Ich lese mich gerade mal wieder (der alten Zeiten wegen) durch einige klassische DSA-Abenteuer. Schon eine Menge Railroading dabei, klar. In zweien dieser Abenteuer ("Im Zeichen der Kröte" und "Die Attentäter", wen es interessiert) geht es darum, dass einer der SC mit einer Art magischem Zwang (das ist ein recht mächtiges Druiden- bzw. Hexenritual) belegt wird, der ihm ein Ziel auferlegt, welches er zu verfolgen hat. In D&D wäre das vergleichbar mit Geas/Quest. Weicht er von der Verfolgung des Ziels ab, geht er z.B. in eine andere Richtung, dann geht es ihm nicht gut--gelinde gesagt. Das schränkt die Freiheit des Spielers je nachdem mehr oder weniger stark ein.
Bei D&D gibt es solcherart Zauberzwang auch, z.B. oben genannte Geas. Ich habe den Zauber Geas allerdings selbst als SL noch nie benutzt und auch als Spieler noch nie im Einsatz erlebt und bilde mir aus meiner Erfahrung her auch ein, dass man mit D&D-Spielern sowas lieber nicht macht.
Meiner Erfahrung nach können nämlich von allen Spielern aller Rollenspielsystemen, die ich kenne, gerade D&D-Spieler am allerwenigsten mit Einschränkungen, die ihrem Charakter auferlegt wurden, umgehen. Ich komme ja aus DSA und kannte vor meinem Start mit D&D (3E) in erster Linie noch Shadowrun, Earthdawn (FASA) und ein paar kleinere Systeme wie ERPS. Aus allen diesen Systemen bin ich gewohnt gewesen, dass man als Spieler gelegentlich damit leben muss, dass der eigene SC eine Zeit lang eingeschränkt war in seinem Handlungsspielraum. Sei es, dass z.B. bei Shadowrun schweren Schaden davongetragen und massive Einbussen auf seine Würfelwürfe hinnehmen musste oder in anderen Systemen anderweitig Mali auf Attributswerte oder Würfelwürfe hinnehmen musste. Meistens konnte man daran auch unmittelbar ersteinmal nichts ändern.
Bei D&D wurde ich dann überrascht, als ich in eine bestehende Gruppe eingestiegen bin. Es gibt ja genügend Möglichkeiten sich auch als D&D-Charakter einen Malus einzufangen. Nur behält man den meistens nicht allzu lange, denn es gibt auch mannigfaltige Möglichkeiten, diesen wieder los zu werden. Entwickelt hat sich daraus eine Mentalität, Mali aus Spielszenen idealerweise direkt am Ende der Szene wieder abzustreifen bzw. den Plot so lange nicht weiter zu verfolgen, wie man noch "eingeschränkt" ist. Das hat mich damals gewundert. Ein SC eines Mitspielers hat in einem Kampf einen Attributsentzug erlitten. Nun war ich es gewohnt, dass das eben Pech war, man aber erst einmal (zumindest) den Spielabschnitt beendet und dann schaut, dass man das wieder hin bekommt. Stattdessen war aber irgendwie ganz klar, dass erst einmal die Spielwerte des SC wieder hergestellt werden musste (zur Not durch einen Teleport zu einem Tempel, wo es True Restoration zu erwerben gibt), vorher ging es in der Geschichte nicht weiter.
Um jetzt den Bogen zum Zauberzwang zu schlagen, die DSA-Abenteuer nehmen den Zauberzwang zum Einstieg in das Abenteuer. Dadurch wird ein SC in den Mittelpunkt gestellt, der natürlich mehr oder weniger handlungseingeschränkt ist, jedoch damit Teil der Abenteuerhandlung, quasi Mittelpunkt ist. Bei D&D, so bilde ich mir ein, würde das nicht oder kaum funktionieren. Auch wenn Spieler gerne wollen, dass ihre SC Mittelpunkt der Handlung sind, dann och aber weil sie Superhelden sind und nicht, weil sie etwas reingedrückt bekommen haben. In fast allen D&D-Gruppen, in denen ich bisher gespielt habe, würden im Falle eines Geas/Quest/Zauberzwanges die Räder still stehen und die SC nicht mehr den Plot verfolgen, sondern als allererstes alle Zeit (und auch Ressourcen) investieren, dem EIngeschränkten SC seine Einschränkung wieder abzunehmen.
Täuschen mich meine Wahrnehmung und mein Eindruck, oder ticken D&D-Spieler hier tatsächlich ein bisschen anders?