Autor Thema: Medienrecht in Deutschland/USA  (Gelesen 1750 mal)

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TheRaven

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Medienrecht in Deutschland/USA
« am: 16. September 2010, 00:59:01 »
Aufgrund etlicher Schnippsel, welche ich über die letzten Tage verstreut vom amerikanischen "Fox News Channel" gesehen habe, forschte ich etwas nach und habe erfahren, dass es von Fox ein in den USA im Jahre 2003 erwirktes und rechtskräftiges Urteil gibt, welches bestimmt, dass Medien jegliche Art von Täuschung, Verzerrung der Realität, erfundene Sachverhalte und jegliche Art von Lügen unter dem ersten Verfassungsartikel veröffentlichen dürfen. Und genau das ist es auch was Fox macht, mit Inbrunst und Hingabe. Direkt und unverblümt.

Leider habe ich auf die Schnelle nichts gefunden aber mich würde interessieren, wie die Rechtslage in Deutschland aussieht. Ja, ein Lüge ist nicht strafbar, solange es sich nicht um einen Betrug oder eine Verleumdung handelt. Das gilt eigentlich auch in den USA aber Fox hat einerseits die besten Medienanwälte der Branche und zweitens ist es nur Verleumdung, wenn man weiss, dass eine Aussage falsch ist. Bei Fox läuft das dann jeweils so, dass die Informationkette so lange ist, dass sich die Spur verliert und jedes Glied beruft sich darauf, die Informationen nur wiederzugeben ohne zu wissen ob diese richtig oder falsch seien.

Wie auch immer, gibt es bei unseren Medienanstalten zusätzliche Reglemente oder gar Gesetze, welche die bewusste, öffentliche Verbreitung von Fehlinformationen (ausserhalb der Verleumdung) irgendwie regulieren?
Die Wissenschaft nötigt uns, den Glauben an einfache Kausalitäten aufzugeben.
- Friedrich

Deus Figendi

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Medienrecht in Deutschland/USA
« Antwort #1 am: 16. September 2010, 05:04:07 »
Mein Halbwissen lautet, dass es sich hier genauso verhält, Medien dürfen so viele Fehlinformationen verbreiten wie sie wollen bzw. bis sich jemand auf den Schlips getreten fühlt.
Im Falle der Verleumdung dürfte aber die Beweislast andersherum sein, also die Journale müsste belegen, was sie da behauptet. Natürlich darf die Presse ihre Quellen schützen und dann wird's eben harkelig. Ich schätze es kommt am Ende auf die Formulierungen an. Statt "Herr XYZ hat an lustigen Koks-Parties mit Anfassen teilgenommen" schreibt man eben "Auf dem Videomaterial - welches uns vorliegt - sieht man, dass ..."
Darüber hinaus gibt es hierzulande aber natürlich noch den Presserat, dem sich eigentlich alle wichtigen Organe angeschlossen haben und der wiederum verdonnert zuweilen Mitglieder dazu Gegendarstellungen zu veröffentlichen. Der Presserat hat natürlich keinen Gesetzescharakter und eigentlich ist er auch ein zahnloser Tiger aber im Allgemeinen scheint das zu funktionieren. Ich schätze dass eher dort der Hund begraben liegt, die Presse wird eher über diesen Rat denn über Gerichte/Gesetze kontrolliert.

Naja und dann ist da noch das Wettbewerbsrecht 'ne? AFAIK ist vergleichende Werbung ja seit einer Weile erlaubt, aber wer das tut sollte kräftig aufpassen, dass er nichts falsches oder nur unbelegbares behauptet. "Coke enthält mehr Koffein als Pepsi" oder "unser Tarif ist kürzer getaktet als der kürzeste der DTAG" sind belastbare Aussagen aber "Dew schmeckt besser als RedBull" ist problematisch.
Andere Bereiche des Wettbewerbsrechts mögen da auch greifen (Lügen darfst du in deiner Werbung nämlich nicht afaik).

Aber im redaktionellen Bereich ist wie gesagt am Ehesten der Presserat gefragt.

Naja, ich erwähnte Eingangs: Halbwissen!

Wie ist es in der Schweiz?
DnD-Gate Cons 2007, 2008, 2009, Gate-Parkplatztreffen ICH war dabei!
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Speren

  • Lektor
Medienrecht in Deutschland/USA
« Antwort #2 am: 16. September 2010, 05:22:09 »
Zitat
(Lügen darfst du in deiner Werbung nämlich nicht afaik).
Hier kann ich ein wenig helfen:
Es gilt das Prinzip der "Werbewahrheit", wonach in einer Werbung eben nicht gelogen werden darf. Entspricht ein Produkt nicht dem, wie es in der Werbung dargestellt wurde, liegt eine Schlechtleistung vor, mit allen Konsequenzen, die daraus resultieren (Rücktritt vom Vertrag, etc.).

Allerdings wird hier vom gesunden Menschenverstand ausgegangen; wer wirklich dachte, man kann mit Red Bull fliegen und verletzt sich dabei, hat leider Pech gehabt.
No one touches the faerie!

hewimeddel

  • Mitglied
Medienrecht in Deutschland/USA
« Antwort #3 am: 16. September 2010, 08:42:08 »
Es gilt das Prinzip der "Werbewahrheit", wonach in einer Werbung eben nicht gelogen werden darf.

Interessant.
In Artikeln darf jedenfalls ungestraft jeder Mist erzählt und beworben werden, siehe ganz allgemein die Bild-Zeitung oder z.B. Hifi-Fachzeitschriften (Stichwort "Kabelklang" und sonstiger Voodoo).

tschau
hewi
"The right way to play guitar is to play thrash metal" (Mike Mearls)

Ferrus Animus

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Medienrecht in Deutschland/USA
« Antwort #4 am: 16. September 2010, 08:57:50 »
Deus hat das im Grunde schon richtig erfasst.

Der Presserat schafft es als Papiertiger trotzdem "von innen heraus" eine gewisse Integrität zu sichern, wobei wohl auch die Gefahr "schlechter" Presse eine Rolle spielen dürfte, da der Presserat im Grunde als Autorität wahrgenommen wird.

Ansonsten geht es mehr oder weniger nach "Wo kein Kläger, da kein Beklagter", wobei die Gerichte inzwischen, wenn nötig, schnell reagieren und oft auch Gegendarstellung erzwingen, die "gleichwertig" zur Originalaussage sind. Im Grunde liegt die Beweislast dann beim Verbreiter, und ob die Verbreitung falscher Informationen wissentlich oder nicht war spielt nur eine nachgeordnete Rolle.
Außerdem gelten bei uns dann auch härtere Regeln was die Privatsphäre angeht. Jörg Kachelmann hat da letztens ein Urteil bekommen, das die Berichtserstattung über Teile seines Privatlebens angeht. Während er hier die Berichterstattung (egal, ob wahr oder falsch) untersagen darf, dürfte Ähnliches in den Staaten schwer sein.

Was wohl auch eine Rolle spielt, is die relativ hohe Qualität der Berichterstattung der Tagesschau, an der viele gemessen werden, und die als öffentlich-rechtliches Informationsorgan auch höheren Ansprüchen gerecht werden muss als die irgendein Sender in den Staaten.

Vergleichende Werbung und Ähnliches ist schwer, und ohne sehr guten Rechtsrat und -beistand sollte man davon tunlichst die Finger lassen. Man verstößt da schnell gegen wettbewerbsrechtliche Vorschriften, und auch wenn nicht, dürften die Betroffenen dagegen vorgehen, soweit sie kommen. Generell wird in dem Bereich viel geklagt, und Falschaussagen in der Werbung (oder schlecht formulierte Werbungen) werden da schnell teuer.

Xiam

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  • Mörder der 4E
Medienrecht in Deutschland/USA
« Antwort #5 am: 16. September 2010, 08:59:03 »
Falschmeldungen als solche sind nicht verboten. Es gelten natürlich aber allgemein die Gesetze. Wird also z.B. ein Gesetz (oder Recht) durch eine Falschmeldung verletzt, gibt es dafür auch Ärger und es muss ggf. eine Gegendarstellung erfolgen.

In Deutschland setzt man grundsätzlich auf die Freiwillige Selbstkontrolle der Medien. Dafür gibt es den deutschen Presserat, der den Pressekodex als publizistische Grundregeln ausgearbeitet hat, an den sich alle Medien halten (sollten). Tun sie das nicht und geht eine entsprechende Beschwerde ein, stehen dem Presserat mehrere Maßnahmen als Sanktionen zur Verfügung, bis hin zur Rüge, die dann auch vom gerügten Presseorgan abgedruckt werden muss.

Stefan Niggemeier - ehemaliger verantwortlicher Redakteur der FAS - hat z.B. immer wieder Eingaben an den Presserat getätigt und der BILD-Zeitung dadurch schon vielfach Rügen eingebracht. Anfangs stand die BILD da drüber, aber die Stiche haben dann irgendwann wohl doch mal so sehr gejuckt, dass die BILD-Zeitung sich mit einer Klage gewehrt hat und ihm vorwarf, dass er den Presserat ausnutze, um sich seine eigenen Meldungen für sein kritisches BILDblog zu generieren.

Soweit ich weiß, ist die Klage aber abgewiesen worden, da das BILDblog kostenlos ist und man Niggemeier somit keine Ausnutzung des Presserates zu kommerziellen Zwecken aorwerfen kann.
1984 was not supposed to be an instruction manual.