Was wir in Europa dringen bräuchten, wäre eine gemeinsame europäische Verteidigung. Es ist totaler Humbug und nebenbei viel zu teuer, dass alle europäischen Staaten eine eigene Armee mit (fast) allen Teilstreitkräften unterhalten. Stattdessen müsste es eine gemeinsame europäische Armee geben. Aber die Außen- und Sicherheitspolitik ist so etwas wie die heilige Kuh jedes Nationalstaats, die lässt sich keiner aus der Hand nehmen, denn viele würden das als komplette Aufgabe ihrer Souveränität empfinden.
Ein Austritt aus der NATO ist Blödsinn. Die NATO bringt ihren Mitgliedern definitiv Nutzen, schon alleine dadurch, dass gemeinsam ein so großes Abschreckungspotential erzeugt wird, dass vielleicht abgesehen von China kein Mensch mit halbwegs klarem Verstand sich an einem Bündnisparter vergreifen wird. Und man sollte tunlichst nicht glauben, dass es auf der ganzen Welt keine Gefahr mehr gibt. Die Welt wird kleiner, die Waffen fortschrittlicher. Nur weil es im Moment relativ sicher ist, sollte niemand in den Irrglauben verfallen, Europa müsse auf ewig hin sicher sein. Denn die Schlachtfelder ändern sich (Stichwort: Cyberkrieg).
Was die NATO dringend bräuchte, ist eine Überarbeitung ihrer Charta und ihre Mitglieder müssten sich mal auf ein paar Definitionen einigen. Ist der Kampf gegen den Terrorismus z.B. als Krieg einzuschätzen, dem mit militärischen Mitteln zu begegnen ist (Auffassung der USA und vielleicht des Vereinigten Königreichs) oder als Kriminalität, der mit zivilen Mitteln entgegengetreten werden soll (Auffassung u.a. der BRD, Frankreichs und anderer westeuropäischer Regierungen)?
Im Übrigen halte ich es für viel wahrscheinlicher, dass die USA die NATO für ineffektiv erklären und verlassen könnten, wenn vielleicht nach Obama mal wieder ein republikanischer Präsident ins Weiße Haus einziehen wird. Bush war nach seiner Absage an die Relevanz der Vereinten Nationen schon fast soweit die NATO ebenfalls als irrelevant einzustufen, da er meinte sich im Ernstfall auf die Bündnispartner sowieso nicht verlassen zu können.