Autor Thema: Die Chronik der Silbernen Raben  (Gelesen 13351 mal)

Beschreibung: PATHFINDER-AP: Die Kadaverkrone

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Mhyr

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Die Chronik der Silbernen Raben
« Antwort #30 am: 30. Dezember 2013, 09:25:59 »
25. Lamashan, 4711 AK
Lepidstadt, Pfalzgrafschaft Vieland


Ich wartete auf die Silbernen Raben in Lepidstadt.

Gizella, gefolgt von Balduan, Iacobus und Stralicia, war ihrer Heimatstadt Tamrivena durch ein magisches Portal zur Hilfe gekommen. Die Alte Ulloka, eine kellidische Hexe, war von Ratsherrin Zoenessa Thell bestochen worden, die uralte Magie des Spindelsteins zu nutzen um die Helden auf schnellstem Weg in die Hauptstadt von Kanterwall zu bringen.

Mir war es ganz einfach nicht vergönnt gewesen mit den Lebenden durch das Portal zu schlüpfen. Doch verspürte keinen Zorn darüber. Unerwartet, doch so war es. Tira war den anderen Raben ebenfalls nicht gefolgt. Sie hatte bei der Alten Ulloka eine Lehre begonnen. Die beiden Weiber verbrachten Tage in der finsteren Höhle der Hexe. Unentwegt tuschelten sie und kicherten an brodelnden Kesseln mit abscheulichem Inhalt.

Ab und an trafen sich Tira Krähenfuß und Kendra Lorrimor in der Stadt. Die Tochter des Professors war an die Universität zurückgekehrt und hatte die Fakultät ihres Vaters übernommen. So gehörte sie zu einem auserwählten Kreis der mit Nachrichten aus dem belagerten Tamrivena versorgt wurde.

Was die Krähen nicht übermittelten, versuchte Kendra selbst mit Erkenntismagie zu ermitteln. Und sie berichtete ihrer Freundin im Bronzeschädel über die Heldentaten der anderen Erben Lorrimors: Sie hatten den Anführer der Orkhorde, den berüchtigten Sensenmann, erschlagen und anschließend die Streitkräfte von Kanterwall gegen die Grünhäute zu Felde geführt.

Am heutigen Tag waren die Raben jedoch siegreich aus der Schlacht um Tamrivena nach Lepidstadt zurückgekehrt.

*     *     *     *     *

Das Unkraut war entfernt worden, die Fensteröffnungen wieder alle kunstvoll verglast worden und die Halbplastiken heiliger Frauen und Männer in den Wandnischen gründlich gesäubert und magisch ausgebessert worden. So erstrahlte eines der wenigen Steingebäude an der Nördlichen Hafenstraße – der Schrein des Aroden – wieder in einstigem Glanz. Die Türflügel unter dem schlichten Rundbogen des Portals standen einladend offen.

Von der Westwand wachte eine stolze Kriegerin über den Altarraum. Das Bildnis der Schutzheiligen der Ritter von Ozem war wiederhergestellt worden. Jedoch hatte der Künstler die ursprüngliche Darstellung Araznis mit einer durchschimmernden Überlagerung Iomedaes versehen. Der Betrachter konnte demnach beide Schutzgottheiten in ihr sehen, die alte und die neue.

Im rot gesprenkelten honigfarbenen Licht der bemalten Glasfenster knieten zwei Männer und eine Frau in den weißen Waffenröcken der Ritter von Ozem. Auf ihre Langschwerter gestützt, beteten sie zu Arodens Erbin Iomedae. Sie erhoben sich und bezogen im Altarraum Stellung. Mit einer rituellen Begrüßung weihten sie das folgende Duell ihrer Göttin.

Mirella Teufelsbann befreite sich aus der Zwinge zwischen Balduan und Iacobus mit einem horizontalen Rundschlag. Der Schnitt war so schnell, dass die Flammen um die zweigeteilte Klinge ihres Langschwerts eine goldene Lichtscheibe vor ihren Glaubensbrüdern geschaffen hatten.

“Sensenmann mag ein passender Name für einen geisteskranken Schlechter und Totenbeschwörer gewesen sein. Wie ihr wisst war er jedoch ein Sterblicher, nicht die seelenlose Verkörperung des gewaltsamen Todes.”, erklärte die ehrwürdige Paladin.

Während Iacobus einen Angriff wagte, verschanzte sich Balduan hinter seinem Turmschild. Mirella fing die Klinge des Inquisitors ab und entwaffnete ihn mit einer routinierten Bewegung aus dem Handgelenk. Das Langschwert landete ganz selbstverständlich in ihrer freien Hand. Sie legte die gekreuzten Klingen gelassen an die Kehle von Iacobus und fuhr fort: “Sein wahrer Name war Barin. Das ist zwergisch und bedeutet Frieden.”

Nun war es an Balduan einen Vorstoß zu wagen. Blitzschnell wirbelte die Paladin herum und gebot dem Ansturm des Schildknappen mit einem wohl gezielten Tritt gegen seinen Schild Einhalt noch bevor sein Schwertarm zum Streich vollends ausholen konnte. Balduan strauchelte und sank unweigerlich auf die Knie.

“Er war kein Scheusal, kein seelenraubender Daimon, aber alles andere als friedlich.”, stellte Mirella bestimmt fest. Sogleich versuchte Balduan sich wieder zu erheben, doch ein weiterer horizontaler Rundschlag verwies ihn zurück in die Knie.

“Nein!” Der Schildknappe sah noch die goldene Lichtscheibe des Schwerthiebs über sich, da brachte er für einen Stoß mit der nötigen Reichweite seinen Turmschild zur Seite. Mit dem Schwert von Iacobus lenkte die Paladin den Angriff ab. “Barin Teufelsbann war mein Sohn.”

Dann lag Mirellas eigene Klinge plötzlich auf Balduans Schulter, bedrohlich nah an seinem Hals. Der junge Mann zeigte wie immer keine Angst. “Mein eigen Fleisch und Blut.”, unterstrich die legendäre Kriegsheldin.

“Ich danke Euch, dass Ihr Golarion von dieser Plage befreit habt. Möge er endlich in Frieden ruhen. Und nun erhebt Euch, Ritter Balduan Tarrt!”

Mhyr

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Die Chronik der Silbernen Raben
« Antwort #31 am: 06. Januar 2014, 12:45:34 »
26. Lamashan, 4711 AK
Asconarhütte, Pfalzgrafschaft Lozeri


Hoffnung, ein Gefühl das ich nicht dachte im Untod je wieder zu verspüren. Die Silbernen Raben hatten von Richterin Embreth Daramid erfahren, dass der Wispernde Pfad aller Wahrscheinlichkeit nach in das Schauderholz gezogen ist. Waren die Nekromanten tatsächlich meine Mörder? Und wenn ja, sollte ich durch ihre Vernichtung tatsächlich Erlösung erfahren?

Daramids Spitzel hatten berichtet, dass die Dunklen Reiter an der Ascanorhütte gesehen worden waren. Ich konnte nicht länger an mich halten und zog aus, um den Wahrheitsgehalt meiner Vermutungen zu überprüfen. War es doch der einzige Weg, der mir geblieben. Die Silbernen Raben waren noch mit Reisevorbereitungen beschäftigt, als ich bereits über den nebelverhangenen Dippelweihersumpf auf den dunklen Schatten am Horizont, das Schauderholz zuflog.

Zwischen dem grünlichen Dunst der aus dem Moorwasser aufstieg, war da nur ein schwarzes Band, das sich im Osten so weit das Auge reichte von Norden nach Süden erstreckte.

*     *     *     *     *

Als ich den Waldrand erreicht hatte, ragten turmhohe Nadelbäume vor mir in den bedeckten Himmel hinauf. Ihre kahlen Stämme besaßen nur mehr wenige dürre Äste, die wie bleiche Finger in die Dunkelheit des Schauderholzes reichten. Weit über dem nadelbedeckten Waldboden, hatten sich nämlich die besser bestückten Zweige im Kampf um Ustalavs spärliches Sonnenlicht zu einem hoffnungslosen Filz verfangen und ein nahezu undurchdringliches Dach gebildet.

Furchtlos begab ich mich aus lichtem Tage in die Finsternis des mächtigen Waldes. Als ich die blubbernden Sümpfe hinter mir gelassen hatte, umgab mich eine Totenstille. Tiere, so schien mir, gab es im Schauderholz schlichtweg nicht. Weder Vögel, noch Hörnchen, weder Fuchs, noch Dachs. Es war ein trostloser Ort.

Ich folgte dem Alten Pfad nach Ascanor. Die berühmte Jagdhütte des ehemaligen Grafen von Lozeri war heutzutage zwar immer noch Spielplatz der Reichen und Mächtigen, doch mittlerweile konnte jeder mit genügend Kleingeld ihre Annehmlichkeiten für sich beanspruchen, nicht nur die Spießgesellen des entmachteten Herrschers.

*     *     *     *     *

Acanor war bevölkert von hochnässigem Gesocks und dienstfertigem Pöbel. Markgraf von Sturnidae, Marquesa Welgory und wie sie nicht alle hießen. Es kümmerte mich nicht im Geringsten. Ich war einzig und allein vom Gedanken an meine Mörder beherrscht. Auch die Raben und die Aussicht auf ihre Heldentaten im Kampf mit den Schrecken des Waldes hatte ich auf meiner Reise völlig vergessen. Sogleich machte ich mich daran das herrschaftliche Anwesen und seine Nebengebäude zu durchsuchen. Müdigkeit oder Erschöpfung kannte ich als Untoter nicht.

Meine Suche war vergebens. Ungeahnter Zorn und marternde Ungeduld verdrängten das süße Gefühl der Hoffnung. Wann sollten endlich diese Gott verfluchten Raben entreffen. Die Abenteurer hatten bereits in Lepidstadt ihr kriminalistisches Geschick unter Beweis gestellt. Und nun hatten sie dies verdammt noch mal hier auf Ascanor zu tun!
« Letzte Änderung: 06. Januar 2014, 12:50:32 von Mhyr »

Mhyr

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Die Chronik der Silbernen Raben
« Antwort #32 am: 13. Januar 2014, 19:04:25 »
30. Lamashan, 4711 AK
Asconarhütte, Pfalzgrafschaft Lozeri


Die Tage auf Ascanor waren lang und die Nächte noch viel, viel länger. Während die Raben tagsüber Nachforschungen bezüglich des Wispernden Pfades anstellten, gingen sie des Nachts mit einem Schnösel namens Dursitan Silvio Arisier auf Werwolfjagd. Weder die Befragungen der Aristokraten, der Bediensteten oder der Bücher Ascanors umfangreicher Bibliothek konnte weitere Hinweise auf den Verbleib der Nekromanten enthüllen. Doch war die Pirsch durch das Schauderholz weitestgehend ereignislos, so war die Lauerjagd selbst für diesen Untoten eine wahre Geduldsprobe. Hatten die Abenteurer behauptet in der Nacht ihrer Ankunft selbst gegen Werwölfe gekämpft zu haben, so bezweifelte ich bereits die Existenz der Lykanthropen innerhalb des Waldes.

Es war seltsam; die Belange der Lebenden entglitten mir ganz einfach. War ich zu Beginn meiner Aufzeichnungen noch hell auf begeistert von den Heldentaten der Erben Lorrimors und ihrer Gefährten, erschien mir ihr Tun, da ich diese Zeilen schreibe, trist und farblos. Ganz so als würde ich sie durch den grauen Schleier des Totentuches sehen.

Dann löste sich der Knoten plötzlich und die Silbernen Raben konnten in Erfahrung bringen, dass der Verwalter von Ascanor sowohl mit Werwolfstämmen des Schauderholzes, wie auch mit den Nekromanten des Wispernden Pfades im Bunde stand. Mit Magie und Hinterlist entkam der Schurke jedoch. Und das bevor die Ermittler mehr über den Verbleib der Dunklen Reiter herausfinden konnten. Nun blieb den Helden von Lepidstadt nur noch ein Anhaltepunkt: die Mondtreppe. Dabei handelte es sich um die Ruine eines verschollenen Desnatempels mitten im Schauderholz, die mittlerweile den Werwölfen des Waldes als Versammlungsort diente. Es stellte sich heraus, dass nur ein Mann auf Ascanor wusste wo dieser Ort war und das musste ausgerechnet dieser Wichtigtuer Dursitan Silvio Arisier sein.

Mhyr

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Die Chronik der Silbernen Raben
« Antwort #33 am: 20. Januar 2014, 23:15:07 »
1. Neth, 4711 AK
Asconarhütte, Pfalzgrafschaft Lozeri


Gedankenverloren wandelte ich durch die gespenstische Landschaft des Schauderholzes zur frühen Morgendämmerung. Als ich das Nachtlager der Werwolfjäger wiedergefunden hatte, stieg ein Unbekannter lautlos über die Schlafenden.

Von Duristan, Raziel und Bestimotor fehlte jede Spur. So lagen Stralicia, Iacobus und Gizella verlassen in ihren Schlafsäcken auf dem kalten, nadelbedeckten Waldboden.

Der Unbekannte trug einen grauen Reisemantel mit tiefer Kapuze die mir den Blick auf sein Gesicht verwehrte. Ein lautstark brechender Zweig verriet den Mann. Sogleich hatten die Silbernen Raben ihre Waffen bereit, um sich zu verteidigen.

Beschwichtigend streckte der Unbekannte seine Hände von sich. An seiner Hüfte hing ein Langschwert, gleich neben einem Zauberstab. Er stellte sich als Ritter Caldavin Tarrt vor und zog die Kapuze zurück. Sogar im Zwielicht des Schauderholzes schimmerte sein Haar golden. Er war zweifellos nicht nur ein Ritter von Ozem, sondern auch der Bruder des gefallenen Raben Balduan Tarrt.

Die Abenteurer hatten nicht die Zeit sich ausführlicher mit Caldavin zu unterhalten, denn ihre Weggefährten waren vermeintlich spurlos verschwunden. Es war Stralicia die sie eines besseren belehrte. Die Alchemistin hatte einen Fetzen von Bestimotors blauem Umhang an einer Kiefer entdeckt, der ganz offensichtlich nicht zufällig dort hängen geblieben war.

*     *     *     *     *

Wir folgten der Spur des Paktmagiers bis zum Rand einer großen Lichtung. In ihrer Mitte fielen bleiche Sonnenstrahlen auf die verwitterte Ruine eines Turmes. Das weißgraue Licht drang nicht sehr tief in die Finsternis des Waldes, enthüllte den Raben jedoch zwei zottelige Werwölfe in Mischgestalt, bewaffnet mit Steinschwertern. Knurrend sprangen die Bestien auf die Abenteurer zu.

Ein Streich mit einer der mächtigen Steinklingen genügte, um Gizella aus dem Sattel zu werfen. Zwischen den Explosionen von Stralicias Bomben und Caldavins Angriffszaubern hörte ich nur wie sich die Krallen und Fänge der Werwölfe in Menschenfleisch gruben. Es ging alles unglaublich schnell, dann schwebten Iacobus und Stralicia bewusstlos über den geifernden Werwölfen. Blut tropfte aus ihren zahlreichen Wunden auf den Waldboden, wo der zerfetzte Leib von Gizella lag. Die Klerikerin war tot. Caldavin war mit Hilfe seiner Magie entkommen, jedoch musste er seine neuen Gefährten zurücklassen.

Die Werwölfe kreisten mit geifernden Mäulern unter den Bewusstlosen. Das Geheul der beiden hatte noch einen weiteren Lykanthropen herbeigerufen. Später gesellten sich sogar noch zwei weitere hinzu. Bis zu letzt hatte ich gehofft Caldavin oder Bestimotor würden Iacobus und Stralicia vor Gizellas Schicksal bewahren. Doch als der Zauber die beiden nicht mehr in der Luft hielt, fielen auch sie den Fängen der Werwölfe zum Opfer.

Sie mochten Ravengro vor den Gespenstern von Schreckenfels befreit haben, der Bestie von Lepidstadt zu Recht verholfen haben und Tamrivena vor den Orks behütet haben, doch das waren ganz offensichtlich nicht die Helden dieses Zeitalters. Enttäuscht begab ich mich zurück in die Dunkelheit des Schauderholzes.

Mhyr

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Die Chronik der Silbernen Raben
« Antwort #34 am: 27. Januar 2014, 09:54:58 »
3. Neth, 4711 AK
Asconarhütte, Pfalzgrafschaft Lozeri


Caldavin Tarrt blickte über seinen Bericht an Paladin Mirella Teufelsbann durch das geöffnete Fenster in die Dunkelheit des Waldes hinaus. Die Tage auf Ascanor hatten dem Magier scheinbar nicht die Ruhe und Erholung gespendet, die er nach den schrecklichen Ereignissen an der Mondtreppe dringend benötigte.

Ein zaghaftes Klopfen zerriss die nächtliche Stille. In seinem Trübsinn aufgeschreckt, stieß Caldavin den leeren Weinkelch neben dem Schriftstück um und stolperte zur Tür.

Er öffnete einer jungen Dame. Sie war zierlich und ihr Haar Kastanienbraun. Obwohl sie gut gekleidet war, gehörte sie ganz offensichtlich nicht zu den Aristokraten die für gewöhnlich das Jagdschloss besuchten. Ich erkannte Kendra Lorrimor sogleich, für Caldavin war sie eine Fremde.

Wie hatte sie den jungen Mann gefunden? Woher wusste sie überhaupt von seiner Verbindung zu den Silbernen Raben? Sicher, sie gebot über ein gewisses maß an Erkenntnismagie, ihre Anwesenheit auf Ascanor, vor Caldavins Zimmer, war mir dennoch ein Rätsel.

Sie stellte sich vor und erklärte ihr Verhältnis zu den Weggefährten des Magiers. Kendra wusste vom Tod seines Bruders. Er bat sie herein und erzählte ihr, was danach alles geschehen war.

“Balduans Tod hatte mich zutiefst erschüttert. Er war so voller Güte, Bescheidenheit und Heldenmut. Nie hatte ich einen besseren Mann getroffen als ihn, Caldavin.”, gestand die Erbin von Professor Lorrimor. “Nun berichtet Ihr mir zudem vom Tod meiner treuen Freunde Stralicia und Iacobus? Pharasma prüft uns wahrlich auf’s Ärgste!”

Kendra wandte sich von Caldavin ab und zog ein weißes Spitzentaschentuch aus ihrem Ärmel hervor, um ihre Tränen zu trocknen. “Ritter…”, begann sie hoffnungsvoller, nur um von Balduans Bruder unsanft unterbrochen zu werden: “Vergesst das mit dem Ritter!” Der Magier zischte seinen Titel dabei wie eine Beleidigung.

Sie blickte Caldavin trotz des rüden Tons voller Entschlossenheit an. “Ihr habt berichtet Bestimotor von Simmelwitz sei mit den Werwolfjägern verschwunden. Und Ihr seid der Spur des Gnoms bis zur Ruine des Desnatempels gefolgt. Besmo hat mittlerweile den Weg in ein Nest namens Morcei gefunden. Ich bitte Euch, zieht mit ihm zurück zur Mondtreppe und findet heraus welch finstere Machenschaften der Wispernde Pfad in den Schatten des Schauderholzes vorangetrieben hat!”

Von ihrer Brust löste die junge Frau eine silberne Anstecknadel. Das Schmuckstück besaß die Form eines stilisierten Raben. “Dieses Abzeichen gehörte Eurem Bruder, Caldavin. Er verdiente es sich im Kampf mit den Gespenstern von Schreckenfels, in der Pfalzgrafschaft Kanterwall. Nun sollt ihr den Silbernen Raben in den Diensten der Pfalzgrafschaft Vieland tragen.”

Mhyr

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Die Chronik der Silbernen Raben
« Antwort #35 am: 11. Februar 2014, 11:47:46 »
Ursprünglich wollte ich diese SH jeden Montag fortschreiben. Natürlich habe ich es nicht immer geschafft. Beispielsweise wäre es gestern... vor einer Woche... wieder so weit gewesen. Für 2014 habe ich mir vorgenommen, mich von diesen Vorsatz zu verabschieden. Mir fehlt schlichtweg die Zeit dafür.  :(

Wie bereits erwähnt, erschienen bisher die einzelnen Beiträge stets zuerst auf unserem Blog Tintenteufel. Das soll sich aber in Zukunft ändern, denn das Gate soll mindestens eine Woche Vorlauf bekommen.

Am Spieltisch haben wir mittlerweile das dritte Modul des Abenteuerpfads, Zerbrochener Mond, abgeschlossen. Das Reisetagebuch des geisterhaften Chronisten Avanil Sternentänzer hat gerade erst begonnen davon zu berichten.

Mhyr

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Die Chronik der Silbernen Raben
« Antwort #36 am: 17. März 2014, 09:48:00 »
6. Neth, 4711 AK
Morcei, Pfalzgrafschaft Lozeri


Caldavins Magie erleichterte die Reise durch das finstere Schauderholz ungemein. So erreichten wir Morcei ohne nennenswerten Zwischenfälle. Ich hatte daran geglaubt nach Ravengro nicht so schnell wieder in Ustalavs Hinterland Halt zu machen, doch ich hatte mich geirrt. Morcei war ein verfluchtes Nest! Es gab einen Platz, besser gesagt eine Kreuzung, wo drei Straßen aufeinander trafen. Dort stand der Nachrichtenpfahl und die drei wichtigsten Gebäude der Siedlung: das Gasthaus, das Gefängnis und die Kirche.

Nur das Gasthaus Zum Schwarzen Hirsch besaß zwei Stockwerke. Der Sockelbau war aus dunklem Bruchstein erbaut worden, die obere Etage aus den mächtigen Waldriesen des Schauderholzes. Das Gotteshaus mit seinen Nebenbauten war das einzige reine Steingebäude von Morcei. Seine Türme überragten das Gasthaus noch um ein gutes Stück, mit Spitzbögen, Wasserspeiern und einer kunstvoll gestalteten Fensterrose über dem Hauptportal. Das Gefängnis unterschied sich nur durch die vergitterten Fenster von den übrigen windschiefen Holzhütten der Fallensteller und Waldarbeiter.

Es dauerte nicht lang, da erfuhr Caldavin im Schwarzen Hirsch von Bestimotors tragischem Schicksal. Unter den Trinkern von Morcei erzählte man sich der Gnom habe den Verstand verloren. Er wurde "zu seinem eigenen Schutz" - und dem der Dorfbewohner - in der Heilanstalt der Kirche festgehalten.

Während der Magier den Dorfplatz überquerte um die Hohepriesterin aufzusuchen, blieb ich zwischen den verstaubten Weinflaschen hinter dem Tresen verborgen und lauschte den Gästen noch eine Weile. Sie erzählten sich von den Heldentaten der Daimonenhand. Dabei musste es sich ganz offensichtlich um eine Abenteurergruppe handeln, die vor längerer Zeit die ortsansässigen Werfledermäuse und Korruption innerhalb der Kirche Pharasmas besiegt hatten. Der ehemalige Hohepriester von Morcei hatte dem Anschein nach nicht nur mit den blutsaugenden Lykanthropen, sondern auch mit Daimonen - seelenhandelnden Scheusalen der unteren Ebenen - paktiert. Amaryllis Hollenampfer, Jal Jadrescu, Luana Ruxandra, Raska von Breughen und der Variser Marek hatten ihm das Handwerk gelegt und waren dabei zu Helden geworden. Meine Neugierde war selbstverständlich sogleich geweckt, hatte doch ein Großteil meiner Silbernen Raben vor kurzem ein ruhmloses, viel zu frühes Ende gefunden.

Nach ihrer Rückkehr aus Karcau war die Daimonenhand in das Schauderholz gezogen um den verfluchten Gestaltwandlern des finsteren Waldes wieder das Fürchten zu lehren. Ganz nebenbei hatten Marek und Raska - zu meiner Freude - mit der Hilfe von Besmo und Pami einen Zirkel Grüner Vetteln zerschlagen.

Zu gern hätte ich noch mehr über ihre Zeit in Sinarias kultivierter Hauptstadt erfahren, diese jüngsten Heldentaten klangen jedoch äusserst viel versprechend. Zudem zog es die Daimonenhand scheinbar ebenso zur Mondtreppe, jenem verfallenen Desnatempel in den Tiefen des Schauderholzes an dem Gizella, Iacobus und Stralicia gefallen waren.

Vielleicht hatte meine Chronik der Silbernen Raben mit dem Ableben der drei Abenteurer doch noch kein Ende gefunden.
« Letzte Änderung: 20. März 2014, 10:02:17 von Mhyr »