Autor Thema: Dekadenz unserer Zeit  (Gelesen 3054 mal)

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DU#1229

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Dekadenz unserer Zeit
« Antwort #15 am: 21. Juni 2011, 13:22:52 »
Hautlappen: ach komm. Rocker sind keine Bessermenschen, waren es nie und werden es nie sein. Deine Meinung ist ein rosarotes Idealbild eines reflektierten und bewussten Bürgers, den Du sicherlich ebensowenig unter Alternativen, wie unter Yuppies oder sonstwem finden wirst.

Sendar: ja und NEIN! Ziemlich viele Dinge gut auf den Punkt gebracht, einige Dinge völlig polemisch gegen die Wand gefahren. Ich lese bei Dir etwas Frust heraus, der sich gegen Besserverdienende richtet. Nicht, dass ich ein Wohlstandsbengel (nach heutigem, hamburger Maßstab wäre), aber ehrlich gesagt fühle ich mich durch Deine beleidigenden Worte persönlich angegriffen. Gut, ich müsste es mir nicht auf die Fahne schreiben und könnte diese polemische Diskussion lieber weiter ruhen lassen und ignorieren. Dennoch möchte ich Dir gern mal aufzeigen, dass es auch Stadtmenschen gibt, die auf ein großes und leistungsstarkes Auto angewiesen sind und völlig guten Gewissens beim Bio-/Demeter-Laden einkaufen gehen.
Glücklicherweise gehöre ich zu den Menschen, die sich einen gesunden Lebensstil leisten können und ganz ehrlich schäme ich mich dafür überhaupt gar nicht. Ich schätze es wert, so leben zu können. Und mein kleiner Geländewagen, der weniger verbraucht, als diese 1980-pseudo-öko-Passats ist aus gleich mehreren Gründen (Beruf, Zugmaschine, Freizeitgestaltung) auch wirklich notwendig.
Das Problem für mich ist, dass man sich heutzutage vor den Bessermenschen für jeden Scheiß rechtfertigen muss. Dass irgendwann der Mittelfinger vor Frust gegen die unreflektierten Attacken gehoben wird ist für mich bestens nachvollziehbar. Ich freue mich auch schon auf die Postings von Leuten, die mir gleich erzählen wollen, wieviel besser ich mit einem 3L Lupo Kleinwagen unterwegs wäre...
Ich fänds gut, wenn man andere Menschen akzeptiert für das, was sie sind und nicht anhand des Fuhrparks, der Stadthausvilla oder den Essgewohnheiten.
Entschuldige bitte übrigens, dass ich mich gerade an Deinem Posting aufhänge, Sendar. Das ist nichts persönliches, nur der Frust ;)

AlexH

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Dekadenz unserer Zeit
« Antwort #16 am: 21. Juni 2011, 13:24:25 »
Beispiel für Anreizsteuerung:

Zitat
    Grillen ist erlaubt (NUR mit Grill, KEIN offenes Feuer)
    Die Rettungswege sind unbedingt immer freizuhalten.
    Den von uns erhobenen Restmüllpfand bekommt ihr bei Abgabe des vollen Müllsacks wieder zurück. Bitte sammelt notfalls auch den Müll des Nachbarn mit ein, um euren Sack voll zu bekommen. Beachtet dabei auch bitte die Mülltrennung!
    Es dürfen keine Flaschendeckel, Glasscherben oder andere Dinge auf dem Campinggelände hinterlassen werden. Die spielenden Kinder und das wachsende Getreide werden es Euch danken.
    Unser Platz ist in unterschiedliche Bereiche unterteilt. Bitte haltet euch an die Ein- und Anweisungen.
    Absolut verboten sind:
        Uns zu ärgern (durch Umwerfen von Bauzäunen, Anzünden von offenem Feuer, Verschmutzen und Beschädigen von Duschcontainern, Toiletten etc, Pyrotechnik und falsches Parken),
        unsere Gastronomie und Merchandising zu ärgern (durch Verkauf von Food und Non-Food-Artikeln)
        ...und die Anwohner und Nachbarn zu ärgern (durch zu laute Musik etc., Profi Musikanlagen lasst bitte daheim.)
    Wer jemanden ernsthaft ärgert und die Regeln missachtet wird vom Camping- und Festivalgelände verwiesen!

Quelle: http://www.open-flair.de

Talwyn

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Dekadenz unserer Zeit
« Antwort #17 am: 21. Juni 2011, 13:24:36 »
Statt sowas im Offtopic-Bereich in einem Internetforum für Nerds anzuprangern würde ich empfehlen im echten Leben mit gutem Beispiel voran zu gehen. Wenn man das tut wird man zwar schonmal des Gutmenschentums und der Scheinheiligkeit bezichtigt, aber da muss man wohl durch.

Marleron

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Dekadenz unserer Zeit
« Antwort #18 am: 21. Juni 2011, 14:22:30 »
Ich denke das die Mehrheit hier dies schon tut.

Man sollte es aber auch ruhig mal in einem Offtopic ansprechen können.
Wer weiß, eventuell gibt es danach 1 oder 2 Gutmenschen mehr, was ja ein schöner Erfolg wäre.

DU#1229

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Dekadenz unserer Zeit
« Antwort #19 am: 21. Juni 2011, 14:45:00 »
Und viele Dinge, die Du im Kleinen tun kannst, bemerken andere Menschen nicht einmal (Mülltrennung zB, die in HH nicht mal Pflicht ist).

Nevermind

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Dekadenz unserer Zeit
« Antwort #20 am: 21. Juni 2011, 14:46:47 »
Ich mag Verallgemeinerungen. ;)


DU#1229

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Dekadenz unserer Zeit
« Antwort #21 am: 21. Juni 2011, 14:57:48 »
Ich mag Verallgemeinerungen. ;)

Ich mag Menschen. Am liebsten in Aspik  :wink:

Siran

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Dekadenz unserer Zeit
« Antwort #22 am: 21. Juni 2011, 15:00:22 »
- Mit dem Begriff des Gutmenschen wäre ich vorsichtig, wurde er doch von der NSDAP begründet, um gewisse, kulturelle Abgrenzungen vorzunehmen.

- Nadir & Talwyn: mein Beitrag war keineswegs polemisch gemeintund ich hänge mich auch nicht an so genannten "Besserverdienern" auf. Im Gegenteil: ich konsumiere auch gerne und gönne mir Luxus.
Dass ich den Diskurs in diese Richtung anrege, bedeutet ja nicht zugleich, dass das praktische Umsetzen im Leben ausbleibt. Inwieweit bei dir (Talwyn) das eine gleich zum anderen führt, entzieht sich meinem Verständnis ;)

Ich fand das Fallbeispiel einfach passend, da es zum Thema der Überfluss- und Wegwerfgesellschaft passt, die ihre Ursachen m.E. in eben jenem Egoismus und der Dekadenz hat.
Ich denke, du verstehst auch, was ich mit dem Beispiel des Geländewagens und dem Bioladen ausdrücken möchte: wenn du einen SUV für deine Zwecke brauchst, ist das okay. Wenn du im Bioladen einkaufst, ist das okay.
Nicht okay finde ich die präsentierte, vorbildhafte Außendarstellung, die man in Kombinationen wie dieser oft erlebt.
Es geht darum, dass - sei es gegenüber Dritter oder zur Beruhigung des eigenen Gewissens - man sich umweltfreundlich gibt, tatsächlich aber - ob bewusst oder unbweusst - ein Umweltsünder ist.

Bleiben wir doch beim ökologischen Fußabdruck:
Unsere Leistungsgesellschaft besagt, dass mit zunehmendem Einkommen auch ein Anrecht und Anspruch generiert wird, der besagt, dass man sich gewisse Dinge leisten kann und es sich verdient habe (man arbeite ja auch hart dafür).
Im Grundtenor mag man da zustimmen (auch wenn die Prämisse, dass Leistung alles sei und unsere Kutlru definiere, streitbar ist - ich werfe nur mal das bedingungslose Grundeinkommen in den Raum).
Doch wenn man diesen Anspruch wegen Leistung weiter verfolgt, kommt man früher oder später zuur Feststellung, dass mit zunehmenden Ansprüchen an Konsumgüter auch die Schattenseiten dieses Wohlstandsdenkens ansteigen:

Je ausgefallener und exotischer das Gut, umso höher der Aufwand, sprich: eingeflogenes Obst, Billigproduktion im Fernen Osten (was wiederum den Raubtierkapitalismus anfeuert). Dummerweise wissen das die Wenigsten oder es interessiert einfach keinen. Ich tippe aus Letztere. Solange der Supermarkt um die Ecke ein Vollsortiment mit 200+ Produkten rund um O&G anbietet, solange ist dem Konsument der Rest egal.

Natürlich gilt das (glücklicherweise) nicht für alle. Es gibt Menschen, die mit einem gestärkten Bewusstsein konsumieren, zB durch Information und Unterstützung durch NGO's wie foodwatch, fairtrade usw. Oder eben durch bewusstes Einkaufen im Bioladen (insofern sehe ich den Bioladen grds. als positiv besetzt, wenn die Ware tatsächlich aus der Region kommt).


Fischkopp

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    • Rorschachhamster
Dekadenz unserer Zeit
« Antwort #23 am: 21. Juni 2011, 15:42:05 »
- Mit dem Begriff des Gutmenschen wäre ich vorsichtig, wurde er doch von der NSDAP begründet, um gewisse, kulturelle Abgrenzungen vorzunehmen.
Hust, Hust Also wirklich...
Mein Weblog: http://rorschachhamster.wordpress.com/
"Metagaming is for pussies." -mxyzplk

masse

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Dekadenz unserer Zeit
« Antwort #24 am: 21. Juni 2011, 15:50:29 »
Hab mich schon gewundert, und selbst wenn die Nazis den Begriff "erfunden" haben, was sollte mich daran stören? Es geht doch darum, wie der Begriff auf andere wirkt, nicht woher er kommt.

"Achte nicht bloß auf das, was andere tun,
sondern auch auf das, was sie unterlassen. "
[Von wem auch immer mal so formuliert.]

Vieles wird aber ja leider gar nicht bemerkt, wie Nadir schon erwähnt hat. Aber mehr Müll wegzumachen, als man selbst produziert bzw. allgemein mehr zu tun, als man "müsste" ist wohl der richtige Weg. Und viele Mülltüten sind immer gut!
"Logik ist schwer ueberschaetzt. Ich sag 1+1+1+1+1 = 6
- Das ist doch falsch! - Ich weiss, aber es reimt sich!
Reime sind Freundlich, Logik ist feindlich!" - Kaeptn Peng

Zechi

  • Globaler Moderator
Dekadenz unserer Zeit
« Antwort #25 am: 21. Juni 2011, 15:57:35 »
- Mit dem Begriff des Gutmenschen wäre ich vorsichtig, wurde er doch von der NSDAP begründet, um gewisse, kulturelle Abgrenzungen vorzunehmen.
Hust, Hust Also wirklich...


Aus dem Memorandum zur Initiative Journalisten gegen Rassismus:
Zitat
Semantische Bedeutung und Geschichte von Gutmensch :
Die Behauptung, der Begriff Gutmensch sei von Friedrich Nietzsche geprägt worden, ist sehr
umstritten. Erstmals findet sich das Wort als Bezeichnung für die Anhänger von Kardinal Graf
Galen, der gegen die Vernichtung lebensunwerten Lebens , also die Tötung körperlich und
geistig Behinderter durch die Nationalsozialisten (schließlich mit Erfolg) gekämpft haben. Nicht
klar ist, ob der Begriff von Josef Göbbels oder Redakteuren des Stürmer 1941 ersonnen
worden ist. Gutmensch geht auf das jiddische a gutt Mensch zurück, womit von den
Nationalsozialisten auch ein Bezug zu den lebensunwerten Juden hergestellt werden sollte.
Adolf Hitler hat in seinen Reden und in Mein Kampf ebenfalls die Vorsilbe gut als abwertend
verwendet. So sind für ihn gutmeinende und gutmütige Menschen diejenigen, die den
Feinden des deutschen Volkes in die Hände spielen.
(Erläuterung: Jürgen Hoppe)

Ist aber auch egal, man wird sich wohl einig sein, dass "Gutmensch" kein Argument ist, sondern der Versuch einen Diskussionpartner (oder besser Gegner) als "weltfremd" zu diffamieren. Passt also gut zu der Nazi-Rhetorik im dritten Reich.
« Letzte Änderung: 21. Juni 2011, 15:59:47 von Zechi »
Planen ist alles, Pläne sind nichts.

Moira

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Dekadenz unserer Zeit
« Antwort #26 am: 21. Juni 2011, 16:33:29 »
Ich hätte Gutmensch jetzt ganz anders definiert, nämlich als jemanden der übertrieben versucht als ein guter Mensch dazustehen, es aber nicht ist. Jemand zum Beispiel, der sich als gesundheits- und umweltbewußter Mensch empfindet weil er Bioäpfel kauft, wobei es ihm pupsegal ist, das die Bioäpfel aus Algerien rangekarrt werden.  ::)
"Nur die Lügen brauchen die Stütze der Staatsgewalt, die Wahrheit steht von ganz alleine aufrecht!" Carl Theodor Körner

Talwyn

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Dekadenz unserer Zeit
« Antwort #27 am: 21. Juni 2011, 16:42:09 »
Statt "Gutmensch" hätte ich auch "Öko" oder "Weltverbesserer" schreiben können. Und bevor sich jetzt jemand angegriffen fühlt: Ich zähle mich selbst zu der Gruppe, die sich hin und wieder als dergleichen bezeichnen lassen darf, und ich komme damit gut klar. Das sind nämlich nichts als leere Worthülsen und abwertende Etiketten, die darüber hinwegtäuschen sollen, das man schlichtweg keine Argumente hat.

Zu dem Thema auch ein schöner Beitrag: http://sz-magazin.sueddeutsche.de/texte/anzeigen/35287/

Grumpf

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Dekadenz unserer Zeit
« Antwort #28 am: 21. Juni 2011, 18:01:33 »
Wie es aus sieht gibt auch hier schon eine Lösung für das Problem des Eingangsbeitrags http://www.zeit.de/reisen/2011-06/green-camp

Kilamar

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Dekadenz unserer Zeit
« Antwort #29 am: 21. Juni 2011, 18:29:01 »
Nicht wirklich.
Das ist eine Lösung für den Einzelnen, verhindert aber nicht die Entgleisungen der Anderen.

Zum Zeitpunkt unseres Kartenkaufs war das Green Camp ausgebucht und leider war uns nicht bekannt das später noch Plätze frei waren.
Wir hatten das nämlich im Vorfeld als Alternative diskutiert. Schön das es zu funktionieren scheint.

Kilamar