Man kann allerdings möglicherweise bemängeln, dass diese Definition den Begriff Railroading nicht klar genug von anderen Termini abgrenzt bzw. zu allgemein verfasst ist (da z.B. jede Form von Setting schon eine Einschränkung über die Spielregeln hinaus darstellt, am klarsten zu erkennen am Beispiel des Dungeon, der von obiger Definition auch als eigener Unterpunkt behandelt wird).
Ich hab mir auch nochmal Gedanken über ne mögliche Definiton gemacht. Bin mal über den Begriff selbst ran gegangen.
Railroad => Eisenbahn
- vorgegeben Schienen auf einem möglichst effektieven Weg zum Ziel
- Weichen als statische Wegentscheidungen; hierbei ist dem Weichensteller (aber seltener dem Zugführer selbst) die
Stellung der Weiche und ihr Ziel bekannt => der Zug hat keinen Einfluss auf die Weichenstellung
- Der Zug könnte anhalten (Notstop, etc) und niemand außeralb des Zuges hätte darauf Einfluss
- Bahnhöfe als Haltepunkte, an denen Transportaufträge angenommen und Ressourcen aufgestockt werden
Dabei dränngt sich mir die Frage auf:
Was stellt der Zug dar? Die SC, oder die Story?Um das zu unterscheiden komme ich also auf eine zweiteilung der Definition von Railroading (RR). Zum einen sind die Spieler der Zug und werden somit direkt gerailroaded. Ich nenne das einfach mal Player-based Railroading (PBR). Im anderen Fall wird ist die Story der Zug und folgt den Gleisen. Das würde ich dann als Story-based Railroading (SBR) bezeichnen.
PBR:Der Zug stellt die Spieler dar. Sie fahren auf einer Schiene ihren Fahrplan ab. Sie sammeln am Bahnhof (zB. eine Taverne) ihre Quests ein und müssen ihr Ziel erreichen, indem sie Hindernisse umfahren, oder überwinden. Dabei bestimmen die Schienen wie und ob Hindernisse umfahren werden können. Alle anderen Möglichkeiten das Hinderniss zu bezwingen sind hierbei egal. Es gibt Weichen (Entscheidungsmöglichkeiten), welche allerdings nicht von den Spielern beeinflusst werden können. Die Spieler können aber den Zug (sich selbst) beeinflussen und zum Beispiel anhalten.
Beispiel: Eine feststehende Geschichte, die wie ein Buch vorgelesen wird. Die Spieler fahren durch die Geschichte und beobachten sie ohne großen Einfluss auf sie zu haben.
SBR:Der Zug stellt die Story dar, welche nach einem Fahrplan die Schienen abfährt. Die Spieler sind hierbei so zu sagen das Personal im Tower. Sie können an manchen Stellen die Weichen für den Zug stellen, sodass sie entscheiden können in welche Richtung er fährt. Je nach Entscheidung verändert sich die Umgebung des Zuges und damit auch der Story. Es wird also die Spielwelt gerailroaded, denn die Richtungen einer Weiche sind immer im Vorraus festgelegt. Die Spieler sammeln am Bahnhof Quests ein und entscheiden sich dann für einen Schienenweg (Gleis) zum Ziel. Verändern die Spieler die Weichenstellung nicht fährt der Zug auf einem vorbestimmten Weg weiter. Sie können also die Fahrtrichtung bestimmen, nicht aber die Fahrtgeschwindigkeit, oder gar den Zug stoppen. Im Normalfall sollte der Zug trotz der unterschiedlichen möglichen Routen irgendwann im festgelegten Zielbahnhof ankommen.
Beispiel: Ein Abenteuer in dem der Endboss am Schluss auf jeden Fall entkommt. Die SC haben die Möglichkeit auf verschiedenen Wegen zu dem Endboss zu gelangen und können dabei den ihre Umgebung (die NPC, das Versteck des Erzfeindes, etc) verändern, aber das Ziel ist immer das gleiche: ein Endkampf bei dem der Boss fliehen kann, sodass er überlebt. Sollten die SC das Abenteuer nicht spielen überlebt der Endboss ebenfalls.
Es gibt allerdings weitere Aspekte, die bei dieser Definition unberücksichtigt blieben und somit einen Nachtrag erfordern:
vorbereitetes RR und improvisiertes RR: In beiden Fällen wird vom SL ein Ereigniss verhindert, bzw ein vorbestimmtes Ereigniss herbeigeführt. Allerdings kann der SL im Vorraus bewusst diese Mechanik eingebaut haben (vorbereitet), oder er muss spontan auf eine unerwartete Situation reagieren (improvisiert). Für die Spieler ist es egal ob das RR vorbereitet, oder improvisiert ist.
bewusstes RR und unbewusstes RR: Bei diesem Atribut geht es um die unterschiedliche Wahrnehmung der Spieler. Entweder ist das RR allen bewusst, man bewegt sich absichtlich in vorgegebenen Bahnen und die Spieler erwarten eine teilstatische Welt (bewusst), oder die Spieler erfahren eine Scheinfreiheit (unbewusst). Sie wissen nicht, dass sie sich in festgelegten Bahnen befinden. Unbewusstes RR empfinden Spieler genauso wie freies RP. Bewusstes RR ist ein fest eingebauter Teil der meisten RP Regelmechaniken. Kommt man in eine Situation hat man immer nur begrenzte Handlungsmöglichkeiten. Z.B. Sunder, Grappel, Bullrush, Attack in einer Kampfrunde.
Das Gegenteil des RR ist das
freie RP:
Freies RP ist eine Utopie. Eine Illusion der absoluten Handlungsfreiheit zu jedem beliebigen Zeitpunkt die bei den Spielern erzeugt wird. In Wirklichkeit wird das freie RP schon durch die Grundregeln aller (mir bekannten) RP ausgeschlossen. Theoretisch gesehen nicht nur durch die Grundregeln des RP eingeschränkt, sondern auch durch alle anderen relevanten Regeln, Gesetze und Normen (Regeln des Miteinanders, Gesetze einer Gesellschaft, Normen der Kultur, und sprachliche Regeln => die Sprache ist ja das Medium). Somit kann man
echtes freies RP nur erleben, wenn man alle diese Einschränkungen aufhebt. Das geht meines Wissens nach nur in unserer Fantasie. Dies ist definitiv keine neue Erfindung, denn freies RP könnte zB Inhalt eines Tagtraumes sein. Praktisch gesehen kann man mit einer normalen Spielgruppe nur versuchen sich dieser Utopie zu nähern indem der SL eine möglichst grobe Umgebung konzipiert und die SC in ihr nach ihren Wünschen handeln lässt. Dabei muss er für jede Handlung der SC eines von unendlich vielen möglichen ergebnissen generieren (egal ob logisch, oder nicht). Inwie weit der SL ein solches Spiel vorbereitet, oder improvisiert bleibt ihm hierbei selbst überlassen.
Die große Frage die sich mir allerding stellt ist: Ist das wirklich noch RR, wenn die SC das nicht mitbekommen. Wissenschaftlich gesehen ist das alles abhängig vom Standpunkt des Betrachters. Da man ein System immer geschlossen von außen betrachten soll um es korrekt zu erfassen wäre es also genau genommen RR, aber es ist wohl nicht relevant wenn es die SC als Teil des Systems nicht bemerken.
Ich beispiesweise spiele wohl eine Mischung aus freiem RP (soweit das möglich ist) und unbewussten SBR. Dabei ist es manchmal vorbereitet, oft muss ich aber auch auf die SC reagieren und improvisieren. Die meisten Computerspiele hingegen sind vorbereitetes, bewusstes PBR.
Oder um es mal am vorangegangenen Beispiel von Coldwyn zu erläutern:
- Die Spieler müssen das Portal benutzen, ob freiwillig, oder nicht. Alles andere beendet die Kampagne. Das wäre PBR
- Die Spieler werden auf auf jeden Fall in die City of Brass gelangen, aber wie sie das machen ist ihr Ding. Das wäre SBR
- Die Spieler können, wenn sie wollen in die City of Brass und wenn sie wollen auch durch da Portal. Es wäre allerdings auch
denkbar, dass sie etwas ganz anderes machen. Das wäre freies RP
- Der SL bereitet ausser dem Portal noch 3 weitere Möglichkeiten vor in die City of Brass zu gelangenwelche den SC zur
Verfügung stehen. Das wäre vorbereitetes RR
- Der SL sagt nur dass die SC in die City of Brass müssen und denkt sich dann Ad-Hoc aus, ob ihre Ideen funktionieren, oder
fehlschlagen. Das wäre improvisiertes RR.
- Der SL sagt den SC: So. Ihr müsst nun in die City of Brass. Ihr wisst, dass man dorthin nur über das Portal in der Stadt XY gelangt.
Das wäre bewusstes RR.
- Der SL sagt den SC nicht, dass sie in die City of Brass gehen sollen, aber er weckt in ihnen den Wunsch dies zu tun indem er
auf sie eingeht, entsprechende Gefühle erzeugt und Hooks einsetzt. Das wäre unbewusstes RR.