Interessanterweise wird man, wenn man das so sagen darf, tatsächlich eher gottesfürchtig gebohren.
Das "Bedürfnis nach Transzendenz" muss ja nicht im Glauben an eine Gottheit und Religion münden. Das sind zwei komplett verschiedene Sachen. Ehrfurcht vor der Grösse und Weite des Universums, sich in die Schönheit der Natur verlieben, die Komplexität der körperlichen Anatomie bewundern. All dies kann transzendenten Charakter haben. Die Leute, welche dieses Bedürfnis erfüllen wollen landen halt automatisch bei den Religionen, weil diese so prävalent sind und exakt diese Nische ausfüllen. Ich meinte mit gottesfürchtig in der Tat den Glauben an Gott und nicht ein menschliches Grundbedürfnis nach etwas jenseits des eigenen Erfahrungshorizontes.
Ich glaube niemand (den man ernst nehmen dürfte) behauptet, dass man als Christ oder Hindu auf die Welt kommt. Also muss man nicht die Absenz des Glaubens rechtfertigen, sondern die Annahme eines solchen. Vielleicht muss man auch kurz mein Verständnis des Wortes Atheist anschauen. Ein Theist ist ein Anhänger, Gläubiger, Vertreter, Repräsentant einer der unzähligen Religionen, welche wird so erfunden haben. Ein Atheist ist demzufolge jemand, der das nicht ist. Das heisst also nicht, dass ein Atheist nicht glauben kann oder soll. Das heisst auch nicht, dass ein Atheist grundsätzlich alles ausserhalb seiner Erfahrungswelt konsequent ablehnt. Das wäre ja dumm und sogar unwissenschaftlich. Atheist ist eine Beschreibung im direkten Zusammenhang mit unseren Religionen und ihren Göttern und beschreibt den Urzustand eines jeden Menschen vor kulturellen, erzieherischen und sozialen Einflüssen. Weiss man nichts von Jehova oder Thor, kann man auch nicht an sie glauben.