• Drucken

Autor Thema: Auswirkungen des neuen JMStV aufs Gate?  (Gelesen 15590 mal)

Beschreibung:

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

Baumschmuser

  • Mitglied
Auswirkungen des neuen JMStV aufs Gate?
« Antwort #75 am: 15. Dezember 2010, 21:02:05 »
@Deus Figendi
Ich fürchte deine Hoffnung wird enttäuscht, da meiner Ansicht nach - ich möge als Schwarzseher gebrandmarkt werden - im DEINEM Landtag nichts produktivs herauskommen wird. Aber wie sagt man ? Die Hoffnung stirbt zuletzt^^

Die bisherige Fassung des Gesetzes zeigt mir auch, dass Politiker von Dingen die sie nicht verstehen die Finger lassen sollten, bevor sie nicht mit intelligenten Leuten darüber gesprochen haben !

Deus Figendi

  • Administrator
    • http://forum.dnd-gate.de/viewtopic.php?p=133284#133284
Auswirkungen des neuen JMStV aufs Gate?
« Antwort #76 am: 16. Dezember 2010, 05:37:29 »
@Deus Figendi
Ich fürchte deine Hoffnung wird enttäuscht,
Bad Vibrations!
Du weißt dass ich auf euch Realisten nichts gebe!
DnD-Gate Cons 2007, 2008, 2009, Gate-Parkplatztreffen ICH war dabei!
SocialMedia: Status.net Diaspora BookCrossing

Deus Figendi

  • Administrator
    • http://forum.dnd-gate.de/viewtopic.php?p=133284#133284
Auswirkungen des neuen JMStV aufs Gate?
« Antwort #77 am: 26. Dezember 2010, 14:39:42 »
Die jungen Piraten haben mir gerade die Augen geöffnet, worin vermeintlich das Grundproblem liegt:

Der JugendschutzMedienStaatsvertrag bezieht sich auf.... (Überraschung) Medien also sowas wie Rundfunk oder Print etc. Das Internet ist in diesem Sinne aber gar kein Medium sondern ein Kommunikationssystem, genauer: Ein Telekommunikationssystem. Es verbindet also (entfernte) technische Geräte miteinander, die dann kommunizieren.
Das Internet ist damit imho eher vergleichbar mit dem Telefonnetz oder Funk (nicht Rundfunk). Wenn man also die Jugend vor schlechten Einflüssen, die über dieses System zugänglich sind schützen will muss man sich eher daran orientieren und weniger an klassischen Medien.
Was also tun wir als Gesellschaft um zu verhindern, dass Kinder Sex-Hotlines anrufen, dass Amateurfunker in den Äther stöhnen, wenn Kinder zuhören und dass seltsame Personen Jugendliche anrufen um ihnen Gewaltfantasien ins Ohr zu flüstern? Oh und nicht zu vergessen: Verhindern, dass Jugendliche bei 9Live anrufen.
Ach und im Zusammenhang mit dem Internet nicht zu vergessen: Wie verhindern wir, dass Kinder und Jugendliche entwicklungsbeeinträchtigende Dienste (z.B. auch Fax-Abruf) im Ausland wahrnehmen?
In erster Linie mal: Gar nicht(s)!
In zweiter dann aber doch ein wenig: Wir verhindern (über Gesetze, vor allem aber über den Presse-Kodex), dass für Kinder ungeeignete Dienste nur in für Kinder ungeeigneten Bereichen beworben werden. Bspw. werden Sex-Hotlines im TV-Nachtprogramm respektive in Herrenzeitschriften beworben. Wobei mir bei Verstößen der Schuldige gerade nicht klar ist (was fürs Internet aber relevant wäre): Der bei dem die Werbung geschaltet ist und der für den die Werbung geschaltet ist?
Bei Gewinnspielen wird wohl irgendwo "Teilnahme ab 18" dabei stehen.
Oh und wir tun noch etwas ganz wichtiges um unsere Kinder zu schützen: Wir geben ihnen keine Zugänge zu den Kommunikationssystemen! Einen Telefonanschluss gibt es nur ab 18, Mobilverträge und auch Prepaied-Karten ebenso. Eine Funklizenz - da bin ich nicht so im Thema, daher Halbwissen - wird meines Wissens nach auch erst ab 18 erteilt und die Anmelde- und Gebührenfreien Geräte ebenfalls nur an Volljährige Verkauft. Ausnahmen gibt es da aber auch, ich schätze mal, dass 8jährige durchaus Babyfone kaufen dürfen, sowie fast alles was so im 2,4Ghz-Band rumfunkt.

Jetzt muss man sich überlegen, wie man das aufs Internet überträgt, denn da gibt es ein paar Stolpersteine... Das oben angesprochene mit der Werbung bedeutet doch im Kern, dass man im Internet eigentlich nur auf Angebote verlinken darf, die die eigene Zielgruppe nicht überschreiten. Hier kommt aber das übliche Spielchen bei Verlinkungen zum Tragen, von Kenntnisnahme und "zu Eigen machen" und haste nicht gesehen und - das sprach ich oben an - wer ist eigentlich verantwortlich/haftbar? Der Werbende oder der Beworbene?
Ich stricke mal zwei Beispiele in der realen Welt, eines fiktiv und eines so geschehen:
Was wäre wenn: Die Stiftung-Warentest einen Test von Sex-Hotlines macht und - wie üblich - Ross und Reiter nennt, mit anderen Worten: In ihrer Test-Zeitschrift stehen die Nummern eben nicht als Werbung sondern als Redaktioneller Inhalt drin!? Der Hotline-Betreiber hat dafür nichts bezahlt, es ist also keine Werbung. Darf die Stiftung das machen?
Reales Beispiel: Die Zeitschrift c't hat online wie offline im Rahmen der Zensur, die Arcor mal durchgeführt hat über einige ausländische (aber deutschsprachige) Porno-Seiten berichtet. Bzw. eigentlich über den Zensur-Vorfall, die Seiten wurden im Rahmen dessen eben erwähnt. Gleiche Spiel wie bei der Stiftung: Redaktioneller Inhalt, für Kinder und Jugendliche leicht und legal zugänglich.
Mir scheint also: Solange kein Werbevertrag vorliegt darf man entwicklungsbeeinträchtigende Inhalte und Dienste durchaus benennen, auch in Bereichen, die jugendlichen zugänglich sind.

Was hatte ich dann? Ach ja, die Gewinnspiele: Naja im Grunde das gleiche Spielchen, in der Werbung zu den Gewinnspielen steht eben dran, dass sie ab 18 sind. Dass bei 9Live typischerweise die Werbung innerhalb des Spieles stattfindet ist dabei meiner Meinung nach nebensächlich.

Und der dritte Punkt ist auch schon erfüllt: Wir geben unseren Kindern keinen Internetzugriff. Jedenfalls keinen eigenen, unkontrollierten, sondern Eltern entscheiden darüber ob ihre Kinder Zugang zu Kommunikationsinfrastrukturen erhalten oder eben nicht. Und wenn Eltern der Meinung sind ihre Kinder sind reif genug selbstverantwortliche damit um zu gehen oder Eltern sind der Meinung sie können es in ausreichendem Maße kontrollieren, dann obliegt die Verantwortung eben den Eltern und so sollte es auch sein.
Wer seinem Kind also erlaubt oder ermöglicht zu telefonieren ist auch verantwortlich, ob und in welchem Maße die Sprösslinge mit diesem Mittel entwicklungsbeeinträchtigende Inhalte oder Dienste wahrnehmen. Und wer seinen Kindern ein Mobiltelefon mit Datentarif gibt, der muss eben Filtersoftware drauf installieren oder diesen Kindern eben zutrauen damit vernünftig um zu gehen (was ich den meisten Kindern zugestehen würde).
Und so fort: Nicht der Service-Betreiber ist verantwortlich auch nicht der Service-Zugangs-Provider, sondern im Wesentlichen die Eltern. (Ausnahmen gibt es auch hier: Ich hab mit 14 auch Erotikheftchen im Supermarkt kaufen können und ich bin sicher nach 3-4 Versuchen bekommt man auch U18 seine Prepaied-Karte... da ist dann natürlich jeweils der Händler verantwortlich).

Habt ihr noch Ideen was für entwicklungsbeeinträchtigende Inhalte oder Dienste oder sonst was es in Kommunikationssystemen (dazu gehört imho auch Snailmail) gibt und ob und wie wir als Gesellschaft die in Entwicklung befindlichen Personen davor schützen und ob und inwiefern das jeweils auf das Internet übertragbar ist?
DnD-Gate Cons 2007, 2008, 2009, Gate-Parkplatztreffen ICH war dabei!
SocialMedia: Status.net Diaspora BookCrossing

Xiam

  • Mitglied
  • Mörder der 4E
Auswirkungen des neuen JMStV aufs Gate?
« Antwort #78 am: 26. Dezember 2010, 16:52:58 »
Habt ihr noch Ideen was für entwicklungsbeeinträchtigende Inhalte oder Dienste oder sonst was es in Kommunikationssystemen (dazu gehört imho auch Snailmail) gibt und ob und wie wir als Gesellschaft die in Entwicklung befindlichen Personen davor schützen und ob und inwiefern das jeweils auf das Internet übertragbar ist?

Ja.

Wir lassen die Kirche erstens mal im Dorf.

Und zweitens - und damit denke ich jetzt das Undenkbare - muten wir den Eltern zu, etwas mehr Verantwortung zu tragen, wenn es um die Nutzung von Medien durch ihre Kinder geht. Es kann nämlich meines Erachtens nicht sein, dass Kinder von ihren Eltern bei der Nutzung von Internet etc. vollkommen allein gelassen und null beaufsichtigt werden und jeder andere aber bloß nicht die Eltern sicher zu stellen hat, dass die ja keine ungeeigneten Inhalte konsumieren. Das ist ein wunderbares Beispiel dafür, wie wir in Deutschland das Pferd von hinten aufzäunen.
Wenn ein Kind ungeeignete Inhalte  anschaut, sollte daher auch nicht die erste Frage an den Anbieter gerichtet werden und lauten "Wie kann es sein, dass das Kind bei dir ungeeignetes Material nutzen konnte?", sondern die erste Frage sollte an die Eltern gehen und lauten "Wie konnte es sein, dass euer Kind sich unestört und unbeaufsichtigt und ohne euer Wissen im Internet ungeeignetes Material anschaut?" Es kann nicht sein, dass Anbieter für Verstöße gegen das Jugendmedienschutzgesetz schwerstens bestraft werden, während die Eltern von ihrer Sorgfaltspflicht praktisch freigesprochen werden sondern im Gegenteil, bei der Steinigung des Anbieters sogar den ersten Stein schmeißen.

Wenn ein Anbieter aufgrund eines Verstoßes gegen den Jugendmedienstaatsvertrag zur Verantwortung gezogen wird (und das ist auch vollkommen richtig, dass er das wird), dann muss im gleichen Atemzug geprüft werden, ob die Eltern nicht ebenfalls durch ihr Verhalten, ihre Vernachlässigung der elterlichen Sorgfaltspflicht, dazu beigetragen haben und somit ebenfalls in gleicher Höhe bestraft gehören.
1984 was not supposed to be an instruction manual.

Deus Figendi

  • Administrator
    • http://forum.dnd-gate.de/viewtopic.php?p=133284#133284
Auswirkungen des neuen JMStV aufs Gate?
« Antwort #79 am: 26. Dezember 2010, 22:35:00 »
Äh ja, das schrieb ich ja in Punkt drei.
DnD-Gate Cons 2007, 2008, 2009, Gate-Parkplatztreffen ICH war dabei!
SocialMedia: Status.net Diaspora BookCrossing

Tzelzix

  • Administrator
    • http://www.dnd-gate.de
Auswirkungen des neuen JMStV aufs Gate?
« Antwort #80 am: 27. Dezember 2010, 01:13:29 »
Wenn ein Anbieter aufgrund eines Verstoßes gegen den Jugendmedienstaatsvertrag zur Verantwortung gezogen wird (und das ist auch vollkommen richtig, dass er das wird), dann muss im gleichen Atemzug geprüft werden, ob die Eltern nicht ebenfalls durch ihr Verhalten, ihre Vernachlässigung der elterlichen Sorgfaltspflicht, dazu beigetragen haben und somit ebenfalls in gleicher Höhe bestraft gehören.

Stellt sich nur die Frage, wer dann den Verstoß gemeldet hat, die Eltern? ;)

Mal davon ab ist das teils eh absurd, da eine Bestrafung der Eltern diese teils in ihrer Erziehungshoheit einschränken würde, je nachdem wie man das aufzieht. Wäre jedenfalls merkwürdig, wenn ich nicht mehr entscheiden dürfte, was für mein Kind geeignet ist und was nicht. Allein aus diesem Grund verstehe ich schon einen Gutteil der gesetzlichen Regelungen nicht, aber das wurde ja bereits schon gesagt.
Never attribute to malice that which can be adequately explained by stupidity.

Talamar

  • Administrator
    • http://www.dnd-gate.de
Auswirkungen des neuen JMStV aufs Gate?
« Antwort #81 am: 27. Dezember 2010, 13:57:16 »
Habt ihr noch Ideen was für entwicklungsbeeinträchtigende Inhalte oder Dienste oder sonst was es in Kommunikationssystemen (dazu gehört imho auch Snailmail) gibt und ob und wie wir als Gesellschaft die in Entwicklung befindlichen Personen davor schützen und ob und inwiefern das jeweils auf das Internet übertragbar ist?

Ja.

Wir lassen die Kirche erstens mal im Dorf.

Und zweitens - und damit denke ich jetzt das Undenkbare - muten wir den Eltern zu, etwas mehr Verantwortung zu tragen, wenn es um die Nutzung von Medien durch ihre Kinder geht. Es kann nämlich meines Erachtens nicht sein, dass Kinder von ihren Eltern bei der Nutzung von Internet etc. vollkommen allein gelassen und null beaufsichtigt werden und jeder andere aber bloß nicht die Eltern sicher zu stellen hat, dass die ja keine ungeeigneten Inhalte konsumieren. Das ist ein wunderbares Beispiel dafür, wie wir in Deutschland das Pferd von hinten aufzäunen.
Wenn ein Kind ungeeignete Inhalte  anschaut, sollte daher auch nicht die erste Frage an den Anbieter gerichtet werden und lauten "Wie kann es sein, dass das Kind bei dir ungeeignetes Material nutzen konnte?", sondern die erste Frage sollte an die Eltern gehen und lauten "Wie konnte es sein, dass euer Kind sich unestört und unbeaufsichtigt und ohne euer Wissen im Internet ungeeignetes Material anschaut?" Es kann nicht sein, dass Anbieter für Verstöße gegen das Jugendmedienschutzgesetz schwerstens bestraft werden, während die Eltern von ihrer Sorgfaltspflicht praktisch freigesprochen werden sondern im Gegenteil, bei der Steinigung des Anbieters sogar den ersten Stein schmeißen.

Wenn ein Anbieter aufgrund eines Verstoßes gegen den Jugendmedienstaatsvertrag zur Verantwortung gezogen wird (und das ist auch vollkommen richtig, dass er das wird), dann muss im gleichen Atemzug geprüft werden, ob die Eltern nicht ebenfalls durch ihr Verhalten, ihre Vernachlässigung der elterlichen Sorgfaltspflicht, dazu beigetragen haben und somit ebenfalls in gleicher Höhe bestraft gehören.
Seh ich absolut genauso wie du
Against signatures!

Xiam

  • Mitglied
  • Mörder der 4E
Auswirkungen des neuen JMStV aufs Gate?
« Antwort #82 am: 27. Dezember 2010, 14:42:31 »
Mal davon ab ist das teils eh absurd, da eine Bestrafung der Eltern diese teils in ihrer Erziehungshoheit einschränken würde, je nachdem wie man das aufzieht. Wäre jedenfalls merkwürdig, wenn ich nicht mehr entscheiden dürfte, was für mein Kind geeignet ist und was nicht.
Aber das ist doch de facto so. Du entscheidest das gar nicht. Eltern dürfen mit ihren Kindern nicht alles machen. Insofern wird denen natürlich sowieso in die Erziehungshoheit hineingepfuscht. Versuch mal mit deinem zwölfjährigen Kind in einen Kinofilm ab 16 hinein zu kommen. Wenn der Kinobetreiber seinen Job ernst nimmt, lässt er das Kind da nicht rein, da kannst du ihm noch so viel von elterlicher Erziehungshoheit erzählen. Soweit ich weiß, sind da auch schon Kinobetreiber verknackt worden, die beim Einlass nicht darauf geachtet haben. Wieder ein Beispiel, wo der Anbieter zur Rechenschaft gezogen wird, nicht aber die Eltern.

Um konkret bei unserem Beispiel zu bleiben, dürfen natürlich auch Eltern ihren Kindern keine ungeeigneten (soll heißen mit einer Altersfreigabe versehenen) Inhalte zur Verfügung stellen, nur weil sie selbst entscheiden, dass ihre Kinder das konsumieren dürfen. Tun sie es trotzdem, laufen sie Gefahr, dafür zur Rechenschaft gezogen zu werden. Theoretisch zumindest. Ob das praktisch geschieht, das entzieht sich leider meiner Kenntnis. Ich fürchte jedoch, dass Eltern eher selten zur Verantwortung gezogen werden, und zwar meistens, weil so etwas im Rahmen der Familie stattfindet und gar nicht nach außen dringt. Dennoch kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass in unsere Gesellschaft generell die Vorstellung vorherrscht, dass grundsätzlich die Anbieter jugendgefährdender Inhalte die Bösen sind, die Jugendliche verderben wollen, während die Eltern hilflos und völlig unschuldig sind, auch wenn sie sich kein Stück darum kümmern, was Sohnemann oder Töchterchen im eigenen Zimmer mit eigenem Internetanschluß so treiben.

Merkwürdigerweise herrscht auch bei der Mehrzahl der Eltern diese verkorkste Weltsicht vor. Sie sind sich – das ist mein Eindruck – ihrer eigenen Verantwortung scheinbar überhaupt nicht bewusst. Wie ich schon einmal andeutete, arbeite ich zurzeit im Kundendienst bei einer Firma, die Erwachseneninhalte im Internet vertreibt. Wir haben einen wirksamen Alterscheck, so dass es Jugendlichen nicht gelingen kann, unsere Inhalte zu konsumieren. Sie können sich natürlich mit den Daten einer erwachsenen Person für unsere Dienstleistung anmelden, können die Dienstleistung selbst dann jedoch nicht in Anspruch nehmen, weil sie den nach der Anmeldung stattfindenden Alters-Check nicht abschließen können. Hin und wieder passiert es natürlich, dass sich irgendein Minderjähriger mit Papas Daten anmeldet. Was dann folgt, läuft in der Regel nach demselben Schema ab. Papa hat in den nächsten Tagen irgendwann unsere Abbuchung auf seinen Kontoauszug (oder einen Brief von uns im Briefkasten) und fragt sich natürlich, was das soll. Ein kurzer Check im Internet führt ihn dann auf unsere Dienstleistung. Da die meisten Eltern ihre Brut natürlich kennen, kommt es oft vor, dass bei einer Krisensitzung der Schuldige bereits gefunden worden ist, nämlich der minderjährige Sohn. Der eigentliche Schuldige aber sind natürlich wir als Firma. Anstatt sich also zu fragen, was man als Elternteil machen kann, damit Sohnemann in Zukunft nicht mehr ungeeignete Inhalte am eigenen Computer konsumiert, ruft Papa viel lieber erbost unsere Hotline an ob beschwert sich lautstark darüber, wie wir dann dazu kommen, sein Kind auf unser Angebot zu lassen (was wir ja nicht haben, da ja am Alters-Check gescheitert ist). Aus den folgenden Schimpftiraden sind dann in der Regel nur noch Worte wie „Rechtsanwalt“, „Verklagen“ und „Ich mach euch den Laden dicht“ heraus zu hören.

Manchmal kommt man trotzdem noch mit den Leuten ins Gespräch und (obwohl mein Chef das nicht gerne sieht, weil er generell nicht möchte dass wir die „Kunden“ belehren) ich kann es mir dann oftmals nicht verkneifen, auch mal die kontroverse Meinung herein zu werfen, das ja auch Papi als Elternteil mal drauf achten könnte, was sein Sohn da so im Internet macht und darauf hinweise, dass es durchaus auch für Eltern technische Möglichkeiten gibt, den Konsum gefährdender Inhalte durch Minderjährige zumindest zu erschweren. Die meisten Eltern wollen davon natürlich nichts hören – Stichwort: Erziehungshoheit. Die wollen wohl nicht wahrhaben, wenn sie einen Fehler gemacht haben und sich damit auseinander setzen. Lieber wird die Verantwortung an anderer Stelle gesucht, bei jemand anders.

Ich finde es sehr bedenklich, wenn Eltern so eine Einstellung haben.
« Letzte Änderung: 27. Dezember 2010, 14:46:46 von Xiam »
1984 was not supposed to be an instruction manual.

Deus Figendi

  • Administrator
    • http://forum.dnd-gate.de/viewtopic.php?p=133284#133284
Auswirkungen des neuen JMStV aufs Gate?
« Antwort #83 am: 27. Dezember 2010, 15:58:54 »
Aber das ist doch de facto so. Du entscheidest das gar nicht. Eltern dürfen mit ihren Kindern nicht alles machen. Insofern wird denen natürlich sowieso in die Erziehungshoheit hineingepfuscht. Versuch mal mit deinem zwölfjährigen Kind in einen Kinofilm ab 16 hinein zu kommen. Wenn der Kinobetreiber seinen Job ernst nimmt, lässt er das Kind da nicht rein, da kannst du ihm noch so viel von elterlicher Erziehungshoheit erzählen. Soweit ich weiß, sind da auch schon Kinobetreiber verknackt worden, die beim Einlass nicht darauf geachtet haben. Wieder ein Beispiel, wo der Anbieter zur Rechenschaft gezogen wird, nicht aber die Eltern.

Um konkret bei unserem Beispiel zu bleiben, dürfen natürlich auch Eltern ihren Kindern keine ungeeigneten (soll heißen mit einer Altersfreigabe versehenen) Inhalte zur Verfügung stellen, nur weil sie selbst entscheiden, dass ihre Kinder das konsumieren dürfen. Tun sie es trotzdem, laufen sie Gefahr, dafür zur Rechenschaft gezogen zu werden. Theoretisch zumindest.
Ist dieses Wissen fundiert? Denn mein Halbwissen läuft in die komplett entgegengesetzte Richtung.
12jährige dürften durchaus in Begleitung von Erziehungsberechtigten (wenn nicht sogar Erwachsenen) ab16-Filme besuchen und Kinder dürften durchaus entwicklungsbeeinträchtigende Dinge wahrnehmen, soweit ihre Erziehungsberechtigten der Meinung sind, dass das eben gerade nicht entwicklungsbeeinträchtigend ist. So wie ich eben jedem Teenager Softpornos gewähren würde soviel er/sie will. (Ob ich das als Vater genauso sähe wage ich mal nicht zu beurteilen)
Wie gesagt ist das alles Halbwissen, aber ich war der Meinung dass Kindern zum Beispiel keine Tabackwaren verkauft werden dürfen, sie sie aber durchaus konsumieren könnten und dürften (zumindest daheim). Gleiches gälte eben für andere altersbeschränkte Waren und Leistungen.
Ich vermute einfach mal dass es für gänzlich verbotene (z.B. volksverhetzende) Dinge nicht so gilt.
Also wie gesagt, so war mein Kenntnisstand, der aber auch eher so aus Hörensagen etc. besteht, wie fundiert sind deine Kenntnisse?

Zitat
Dennoch kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass in unsere Gesellschaft generell die Vorstellung vorherrscht, dass grundsätzlich die Anbieter jugendgefährdender Inhalte die Bösen sind, die Jugendliche verderben wollen, während die Eltern hilflos und völlig unschuldig sind, auch wenn sie sich kein Stück darum kümmern, was Sohnemann oder Töchterchen im eigenen Zimmer mit eigenem Internetanschluß so treiben.
Genau den Eindruck habe ich im Übrigen nicht.
Im Weiteren berichtest, du dass du die Erfahrung machst, dass gerade Eltern das so sehen... kann ich mir gut vorstellen, aber ich glaube die Gesellschaft als solche sieht nicht unbedingt die Anbieter in der Verantwortung sondern eben die Eltern oder Erziehungsberechtigten Erziehungsselbstverpflichteten.
Der Wunsch die Anbieter zur Verantwortung zu ziehen scheint mir eher aus der Politik zu kommen und - wie du schon sagst - von Eltern.
DnD-Gate Cons 2007, 2008, 2009, Gate-Parkplatztreffen ICH war dabei!
SocialMedia: Status.net Diaspora BookCrossing

Wormys_Queue

  • Mitglied
Auswirkungen des neuen JMStV aufs Gate?
« Antwort #84 am: 27. Dezember 2010, 17:13:21 »
Als Erziehender muss ich auch ganz ehrlich sagen, dass mir vollkommen egal ist, was der Gesetzgeber zu dem Thema meint. Da unterhalte ich mich lieber mit Leuten, die zu dem Thema auch etwas Kompetentes beitragen können.

Kann man an den Altersfreigaben bei Filmen schön aufzeigen. Da wird nach Kriterien eingestuft, die in Wirklichkeit völlig irrelevant sind. Und andere werden dafür außer Acht gelassen, so dass man als verantwortungsbewusster Erziehender eh keine andere Wahl hat, als sich die Sachen selber anzuschauen.

In soweit hat Xiam also in der Theorie vollkommen recht; in der Praxis ist der Staat leider nötig, weil es massenhaft vollkommen verantwortungslose Eltern gibt
Think the rulebook has all the answers? Then let's see that rulebook run a campaign! - Mike Mearls
Wormy's Worlds

Talamar

  • Administrator
    • http://www.dnd-gate.de
Auswirkungen des neuen JMStV aufs Gate?
« Antwort #85 am: 27. Dezember 2010, 17:17:49 »
@Deus:
das ist "gefährliches" Halbwissen was du da hast ;)

Nein mal Spaß beiseite.
Die FSK ist verbindlich für JEDEN Erwachsenen und es wird im JuSchG nicht zwischen Eltern und Erwachsenen dahingehend unterschieden.
Also darfst du als Vater beispielsweise dein Kind nicht in einen FSK 16 Film mitnehmen ins Kino, wenn das Kind unter 15 Jahre oder jünger ist. EINZIGE Ausnahme ist da das FSK 12 Siegel, denn bei diesem darf ein Erwachsener auch ein 6+ Jahre altes Kind mit reinnehmen (warum auch immer).


Auf Wikipedia ist das gut nachzulesen (woanders im Netz natürlich auch)
Hier ein Auszug:

Zitat
FSK [Bearbeiten]

Die Altersfreigabe-Einstufung erfolgt in Deutschland durch die Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (FSK). Sie ist eine reine Freigabe, keine Empfehlung, die den betreffenden Film für eine bestimmte Altersgruppe als besonders geeignet erscheinen lässt. Darüber hinaus ist zu beachten, dass das Jugendschutzgesetz Erwachsenen weitgehend untersagt, Kindern und Jugendlichen völlig freien Kinozugang zu gewähren oder den Zugriff auf nicht freigegebene Video-Filme zu ermöglichen. Altersfreigaben sind auch für das laufende Fernsehprogramm relevant, doch ist ihre Einhaltung im privaten Bereich der Familien so gut wie unmöglich zu kontrollieren und bleibt somit eine Aufgabe für die Eltern. Das Jugendschutzgesetz unterscheidet übrigens nicht zwischen Erwachsenen und Eltern, obwohl den Eltern bisher bei Nichtbeachtung der Vorschriften kaum irgendwelche Sanktionen drohten. Allerdings haben gerade in jüngerer Vergangenheit einige Politiker deren Verantwortung bereits eingefordert und wollen auch Eltern zukünftig stärker in die Pflicht genommen sehen.

"Die neuen Zeichen sind auf der Frontseite der Hülle links unten auf einer Fläche von mindestens 1200 mm² (3,46 cm x 3,46 cm) und dem Bildträger auf einer Fläche von mindestens 250 mm² (1,58 cm x 1,58 cm) anzubringen (§ 12 Abs. 2 Satz 2 JuSchG)."[1] Filme, die im Kino ab 12 Jahren freigegeben sind, dürfen in Begleitung sogenannter Personensorgeberechtigter bereits von Kindern ab 6 Jahren besucht werden. Alle anderen FSK-Freigaben sind verbindlich.


Ach ja ob das jetzt Praxisfremd ist oder nicht, ist  mir zunächst hier einmal egal. Ich gebe hier nur die Gesetzeslage wieder.
Ich bin zwar sehr für Jugendschutz und halte den auch wichtig, aber in gewissen Maßen bin ich der Meinung, das man diese FSK Einstufungen auch biegen/beugen kann. Aber das ist Einzelfall abhängig.
Against signatures!

Lagrange

  • Mitglied
    • http://www.rockfurt.de
Auswirkungen des neuen JMStV aufs Gate?
« Antwort #86 am: 27. Dezember 2010, 20:07:48 »
...EINZIGE Ausnahme ist da das FSK 12 Siegel, denn bei diesem darf ein Erwachsener auch ein 6+ Jahre altes Kind mit reinnehmen (warum auch immer).
Weil Du Dir als Erziehungsberechtigter vielleicht sicher bist, dass Dein 9-jähriges Kind den Film schon versteht, weil es eine entsprechende geistige Reife aufweist... Und gerade weil die Reife zwischen 6 und 16 besonders unterschiedlich ausfallen kann. Bei ab 16 geht es meist schon um Dinge, bei denen eine abgeschlossene Pubertät hilfreich ist...
Wenn Deine Kleine größer ist, wirst Du Dich wundern, was für Filme ab 6 und welche ab 12 eingestuft sind! Da sind harmlose Streifen ab 12 und actiongeladene Aufreger ab 6... Meinen Sohn hatten wir mit 6 in die Spiderwicks mitgenommen, die ab 6 waren und er war so geschockt in der Mitte des Films, dass er raus gehen musste. 2 Jahre später hat er ohne mit der Wimper zu zucken Harry Potter 6 gesehen, der bekanntlich ab 12 eingestuft wurde (zu recht!)...

Deus Figendi

  • Administrator
    • http://forum.dnd-gate.de/viewtopic.php?p=133284#133284
Auswirkungen des neuen JMStV aufs Gate?
« Antwort #87 am: 28. Dezember 2010, 00:18:49 »
...EINZIGE Ausnahme ist da das FSK 12 Siegel, denn bei diesem darf ein Erwachsener auch ein 6+ Jahre altes Kind mit reinnehmen (warum auch immer).
Ah okay, dann hatte ich das wohl fälschlicherweise verallgemeinert.
Weil Du Dir als Erziehungsberechtigter vielleicht sicher bist, dass Dein 9-jähriges Kind den Film schon versteht, weil es eine entsprechende geistige Reife aufweist... Und gerade weil die Reife zwischen 6 und 16 besonders unterschiedlich ausfallen kann. Bei ab 16 geht es meist schon um Dinge, bei denen eine abgeschlossene Pubertät hilfreich ist...
Naja, aber ich behaupte dass das grundsätzlich nicht zu pauschalisieren ist, sondern stets einer individuellen Bewertung bedarf.
Manche Leute sind nämlich nicht mit 16, sondern mit 19 durch die Pupertät und manche wie ich niemals ;-)
Manche sind umgekehrt mit 15 vielleicht reif genug Dienste oder Produkte, die ab18 wären zu konsumieren. Alkohol ist da ein Beispiel mit dem ich und mein Bekanntenkreis eigentlich recht verantwortungsvoll umgingen in jungen Jahren, gehört natürlich nicht in den Medienbereich ist für mich aber ein recht greifbares Beispiel.
Und natürlich immer die große Frage, warum es überhaupt einen Stichtag gibt, gestern war ich noch nicht reif genug, aber heute bin ich es. Ich musste mich um 23:45 in die Mitternachtsprimiere reinschummeln, aber als ich aus dem Kino raus kam war ich reif genug.

Händler und Anbieter und ggf. Hersteller brauchen natürlich eine objektive Bewertung wie eben dem Alter (es könnte aber auch eine "Reifeprüfung" sein, irgendein Test, den man irgendwo ablegt). Allein schon um Rechtssicherheit zu erlangen. Erziehungsberechtigten würde ich aber zugestehen und auferlegen, dass sie in der Lage sind (sein sollten) zu beurteilen, wie reif der/die zu erziehende gerade ist. Und das spielt sich imho nicht allein im Bereich zwischen sechs und zwölf ab (auch wenn ich dir mal glauben will, dass die Entwicklungs-Differenzen am Größten sind).
Jetzt kann man weiter denken und sagen, dass Eltern folglich auch so eine "Reifeprüfung" abnehmen können, also ihren Kindern einfach einen Wisch ausstellen, auf dem steht, dass das Kind reif genug ist, aber da weicht man die Rechtssicherheit wieder auf oder muss das über einen Behördlichen Umweg machen (im Kinderausweis eintragen lassen). Also verwerfe ich mal diese Überlegung.

Grundsätzlich zweifle ich also an, dass man die Eignung von Medien oder anderen Produkten am Alter fest machen kann. Menschen entwickeln sich nunmal nicht alle gleich oder gleich schnell, weder körperlich noch geistig. Die Alters-Einstufungen sollten daher eine Empfehlung für Erziehungsberechtigte sein und verbindlich eben nur für Anbieter, Händler und ggf. Hersteller.

Simples Beispiel aus der sinnvollen Realität: Wenn du in einen Freizeitpark (oder Jahrmarkt) gehst und dort ein Fahrgeschäft betrittst, dann steht da typischerweise nicht "ab 8 Jahren" sondern "ab 140cm" weil das das Kriterium ist ob die Anschnallvorrichtung sicher funktioniert oder nicht.
Das ist ein körperliches Kriterium, was auch leichter feststellbar ist als das geistige. Aber was ich ja behaupte ist, dass Erziehungsberechtigte, die oftmals ja Tag für Tag mit den Erziehungssubjekten zu tun haben das geistige Kriterium einschätzen können.

So und meinetwegen kann man ja zur Familienberatung gehen und sich informieren, was Experten dazu meinen, welche Hinweise, Eigenschaften, Verhaltensweisen, whatever auf welche geistige Reife schließen lassen.

Und dabei halte ich es nichtmal für gegeben, dass die verschiedenen Aspekte die Jugendschutz betrifft gleich "reifen". Also mit Aspekten meine ich:
  • Sexualität
  • Gewalt
  • Krieg
  • Dokumentation vs. Fiktion
  • Verantwortung

sowas eben. Manch einer ist ggf. durchaus fähig eine Kriegs-Doku mit blutigen Bildern zu vertragen, aber eine kleine Erotikszene eher noch nicht. Oder umgekehrt.
DnD-Gate Cons 2007, 2008, 2009, Gate-Parkplatztreffen ICH war dabei!
SocialMedia: Status.net Diaspora BookCrossing

Talamar

  • Administrator
    • http://www.dnd-gate.de
Auswirkungen des neuen JMStV aufs Gate?
« Antwort #88 am: 28. Dezember 2010, 13:20:02 »
...EINZIGE Ausnahme ist da das FSK 12 Siegel, denn bei diesem darf ein Erwachsener auch ein 6+ Jahre altes Kind mit reinnehmen (warum auch immer).
Weil Du Dir als Erziehungsberechtigter vielleicht sicher bist, dass Dein 9-jähriges Kind den Film schon versteht, weil es eine entsprechende geistige Reife aufweist... Und gerade weil die Reife zwischen 6 und 16 besonders unterschiedlich ausfallen kann. Bei ab 16 geht es meist schon um Dinge, bei denen eine abgeschlossene Pubertät hilfreich ist...
Wenn Deine Kleine größer ist, wirst Du Dich wundern, was für Filme ab 6 und welche ab 12 eingestuft sind! Da sind harmlose Streifen ab 12 und actiongeladene Aufreger ab 6... Meinen Sohn hatten wir mit 6 in die Spiderwicks mitgenommen, die ab 6 waren und er war so geschockt in der Mitte des Films, dass er raus gehen musste. 2 Jahre später hat er ohne mit der Wimper zu zucken Harry Potter 6 gesehen, der bekanntlich ab 12 eingestuft wurde (zu recht!)...
Stimmt. so hatte ich das nicht betrachtet. Danke. Jetzt kann ich das eher verstehen.
Against signatures!

  • Drucken