Bevor ich mich gestern habe ablenken lassen, wollte ich eigentlich auf diese Frage hinaus: Welchen Sinn hat der Cook´sche Ansatz sich die Regeln zu Eigen zu machen, wenn man damit auf etwas hinentwickelt dass es schon gibt bzw. eine andere Basis näher am gewünschten Ziel liegt?
Die Frage hat zwei Teile, ich beantworte sie separat.
im ersten Teil geht es darum, warum man sich auf etwas hinentwickelt, was es schon gibt. Das hat meines Erachtens mit der Erkenntnis zu tun, dass Rollenspielsysteme, unabhängig von Größe und Fokus zwar möglicherweise den Geschmack des Designers punktgenau abbilden, es aber wohl unmöglich ist, genauso punktgenau den Geschmack anderer Spieler zu treffen. Das äußert sich darin, dass ich noch kein einziges System gesehen habe, bei dem ich nicht auf Anhieb Stellen gefunden hätte, an denen ich das Regelwerk nicht anders gestaltet hätte. Das gilt schon für kleine, spezialisierte Systeme, und um so mehr gilt das auch für größere, generische Systeme wie D&D oder auch Burning Wheel.
Cook sagt: Erkennt diese Stellen und behebt das Problem. Wie man das am besten machen soll, spezifiziert er nicht. Eine Möglichkeit ist es, sich in anderen Systemen umzuschauen und sich von den dort verwendeten Regeln inspirieren zu lassen. Damit bewegt man sich zwangsläufig auf das andere System zu.
Damit sind wir dann beim zweiten Teil der Frage: Warum sollte man sich von einem System auf ein Ziel hin wegentwickeln, wenn es doch schon ein besser passenderes System gibt, dass dieses Ziel umsetzt? Und da muss ich sagen, dass diese Frage meiner Meinung nach mehr über die Sichtweise des Fragenden als über die des Befragten verrät und damit oft ganz einfach so beantwortet werden kann:
Gibt es gar nicht.
Erklärung: Wenn ich darüber nachdenke, Ein Setting für ein anderes Regelsystem nutzbar zu machen oder Regelmechanismen aus anderen Systemen in meines zu integrieren oder Ausflüge in andere Genres zu unternehmen, kann es dafür die verschiedensten Gründe geben. Ein Grund ist aber eigentlich nie dabei, nämlich der, dass ich mit dem System meiner Wahl insgesamt unzufrieden wäre. Der Normalfall ist der, dass ich zu 90% mit meiner Wahl glücklich bin und besser damit bedient bin, die restlichen 10% zu modifizieren als mir ein System zu suchen, bei dem zwar die 10% stimmen, dafür aber im schlimmsten Fall die anderen 90% nicht stimmen. Wenn ich darüber nachdenke, dass Duel of Wits nach D&D zu übernehmen, dann heisst das noch lange nicht, dass ich eigentlich Burning Wheel spielen will. Wenn ich die Welt Aventurien bespielen möchte, heißt das noch lange nicht, dass DSA das für mich passende System darstellt. Wenn ich gerne Horror, Pulp oder Science Fiction in meinem Spiel sehen möchte, dann heißt das noch lange nicht, dass ich mit einem System besser dran bin, dass sich vor allem auf das jeweilige Genre konzentriert. Und nur weil ich narrative oder simulatorische Aspekte in meinem Spiel stärker betone als das im Grundsystem meiner Wahl getan wird, heisst das noch lange nicht, dass ich mit seinen gamistischen Aspekten unzufrieden wäre oder die unbedingt loswerden wollte.
Ich bin da nicht besonders kategorisch und Ausflügen in andere Systeme auch gar nicht abgeneigt, aber im Prinzip reicht mir ein Schuss Pulp, ein Schuss Narrativismus und ein Schuss DSA in meinem Spiel. Und das lässt sich halt leichter in das System meiner Wahl integrieren als in ein speziell auf bestimmte Aspekte fokussiertes System. Speziell auch deswegen, weil ich nicht das geringste Bedürfnis habe, mich so festlegen zu lassen, wie diese Systeme das tun. Einer der Gründe, warum ich Fantasy bevorzuge, ist der, dass das ein schön weites Gebiet ist, in das fast alles andere auch mit hineinpasst und ich mich eben nicht festlegen muss. Im gegensatz zu dir oder Tzelzix hat es für mich also gar keinen Sinn, mich nach Spezialwerkzeugen umzuschauen, statt das Schweizer Taschenmesser zu benutzen, dass mir schon bisher ziemlich gute Dienste geleistet hat.