Grundsätzlich bin auch ich gegen Studiengebühren, allerdings als Motivation das Studium auch in einer angemessenen Zeit abzuschließen, fände ich deren Einführung AB einer bestimmten Semesteranzahl allerdings gar nicht verkehrt.
Klingt auf den ersten Blick fair, gebe ich zu. Lässt aber außer Acht, dass a) niemand sagen kann, wie lange angemessen für ein bestimmtes Studium wäre und b) viel zu viele individuelle Faktoren eine Rolle spielen, um fairerweise eine feste Grenze ziehen zu können. Soziale Härten möchte ich z.B. nur mal als einen Faktor einwerfen.
Richtig, aber das rechtfertigt nicht die Aussage, man habe als Student "mehr verdient" als Hartz IV Bezieher generell.
So habe ich die Aussage gar nicht verstanden. Wenn man mal bedenkt, dass der Hartz IV Satz ja eigentlich das absolute Existenzminimum darstellt, kann man sich manchmal schon fragen, wieso Studenten teilweise zugemutet wird mit noch weniger auszukommen. Die Gedanken gingen mir zeitweise auch durch den Kopf, aber für mich war das dennoch nie ein Problem, denn ich wusste ja immer, dass das Studium und die damit einhergehende chronische Geldknappheit ein vorübergehender Zustand ist. Hartz IV Empfänger haben dieses Glück leider nicht, wie du ja schon angemerkt hast.
Generell finde ich ich, dass JEDE berufsqualifizierende Erstausbildung grundsätzlich gebührenfrei zu sein hat. Dass das Studium es nicht mehr sein sollte, wurde von den Befürwortern immer mit diesem ominösen Mehrverdienst gerechtfertigt, auf den Akademiker ja fast schon einen gesetzlichen Anspruch zu haben scheinen, so wie das immer gebetsmühlenartig in die Federn der Presse diktiert wurde.
Merkwürdigerweise macht diese Unterscheidung bei verschiedenen Ausbildungsberufen keiner, obwohl auch da später u.U. das zu erwartende Jahreseinkommen sehr unterschiedlich sein kann. Man vergleiche nur mal das Gehalt einer Tierarzthelferin mit dem eines Industriemechanikermeisters.
Hinzu kommt, dass die Lage von jungen Akademikern noch nie so prekär war wie heute und es in der Zukunft eher noch mieser aussieht. Manche scheinen bei Akademikern fast nur an Juristen mit Einserexamen zu denken oder an irgendwelche Master der Economy-Hastenichgesehen. Das sind aber die wenigstens. Und auch solche, die eine akademische Karriere anstreben sollten sich bewusst machen: bis zum Universitätsprofessor mit gutem Auskommen ist es ein langer, steiniger und entbehrungsreicher Weg. In manchen Fächern müssen sich Doktoranden heute mit einem Nebenjob über Wasser halten. Wer fertig promoviert ist, bekommt i.d.R. heutzutage erst einmal nur semesterweise Lehraufträge und kann nie wissen, wie es nächstes Jahr aussieht und wo ihn der Wind hin weht (oder ob er Taxi chauffiert oder Pizza ausfährt). Ich rede noch gar nicht von den armen Schweinen, die nicht zu den XY% besten ihres Bachelorabschlussjahrgangs gehören und keine Aussicht auf einen Master-Studienplatz haben. Herzlichen Glückwunsch, sie haben 3,5 bis 4 Jahre studiert und dabei durch gestundete Studiengebühren (Hilfsweise Studienkredit) und zurückzuzahlendes BaFöG Schulden in Höhe von mehreren Tausend Euro angehäuft und leider keine Chance auf einen Job. Willkommen im Leben.
Nein, Akademiker zu sein bedeutet heute für viele (ich behaupte: die meisten) nicht mehr automatisch ein besseres Leben mit besserem Verdienst zu haben. Klar, die Perspektiven sind besser, aber ein Selbstgänger ist das nicht mehr.