Dread RPG
« Antwort #3 am: 30. März 2010, 15:35:48 »
Die Idee ist, ähnlich wie in (guten) Filmen nicht kontinuierlich die Spannung hoch zu halten, sondern auch mal nach Luft schnappen zu lassen. Wenn du dir Slasherfilme ansiehst, ist es ja oft so, dass nach einem Mord erst Mal wieder einen Moment Ruhe ist, in dem die Figuren versuchen können, zu fliehen, oder zu trauern. Insofern "erkauft" jeder ausgeschiedene Charakter dem Rest tatsächlich eine Ruhepause.

Also ja, du hast Recht, aber das ist gewollt :)
Gewinner des WM-Tippspiels 2010
»For it is the chief characteristic of the religion of science that it works«

pariah

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Dread RPG
« Antwort #4 am: 30. März 2010, 15:48:51 »
ok, aber wie würdest du einen Showdown gegen einen Slasher gestalten: einer aus der Gruppe opfert sich und rettet damit den Rest der Gruppe? Oder einer aus der Gruppe wird getötet und der Rest kann danach den Endgegner recht einfach besiegen? Im Gegensatz zum Aufbau eines Spielabends  habe ich derzeit noch Probleme mir einen solchen Endkampf spannend vorzustellen. Denn bei einem One-Shot ist ein toter Spielercharakter zur Rettung des Showdowns völlig ok (und je nach Setting noch nicht mal ein schlechter Schnitt). Aber vielleicht denke ich hier noch zu klassisch in Hinblick auf einen D&D Fanatsy Showdown.

Talwyn

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Dread RPG
« Antwort #5 am: 30. März 2010, 16:01:06 »
Zudem befürchte ich, dass man als SL Jenga zuvor testen muss, um zu ermitteln, wie viele Steine durchschnittlich gezogen werden können, bevor der Turm kollabiert, um dadurch ein Gefühl dafür zu bekommen, wie viele Proben bis zum gedachten Showdown möglich sein könnten.

Von so etwas wie einem gedachten Showdown würde ich mich grundsätzlich verabschieden, stattdessen sollte man eher sehen, wohin die Story einen führt. In dem Bericht galt ja auch noch der Sonderfall, dass wir uns selbst gespielt haben, insofern wäre der Charaktertod sicherlich ziemlich endgültig gewesen. Wenn aber wirklich fiktive Charaktere spielt, kann man ja kurz nach dem eigenen Ableben in einer anderen Rolle wieder in die Handlung einsteigen, wenn das gewünscht ist - oder man handhabt es eben so, dass das Einstürzen des Turms nicht automatisch den Tod bedeutet, sondern nur irgendwelche Konsequenzen hat - in unserem Fall war dies Bewusstlosigkeit und anschließend ein gebrochenes Bein.

Talwyn

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Dread RPG
« Antwort #6 am: 30. März 2010, 16:21:01 »
ok, aber wie würdest du einen Showdown gegen einen Slasher gestalten: einer aus der Gruppe opfert sich und rettet damit den Rest der Gruppe? Oder einer aus der Gruppe wird getötet und der Rest kann danach den Endgegner recht einfach besiegen? Im Gegensatz zum Aufbau eines Spielabends  habe ich derzeit noch Probleme mir einen solchen Endkampf spannend vorzustellen. Denn bei einem One-Shot ist ein toter Spielercharakter zur Rettung des Showdowns völlig ok (und je nach Setting noch nicht mal ein schlechter Schnitt). Aber vielleicht denke ich hier noch zu klassisch in Hinblick auf einen D&D Fanatsy Showdown.

Im Endeffekt ist der Showdown auch nur eine Herausforderung die durch Ziehen eines oder mehrerer Steine überwunden werden kann. Wenn es der Endgegner ist, würde ich auf jeden Fall mehrere Steine verlangen, evtl. zwei von jedem Spieler. Und auch hier gilt, dass der Kampf erzählend stattfindet. "Ich greife ihn an." ist hier ein bisschen wenig. "Während Achim den Schurken in Atem hält, versuche ich ins Führerhaus des Krans zu klettern, um den Elektromagneten zu deaktivieren, an dem der Container hängt." ist da schon eher passend. Aus solchen Beschreibungen kann der SL dann verschiedene Einzelherausforderungen ableiten, die jeweils das Ziehen eines Steins erfordern:

- Die auf Grund des Regens nasse Eisenleiter zum Führerhaus erklimmen (1 Stein)
- Den Mechanismus des Elektromagneten lokalisieren und ausschalten (1 Stein)
- Den Attacken des Schurken ausweichen, bis der Container fällt (1 Stein)
- Den Schurken im richtigen Moment unter den Container locken (1 Stein)

Geht der erste Test schief, rutscht der Charakter auf der nassen Leiter ab, schlägt mit dem Kopf auf den Betonboden und bricht sich mit einem krachenden Geräusch das Genick.
Geht der zweite Test schief, wird das Führerhaus des Krans von einem Blitz getroffen und der Charakter darin wird unter grässlichen Schreien geröstet.

In beiden Fällen wäre der Test zum Ausweichen deutlich leichter, der vierte aber hinfällig. Durch den spektakulären Tod des ersten Charakters wird der Bösewicht abgelenkt und Achim kann ihm vorerst entkommen, indem er in eine Gasse zwischen den aufgestapelten Containern flieht.

Gelingen hingegen die Tests des ersten Charakters, so muss Achim seine Steine ziehen.

- Misslingt Achims erster Test, so schlitzt ihn der Killer mit seinem Messer auf und marschiert dann seelenruhig, die Klinge ableckend durch den Platzregen hinüber zu der Leiter, die hinauf führt in das Führerhaus des Krans, das sich somit zu einer tödlichen Falle verwandelt hat.
- Misslingt Achims zweiter Test, so befindet sich nicht der Killer unter dem fallenden Container, sondern er selbst. Das Führerhaus wird erneut zu einer Falle für den ersten Charakter.

Das mal als Beispiel, wie so eine Konfrontation ablaufen könnte. Wichtig ist übrigens auch, dass man, wenn man jede Aktion auch abbrechen kann, wenn man feststellt, dass der Turm zu instabil ist. Die Aktion scheitert dann, allerdings stirbt man nicht.

Tyrion the Imp

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Dread RPG
« Antwort #7 am: 30. März 2010, 16:41:50 »
Die Idee ist NICHT, "CSI: Jason Vorhees" zu spielen, sondern ein echtes Horror-Szenario zu simulieren. Und da gibt es generell nicht den Gruppen-Showdown mit dem Bösewicht, sondern einer aus der Gruppe wird erwischt, der Rest kann fliehen. Das wird hier simuliert.

Aber gleichzeitig: sieh dir Nightmare on Elm Street an – am Ende dreht die Heldin sich einfach um und sagt: Du hast keine Macht über mich. Zabumm.

In der Regel würde ich in einem Fall wie deinem – wie Talwyn auch andeutet – es einfach nicht mit einem Stein belassen. Vielleicht könnt ihr Jason die Axt in den Kopf rammen – aber der steht trotzdem kurz danach wieder auf, oder übernimmt aus der Hölle fremde Körper; oder nachdem die Zombies besiegt wurden, muss man jetzt der Armee entkommen, die jeden, der Kontakt mit Zombies hatte, töten will – und vielleicht wurde ja wirklich einer unbemerkt gebissen...
Gewinner des WM-Tippspiels 2010
»For it is the chief characteristic of the religion of science that it works«

TheRaven

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Dread RPG
« Antwort #8 am: 30. März 2010, 18:11:15 »
Das einzige Problem bei dem Prinzip ist, dass man mit der Zeit als DM immer stärker auf reaktionäre Prüfungen umsteigen muss, da die Eigeninitiative der Spieler durch die Mechanik nicht gefördert, sondern eher zerstört wird.
Die Wissenschaft nötigt uns, den Glauben an einfache Kausalitäten aufzugeben.
- Friedrich