Ich habe Civ5 jetzt in mehreren Varianten durchgespielt (laut Steam etwa 250 Stunden).
Als alter Civ-Fan der ersten Stunde (damals noch unter Microprose) bin ich auch etwas skeptisch gewesen, was das Streamlining bei Civ 5 anging.
Richtig ist, dass die Kapitalgesellschaften und die Spionage entfallen sind. Doch vermisse ich diese Spielkonzepte?
Offen gestanden war schon in Civ4 die Spionage nett, aber viel zu fummelig und ungenau.
Die Kapitalgesellschaften kamen erst sehr spät und handelten eher Nach- als Vorteile ein, wenn man diese nicht präzise nutzte.
Die Eingliederung der Staatsform und der Religion in die Sozialpolitiken gefällt mir hingegen sehr gut.
Im Vergleich zu den alten Staatsformen kann man hier langfristig besser planen, wo man Schwerpunkte setzen möchte bzw was dem eigenen Spielstil und dem Spielziel am besten nutzt.
Allerdings schleichen sich auch hier nach einigen Durchgängen gewisse "Standardbuilds" ein.
So wird man - spielt man auf den Kultursieg mit einer kleinen Nation - durch die Schlüsselweltwunder Stonehenge, Orakel und die große Bibliothek sich katapultartig durch die Klassik und das Mittelalter in die Renaissance schießen, um so schnell wie möglich die Freiheit freizuschalten. Nun sind die Sixtinische Kapelle, Cristor Redentor und das Opernhaus von Sydney die letzten Schlüsselwunder.
Durch die Ermäßigung auf die Kulturkosten kann man dann sehr zuverlässig die 5 notwendigen Sozialpolitiken vollenden und so das Utopiaprojekt abschliessen.
ich habe das Beispiel mal hervorgehoben, um das kleine Problem zu verdeutlichen: es gibt doch recht viele Automatisen und "no brainer", die das Spielziel recht zuverlässig ermöglichen.
Das kann auf Dauer langweilig sein.
Auch muss ich Raven in dem Punkt zustimmen, dass man sich in bestimmen Konstellationen nur noch durch die Runden klickt, was ebenfalls sehr monoton sein kann.
Das ist mir aber nur dann passiert, wenn ich entweder sehr isoliert lebe (erst später Kontakt zu anderen Civs durch die Seefahrt) oder wenn man eben sehr defensiv spielt und dem Krieg aus dem Weg geht.
Kommt es aber relativ früh zum Konflikt, kann das Spiel schon in eine ganz andere Richtung gehen, was dann auch spannend und fordernd sein kann.
Gut finde ich bei dem ganzen Streamlining, dass zum einen einiges an Mikromanagment rausgenommen wurde, das eher Arbeit als Spielspass war.
Zum anderen finde ich es aber auch gut, dass bei den Einheiten, Technologien und Gebäuden etwas abgespeckt wurde.
Der Axtkämpfer zB aus Civ4 wurde ersatzlos gestrichen, da man zwischen dem Speerkrieger und dem Schwertkämpfer keine weiteren Nischeneinheiten benötigt.
Gewisse Einheiten, die in Civ4 nur wenig Gewicht hatten, spielen in Civ5 die Rolle, die ihnen auch zusteht.
Berittene Einheiten können nun flankieren und rasch über das Gelände reiten, was in Civ4 eher abstrakt dargestellt wurde.
Ebenso sind Belaferungswaffen nun auch echte Belagerungswaffen, die aus der 2., 3. oder gar 4. Reihe schiessen.
Im militärtaktischen Sinne gewann Civ5 also deutlich dazu.
Viele Technologien sind entfallen, da diese durch andere Spielkonzepte getragen werden. Vor allen die Staatsformen und Religionen wurden allesamt zentral durch die Technologie erzielt.
In Civ5 kommt mir das Spiel entgegen:
wenn ich von vornherein nicht vorhabe, auf Religionen bzw Frömmigkeit zu setzen, dann nötigt mich das System auch nicht weiter dazu.
In Civ4 musste man - ob man nun eine Staatsreligion besitzt oder nicht - die Technologien miterforschen, auch wenn man davon kaum etwas hatte (Meditation, Mystik Priestertum, Mootheismus, Polytheismus, Theologie usw usf - da kam einiges zusammen).
In Civ5 entscheide ich mich dadurch, ob ich die entsprechende Sozialpolitik (Frömmigkeit) wähle.
Das ist spielerfreundlicher und damit besser.
Ebenso bei den Staatsformen.
Wenn ich keinen Kommunismus anstrebe, dann möchte ich auch nicht die Technologie "Kommunismus" erforschen müssen. In Civ4 war das aber irgendwann nicht zu verhindern, um im Technologiebaum voranzukommen.
In Civ5 kann ich abermals vorab planen, ob ich eher eine freiheitlich-demokratische (westliche) Demokratie aufbauen möchte oder doch lieber einen Gottesstaat oder eben ein totalitäres System.
Durch die Loslösung der Staatsformen und Religionen vom Technologiebaum ist dies gut gelungen.
Meine Prognose lautet:
das Spiel ist gut, aber der Reiz ist schneller verflogen als bei dem Vorgänger, denn das Streamlining hat (leider?) auch alle anderen Entscheidungsebenen vereinfacht.
Dadurch kommt es zu einer gewissen Monotonie.
Geben wir dem Spiel Zeit. Mal sehen, ob Firaxis wieder so exzellente Erweiterungen veröffentlicht, die das Spiel erst zu etwas Ganzem machen.