Autor Thema: The Witchfire Trilogy  (Gelesen 1493 mal)

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DarkAttic

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The Witchfire Trilogy
« am: 16. August 2004, 22:44:45 »
 hallöchen,

hier möchte ich euch zunächst das erste Abenteuer der Witchfire reihe aus spielersicht präsentieren, und hier sind unsere helden:

Last Hodgven, male Midlunder human Gun Mage 1
Das magische Wunderkind, welches sich hinter einer zurückhaltenden Fassade versteckt, ist zweifelsohne etwas Besonderes. Die wenigsten Zauberer in den Ländern Immorens sind dazu imstande, ihre hoch angesehene Kunst mit den Früchten der Industrie zu verschmelzen und noch viel weniger können ihr Talent durch die hochmodernen Feuerwaffen der großen Fabriken kanalisieren. Last gehört hiermit zu einem kleinen Schlag von Gleichgesinnten, die ihre begrenzte arkane Macht mit der rohen Gewalt von Zauberschlosspistolen vereinen können und ist damit ein Faktor, mit dem man rechnen muss. Als letztes Mitglied der Blutlinie Hodgven, weshalb er auch den Vornamen Last erhielt, riss er als Jüngling aus seinem Elternhaus aus um die große weite Welt und das Potential seiner Fähigkeiten kennen zu lernen. Mittlerweile ist Last auf dem Weg nach Corvis, wo er einem dreckigen Halunken nachstellt, der ihm eines Nachts in einer Gaststätte seinen wertvollsten Besitz, die Zauberschlosspistole, während des Schlafes gestohlen hat. Als angeheuerter Wachposten für eine Karawane nach Corvis kommt Last seinem Ziel immer näher.

Quintus, male Morridane human Ranger 1
Das öde und trostlose Land der Morridaner, gespickt von gefährlichen Sümpfen und dunklen Wäldern, ist wohl der lehrreichste Mentor im Leben eines jeden Spurenlesers, hart und erbarmungslos aber dennoch treibend und lohnenswert. Dem jungen Quintus wurde schnell klar, dass es nur zwei Arten von Bewohnern in seiner Heimat gibt, nämlich jene, die die Gesetzte seines Landes kennen und überleben und jene, die ignorant genug waren und auch den Preis dafür zu zahlen hatten. Seine Erfahrung in der Kunst des Überlebens und des Kämpfens haben ihn nach Corvis gebracht, wo es eine gänzlich andere „Natur“ zu bezwingen gilt. Als Morridaner ist Quintus natürlich nicht vor den zahlreichen abwertenden Blicken der anständigen Bürger der zivilisierten Ländereien gefeilt, doch mit seinem geschickt geführten Doppelschwert ist er sehr wohl in der Lage sich dem verbrecherischen Ruf seines Volkes zu entledigen.

Byron Amdrester, male Thurian human Swashbuckler 1
Den Lehrlingsgrad in einer Schwertmeisterschule in Ord zu absolvieren ist kein großes Unterfangen für einen begabten Schüler, doch das Dasein des Gesellenstandes hingegen stellt schon bei weitem eine größere Herausforderung dar. Die hohen Ansprüche, die Ritterlichkeit, der ständige Konkurrenzgedanke, dass alles einer Welt der Magie, der Zahnräder und siedenden Dampfkesseln, Byron hat wahrlich einen schweren Pfad gewählt. Bewaffnet mit Rapier und einem unerschütterlichen Selbstbewusstsein sieht sich Byron als eine Bastion und Inspiration des Edlen in jedem Menschen und wird Leib und Seele ohne zu zögern für diesen Gedanken geben um letztendlich seinem Schöpfer selbst gegenüber zu treten. Auf seinen Reisen durch die Länder Cygnars traf er auf Last, welcher nun sein Begleiter geworden ist und ihm bei seiner Suche nach dem Verbrechergesindel in Corvis zur Seite steht.

Bruder Carigan, male Midlunder human Cleric of Morrow 1
Carigan hat kürzlich die Priesterweihe erhalten und dank seiner kriegerischen Ader einen Posten im örtlichen Tempel des Morrow zu Corvis zugewiesen bekommen. Nicht ein Mann der vielen Worte, zählen für ihn die Taten eines Menschen, welche im Nachleben Zeugnis vor dem Großen Propheten ablegen werden. Carigans Traum ist seinem Gott mit seinen größten Stärken zu dienen, so ist sein Verlangen, in die Ränge der Warcaster aufgenommen zu werden, nicht verwunderlich. Der Posten eines Wachmanns auf einer Karawane nach Corvis hat ihm nicht nur 25 Kronen eingebracht, sondern auch die Verbundenheit mit drei weiteren Menschen, die sich wohl allesamt als Abenteurer bezeichnen.

*

The Longest Night

Akt I

„Corvis?“ fragte der verwundert dreinblickende Karawanenführer Gunner, so, als verstünde er nicht die Unkenntnis der vier mitreisenden Menschen, die ihre Dienste als Wachposten verkauft haben. „Corvis, die Stadt der Geister. Die einzige Stadt in dieser Gegend die überhaupt eine solche Bezeichnung verdient hat. Das Zentrum von Kultur und Technik in einem Umkreis von mehreren Dutzenden Meilen. Wenn ihr ein Geschäft zu erledigen habt und dabei noch richtig verdienen wollte, dann tut dies in Corvis, ihr werdet es sicherlich nicht bereuen. Und außerdem, Corvis bereitet sich gerade auf das kommende Fest der Längsten Nacht vor, ihr konntet Euch wahrlich keinen besseren Zeitpunkt für einen Besuch aussuchen.“ Diese Worte waren wie süßer Honig in den Ohren Lasts, welcher wirklich noch ein Geschäft zu erledigen hatte, doch die Verhandlungen werden wahrscheinlich nicht so lange dauern wie beim Kaufen und Feilschen auf einem Stadtmarkt. Die Pistole war ein Erbstück und als Letzter der Familie Hodgven gehört sie wahrlich nur in seinen Besitz. Aber glücklicherweise wird ihm noch dieser Säbelrassler Byron zur Seite stehen und wenn er den guten Kontakt noch weiter pflegen würde, könnte Last vielleicht sogar noch Quintus und Carigan für seine Sache gewinnen, einen Versuch war es aber zumindest wert. Die bisherige Reise war ziemlich ereignislos und bis auf gelegentliche Stopps in noch uninteressanteren Marktflecken und Gaststätten bereute Byron mittlerweile fast schon seine Teilnahme an diesem Unternehmen. Wie kann jemand seine Kampfeskraft und seinen noblen Willen in der weiten Welt beweisen, ohne, dass er dafür eine Gelegenheit erhält? In Carigans Augen war das letzte Stück ihrer Reise nach Corvis das gefährlichste, denn meist stellen sich die größten Hindernisse einem Reisenden erst kurz vor seinem Ziel in den Weg, und ein Ort wie dieser, der Witwenwald, klingt auch nicht gerade sehr zuversichtlich.

„Nebel!“ Der Ausruf vom ersten Wagen weckte Quintus Neugier. In seiner Heimat verbarg der dichte Nebel meist unaussprechliches Grauen und entweder hatte man starke Nerven oder schnelle Füße. Noch bevor der Spurenleser den zweiten Wagen passieren konnte, brach das Zugpferd des ersten Wagens schwer getroffen zu Boden, als ob es einem unsichtbaren Jäger zum Opfer gefallen war. Dank dem warnenden Gewieher des blutenden Pferdes waren die vier Abenteurer, die einzigen fähigen Wachen auf dieser Karawane, auf einen Angriff vorbereitet, der auch im nächsten Wimpernschlag von statten ging. Aus dem dichten Unterholz zu ihrer Linken und Rechten sausten mehrere primitive Wurfpfeile aus Holz und Knochen auf die Abenteurer zu, welche aber nur in Last ihr Ziel fanden und diesen auch empfindlich an zwei Stellen trafen. Quintus Augen erspähten im brodelnden Nebel eine grotesk aussehende Gestalt, halb so groß wie ein Zwerg und dürr wie ein verdorrter Ast, mit einer olivfarbenen und mit Warzen bedeckten Haut. In seinen Armen trug das Wesen einen Dudelsack ähnlichen Apparat, aus dessen vorderen Lauf der Nebel entsprang. „Sumpfgobbers!“ schrie Gunner lautstark zu seinen Männern. Wie angespornt von dem Warnruf des Karawanenführers, stürmten annähernd ein Dutzend dieser hässlichen Geschöpfe aus dem Dickicht hervor und teilten ihre Aufmerksamkeit zwischen den Wachen und dem Handelsgut auf den Wägen. Mit Knochendolchen bewaffnet, wurden Byron und Carigan von je zwei Sumpfgobbern angegriffen, doch beide behaupteten sich willensstark gegen die kleine Übermacht und erschlugen dabei jeweils einen ihrer Angreifer. Last hingegen suchte sein Heil auf einem sicheren Wagen, welchen die Gobbers nur mit viel Mühe aufgrund ihrer kurzen Beine erklimmen konnten. Den ersten, der es wagte über die Brüstung zu schielen, zertrümmerte Last mit seinem Knüppel den Schädel. Auch Quintus sah den ernst der Lage, doch sein Ziel war nicht die Masse, sondern die Klasse. Durch einen mächtigen Sprint stand Quintus im nächsten Moment bereits in direktem Angesicht des Nebelwerfers und der folgende, mächtige Schlag seines Doppelschwertes teilte nicht nur den Nebel vor ihm, sondern auch das bedauernswerte Geschöpf mit seiner wunderlichen Maschine. Die Lage stand nicht zu Gunsten der Angreifer und diese ergriffen ohne eine Beute gesichert zu haben die Flucht. Die Abenteurer waren siegreich und nur Byron, Last und Carigan trugen mehr oder minder schwere Verletzungen davon, während Quintus sich mit seiner neuen Trophäe vergnügte, dem Nebelwerferapparat.

Die Fahrt wurde fortgeführt und nach einer weiteren Stunde kamen auch schon die Mauern der Stadt Corvis in Sichtweite. Noch vor Einbruch der Dunkelheit befand sich die Karawane in der sicheren Umarmung der Stadt. „Habt Dank, meine Freunde, ohne Euch hätte ich wahrscheinlich keinen so schönen Tag gehabt, aber Ihr habt Euch die versprochenen Kronen redlich verdient. Kommt, begleitet mich in die Kirche Morrows, dort werde ich Euch auszahlen und noch einem alten Freund vorstellen.“ Gunners Einladung konnte die Gruppe natürlich nicht ablehnen und auch Carigans Anliegen war es, den Tempel aufzusuchen und sich seinen neuen Pflichten zu stellen. Der Tempel selber war ein beeindruckendes Gebäude und sicherlich haben die Menschen hier guten Herzens gespendet, damit dieses auch zu Stande kommen konnte. In der Eingangshalle erhielt die Gruppe zunächst ihren Lohn um anschließend eine hektische Bekanntschaft mit Vater Dumas zu machen, dem Kopf der örtlichen Kirche und Freund Gunners. Schnell wurde klar, dass eine wichtige Angelegenheit Vater Dumas zu schaffen machte und dieser die Abenteurer auf ein persönliches Gespräch eingeladen hat, sollten diese Interesse daran zeigen, eine Weile im Dienste der Kirche Morrows stehen zu können. Carigan meldete sich noch kurz bei seinen Geistesbrüdern, während Byron als Dank für die sichere Reise unter dem unverständnisvollen Protest von Last eine Spende von einer handvoll Goldmünzen tätigte. Hierbei fiel dem Schwertgesellen ein junges, bildhübsches Mädchen mit langen schwarzen Haaren auf, welches die versammelte Gruppe durch ein Fenster im Stockwerk über ihnen neugierig musterte. Auf ein höfliches Nicken Byrons hin, verschwand das junge Ding vom Fenster… wie ungeziemt.

Im Empfangszimmer von Vater Dumas, in welches auf die Schnelle genügend Stühle für die Neuankömmlinge gestellt wurden, offenbarte der weißhaarige Mann inmitten seines Lebensabends seinen Kummer: „Corvis ist nicht unbedingt ein Paradies, dennoch geschehen unter meinen Schafen merkwürdige Dinge, Dinge, die nicht im Sinne des Lichtbringers sind. Vor fast einem Monat genau bis zuletzt vor drei Tagen wurden tote Körper aus ihren letzten Ruhestätten gestohlen, Sieben an der Zahl. Das undurchschaubare an diesen Verbrechen ist die Willkürlichkeit, die dahinter steckt, denn sämtliche Leichname stammten aus den verschiedensten Schichten der Gesellschaft und auch ihre Gräber waren einerseits innerhalb der Stadt, andererseits auch außerhalb. Ich bitte Euch, seit auch mir ehrbare Freunde wie Ihr es bei Gunner wart und bringt Licht hinter das Dunkel dieser Taten. Ich kann Euch nichts weiter als eine Unterkunft im Hause Morrows für Eure Mühen bieten, doch Ihr werdet wissen, wenn Ihr in Euer Herz schaut, dass Ihr eine gute Tat vollbringt.“ Einhellig wurde entschieden, dass sich die neu geformte Gruppe sofort mit dieser Aufgabe befasst, und nachdem Vater Dumas noch weitere Details den Abenteurern schilderte, brach die Gemeinschaft zum ersten der insgesamt fünf Orte auf, welche Schauplatz dieser grotesken Diebstähle waren.

Die ersten Untersuchungen wurden auf einem Bauernhof im Norden innerhalb der Stadtmauern getan, doch bis auf wilde Vermutungen und Beschuldigungen seitens der alten Frau des Verstorbenen kam nichts weiter heraus. Es sollen wohl Hexen gewesen sein, die den Körper gestohlen haben sollen, die gleichen Hexen, welche ihr Mann vor zehn Jahren auf einem öffentlichen Prozess als Geschworener in den gerechten Tod führte. Sie seien zurückgekommen um Rache zu nehmen und ihr teuflisches Spiel zu treiben. Zum Abschied trennte sich die alte Frau von ihren zahlreichen Telesma und schenkte sie der Gruppe „zum Schutz vor diesen bösartigen Hexen.“ In unmittelbarer Nähe steuerten die Abenteurer den Nordfriedhof an, wo weitere zwei Leichen ihrem dunklen Bett entrissen wurden. Hier war der Bestatter eine noch geringere Hilfe, denn dieser war wohl eher seinen Flaschen voll Schnaps zugetan als den Abenteurern. Das Dunkel der Nacht tauchte den Nordfriedhof in tiefe Schatten und ein leichter Nieselregen tat sein übriges, um den Schauplatz des Verbrechens eine düstere Note anzueignen. Auch hier fand Quintus keine verdächtigen Spuren und durch den Regen war auch nicht mehr ersichtlich, ob die Gräber von Außen oder vielleicht doch von Innen geöffnet wurden, was Carigan brennend interessierte. Auf dem Weg zurück zum Schuppen des Bestatters traf die Gruppe auf den wohl einzigen weiteren Besucher in dieser späten Stunde, ein Mann in schweren Platten gekleidet, der stumm vor einem Grabstein stand. Der bisherige Tag war keineswegs vergebens, denn anscheinend hatten alle der sieben Verstorbenen etwas mit diesem Hexenprozess vor zehn Jahren zu tun. Schnell wurde der Verdacht geäußert, dass sie wohl allesamt damals Geschworene in diesem Prozess gewesen sein müssten, was durch die Aussagen der alten Frau und des Bestatters bestärkt wurde. Mit diesen Ergebnissen suchte die Gruppe ein Gespräch mit Vater Dumas und breitete ihm das Gefundene vor, wobei wohl ein wunder Punkt bei dem herzensguten Mann getroffen wurde: „Auch ich selber habe mein Haupt in dieser Angelegenheit verschuldet. Es war meine eigene Schwester, welche ich vor zehn Jahren dem Henker übergeben habe. Sie war die Herrin über einen geheimen Hexenzirkel, der angeblich für zahlreiche ruchlose Verzauberungen und Vergiftungen verantwortlich war. Das Ratsmitglied Borloch war die treibende Kraft hinter den Anschuldigungen und auch er war es, der nach meinem Schuldspruch für die Hinrichtung sorgte, und zwar durch einen von ihm gestellten Henker, ein Unbekannter mit einem fürchterlichen Schwert, mit welchem er öffentlich eine Hexe nach der anderen richtete. Ich weiß es noch als ob es Gestern gewesen sei, nach seinem letzten Schlag, als der noch zuckende Kopf meiner Schwester auf die blutgetränkten Holzplanken fiel, so fiel auch der Henker selbst seinen Sinnen beraubt zu Boden, als ob ihm sein blutiges Handwerk die letzten Kräfte geraubt hätte. Daraufhin verschwand der mysteriöse Streiter Borlochs für immer und die kopflosen Körper der Hexen wurden nicht unweit von hier in einem ehemaligen Bunker in den nördlichen Sumpfgebieten für ihre letzte Ruhe bestattet. Alle, bis auf meine Schwester, der selbst im Tode eine ungeheuerliche Macht nachgesprochen wurde. Sie alleine wurde mitsamt dem unheiligen Schwert des Henkers in einer Krypta auf dem Friedhof dieser Kirche bestattet, hier bei mir. Vielleicht war mein Handeln unrechten, doch ich habe es für den Frieden der Stadt Corvis getan. Ihre Tochter, die junge Alexia, habe ich in meine Obhut genommen, sie war noch so jung und unschuldig, sie hatte nichts mit dem bösen Treiben der Vergangenheit zu tun.“ Das fehlende Stück des Puzzles war nun gefunden und langsam aber sicher formte sich ein Bild, wenn auch ein ziemlich beunruhigendes. Am morgigen Tag werden die restlichen Orte der Diebstähle aufgesucht und am übernächsten Tag bedarf es wohl auch einem Ausflug in die Sümpfe, vielleicht warten denn nämlich dort einige Antworten auf ihre Entdeckung. Doch im Moment hatten alle einen langen Tag hinter sich gebracht und eine ebenso lange und erholsame Nacht verdient.

Nach einer erholsamen Nacht in dem geborgenen Gemäuer des Morrow Tempels machten sich Last, Quintus, Byron und Carigan zu den übrigen Orten der vergangenen Schandtaten auf und die gestrigen Offenbarungen von Vater Dumas bestärkten den siegeswilligen Geist der Abenteurer, dass diese auf dem richtigen Weg waren. Ihr erstes Ziel war das Anwesen der vermögenden Sunbright Familie, in welches sie auch dank der gesellschaftlichen Fähigkeiten Byrons ohne weiteres Einlass erhielten. Auch hier wurde schnell klar, dass der Verstorbene Herr des Hauses eine wichtige Rolle im damaligen Hexenprozess als Geschworener innehatte. Der Sohn und jetzige Leiter der familiären Geschäfte erzählte den Abenteurern von einem lauten Knall des Nachts, welcher auch verantwortlich für den zerstörerischen Zugang in die versiegelte Familiengruft war. Eine nähere Untersuchung wurde aber der Gruppe verwehrt. Nun wurden die weniger betuchten Gebiete außerhalb der Stadt Corvis unter die Lupe genommen, allen voran der Knochengarten, eine chaotische Anhäufung von zertretenen Pfaden und unzähligen Gräbern, welche kaum von Grabsteinen gesäumt wurden. Wer in Corvis kein Gold oder Namen hatte, der landete nach seinem Leben hier. Doch an diesem trostlosen Orte sollte die Gruppe ein wenig mehr Glück erfahren, denn wie ein Sendbote der Götter stolperte ein weißhaariger Greis mit verwirrtem Geiste über den Weg der Gemeinschaft, anscheinend ziellos zwischen den nach Humus riechenden Gräbern spazierend. „Ja, sie reden mit mir, den ganzen Tag lang. Meine Freunde schlafen nicht wie es alle sagen, nein, sie sind quick lebendig und sehr gesprächig!“ Der Greis war anscheinend fest davon überzeugt, dass er mit den Toten reden konnte und wahrlich, wo hätte er sich denn sonst am besten einfinden können, außer hier? Zur Verwunderung der Gruppe war allerdings dieses bemitleidenswerte Geschöpf die bisher größte Hilfe auf ihrer Suche nach der Wahrheit und nach einigen goldschweren Überzeugungsmitteln, der Greis lehnte Byrons gut gemeinten Eisernen Rationen ab, zeigte sich der alte Mann sehr viel wissender als erwartet: „Ich habe sie gesehen, ja, das liebliche Kind war von göttlicher Schönheit, ihr Haar so schwarz wie das Gefieder eines Raben, ihre Haut so zartrosig wie die eines Pfirsichs. Sie war hier bei uns als zwei meiner Freunde die Welt der Lebenden der der Toten vorzogen. Was? Ja gut, ich bin ja schon ruhig.“ Ein Kind, im Knochengarten, alleine in der Nacht vor den Stadtmauern? Für Last kam hier nur eine Person in Frage, Alexia, und sie hätte auch genügend Gründe dafür gehabt, doch dieser Anstoß wurde im Keim von Carigan und Byron erstickt, zu abwegig seien diese Anschuldigungen gewesen.

In den südlichen Ländereien in einiger Entfernung von Corvis lag die letzte Station der Gruppe. Ein Gehöft wie jedes andere, hätte es nicht eine traurige Bekanntheit durch das rätselhafte Verschwinden des letzten Leichnams erlangt. Der Eigentümer des Hofes, ein robuster Mann mittleren Alters mit hart gezogenem Gesicht, empfang die neugierigen Abenteurer ein wenig distanziert, anscheinend wollte er die ganze Sache auf sich beruhen lassen. Gesehen und gehört hatte er nichts, doch sein kleiner Sohn, Jimmy, erzählte von diesem Tag an merkwürdige Geschichten, er habe angeblich gesehen, dass sein Großvater aus dem Grab emporstieg und hinter dem Haus verschwand. Der Junge wurde gerufen und vorsichtig ausgefragt, schließlich musste man versuchen den wahren Teil von dem wohl augenscheinlich erfundenen zu trennen, Kinder in dieser Gegend hatten wohl eine blühende Fantasie geprägt vom starken, ländlichen Aberglauben. „Opa ist einfach aufgestanden und… und ging hinter das Haus. Es war so dunkel und nass draußen, ich wollte nicht aus dem Bett, Papa will das nicht.“ Trotz Quintus’ Bemühungen konnten keine verdächtigen Spuren gefunden werden, was wohl allerdings dem Regen zu Lasten gefallen war. Der Witwenwald, der sich hinter dem Gehöft ausbreitete, war dicht und finster, und keine noch so eifrige Suche wäre hier von Erfolg gekrönt gewesen. Nun aber verdichtete sich der Verdacht, dass vielleicht sogar böse Magie im Spiel war und das der- oder diejenigen, welche verantwortlich zu sein schienen, auf dem schnellsten Wege zur Strecke gebracht werden müssen, denn das Böse schläft niemals und nährt sich von Zeit, welche der Gruppe langsam aber sicher wie Sand aus den Händen rann.

Betrübt kehrten die Suchenden in die Stadt zurück, doch die brodelnde Freude auf das kommende Fest der Längsten Nacht konnten sie nicht mit den zahlreichen Bürgern Corvis’ teilen, welche bereits die letzten Vorkehrungen für eben diese Festivitäten trafen. Die Stadt schien vor Enthusiasmus nur so zu pulsieren und die Abenteurer nahmen sich die Zeit für eine Ruhephase, denn am morgigen Tag war die Aufsuchung des Bunkers im Norden außerhalb von Corvis geplant, und dieser sollte nicht leichtfertig werden, dies war gewiss.

DarkAttic

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The Witchfire Trilogy
« Antwort #1 am: 24. August 2004, 21:10:17 »
 Akt II

„Und vergesst den Wachs nicht, falls ihr auf nasse Füße verzichten wollt.“ Die Anweisungen von Quintus waren mit Bedacht gewählt und insgeheim waren die anderen froh darüber, ein Kind der Natur in ihren Reihen zu haben, selbst mit dieser nörgelnden Treiberei. Vater Dumas wurde vor dem Aufbruch davon unterrichtet, aber der Besuch des Bunkers sollte nicht den ganzen Tag in Anspruch nehmen, so dass die Gruppe noch mit den letzten Sonnenstrahlen, welche über das Angesicht Caers wischten, wieder in der Stadt sein sollten. Byron erhielt noch eine Phiole Heilwasser gegen eine erschwingliche Spende und die Gemeinschaft verließ Corvis in nördlicher Richtung.

Der moorastige Untergrund machte die Wanderschaft nicht unerheblich leichter und es schien ganz so, als führte der Sumpf ein fremdartiges Eigenleben, als würde man den Leib eines lebenden Wesens durchschreiten und dieses nicht gewillt war, den Eindringlingen auch nur einen Schritt Boden zu gewähren. Selbst Quintus, der in einiger Entfernung voraus lief, hatte Mühen gegen die widerspenstige Umgebung anzukämpfen. Zum Glück aber war zumindest das Wetter den Wanderern ein treuer Freund und ersparte ihnen Donner und Regen, welcher hier mit Leichtigkeit jeden noch so kleinen Tümpel in eine lebensgefährliche Todesfalle verwandelt hätte. Der Marsch dauerte drei volle Stunden, bis die lang ersehnten Grabhügel, unter welchen die Tunnel in vergessenen Zeiten gegraben wurden, erreicht waren.

 Auf den ersten Blick konnte kein Eingang gefunden werden, bis schließlich Quintus hinter Büschen und Zweigen ein Loch im Stein erspähte, welches anscheinend frei gesprengt wurde. Fackeln und Sonnenstäbe wurden entfacht und Quintus, Byron, Last und zuletzt Carigan zwängten sich durch die schmale Öffnung. Die Luft im vorliegenden Schacht war feucht und klamm, doch einige Fußspuren im matschigen Boden verrieten der Gruppe, dass sie hier nicht alleine waren. Nach einigen Schritte weiter in den Hügel hinein trafen die Abenteurer auf eine rudimentäre Kreuzung, zur Linken und Rechten weitere Räume, vor ihnen ein zerschmettertes Gitter am Boden. In den beiden Räumen wurden zahlreiche erloschene Feuerstellen und Strohhaufen gefunden, ganz klar die Unterkünfte von Sumpfgobbern, so Quintus. Der Gang hinter dem aus den Scharnieren gerissenen Gitter bot weitere Abzweigungen und die Gruppe einigte sich darauf, sich zunächst auf der rechten Seite zu halten um möglichst einen Hinterhalt aus den hinteren Gängen zu vermeiden. Dieser Bereich des Komplexes schien im Gegensatz zum bisherig Gesehenen natürlichen Ursprung zu sein.

Ein leichtes Plätschern lockte die vier Menschen in eine breitere Höhle, die teils unter Wasser stand. Auf dieser natürlichen Wassergrube schaukelte ein kleines Boot stetig im kaum vorhandenen Rhythmus hin und her, befestigt an einem rostigen Eisenring in der Wand am kiesigen Ufer. Noch bevor ein weiterer Schritt getan wurde, entdeckten Quintus wache Augen einen menschengroßen Oktopus, der sich halb im sandigen Untergrund vergraben hatte und halb vom Schatten des Bootes verdeckt wurde. Ganz unmittelbar neben dem Ungetüm lag ein verschnürter Lederbeutel am matschigen Boden der Wassergrube und nur zu gerne hätten die Abenteurer einen Blick in sein Inneres erhascht. Aber es gab keine Möglichkeit um an den kleinen Fund heranzukommen ohne das Monster am Grund zu provozieren. Also hob Byron einen kopfgroßen Stein auf, ging mit diesem zum Ufer und schmiss es nach dem bedrohlichen Geschöpf um es vielleicht sogar ohne einen Kampf zu verscheuchen. Doch diese Rechnung ging nicht auf und blitzartig schossen der Gruppe acht schleimige Tentakel entgegen, welche nach Last griffen, diesen aber nicht zu Fassen bekamen. Der junge Magier versuchte, sich die windenden, knochenlosen Glieder vom Leib zu halten und schaffte dies auch tatsächlich mit seinem rudimentären Knüppel, bis Byron mit einem einzigen Ausfall dem Biest seinen Rapier durch das geifernde Maul trieb und dieses leblos in sich zusammensackte. Quintus holte tief Luft und barg das Objekt der Begierde, während Last das am Seil befestigte Boot zu Land zog. Der Rumpf des Ruderbootes verbarg keine weiteren Geheimnisse, bis auf vier Wasserschläuche und einigen gepökelten Rattenkörpern. Der Lederbeutel allerdings zeigte ziemlich schnell, dass sich die Gefahren gelohnt haben, denn dieser enthielt nebst einigen fast schon antiken Goldmünzen einen schmalen Dolch mit schwarzer Klinge, welche von schwarzen Drähten gespeist wurde und mit nicht zu entziffernden Runen beschriftet war. Carigan erkannte ziemlich schnell, dass diese Waffe nicht nur eine Seltenheit darstellte, sondern auch von magischen Energien durchflutet wurde. Die Vergabe des Schatzes ging unmittelbar von Statten und Last war der Glückliche, der seinen Knüppel gegen den Dolch eintauschen durfte, dies schien nach Carigan äußerst passend zu den hexischen Künsten seines Gefährten.

Die Wassergrube wurde hinter sich gelassen und die Gruppe folgte langsam dem Lauf des engen Ganges. Aber weiter erhoffte Schätze wurden nicht gefunden, bis schließlich das Ende des Ganges in einer weiteren natürlichen Höhle endete, welche von zwei riesigen Stalagmiten in Zwei getrennt wurde. Vorsichtig tat Quintus Schritt um Schritt und umrundete den hinteren Teil der Höhle. Hier stieß er auf ein groteskes Bild. Das Skelett eines Sumpfgobbers, gekleidet in verrottetem Leder, auf einem Bett aus Moos liegend, ganz so, als würde die Kreatur ihren letzten Schlaf antreten. Last brach um die Ecke und entdeckte aus der Ferne ein intaktes Gefäß am Gürtel des Skeletts. Dieser stürzte nach vorne, wurde aber abrupt vom Waldläufer mit bestimmtem Griff zum Halt gebracht. „Böse Pilze.“ Last war für die Warnung wirklich dankbar, doch wollte er trotzdem nicht auf das Gefäß verzichten und kanalisierte seine minderen, arkanen Kräfte. Im nächsten Augenblick schwebte das Gefäß wie von Geisterhand geführt zum Magier, welcher seine neue Errungenschaft mit einem breiten Grinsen entgegennahm, ganz zum Leidwesen Carigans.

Mit neuem Mut bestärkt ging es zu den unerforschten Gebieten der Tunnel. Der weiterführende Gang war wieder eine gerade Linie und im Schein der Fackeln und Sonnenstäbe konnten die Abenteurer erkennen, dass dieser wieder vor Urzeiten aus dem soliden Stein gemeißelt wurde. Unter jedem Schritt platschte das nasse Fußwerk der Gruppe und ein unbemerktes Anschleichen schien unmöglich. Doch abermals machte sich Quintus verdient, als er seltsame Geräusche an einer etwa ein Dutzend Schritt entfernten Abzweigung vernahm, ein Grunzen und Schnattern und vielleicht sogar einige Worte in einer fremden Sprache, eindeutig ein denkendes Wesen! Blicke wechselten die Gesichter und einstimmig entschied sich die Gemeinschaft dafür, das bisher ungesehene Geschöpf mit der schieren Masse von vier menschlichen Leibern zu überrennen und gefangen zu setzten. Der Plan wurde sofort umgesetzt und schwere Stiefel stampften hastig durch die engen Tunnel. Rasch wurde die Distanz überwunden, die Ecke umrundet… und vor den Abenteurern kauerte in einem ansonsten leeren Raum ein einzelner Sumpfgobber. Dieser erstarte vor Furcht und ließ sich ohne nennenswerte Gegenwehr fesseln. „Tut ihm nix, Borkanhekkanaken hat nix wehgetan! Er muss hier bleiben, Zimmer von Chef saubermachen. Chef im Sumpf, Hexe hat viele Krieger von Stamm getötet, Chef nun Angst. Hexe hat die schlafenden Menschleins geweckt, Borkanhekkanaken hat alles gesehen, er kann sich gut verstecken. Nein, Hexe weg, mit den anderen Menschleins.“ "Bork" wusste leider nicht, wohin die anscheinend fünf Frauen gegangen sind, aber vielleicht hatte die Gruppe noch Glück und würde einige Hinweise auf den Verbleib dieser unheiligen Kreaturen finden. Dem eingeschüchterten Sumpfgobber wurde sein Leben versprochen, welches Wort er von Byron erhielt, denn dieser konnte kein wehrloses Geschöpf töten noch getötet werden sehen.

Der Gang endete in einem letzten Raum, eindeutig die Grabkammer und letzte Ruhestätte der hingerichteten Hexen. Die schweren Steinsärge standen allesamt offen, ihre staubigen und nach verwestem Fleisch stinkenden Bäuche leer. Eine Bewegung! Hinter den Särgen stiegen plötzlich drei klappernde Skelette empor, ihre bleichen, grünen Knochen mit fremden, rot glühenden Schriftzeichen beschmiert. Sie taten den ersten Schritt, Quintus den zweiten. Sein Doppelschwert umher schwingend, begegnete der wortkarge Waldläufer dem untoten Schrecken von Angesicht zu Angesicht. Die Skelette aber besaßen eine unmenschliche Schnelligkeit, mit welcher keiner der Abenteurer gerechnet hatte und erst Recht nicht Quintus, und sein Angriff war vergebens. Byron folgte und ging in die Mensur um den Spielraum seiner Widersacher zu verringern, doch auch seine Schläge konnten die mit Krallen wild um sich schlagenden Ausgeburten Thamars nicht in die Knie zwingen. Selbst der magische Dolch Lasts vermochte keine größeren Schäden zu verrichten, doch wo sie alle versagten, dort sollte ein Diener Morrows siegen. Mit einem Stoßgebet auf den Lippen und dem heiligen Zeichen seiner Gottheit in der Hand, erweckte Carigan die Macht der Großen Propheten und Heilands der Menschheit, welche augenblicklich den Raum füllte und die verderbten Kreaturen in die Ecke der Kammer zwang. Hier hatte die Gruppe leichtes Spiel und einige Atemzüge später war der Feind besiegt. Trotz des Sieges war dies sicherlich kein Tag für die Streiter des Guten, doch die Gejagten hatten ihre Spuren hinterlassen. Auf einer steinernen Ablage an der nördlichen Wand waren zahlreiche Zettel mit ebenso zahlreichen und obskuren Notizen, als auch Reste von diversen Pulvern und Nähzeug. Die Gruppe war zu spät und diese Hexe konnte sich holen wonach es ihr begehrte, für welche Zwecke auch immer.

Corvis. Die Stadt der Geister war seit Beginn an ein einladendes Fleckchen Erde und gewiss konnten sich die Abenteurer den Schmerz vorstellen, wenn die dunklen Pläne, die langsam aber sicher ihren Lauf nahmen, Früchte tragen würden. Die Längste Nacht stand kurz bevor, gerade einmal zwei Tage und noch gab es keine stichhaltigen Beweise um die Hintermänner dingfest zu machen. Die Reise zurück bot den Abenteurern Zeit für weiterführende Gedanken und eines war sicher, die junge Alexia schien ihre zierlichen Finger im Spiel zu haben, auf die eine oder andere Weise. Vater Dumas würde dies nicht verstehen wollen und so galt es, auf seine Hilfe in naher Zukunft zu verzichten und ihm zu gegebener Zeit die ganze Wahrheit zu offenbaren. Der Tempel Morrows bot wie zuvor auch schon eine angenehme Atmosphäre der Geborgenheit und Bruderliebe, doch dies alles war ein Luxus, den sich die vier Menschen im Moment nicht leisten konnten. Sofort wurde Vater Dumas aufgesucht und die schlechten Nachrichten überbracht, wobei Carigan seine Worte weise wählte und jeglichen Verdacht über die geliebte Nichte des Priesters verschwieg. Die Gruppe musste einen anderen Weg einschlagen und dieser schien auch weniger auf Alexia bezogen. „Das Grab meiner Schwester ist absolut sicher, niemand wäre dazu im Stande die mächtigen Schutzzauber zu brechen, welche über diesem Ort liegen. Aber wenn ihr derart davon überzeugt seid, dass diese verderbten Verbrecher hinter dem leblosen Körper meiner Schwester her sind, so sollt ihr euch selbst davon vergewissern, dass alles in bester Ordnung ist, denn der Herr wird dies nicht zulassen.“ Vielleicht hatte der ehrwürdige Vater auch Recht, doch im Moment konnte sich die Gemeinschaft nicht auf ein göttliches Wunder verlassen, selbst dem frommen Carigan und erst recht Last war dies bewusst. Vater Dumas begleitete die Gruppe durch die Flure des Tempels zum Ausgang hin, als sie dort stand, unschuldig und doch mit neugierigen Augen dem Vorhaben der Fremden folgend. Alexia lehnte an der Wand, sie war zum Greifen nahe, doch dies war unmöglich. Schweren Gemüts mussten die Abenteurer von ihr ablassen und weiter Vater Dumas folgen. Alexia schaute ihnen nach.

Die Krypta war im tadellosen Zustand, der feine Granit fing nicht einmal Staub, so als ob dieser Ort nicht vom Strom der Zeit heimgesucht wurde. Und wie vermutet war der prunkvolle Sarg ungeöffnet. Wieder standen die Abenteurer vor einem Rätsel, der Weg verschleiert vom Dunst der Ungewissheit. Man konnte sich Illusionen hingeben, sich vor der Wahrheit verschließen, doch musste die Gruppe jetzt dem unausweichlichen Pfad folgen, der die ganze Zeit über vor ihnen lag. Es wurde beschlossen, ihre gesamte Aufmerksamkeit Alexia und ihrem Treiben zu widmen. Byron wurde von den anderen dazu auserkoren, direkt an das junge Mädchen zu treten, in Ord waren die Leute für ihre spitzen Zungen wohl bekannt, während der Rest der Gemeinschaft unauffällig im Hintergrund arbeiten sollte. Byron machte sich auf die Suche, doch Alexia schien spurlos verschwunden. Nach den Auskünften der Mönche im Tempel sei dies nicht ungewöhnlich für Alexia, sie schien wohl ein Faible dafür zu haben, von einem Augenblick auf den nächsten zu verschwinden. Der junge Schwertgeselle versuchte sein Glück in der Zelle des Mädchens und klopfte an. Es ertönte ein Rumpeln und hastiges zuschnüren von Lederriemen oder Gürteln. Daraufhin öffnete sich die Tür und Alexia stand dort. Das Gespräch war oberflächig, bewusst stümperhaft geführt, doch die Eindrücke, die von Alexia gewonnen wurden, schienen hinreichend. Die Nichte Dumas führte etwas im Schilde und ihre Fähigkeiten zu Lügen und zu Betrügen schienen denen von Thamar in nichts nachzustehen. Das Geschehene wurde den anderen Abenteurern überbracht und man stellte sich auf eine kommende Beschattung ein, denn beim nächsten Ausflug Alexias wird die Gruppe dabei sein. Doch zuvor bereitete sich die Gruppe auf den kommenden Konflikt vor und tauschte die Beute aus den Grabhügeln in bare Münze ein. Last erstattete sich bei Hamil Bodak, dem renommiertesten Waffen- und Rüstungshändler der Stadt, eine Pistole, welche normalerweise nur in den Rängen des Militärs zu finden war, während Carigan seinen Leib mit einer neuen Plattenrüstung zu schützen gedenkte. Zuletzt kaufte auch Byron einen außerordentlich gearbeiteten Buckler, der ihn nicht in seiner wirbelnden Kampfesweise beeinträchtigen würde.

Es war so weit, die vier Ausgänge des Tempels wurden von den vier Abenteurern besetzt und tatsächlich machte sich Alexia auf den Weg mit einem festgeschnürten Rucksack bepackt, ganz so, als würde sie eher hinaus schleichen wollen. Die Verfolgung zog sich durch den ganzen Abend, von Norden nach Süden, Osten nach Westen, bis Alexia schließlich doch wieder im Tempel ankam. Vergebens, sie musste die Abenteurer bemerkt haben! Doch sie wird es noch einmal versuchen wollen, vielleicht sogar im Schutze der Nacht. Die Zeit verstrich und Corvis’ Angesicht wandelte sich, der metallische Lärm des Hafens versiegte, die Marktschreier gingen nach Hause und die Ratten krochen aus ihren Löchern, bei Nacht war Corvis ein gefährliches Pflaster. Die Gemeinschaft wurde unruhig, der Tatendrang ließ sie nicht ruhen. „Ich werde noch einmal nach ihr schauen, vielleicht…“ Byron suchte abermals die Zelle Alexias auf, was er sich davon versprach wusste nicht einmal er selbst. Er klopfte. Nichts. Er klopfte wieder. Keine Antwort. Selbst auf Bitten hin, die Tür zu öffnen regte sich nichts. Sie ist ihnen entschlüpft. Die Gruppe versammelte sich vor der Zelle und debattierte, ob ein Einbruch an diesem Orte Rechtens wäre, doch ohne Beweise war dies unmöglich. Byron und Carigan konnten und wollten nicht für dieses Vorhaben bürgen, für Last und Quintus war dies die einzige Möglichkeit, dem Spuk für immer ein Ende zu setzten. Der Streit drohte zu eskalieren, als Last und Quintus aufgaben. „Ihr werdet es bereuen diese Chance ausgelassen zu haben, das Schicksal wird gewiss nicht mehr so gnädig mit uns sein!“ Last verlies erzürnt den Korridor, Quintus folgte und auch Byron und Carigan ließen von der Zelle ab. Ein schlechter Tag für die junge Gemeinschaft.

Die Nacht war sternenklar und selbst der Rauch der Hafenfabriken konnte ihr nicht den Glanz rauben. Leise rauschte der kühle Nordwind durch das Blätterwerk der zahlreichen Bäume des Tempelgartens. Die Wand wies genügend Freiräume auf und die wettergegerbten Finger fanden ihren Halt. Ein leichtes Stöhnen war zu vernehmen, welches sich aber schnell in der Leere der Nacht verlor. Quintus hatte im Schutz der Außermauer das Fenster erreicht und hob vorsichtig das feine Glas aus seiner Verankerung. Geschafft, der Morridaner gelang unbemerkt ins Innere von Alexias Zelle. Byron erzählte noch zuvor etwas von einem hastig geschlossenen Schrank oder dergleichen und das Zimmer wies ebenso einen auf. Mit flinken Fingern durchsuchte Quintus das rustikale Gerüst und fand neben Kleidern und einigen Schreibutensilien nichts weiter Interessantes. Ein Grinsen breitete sich im Mundwinkel des Waldläufers aus. Unter den Haufen an Gewändern verbarg sich ein doppelter Boden. Schnell wurde das Geheimfach geöffnet und in diesem befand sich ein einzelnes Buch über die Entstehungsgeschichte der Stadt Corvis. Ein schnelles durchblättern förderte eine Karte des Abwasserkomplexes der Stadt zu Tage, welche mit einem Eselsohr markiert war. Das war es! Alexia nutzte die Kanäle unter Stadt um unbemerkt den Tempel zu verlassen, denn es führte ein Zugang aus den unteren Katakomben des Tempels in diese vergessenen Bereiche von Corvis. Außerdem erkannte Quintus, dass auf dieser Karte ein Ort verzeichnet war, der Alexia wohl wichtig genug erschien, um diesen im Buch festzuhalten. Ich wusste es, Byron und Carigan werden Augen machen! Quintus entriss dem Buch die Karte und nahm den gleichen Weg hinaus. Er suchte seine Gefährten auf, riss die Schlafenden aus ihren Träumen und präsentierte ihnen seinen Fund. In der Tat, Byron und Carigan waren sprachlos und selbst Last verkniff sich seine bissigen Kommentare, denn es war nicht an der Zeit sich zu Streiten sondern dem Bösen Einhalt zu gewähren. Das leichte Gepäck wurde festgeschnürt und die Jagd begann.

Die Katakomben des Tempels hatten etwas Düsteres an sich. Nicht, dass sie ein Schlupfloch von etwas Bösem sein könnten oder gar, dass sie so dunkel waren, es war die Vergessenheit die hier herrschte. Die Abenteurer fanden den Zugang zu den Abwasserkanälen ohne weitere Mühen und die neuen Ketten an der eisernen Tür verrieten, dass dieser Weg auch noch in Gegenwart genutzt wurde. Ein stinkender Schwall stieß den Abenteurern ins Gesicht, als diese die Gänge unter Corvis betraten. Quintus nahm sofort eine Spur auf, zweifelsohne jene von Alexia. Es war ein Leichtes, den Spuren zu folgen, vielleicht auch schon zu leicht. Die Wände waren beschmiert vom Schmutz der Jahrhunderte und das brache Wasser, welches unter den Füßen der Gruppe in die Dunkelheit floss lud ganz bestimmt nicht zu einem Bad ein. Der enge Abfluss öffnete sich einem großen Kanal, über den eine morsche Holzplanke gelegt wurde um die andere Seite zu erreichen. Das Holz hielt dem Gewicht stand und Quintus, Byron, Carigan und Last schafften den Übertritt. Wie auf diesen Augenblick wartend, stürmten ohne Vorwarnung drei Skelette um die Ecke, welche jenen in der Grabkammer in den Sümpfen ähnelten, ihre grünen Knochen mit roten Schriftzeichen beschmiert. Sie droschen auf Quintus ein und dieser musste sich ganz alleine zur Wehr setzten, denn der Absatz auf dem sie standen, gewahr nur einer Person Platz zum Kämpfen. Last schmiss seinen Knüppel nach den Ungeheuern, denn seine Pistole hätte man hier selbst am anderen Ende der Stadt gehört, und traf auch das Vorderste empfindlich am Kopf. Quintus rang seinen unmittelbaren Gegner mit dem Doppelschwert zu Boden, als die Knochen zersplitterten und im dunklen Abwasser versanken. In einer flüssigen Bewegung balancierte Byron an Quintus vorbei und nahm den freien Platz vor ihm ein, während sein Rapierl ein weiteres Skelett zerschmetterte. Abermals rückte Quintus nach Vorne und streckte auch den letzten Feind nieder. Alexias Rechnung war wohl nicht aufgegangen, doch sie erwartete ungebetene Gäste, dies war sicher.

Der matschige und stinkende Kanal mündete in einem riesigen Abflussrohr, der unzweifelhaft den Schwarzen Fluss speiste, welcher Corvis in zwei Hälften teilte. Hier fanden die Abenteurer eine Tür, klar das Versteck von Alexia. Leise öffnete Quintus die Tür und nacheinander betraten die vier Menschen einen weiteren Gang, dessen Ende von einem fahlen Licht erhellt wurde. Die Glieder gaben nach, die Knochen erstarrten. Die Gruppe ist einer magischen Falle zum Opfer gefallen! Aus der Finsternis schritt ihnen Alexia entgegen, begleitet von vier weiteren Skeletten. „Ihr habt es also hierher geschafft, ich bewundere euch. Doch ihr müsst wissen, dass alles, was ihr getan habt, vergebens war. Niemand wird mir meine Rache nehmen, niemand! Sie alle werden büssen, ihr werdet sehen. Nur mein Onkel, nur er… hat es nicht… nein, schafft sie hinfort!“ Ihrer Waffen beraubt und geknebelt wurden die Abenteurer ohne Gegenwehr leisten zu können, durch einen vergessenen Komplex gezogen, bis sie schließlich in eine von zahlreichen Kerkerzellen eingesperrt wurden.

„Es wird nicht halten, Byron. Sieh es endlich ein, wir sind allesamt dem Tode geweiht.“ Das pessimistische Nörgeln Lasts hielt den Schwertgesellen jedoch nicht davon ab zu versuchen, mit Hilfe des rostigen Stück Metalls, welches er in einer Ecke der Zelle fand, die Gittertür aufzubrechen. Ein klingender Laut von berstendem Eisen schallte durch die feuchten Gänge… und die Tür stand offen. Mit einem besserwisserischen Grinsen trat Byron hinaus, dicht gefolgt vom Rest der Gruppe. Nun waren zwar frei, aber ohne Waffen und derart war jede Konfrontation mit Alexia oder ihren untoten Handlangern der reine Wahnsinn. Zur Linken der Gruppe wand sich der Zellengang mit noch zahlreichen weiteren Kerkern seinen Weg durch das kalte Gestein und zur Rechten war eine Biegung zu sehen, vielleicht der Ausgang? „Rechts lang.“ zischte Quintus leise zu seinen Kameraden und einhellig wurde dieser Weg genommen. Und bereut wurde diese Entscheidung keineswegs, denn hinter einer morschen Tür fanden die Abenteurer einen Brunnenraum und ihre Waffen. Selbst in dieser dunklen Stunde schienen die Götter Immorens mit ihren Kindern zu sein.

Mit neuem Eifer und altem Stahl durchkämmten die vier Menschen das Versteck Alexias, doch dieses war entgegen aller Befürchtungen wie ausgestorben, weder Lebendes noch Totes schritt in der Dunkelheit auf und ab. „Haltet ein! Habt ihr das gehört?“ Die Neugier des aufmerksamen Morridaner wurde auf eine verstärkte Tür gezogen, oder viel eher auf jenes, was hinter der Tür kroch. Geziert war das hölzerne Bollwerk mit einem verschmierten Symbol, welches keiner der Abenteurer deuten konnte. Schwerter wurden bereitgehalten, Schilde vor den Körper gehoben und Feuerwaffen schussbereit gemacht, als das geschwärzte Holz der Tür den gemeinsamen Kräften von Quintus und Byron nachgab. Ein stinkender Schwall von verwestem Fleisch drückte der Gruppe aufs Gemüt, als urplötzlich eine humanoide Gestalt aus den langen Schatten des Raumes sprang, begierig danach, seine knochigen Finger in das warme Fleisch der Eindringlinge zu stoßen. Doch der vorbereiteten Übermacht der Abenteurer konnte das seelenlose Wesen nichts entgegensetzten, als es unter einem Sturm von Klingen und Pistolenkugeln dar niederging. Untersuchungen an dem offensichtlich wiederbelebten Leichnam förderten zu Tage, dass es sich hierbei um einen der kürzlich gestohlen Körper handeln muss, doch zu welchen Zwecken blieb der Gruppe verwährt. Die war einer, doch sieben wurden ihrer letzten Ruhestätte entrissen, also wurde der Komplex weiter nach den Restlichen durchsucht und auch gefunden. Sechs weitere Diener Alexias fanden ihren ewigen Schlaf unter den entschlossenen Hieben und Stichen der vier Gefährten, doch Alexia konnte wieder einmal ihrem Schicksal entfliehen, denn weder in ihrem Studierzimmer noch in irgendeinem Versteck war sie anzutreffen. Noch einmal wird sie ihnen nicht entkommen.

Der Weg zurück in die einladenden Gemäuer der Kirche von Morrow war weniger anstrengend und Vater Dumas stand der Gruppe wie immer sofort für berichtende Worte zur Verfügung. „Das ist beunruhigend. Meine Nichte scheint wirklich den verdorbenen Pfad eingeschlagen zu haben und ich habe es nicht gemerkt. Oh Alexia, war ich ein so schlechter… Vater? Morrow, sei mir gnädig.“ Der alte Mann sank kraftlos in seinen Stuhl, er hatte etwas verloren was ihm niemand mehr zurückgeben konnte. „Vater Dumas, wir können eure Nichte zurück ins Licht führen, doch dafür brauchen wir eure Hilfe. Ihr seid ein angesehener Mann hier in Corvis und sicherlich kennt ihr zahlreiche Personen mit Macht, Dinge zu bewegen. Wir müssen die Gefangennahme eurer Nichte in der Stadt ausrufen, so dass sie nicht mehr unerkannt in diesen Straßen wandern kann.“ Auf das Bitten Bruder Carigans versicherte Vater Dumas ihm, dass er einen alten Freund bei der Stadtwache aufsuchen wird, er sei ihm noch einen Gefallen schuldig. Die Stunden verstrichen, doch die rastlose Gemeinschaft fand keine Ruhe. An jedem Atemzug der verstrich, entfernte sich Alexia mehr und mehr der Reichweite der Abenteurer und die dunkle Maschinerie, die Hintergrund lief, nahm stetig bedrohlichere Gestalten an. Ein Akolyth betrat die Zelle Carigans. „Werter Bruder, eure Anwesenheit wird von Vater Dumas erwartet.“ Eine gute Kunde, hat der weißhaarige Vorsteher der Kirche Morrows doch etwas erreicht? Carigan holte die anderen beisammen und suchten das Empfangszimmer auf. Hier warteten gleich zwei Personen auf die Gruppe, einerseits Vater Dumas mit einem viel versprechenden Gesichtsausdruck, andererseits ein Mann in einer Vollrüstung mit einem Umhang, auf welchem das Wappen der Stadtwache von Corvis prangte. Es war jener Mann, den die Gruppe vor zwei Tagen alleine auf dem Nordfriedhof traf. „Hauptmann Julian Helstrom, erfreut eure Bekanntschaft zu machen.“ Der Hauptmann der Stadtwache? Dies war wahrlich nicht das, womit die Abenteurer gerechnet haben, doch den Suchenden wird gegeben werden. „Vater Dumas hat mir von dieser äußerst unheilvollen Lage berichtet und meine Informanten haben mir bestätigt, dass seine Nichte beritten die Stadt vor wenigen Stunden durch das Nordtor verlassen hat. In dieser Richtung gibt es nur einen Ort, an dem sie sich verstecken könnte, nämlich der verlassene Außenposten Rhyker. Ich kann zu meinem Bedauern keine meiner Wachen erübrigen, das Fest der Längsten Nacht überfordert bereits jetzt schon meine unterbesetzten Posten, doch euch scheint es an Kampferfahrung nicht zu mangeln und wie es aussieht, bedarf es wohl keiner weiteren Anweisung. Die wenige Hilfe, die ich euch geben kann wäre diese Pistole mitsamt Munition und drei weitere Sprengfässer, um jeglichen Widerstand vom Angesicht Immorens zu sprengen.“ Es bedarf wahrlich keiner weiteren Anweisungen, denn noch bevor das letzte Wort im Raum verklang, wurden bereits die Pferde gesattelt und der Blick nach Norden gerichtet.

DarkAttic

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The Witchfire Trilogy
« Antwort #2 am: 26. Dezember 2004, 15:33:42 »
 Akt III

Sieht nach Regen aus. Der prüfende Blick Carigans wanderte über das Firmament Caens und je weiter er nach Norden reichte, desto finstere Wolkentürme erfasste er. Ein böses Omen? Der Spurenleser Quintus hielt die Gemeinschaft auf trapp, ganz zum Verdruss Lasts, der den konzentrierten Galopp seines Kameraden nicht nachvollziehen konnte, denn schließlich waren sie auf der einzigen Straße weit und breit und Alexia wird wohl kaum den Weg querfeldein eingeschlagen haben. Der junge Pistolenmagier entschied sich schlussendlich dazu den Mund zu halten, er wollte den Morridaner doch nicht auf falsche Gedanken bringen. Der Ritt nahm den halben Tag in Anspruch, bis die Gruppe die Ausläufer eines nahen Waldgebietes erreichte. „Es kann nicht mehr weit sein, wir sollten zu Fuß weiter gehen.“ Quintus stieg ab und durchschritt die erste Baumreihe, die anderen folgten ihm. Ein paar dutzend Schritte später erreichten sie die andere Seite des Waldes und erblickten Fort Rhyker. Die von Wetter und Zeit gemarterten Mauern der Festung ruhten scheintot auf zwei steinernen Hügeln und die beiden Abschnitte der Burg wurden mit zwei Brücken verbunden. Die mit tiefen Rissen durchzogenen Türme ragten wie gebrochene Finger in den Himmel, so als würden sie in einem letzten vergeblichen Aufbäumen nach einem rettenden Strick greifen, der sie vor einem tödlichen Sturz bewahren würde. Scheintot traf es wirklich, denn verlassen war die Festung keineswegs. Die unmittelbaren Ebenen vor den Ruinen waren aufgewühlt und kleine Gruppen von Personen scharten Unmengen von Steinen oder Wurzeln aus dem feuchten Boden und warfen sie auf breite Karren. Diese wiederum wurden dann ins Innere der Festung gebracht. Neben diesen Arbeitern patrouillierten noch weitere Gruppen von Wächtern auf dem flachen Land, Besucher schienen hier nicht willkommen zu sein.

„Ich weiß nicht wie es euch geht, ich aber würde sehr gerne wissen, was die da vorne treiben und das sie Brennholz sammeln kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen.“ Byron hat lediglich das ausgesprochen, was im Schutz des Waldes jeder dachte. Nun galt es, geschickt den Patrouillen auszuweichen, einen dieser Karren zu begutachten und schlussendlich einen Weg ins Innere von Fort Rhyker zu finden, wo sich wohl die wahnsinnige Verräterin Alexia aufhalten muss. Die Pferde wurden an Bäume geschnürt und schnellen Schrittes überquerten die Abenteurer die weite Ebene auf einen Karren samt der hölzern vor sich hin arbeitenden Mannschaft zu. „Untote!“ Carigan griff nach dem heiligen Symbol Morrows, welches um seinen Hals baumelte, als die vier Menschen klar erkannten, dass die Mannschaft aus wandelnden Skeletten bestand und diese dem Leib der Erde Knochen entrissen, welche sie dann auf den Karren warfen, dieser war mittlerweile zum Bersten mit vergilbten Gebeinen gefüllt. „Wir befinden uns auf einem alten Schlachtfeld!“ Ohne nennenswerte Gegenwehr wurden Schädel gespalten und Knochen gebrochen, doch entgegen aller Vorsicht zog der kurze Kampf die Aufmerksamkeit einer Patrouille auf die Gruppe und es kam am Karren zu einem mörderischen Scharmützel. Die Wachen der Festung, auch Skelette, waren in Ketten gekleidet und trugen schartige aber gefährliche Schwerter und Äxte bei sich, die sie auch gekonnt schwangen, so als würde ein unsichtbarer Mentor ihnen jeden einzelnen Schritt präzise befehlen. Last musste auf seine beiden Pistolen verzichten, er war der Glückliche, der die Pistole des Wachtmeisters Helstrom im Kampf führen durfte, denn ein einzelner Schuss würde meilenweit zu hören sein. Auch Byron tat sich schwer, denn sein Rapier traf punktgenau in Herz und Lunge und doch fehlte es ihren untoten Widersachern an eben diesen Organen. Quintus lieferte sich einen erbitterten Zweikampf mit dem Anführer der Patrouille, doch die Schläge seines Doppelschwertes wurden fast allesamt von der Brustplatte des Skeletts abgefangen. „Morrow, erhöre dein Kind, steig zu uns hinab und blende den verderbten Feind mit all deiner Herrlichkeit!“ Was auch immer Carigan dort tat, die Hälfte der Untoten ergriff wie von Panik erfasst die Flucht und der Priester setzte augenblicklich nach, als nach wenigen Atemzügen sein Schwert und der Knüppel Lasts die Flüchtenden niederstreckten. Auch Byron und Quintus gewannen dank der Wendung die Oberhand und übrig blieben nur große Haufen von rostigem Metall und bleichen Knochen.

Dies sollte der Gemeinschaft eine Lehre sein und stillschweigend und jeder Konfrontation ausweichend erreichte sie den ersten Wehrturm von Fort Rhyker. Die Zugbrücke war hinab gelassen und der Eingang zur Festung schien eher wie der hungrige Schlund eines fleischgewordenen Alptraums. Aus der Dunkelheit im Inneren kamen schabende Geräusche und Knochen trafen auf Stein, wieder und wieder. Im Vorraum waren zwei weitere Karren abgestellt und eine kleine Ansammlung von Skeletten schaffte die unzähligen Knochen über eine rustikale Plattform in eine tiefere Ebene. „Wofür brauchen die bloß all die Knochen?“ Die angewiderten Worte Lasts vermochten selbst dem stets ausdruckslosen Quintus ein unterdrücktes Schlucken zu entlocken, doch dort unten war im Moment zu viel Tumult, zu viele untote Augen, die sie zu entdecken vermochten. Also wählte man die Treppe nach oben, vielleicht lässt sich hier auch etwas finden, was das Geheimnis um Fort Ryhker lüften könnte. Der staubigen Wendeltreppe folgend, erreichten die vier schleichenden Abenteurer das erste Stockwerk. Hier führten die Stufen der Treppe weiter zum Dach und eine einzelne Tür in einem langen Flur zu weiteren Räumen. Quintus horchte an der Tür und zog sich ratlos zurück. Die anderen lauschten nacheinander, doch keiner konnte die klappernden Geräusche verstehen, die wohl einem geordneten Rhythmus einer Sprache folgten. Mit einem Ruck stemmte Byron die Tür auf und Quintus und Carigan stürmten in eine Gruppe von Skeletten, die wohl anscheinend gerade einen Appell durchführten. Stumm hieben die Burgwächter auf die Abenteurer ein, die sich mit Schwert und Knüppel zur Wehr setzten. Ihr Anführer schwang ein blitzendes Langschwert, welches melodisch mit jedem Schlag durch die Luft schnitt und leicht die ganze Gruppe in Schach hielt. Und wieder einmal bewies Carigan seinen Gefährten, dass die Macht der Götter sehr real sein kann und beschwor die Präsenz seines Herren Morrow in den Raum, welche abermals die Stunde des Sieges entschied, doch wo die niederen Kämpfer wichen, dort blieb ihr Anführer standhaft. Stahl traf auf Stahl, Blut floss und unterdrückte Schmerzesschreie wurden den lebenden Körpern entrissen, bis ein zielsicherer Schlag Carigans den Arm samt Schwert vom Rumpf des Anführers trennte und die Klingen von Quintus und Byron als auch der wütende Knüppel Lasts Schlag um Schlag das untote Leben aus seinen Knochen pressten. Verletzt aber siegreich suchten die Gewinner nach Hinweisen von Alexias Aufenthalt, fanden aber nichts, bis auf Carigan. „Möge dir dieses Schwert so pflichtbewusst dienen wie du Cygnar gedient hast.“ Der Priester zitierte die Inschrift am Heft der Klinge und dank seiner göttlichen Gabe, Magie zu wirken, fand dieser voller Verwunderung schnell heraus, dass das Schwert magisch war, ein wahrlich großer Schatz in den Ländereien Immorens. Die erschöpften Augen Carigans verrieten den anderen, dass das vergossene Blut nicht vergebens war.

Die begrenzten Heilkräfte, die die Götter Caens ihren frommen Dienern gewährten, ließ der Priester seinen Gefährten zu teil kommen, bevor der Weg zum Dach fortgeführt wurde. Von den Zinnen aus bot sich den Abenteurern ein gewaltiger Anblick über die Ebene vor der Festung und wäre der Tag sonnig gewesen, so hätte man vielleicht sogar bis nach Corvis schauen können. Last entdeckte an einem Holzstiel befestigt ein Fernglas, welches auf die Felder aus Knochen und die untoten Sklaven gerichtet war. Ohne zu zögern packte der Mittelländer die zerbrechliche Röhre aus Leder und Glas ein und folgte dem Rufen von Byron, der hinter dem Turm die steinerne Brücke entdeckte, die die Gruppe vom Wald aus sah und die beiden Burganlagen miteinander verband. Doch sehr vertrauensselig sah der verwitterte Stein nicht aus und unzweifelhaft würde die Brücke nachgeben, wenn die gesamte Gruppe, wenn auch nur nacheinander sie überqueren würde. So führte nur noch die Holzbrücke weiter unter ihnen zum Innenhof und diese war nur über das Untergeschoss zu erreichen.

Auf leisen Sohlen stieg die Gruppe die Stufen hinab und erreichte am Ende einen staubigen Flur. Die wachsamen Blicke der Abenteurer erspähten eine Reihe von Kerkerzellen und die abschließende Wand im Kerkertrakt war aufgebrochen, so als hätte sich etwas Großes durch den Boden gegraben. Vor den Zellen war noch eine schwarzbraune Tür zu sehen, die aber geschlossen war. Der Tunnel hinter der Wand stellte sich als dunkel und schlüpfrig heraus und selbst der unkundigste Betrachter konnte sofort erkennen, dass hier keineswegs Zwerge am Werke waren. Nein, der Gräber musste große Pranken mit steinharten Krallen besitzen, anders konnte sich Quintus die Spuren an Decke und Boden nicht erklären. Der Morridaner erstarrte. Verflucht. Zu spät hat er das gelblich funkelnde Augenpaar entdeckt, welches die Gemeinschaft musterte. Etwas bäumte sich in der Dunkelheit auf und trat mit einem mächtigen Schritt in den Schein der Fackeln und Sonnenstäbe. Es war ein Wesen mit Zügen eines Ogrun als auch eines Bären und mit bestialisch wirkenden Hauern und Pranken. Der Tunnel war eng, er bot kaum Platz zum Ausweichen vor den mächtigen Schlägen des Höhlenbewohners. „Hört auf zu glotzen und folgt mir!“ Das gezückte Rapier Byrons suchte nach empfindlichen Stellen in den behaarten Armen der Bestie, die wie wild eine Bresche in die Reihe der Abenteurer schlug. „Flankiert ihn!“ rief Byron, der sich gekonnt unter den plumpen Angriffen wegduckte und nun mitsamt der anderen das Ungeheuer in einen tödlichen Wald aus Klingen drängte. „Friss das!“ entgegnete Quintus, der nur um haaresbreite den dolchartigen Hauern entkam und sein Doppelschwert ins Maul des Monsters rammte. Mit diesem letzten Stoß kam auch der letzte quietschende Atemzug, als die Masse aus Muskeln und Haaren zu Boden ging. „Es war ein Gorax, seht selbst. Entfernte Abkömmlinge von Ogruns und sie lieben alles was glitzert und scheint.“ Quintus beugte gerade über dem Hort des Gorax, eine kleine Sammlung von stumpfen Edelsteinen, kaum mehr wert als ein gutes Schwert.

Hinter den Zellen wartete noch eine Tür auf ihr Öffnen und dies tat die Gruppe auch. Auch hier bot sich den Menschen ein grotesker Anblick. Ein Skelett, wohl der Brückenwächter, spielte auf einem Holzfass Karten. Besaßen etwa diese untoten Sklaven so etwas wie eine Seele? Die letzte Karte glitt dem Wächter aus einer zertrümmerten Hand und der um den knochigen Nacken hängende Schlüssel wechselte schnell seinen Besitzer. Dieser wiederum öffnete eine weitere Tür im Raum, der die Abenteurer in eine Waffenkammer führte, doch die Ausbeute war mager, lediglich Last ergatterte sich eine Armbrust samt Bolzen, denn seine Pistolen konnte er nach wie vor nicht einsetzten. Eine zweite Tür und der Weg zur Brücke wurden gefunden. Die Schlucht zu ihren Füßen war tief und gesäumt mit allerlei Gebeinen. Wer hier stürzt, dessen Schicksal war besiegelt. Ein Zischen durchschnitt die Luft. Carigan schlug um, als würde er einen Angriff von hinten erwarten, doch kein Feind war zu sehen. Wieder schoss etwas durch die Luft und verfehlte Quintus nur knapp. Last sah nach oben und entdeckte auf der Brücke über ihnen eine Gruppe von Leuten, keine Skelette, die wild ihre Armbrüste nachladend über die Steinbrücke hetzten. Ein lautes Knacken und die Brücke gab nach. In einem ohrenbetäubenden Inferno aus Staub und Stein regneten die Überreste auf die Abenteurer hinab, die geschwind Deckung suchten. Dann kam die Stille. Bei allen Göttern die mir lieb sind, lass sie es nicht gehört haben. Verkrampft krallte sich Last an die Wand und auch der Spurenleser, der Schwertgeselle und der Priester, seine Freunde, gaben keinen Laut von sich. Die Sekunden wurden zu Stunden und das Echo in der Schlucht verebbte langsam. Keine Schritte, kein Geklapper, sie haben es überstanden. Erleichtert rafften sich die vier verstaubten Gestalten auf und fanden einen Leichnam auf der Brücke. Er war in lange Reisegewänder gehüllt und trug ein Symbol bei sich, welches Carigan als jenes der Inquisition identifizierte. „Was hat die Inquisition hier zu schaffen, ich dachte sie sei vor einigen Jahren aufgelöst worden?“ „Du hast recht, Byron, dies sollte der Fall sein, doch wie es scheint haben sich nicht alle daran gehalten.“ Wenn man schon Carigans Worten nicht Glauben schenken konnte, so zumindest dem Leichnam, welcher regungslos auf den Holzplanken lag. Doch die Zeit arbeitete gegen die Gruppe und sie durfte sich nicht in zu viele Dinge verstricken, es galt nach wie vor Alexia zu fassen und ihre morbiden Pläne zu durchkreuzen.

Der Innenhof war zum Greifen nahe. Ein stetes Stampfen und Geklirre allerdings war kein guter Vorbote. Quintus schlich im Schutz des Gerölls nach vorne und verschwand hinter einer Ecke. „Was dauert das so lange, als hätten wir es nicht eilig.“ Ein Schlag gegen die Schulter des Pistolenmagiers brachte diesen zum Schweigen. Dann regte sich etwas aus der Richtung des Innenhofs. Es war Quintus, der wankend auf die anderen zu kam, sein Gesicht zu fahl wie frisch gefallener Schnee. „Es… es ist eine Armee, vielleicht 500 Kopf stark und es reihen sich von Atemzug zu Atemzug mehr ein. Sie will Corvis angreifen.“ Das war es, was Alexia plante! Deshalb Fort Rhyker mit all den Knochenfeldern zu seinen Füßen. Corvis musste gewarnt werden, die Menschen der Stadt werden unvorbereitet während des Festes dahingeschlachtet werden. „Wir werden sie hier einsperren, die Holzbrücke mit Hilfe der Sprengfässer vernichten, das wird uns ein wenig Zeit verschaffen.“ Last war innerhalb der Gruppe der Experte für alles was mit dem schwarz-roten Sprengpulver zu tun hatte und so platzierte er gekonnt die drei Fässer des Wachtmeisters und entzündete die Lunte. Weder darauf wartend, wie die Explosion ausging, noch darauf besonnen, unentdeckt die Festung zu verlassen, stürmten die Abenteurer durch die Vorhalle des ersten Wehrturms an den untoten Arbeitern vorbei und über die Zugbrücke nach draußen. Drei Explosionen zerrissen nicht nur die Stille der Luft, sondern auch die Holzbrücke in tausend Fetzen. Die Pferde befanden sich noch an ihrem Versteck und in einem haltlosen Sprint wurde auf die Stadt der Geister gehalten. Corvis musste gewarnt werden.