Um mal auf die Ursprungsfrage zurückzukommen:
Mich würde mal interessieren, wie das in euen Spielrunden aussieht. Mord, Folter, Vergewaltigung, was ist okay, was ist tabu? Könnt ihr definieren, wie weit ihr geht? Gibt es da einen Gruppenvertrag oder findet ihr das selbstverständlich? Bis wohin geht es, was ist tabu?
Vergewaltigungen gibt es theoretisch genau wie alles andere auch, praktisch passieren sie aber nicht den SC (oder werden gar von ihnen begangen). Der Grund ist dabei schlicht und ergreifend, dass so etwas niemandem Spaß machen würde, genausowenig wie gefoltert oder sonstwie missbraucht zu werden. So pauschal gilt das bei uns aber nur in klassischen Fantasy-Settings - bei anderen Rollenspielen wie bspw. Cthulhu kann das natürlich anders aussehen. Irgendwie "vereinbart" haben wir das allerdings nicht, das hat sich einfach so ergeben bzw. entwickelt. Als SL verfahre ich jedenfalls nach diesem Prinzip und bisher hat sich noch niemand darüber beschwert, noch nie vergewaltigt worden zu sein, obwohl das doch auch mal ein toller Aufhänger für irgendwas wäre.
Und damit kommen wir gleich zum nächsten Thema: Vergewaltigung als "Plot Device". Unter der Prämisse, dass die SC weder Opfer noch Täter sind, welche großartigen Plot-Möglichkeiten hat man dann noch? Vielleicht bin ich ja ein bisschen phantasielos, aber mir fällt da nur eine ein: Den Vergewaltiger zu ermitteln und zur Rechenschaft zu ziehen. Der Punkt ist doch, dass eine Vergewaltigung nur zu ihrem Selbstzweck dient und - im Gegensatz zu einem Mord - nicht auch irgendein anderes Motiv haben kann, dass es vielleicht herauszufinden gäbe. Was ich sagen will: Als Plot Device gibt eine Vergewaltigung m.M.n. nicht viel her. Als Stilmittel zum erzeugen einer Atmosphäre der Angst und Unterdrückung kann ich sie mir dagegen sehr gut vorstellen (Dorf wird von Vergewaltiger heimgesucht => Frauen trauen sich nicht mehr auf die Straße - sowas halt).
Vergewaltigungen generell zu tabuisieren, halte ich gerade bei D&D für extrem lächerlich. Die meisten Halb-Orks werden wohl kaum aus Liebesbeziehungen entstanden sein. Das Spieler-Handbuch windet sich hier natürlich - in typischer Ami-Moral-Manier - ungelenk um eine Erklärung herum und faselt etwas von einem "unbehaglichen Gleichgewicht" und "Handel, der in den wilden Grenzregionen zwischen menschlichen und orkischen Barbaren" stattfindet. Ja, klar: Wenn man in einem unbehaglichen Gleichgewicht miteinander handelt, entstehen Halb-Orks ja quasi wie von selbst.
Was ich oben geschrieben habe (Vergewaltigung dient nur zum Selbstzweck, Mord hat meistens ein anderes Motiv) ist übrigens meiner bescheidenen Meinung nach auch eher der Grund dafür, warum eine Vergewaltigung von vielen Menschen als besonders verabscheuungswürdige Tat angesehen wird. Natürlich ist ein Mord nicht "besser", aber die meisten Morde (auch im Rollenspiel) geschehen nicht zum Selbstzweck, sondern haben irgendein Motiv, das man zumindest nachvollziehen, wenn auch in den meisten Fällen sicherlich nicht gutheißen, kann. Bei Rache ist das besonders einfach: Wenn jemand besoffen mein Kind totfährt, dann will ich den umbringen - das versteht jeder, weil derjenige als Betroffener vermutlich auf ähnliche Gedanken kommen würde. Im Rollenspiel gibt es nachvollziehbare Mordmotive zuhauf: "Wir müssen die Orks töten, denn ansonsten überfallen sie das nächste Dorf", "Wir müssen den bösen Nekromanten ausschalten, bevor er seinen Plan in die Tat umsetzen kann", etc. Selbst fürs Foltern kann man einen nachvollziehbaren Grund haben ("Wir brauchen die Informationen"). Für Vergewaltigungen dagegen gibt es keine anderen Motive als die Vergewaltigung selbst, und das macht sie so besonders verabscheuungswürdig (im Rollenspiel wie auch im richtigen Leben). Wie gesagt: Das ist nur meine Auffassung. Allerdings halte ich sie für wesentlich plausibler als die pösen Feministinnen dafür verwantwortlich zu machen, die uns Männern das Vergewaltigen dermaßen verleidet haben, dass wir das selbst im Rollenspiel nicht mehr haben wollen. Wie plemplem muss man sein, um zu so einem Schluss zu kommen?